Protocol of the Session on April 5, 2017

Ich könnte alle Punkte durchgehen.

(Torsten Renz, CDU: Sind die alle so schlimm? – Heiterkeit und Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Ja, sie sind alle gleich schlimm,

(Torsten Renz, CDU: Deswegen hat er die nicht vorgelesen.)

deswegen ist es im Grunde so schwierig, sich den Schlimmsten rauszusuchen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja.)

Wenn ich dann zum Beispiel dieses lese: „Schulanfangs- und -endzeiten sind mit den ÖPNV-Fahrzeiten abzustimmen“ …

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Nee, Herr Kollege Reinhardt, da haben Sie einen Denkfehler, ich musste es auch zweimal lesen. Da sind die Fahrzeiten des ÖPNV die Vorgabe für die Schulanfangs- und -endzeiten. Das heißt also, da soll sich nicht mehr der Nahverkehr nach den Schulanfangszeiten richten, was ja im Interesse der Schülerinnen und Schüler wäre, sondern es sollen die ÖPNV-Planer die Vorgabe für die Schulanfangszeiten machen. Ob das unbedingt Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit ist, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da habe ich doch ernste Zweifel.

Gestatten Sie mir – damit will ich dann auch aufhören, weil dieser Antrag hat nur einen begrenzten Unterhaltungswert –, dass ich zum letzten Punkt, zu Ziffer 9 komme, dass Jahresschülertickets eingeführt werden, deren Gültigkeitsdauer das Schuljahr inklusive der Ferien umfassen soll. Und dann gibt es ein Schülerticket 1, welches den Weg mit dem ÖPNV von der Wohnadresse zur Schule abdeckt, kostenlos für die Schüler. Darüber kann man jetzt noch streiten, ob das eine sinnvolle Regelung ist, darauf will ich gar nicht eingehen, ob man diese

Kilometerentfernung, die es ansonsten auch für die Schülerbeförderung gibt, wegfallen lässt oder nicht. Ich persönlich lebe in einer größeren Stadt. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass die zwei Kilometer durchaus zumutbar sind. Vielleicht sind woanders, Frau Oldenburg, manche Füße noch kleiner, das kann ich nicht beurteilen. Ich will das auch gar nicht darauf ankommen lassen, weil es nicht entscheidend ist.

Aber, sehr geehrte Kollegin und Kollegen, die grundsätzliche Frage, die sich hier doch stellt, ist: Wir reden nicht über einen dicht besiedelten Raum, wie es eine größere Stadt in diesem Land darstellt. Sie schreiben oder führen ja selbst aus, dass der Großteil dieses Landes relativ schwach besiedelt ist. Und er ist nicht nur relativ schwach besiedelt, es ist im Regelfall auch so, dass es keinen ÖPNV gibt, wenn es keine Schulzeiten mehr gibt. Ja, wofür soll denn dieses Schülerticket dann gut sein? Da fährt kein Bus und wenn kein Bus fährt, dann können Sie natürlich den Kindern oder den Eltern – die Eltern werden es ja zumindest mitfinanzieren müssen – sagen, ihr bekommt ein Schülerticket und ihr erhaltet es möglicherweise kostenlos oder ihr kriegt es mitfinanziert, aber es fährt kein Bus. Also so weit geht es dann auch nicht, dass hier ein Bus fährt. Das könnt ihr nicht von uns verlangen. Und auf der anderen Seite sehen wir doch schon, das, was das Land machen kann, ist sowieso eine Aufgabe der Kommunen, das muss man an der Stelle auch mal deutlich sagen.

Wie gesagt, sonstiger ÖPNV ist originäre Aufgabe der Kreise in diesem Land. Wir haben in dem Bereich, wo das Land zuständig ist – der Schienenpersonennahverkehr ist ja auch Teil des ÖPNV –, ein entsprechendes Angebot und die Züge fahren übrigens auch in den Schulferien, da lohnt sich das dann. Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Fraktionsvorsitzende Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin verwundert, verwundert darüber, dass die AfD-Fraktion diesen Antrag zur Schülerbeförderung nochmals einbringt.

(Thomas Krüger, SPD: Diese Verwunderung teilen wir, Frau Kollegin.)

Im Bildungsausschuss habe ich bereits angemerkt, in welchen Punkten des Antrages die AfD rechtlich etwas durcheinanderbringt oder auch schlicht falsch darstellt.

(Zuruf aus dem Plenum: Richtig.)

Sie haut alles, wirklich alles durcheinander, verwechselt Aufgabenträger, ignoriert die Rechtsaufsicht, verlängert die Fahrten für Schülerinnen und Schüler und missachtet bestehende Vorschriften und Gesetze.

(Zuruf von Birgit Hesse, SPD)

Im ersten Punkt stülpen Sie die Schülerbeförderung den Kommunen über, statt sie wie bisher bei den Landkreisen

zu belassen. Sie ändern wild drauflos und schwups haben die Kommunen eine neue Aufgabe, die dann auch noch enorme Mehrkosten mit sich bringt. Nach Ihrem Willen sollen die Schulträger die Kosten der Schülerbeförderung tragen. Wenn dies so kommen würde, dann könnten alle Gemeinden, die bisher an ihrer Schule festhalten, diese schließen, denn es ist schon eine enorme finanzielle Belastung, überhaupt Schulträger zu sein. Die Kosten für die Schülerbeförderung dann auch noch zu übernehmen, das wäre fatal.

Allerdings wollen Sie in Ihrem zweiten Antragspunkt die Millionen, die Sie den Kommunen gerade übergehalst haben, teilweise vom Land erstatten lassen. Diese Entlastung, mit der Sie die enormen Mehraufwendungen abfedern wollen, hält aber nur von Antragspunkt 2 bis Antragspunkt 7, denn hier erhöhen Sie die kommunalen Ausgaben wieder, indem Sie flugs die Kommunen auch noch zur Kasse bitten, um, ich zitiere, „alternative Transportoptionen“ einzusetzen.

Wie wir es drehen und wenden, die AfD belastet die Kommunen zusätzlich, und dies ist selbstverständlich mit meiner Fraktion nicht zu machen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Es ist mir unangenehm, das sagen zu müssen, aber Ihre Ahnung von Schülerbeförderung und von Rechtskreisen hält sich ziemlich in Grenzen.

Sehr geehrte Damen und Herren, diese Ahnungslosigkeit der AfD-Fraktion schlängelt sich auch noch durch weitere Antragspunkte. Im dritten Punkt fordern Sie, dass die Schülerbeförderung vorrangig mithilfe des ÖPNV erfolgen soll. Ein Blick in das Gesetz über den ÖPNV, und siehe da, es ist bereits so. Somit hat sich diese Forderung erledigt.

(Heiterkeit bei Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Genauso ist es im vierten Antragspunkt, in dem Sie fordern, dass die Schulanfangs- und -endzeiten mit dem ÖPNV abzustimmen sind. Das sehe ich ein bisschen anders als Herr Schulte, denn was glauben Sie eigentlich, wie Schülerbeförderung funktioniert? Glauben Sie, die Landkreise lassen die Busse irgendwie, irgendwann, irgendwohin fahren? Diese Abstimmung ist bereits jetzt der Fall und dazu braucht es die AfD nicht.

Schülerbeförderung, das hat mein Kollege Butzki heute Morgen schon gesagt, ist eine logistische Meisterleistung. Und hätten Sie sich auch nur kurzzeitig damit befasst, müsste sich jetzt nicht das Parlament unnützerweise mit diesem Antrag beschäftigen. Was Sie wollen, gibt es bereits, oder es ist einfach falsch und verschlechtert die gegenwärtige Lage der Schülerinnen und Schüler.

Das wird an Ihrem Antragspunkt sehr deutlich, in dem Sie die Fahrtzeiten verlängern wollen. Sie wollen, dass alle Schülerinnen und Schüler, egal, wie alt sie sind, 60 Minuten für eine Strecke unterwegs sein dürfen. Liebe Eltern von Grundschülern, die AfD möchte gern, dass Ihre Kinder 20 Minuten länger pro Fahrt unterwegs sind als bisher. Die AfD möchte, dass Ihre Kinder mit einem Ranzen, der zwischen sechs und neun Kilogramm wiegt, nicht nur länger unterwegs sind, sondern auch noch länger zu Fuß laufen müssen, nämlich drei Kilometer statt bisher zwei Kilometer.

Ich habe mich gefragt, welche Gründe das haben mag, dass Sie die Entfernungszeiten für Grundschüler verlängern wollen. Dafür kann es aus meiner Sicht nur zwei Gründe geben: Entweder wissen Sie nicht, dass die Lütten derzeit maximal 40 Minuten unterwegs sein dürfen, oder Sie beabsichtigen, Grundschulen im ländlichen Raum zu schließen, denn dann würden sich tatsächlich die Fahrtzeiten verlängern.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind leider noch nicht am Ende mit dem Sammelsurium an alternativen Unsinnigkeiten. Die AfD-Fraktion führt auch noch eine neue Maßeinheit ein. Bisher sprachen wir in der Schülerbeförderung grundsätzlich von der Entfernung zwischen Wohnhaus des Kindes und Schule. Die AfD geht hier neue Wege, wenn sie die Entfernung vom Wohnhaus zur Bushaltestelle definiert. Was um Himmels willen sollen denn die Kinder an der Bushaltestelle?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Die müssen zur Schule! Wie weit darf diese denn vom Wohnort entfernt sein? Und wer bezahlt dann die Beförderung? Dazu treffen Sie überhaupt keine Aussagen. Aber letztendlich braucht es auf diese Frage auch überhaupt keine Antwort, denn der letzte Antragspunkt widerspricht nicht nur Ihrem Bushaltestellenantragspunkt,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

sondern auch allen anderen Antragspunkten. Jetzt wollen Sie nämlich ein Schülerticket einführen, drei Kategorien und so weiter und so fort. Damit erledigen Sie selbst die meisten Ihrer vorhergehenden Forderungen. Nun ist es egal, warum sich Ihre eigenen Antragspunkte erledigen, ob aus rechtlich unsauberen Forderungen, ob aus schlichter Unkenntnis der Schülerbeförderung, ob aus eigener Inkonsequenz. Ihr Antrag verdeutlicht, dass Sie sich selbst nicht ernst nehmen, und dem schließen wir uns gern an und lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich fast vollumfänglich Herrn Schulte und – dass ich das mal sagen würde – auch Frau Oldenburg anschließen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Danke schön! Danke schön!)

Da hat sie ja nun nicht mehr so viel übriggelassen.

Herr Dr. Jess, Sie haben ganz zu Anfang von „Flickschusterei“ bei uns im Schulgesetz, was die Schülerbeförderung betrifft, gesprochen. Ich glaube, Ihr Antrag geht sogar noch über „Flickschusterei“ hinaus. Man kann das schon – den Satz habt ihr mir zum Glück übriggelassen – anhand des ersten Satzes lesen: „Die Landesregierung wird aufgefordert, den § 113 des Schulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern zum Thema Schülerbeförderung neu zu regeln.“ Danach kommen neun oder zehn Punkte. Davon hat ganz selten einer etwas mit dem Paragra

fen 113 Schulgesetz zu tun. Wenn wir das darin alles regeln sollten, müssten wir auch noch die Gesetze des ÖPNV, das FAG und alles Mögliche integrieren. Das kann man machen, muss man aber nicht.

Deshalb würde ich darum bitten – wir haben Ihnen das ja eigentlich auch im Bildungsausschuss schon gesagt –, wenn Sie das nächste Mal so einen Antrag vorbereiten, dass Sie sich vorher etwas besser informieren und dann die Zuständigkeiten auf den Ebenen nicht durcheinanderbringen, denn am Ende bleiben jetzt irgendwie drei Sachen übrig:

Die AfD will die Kommunen schröpfen.

Die AfD will die Schulfahrtzeiten verlängern.

Und die AfD will auch noch tief in die Landeskasse

greifen, ohne zu sagen, wo dabei das Geld herkommen soll.

Das können wir als CDU-Fraktion nicht mitmachen. Deshalb lehnen wir einen handwerklich so schlechten Antrag schlicht und einfach nur ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.