„Die Hochseeangelfahrten sind ein wichtiges Standbein des maritimen Tourismus und tragen erheblich zur Wertschöpfung in der Region bei.“ Dieser Erkenntnis von Frau Wippermann, SPD, möchten wir nun Taten folgen lassen, um eben jenes Standbein des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten und zu fördern. Sie werden uns dabei sicherlich wohlwollend unterstützen, liebe Kollegen der SPD. Sie haben es den Kutterkapitänen und dem Tourismusverband schließlich zugesagt.
Meine Damen und Herren, nicht jeder hier wird mit den Geheimnissen der Angelei vertraut sein. Daher möchte ich Ihnen kurz erläutern, worum es in diesem Antrag geht.
Der Dorsch ist bekannterweise einer der Brotfische der Ostsee neben dem Hering. Nicht nur die gewerbliche Fischerei, sondern auch die vielen Freizeitangler stellen ihm gezielt nach. Umwelteinflüsse, natürliche Schwankungen und in Teilen auch ein falsches Fischereimanagement haben dazu geführt, dass die Bestände des Dorsches in der Ostsee heute in einem schlechten Zustand sind. Nun lassen erste Anzeichen und vage Hoffnungen der Forschungseinrichtungen allerdings auf gute Jahrgänge 2017 und 2018 hoffen – das finden Sie nicht in der Zeitung, da habe ich mich erkundigt –,
Erstmalig wurde für das Jahr 2017 neben der kommerziellen Fischerei auch der Freizeitbereich mit einer Quote belegt, um die Bestände und die Population nachhaltig aufzubauen. Nun führt diese Quote allerdings dazu, dass zahlreiche Angler, die oft nur für ein Wochenende von weither anreisen, von ihren Plänen absehen, denn für die wenigen Fische lohnt sich der Aufwand schlichtweg nicht.
Nun mag das auf den ersten Blick wenig rational erscheinen, fangen doch die wenigsten Angler mehr als fünf Fische am Tag. Und doch ist der psychologische Faktor entscheidend. Einfach gesagt, die Aussicht auf fette Beute treibt die Leute aufs Wasser, man könnte ja mehr als fünf Fische fangen. Aus meiner eigenen Erfah
Vor Ort bleiben die Gästebetten leer und die Kutter im Hafen, insbesondere in den ungemütlichen Jahreszeiten ein empfindlicher Schlag für den Küstentourismus, denn oft stellen die unerschrockenen Angler die einzigen Gäste in dieser Jahreszeit dar. Hier muss die Landespolitik unverzüglich handeln.
An dieser Stelle sei betont, dass die Forderungen, welche wir mit diesem Antrag stellen, einer gründlichen Prüfung und Rücksprache mit dem renommierten Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock unterzogen wurden. Diese Regelungen können übrigens völlig unabhängig von der Entwicklung des Dorschbestandes bestehen bleiben, da durch die Schonzeit und die Erhöhung des Mindestmaßes die Reproduktionsleistung der Bestände nicht nennenswert eingeschränkt wird.
Auch der Anglerverband Mecklenburg-Vorpommern meldete sich unlängst zu Wort mit seiner Agenda 45-0-10, also ein Mindestmaß von 45 Zentimetern, kein Fischfang während der Laichzeit und ein sogenanntes Backlimit von zehn Fischen pro Tag und Angler. Sie sehen, wir stehen nicht allein mit dieser Forderung. Ergreifen Sie doch bitte die Gelegenheit und senden Sie ein Signal an die Menschen im Land, dass wir ihre Anliegen ernstnehmen und uns im Rahmen unserer Möglichkeiten für sie einsetzen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir fordern Sie somit auf, diesem Antrag uneingeschränkt zuzustimmen zum Wohle der Menschen an den Küsten unseres Landes, die von und mit dem Tourismus leben. Suchen Sie bitte keine Ausflüchte in irgendwelchen Formalitäten, in Ausreden, der Antrag käme zum falschen Zeitpunkt, ein Komma sei falsch gesetzt oder irgendwas anderes dergleichen!
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Und insofern finde ich es schon interessant, dass das Thema heute hier bearbeitet wird. Ich möchte Ihnen auch ein paar Hinweise geben zur Istsituation und natürlich zu dem Kompromiss, den wir für Deutschland mit ausgehandelt haben, der insgesamt ja anerkannt wird, was die Dorschfangquote anbetrifft.
Zunächst begrüße ich, dass dieser Antrag heute auf der Tagesordnung steht. Wir hatten ja selbst auch einen vorbereitet. Es hätte mich gefreut, wenn wir unseren eigenen hätten heute präsentieren können, aber so ist das manchmal im Leben. Die andere Fraktion wollte ihn nicht. Dann hätten wir noch mehr Klarheit in das Thema hineingebracht.
Fakt ist, Herr Borschke, der Brotfisch der Fischerei des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der Ostsee ist nicht der Dorsch, sondern es ist der Hering.
Ich selbst habe versucht, als ich das Ministerium übernommen habe, diese Grundsätze wiederherzustellen, denn in der Vergangenheit war es so, dass nach der Wende auch in Mecklenburg-Vorpommern sehr stark umgestellt wurde auf die Dorschfischerei. Wir waren immer davon überzeugt, dass das nicht der richtige Weg war. In Schleswig-Holstein fällt das den Fischern jetzt vollkommen auf die Füße.
Wenn Sie sich überlegen, wir haben in Deutschland eine ganze Quote von 2.500 Tonnen Dorsch, den die Haupterwerbsfischerei fischen darf. Und die Statistiken sagen, dass die Angler in Deutschland etwa die gleiche Menge heute aus den Gewässern holen. Wenn man dann der Wissenschaft noch glauben darf, und ich glaube ihnen, also der Wissenschaft, dann ist es so, dass der Dorschbestand, was tatsächlich fast die Biolaichermasse anbetrifft, sich in einem schlechten Zustand befindet. Wenn wir uns da erst mal einig sind, haben wir einen ganz guten gemeinsamen Nenner gefunden.
Beim Hering waren wir immer davon überzeugt, dass der in einem guten Bestand ist. Wir haben im Vergleich – ich hoffe, Sie haben sich die Zahlen gemerkt – 2.500 Tonnen beim Dorsch für Gesamtdeutschland. Allein die Quote beim Hering liegt exakt zurzeit für Mecklenburg-Vorpommern bei knapp 12.000 Tonnen. Im Übrigen läuft zurzeit die Heringsfischerei. Sie wird mit allerhöchster Qualität angelandet und die Preise sind auch gut, sodass sie für die Haupterwerbsfischer, die wir in unserem schönen Bundesland haben, hoffentlich weiter stabil bleiben.
Selbstverständlich haben wir auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten, wenn man so will, nach der Wende, eine massive Umstrukturierung der Fischerei gehabt. Wir hatten 1990 noch 1.380 Haupterwerbsfischer. Wir haben zurzeit noch 234. Zu der Anglerzahl ist ja der Antrag, den Sie besonders herausgestellt haben. Im Übrigen – damit wird der Beweis angetreten – ist Mecklenburg-Vorpommern das Angelparadies Deutschlands geworden. Auch daran sind wir beteiligt, sowohl vom Binnenland her als auch von der wunderbaren Ostseeküste. 1997 hatten wir 83.233 Fischereikarten verkauft, 2016 sind es 102.812. Das ist doch eine erhebliche Steigerung und das zeigt, dass MecklenburgVorpommern gerade in diesem Bereich sehr attraktiv ist. Und das soll auch so bleiben.
Ich will an dieser Stelle unterstreichen, wir sind ja mit der Wissenschaft tatsächlich auf dem Weg, das erste Meer der Welt zu sein, auch wenn wir das kleinste Binnenmeer der Welt sind, dem sogenannten Gleichheitsgrundsatz und dem Nachhaltigkeitsgrundsatz zu folgen, nämlich die Fischbestände dem Fangaufwand – das ist also das, was wir entnehmen – anzupassen. Und wir werden in den nächsten zwei bis drei Jahren auch beweisen, dass sich die Nachhaltigkeitsstrategie bewährt. Heute Morgen ist ja von Carl von Carlowitz gesprochen worden, von dem Forstmann. Wir werden tatsächlich als erstes Meer so weit sein.
Die Fischerei, auch das ist mir noch mal sehr wichtig, ist ein bedeutender Bestandteil des Landes MecklenburgVorpommern und prägt maßgeblich das touristische Ambiente vieler Regionen des Landes. Die Fischerei ist auf der einen Seite Kulturgut, sie ist Wirtschaftsgut, fördert den Tourismus und schmeckt auch noch gut.
Das findet man nicht in allen Bereichen dieses Landes so. Deswegen ist mir auch sehr daran gelegen, dass wir diese Strategie weiterverfolgen.
Aber in dieser Debatte geht es ja nicht in erster Linie um die Erwerbsfischerei, sondern es geht eher um die Fangbegrenzung für die Freizeitfischerei auf den Dorschbestand der westlichen Ostsee, ein Bereich, der sich in östlicher Richtung bis zur Insel Bornholm bewegt.
Die europäische Limitierung von Schengen in der Freizeitfischerei wurde im Jahr 2017 zum ersten Mal für die Ostsee vorgenommen. Wenn Sie sich mal andere Regionen Europas anschauen, dann hat Frankreich das auch gemacht, weil sie bei bestimmten Fischarten das Problem hatten. Mit Bravour haben sie das hingelegt und die Bestände haben sich sehr schnell erholt. So ist zum Glück auch die Natur.
Dies ist eine völlig neue Qualität, dass die Angler tatsächlich mit einbezogen werden in die Reduktion. Ausschlaggebend dafür ist ausdrücklich, dass der Internationale Rat für europäische Strategien und wissenschaftliche Bewertung die Situation im Dorschbereich als alarmierend bezeichnet hat. Nach Einschätzung der Wissenschaftler soll tatsächlich im Jahr 2015 der Nachwuchsjahrgang und damit die Rekrutierung vollständig ausgefallen sein, aus unbekannten Gründen. Außerdem sind der Fangaufwand und damit die fischereilichen Maßnahmen nach wie vor zu hoch. Deswegen sollte – auch das wird Ihnen hoffentlich bekannt sein – tatsäch
lich die Quote um 88 Prozent reduziert werden. Ich bin sehr froh, dass wir nur die 56-prozentige Quotenreduzierung haben.
Dank der umfangreichen Initiativen – das ist mir auch noch mal sehr wichtig –, dank der Initiativen der Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern konnten für zahlreiche deutsche Betriebe existenzbedrohende Kürzungen zunächst abgewendet werden. MecklenburgVorpommern hat sich innerhalb dieses Prozesses durch direkte Gespräche mit der Europäischen Kommission, mit der Bundesregierung im Rahmen des Bundesrates und auch anlässlich der Agrarministerkonferenz 2016 sehr konstruktiv hier eingebracht und letzten Endes damit erhebliche Mittel, nämlich insgesamt 4 Millionen Euro, bereitgestellt.
Zur Lastenteilung zwischen Erwerbs- und Freizeitfischerei wurde dann festgelegt – im Übrigen in Abstimmung mit dem Deutschen Sportfischerverband, unter dem Dach sind auch die Landesanglerverbände organisiert –, dass wir eine Fangbegrenzung vornehmen auf drei Dorsche pro Tag und Monat im Jahr, zumindest in diesem Jahr von Februar bis März, und danach auf fünf Dorsche pro Tag. Nach Einschätzung der Wissenschaftler wird dadurch die Entnahme durch die Angler um über 1.000 Tonnen an Biolaichermasse weniger. Schwerpunkt bilden dabei insbesondere die Boots- und Kutterangler, die allein circa 80 Prozent der geangelten Dorsche anlanden und oftmals mehr als fünf Dorsche am Tag geangelt haben.
In Mecklenburg-Vorpommern sind 31 Angelkutter registriert. Und es ist tatsächlich so, wie Sie angedeutet haben: Es handelt sich in der Regel hier um ehemalige Fischkutter oder zum Teil auch um Kapitäne, die sich im Ruhestand befinden oder die sich ein neues Umfeld geschaffen haben. Zu den wirklich Aktiven dürften jedoch auch die weit weniger ausgerichteten Angelkutter zählen. Dazu gehören auch die Brandungs- oder Molenangler. Diese haben aber eher eine untergeordnete Rolle.