Protocol of the Session on July 2, 2015

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Klar.)

Aber wir sollten uns abgewöhnen, wir sollten uns wirklich abgewöhnen, hier immer nur das Schlechte zu sehen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wer macht das denn, Herr Müller?)

Ich glaube nicht, dass dies am Ende einer vernünftigen Entwicklung dieses Landes dient. Wir wollen auch nicht alles schönreden und alles rosarot malen, natürlich nicht.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Quatsch, das tun Sie.)

Ich sage doch, wir sehen die Probleme und es gibt sie, aber ich halte es für verwerflich, alles schwarzzumalen und eine Stimmung des Weltuntergangs zu verbreiten.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hilft uns überhaupt nicht weiter.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr Richtig. – Helmut Holter, DIE LINKE: Weltuntergang.)

Ich darf darauf verweisen: Wie sehen es die Menschen in diesem Land denn selber? Im Herbst 2014 – die Zahlen kennen Sie – gab es eine repräsentative Umfrage in Mecklenburg-Vorpommern über die Situation in diesem Land. Dort wurde von einem Meinungsforschungsinstitut repräsentativ gefragt.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Die Frage hieß: Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern besteht in diesen Tagen 24 Jahre – wie gesagt, es war 2014 –, wenn Sie einmal zurückblicken, wie hat sich Meck

lenburg-Vorpommern in den letzten 24 Jahren alles in allem entwickelt? Auf diese Frage antworteten 18 Prozent „sehr gut“ und 70 Prozent „eher gut“. Das heißt, wenn wir diese beiden Werte zusammenzählen – und ich glaube, das darf man –, sind 88 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass sich dieses Land gut oder sehr gut entwickelt hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Hat es ja auch.)

Dem habe ich nichts hinzuzufügen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und wenn dann noch die Frage gestellt wird, wie gut es sich in Mecklenburg-Vorpommern heute, alles in allem gesehen, leben lässt, dann sagen 36 Prozent „sehr gut“ und 54 Prozent „gut“. Das hat ganz sicher nicht nur etwas mit unserer schönen Natur zu tun, sondern auch mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit, in der wir leben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so gesehen, und ich will das einfach mal so sagen, sind diese Entwicklungen „20 Jahre Verfassung Mecklenburg-Vorpommern“ eine Erfolgsstory.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Eine Story, ja.)

Dass die NPD darüber lacht, ist für mich nur eine Bestätigung.

(Michael Andrejewski, NPD: Märchen sind auch Storys.)

Die Verfassung war dafür sicherlich eine wichtige Basis.

Aber ich darf noch einmal Dr. Dettmann zitieren, der sagt, ich zitiere: „Ich wünsche mir, dass wir nach 25 Jahren manche Verbitterung, manche eingefahrene FreundFeind-Diskussion abschütteln.“

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

„Wir und auch unsere Bürger sollten uns und sich bewusst machen, was wir in den letzten 25 Jahren geleistet haben und was wir noch leisten können, wenn wir nur gemeinsam arbeiten.“ Zitatende.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Vielleicht sollten Sie über diesen Satz von Reinhard Dettmann einmal nachdenken, lieber Kollege Holter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 25 Jahre Mecklenburg-Vorpommern, 20 Jahre Verfassung – etwas mehr, 21 – sind eine Erfolgsstory.

(Regine Lück, DIE LINKE: Es gab auch noch andere interessante Zitate.)

Ich glaube, die Politik hat in diesen Jahren viel Positives getan, Positives auf der Basis der Verfassung. Aber ich glaube, entscheidend haben diese Aufgabe nicht wir Politikerinnen und Politiker bewältigt, sondern die Menschen in diesem Land. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Man kann sich, Herr Müller, vermutlich darüber, dass dieses Thema heute über die Große Anfrage der LINKEN-Fraktion hier eingebracht worden ist, und über die Frage, ob das ein Geschmäckle hat, streiten, diskutieren, das abwägen und vielleicht auch zu unterschiedlichen Auffassungen kommen.

Aber ich will an dieser Stelle einmal festhalten, die Tatsache, dass genau bei diesem Thema, welches die Möglichkeit bietet, einmal die letzten 20, vielleicht auch 25 Jahre zu reflektieren, die Grundlage eine Große Anfrage ist, ist, finde ich, ein ausgesprochen guter Auftakt und eine ausgesprochen sinnvolle politische Initiative. Denn ich glaube, dass es diesem Parlament guttut, sich intensiver mit diesem Thema zu befassen als in einer Feierstunde im Herbst des letzten Jahres, die ich als sehr positiv empfunden habe. Deshalb will ich an dieser Stelle als GRÜNER sagen: Herzlichen Dank an die Fraktion DIE LINKE, dass sie das zum Thema gemacht hat, sehr geehrte Damen und Herren.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist schon mal eine wichtige Aussage, Herr Suhr.)

Ja, Herr Kokert, wir kommen noch zu anderen Aussagen.

Ich komme jetzt noch mal zurück auf diese Feierstunde. Ich will einräumen, ich war angesichts der 500 Seiten Anfragen – Sie haben das als dünn bezeichnet, Herr Holter, ich würde das differenziert betrachten, es gibt eine ganze Reihe von Daten und Fakten, mit denen wir durchaus etwas anfangen können –

(Heinz Müller, SPD: Ich auch.)

auch ein bisschen ratlos bei der Frage, wie man so etwas in zehn, gut zehn Minuten Redezeit, die ich zur Verfügung habe, abarbeiten kann. Das ist gänzlich unmöglich, gänzlich unmöglich.

(Torsten Renz, CDU: Dann hätten Sie mehr beantragen sollen.)

Aber ich habe mich erinnert gefühlt an die eben zitierte Feierstunde, die wir im Herbst des vergangenen Jahres hatten. Ich habe dem Kollegen Kokert nach dieser Feierstunde gesagt, wer mich dort besonders beeindruckt hat. Das war der Kollege Prachtl mit seiner Rede.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja.)

Er war einer der Festredner und er hat das getan, was Herr Holter jetzt auch versucht hat mit einem kleinen Wortspiel. Er hat nämlich den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zitiert,

(Udo Pastörs, NPD: Och!)

indem er gesagt hat: „Wenn wir eine bisher viel gelobte Landesverfassung haben, sind wir in einer guten Verfassung?“ Das war die Frage, die von Weizsäcker seinerzeit gestellt hat. Ich will an dieser Stelle für uns GRÜNE sagen, ja, ich finde grundsätzlich, dass dieses Land, was bestimmte Belange angeht, in einer guten Verfassung ist.

Ein Vierteljahrhundert, nachdem der Ruf „Wir sind das Volk“ auch durch die Straßen von Mecklenburg-Vor- pommern hallte, um bessere Lebensbedingungen, politische Teilhabe und bürgerliche Freiheitsrechte zu erreichen, kann von einem politisch-kulturellen Ost-WestGegensatz offensichtlich keine Rede mehr sein. Das ist nicht meine Einschätzung, sondern zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Bundeszentrale für politische Bildung in einer umfassenden Studie. Es ist also tatsächlich zusammengewachsen, was zusammengehört, so, wie es Willy Brandt seinerzeit formuliert hat. Die Vorstellungen darüber, was eine gute Demokratie sei, nähern sich auch zwischen Ost und West an.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Ergebnisse der Studie zeigen, mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung scheint das Erbe des real existierenden Sozialismus in den Mentalitätsbeständen zu verblassen, so das Ergebnis der Studie. Ich empfinde es nicht nur als beruhigend, sondern freue mich, erleben zu dürfen, dass es allerspätestens in der Generation unserer Kinder keine Rolle mehr spielt, ob jemand in Ostdeutschland oder in Westdeutschland geboren ist. Das ist offensichtlich ein positiver Fingerzeig dafür, dass wir in einem guten Zustand sind, so, wie Richard von Weizsäcker es erfragt hat.

Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass wir demokratischen Fraktionen im Landtag eine große Verantwortung dafür haben, dass die Menschen in unserem Bundesland in deutlich umfassenderem Maße in demokratische Prozesse eingebunden werden müssen. Ich glaube, dass das viel mehr die Herausforderung der Zukunft ist als die Frage, die uns vielleicht in den letzten 20 Jahren beschäftigt hat, nämlich die Integration von Ost nach West und von West nach Ost.

Demokratie muss erfahrbar und erlebbar sein. Die Möglichkeiten, an demokratischen Entscheidungen teilhaben zu können, müssen auch von denjenigen als Chance verstanden und begriffen werden, die der Demokratie bisher mit Skepsis entgegengetreten sind. Die Verantwortung dafür liegt, das ist meine feste Überzeugung, zum großen Teil bei uns, bei den politisch Verantwortlichen, weil wir den Rahmen gestalten, wie das geschehen kann.