Protocol of the Session on February 2, 2012

(Stefan Köster, NPD: Na,

vorher noch einen Joint geraucht? –

Na, nun reichts hier, mein Gott! Also

ehrlich mal, jetzt reichts! Gestern schon. –

Das war eine Frage,

nur eine Frage. – Udo Pastörs, NPD:

Seid doch nicht so unfair! –

Unfair? Ach, Herr Pastörs!)

Herr Köster,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das war eindeutig eine Unterstellung, Herr Köster. Das wissen Sie ganz genau!)

ich bitte Sie, solche diffamierenden Äußerungen hier zu unterlassen, und erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Stefan Köster, NPD: Ich hab den Kollegen nur was gefragt!)

Herr Köster, ich erteile Ihnen den zweiten Ordnungsruf. Sie haben die Entscheidung des Präsidiums hier oben nicht zu kommentieren. Das wissen Sie auch.

(Michael Andrejewski, NPD: Demokratiefreier Raum ist das hier.)

Bitte schön, Herr Saalfeld.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Vielen Dank.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lassen Sie mich zunächst feststellen, dass es der CDU scheinbar ein Herzensthema ist, für ihren Antrag hier zu streiten, was die vorderen Ränge der Plätze beweist.

Gestatten Sie mir ein Wort zur bisherigen Debatte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist bei denen normal.)

Gestatten Sie mir ein Wort zur bisherigen Debatte: Als Parlamentsneuling musste ich jetzt lernen, dass es scheinbar darauf ankommt, wer einen Koalitionsvertrag zuerst unterschreibt und wer als Zweiter, denn der Zweite spricht scheinbar immer gegen den Ersten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Antrag! Antrag!)

Den Koalitionsantrag – Entschuldigung!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da haben Sie völlig richtig recherchiert, ja.)

Während die CDU nur über Repression spricht, spricht die SPD vor allem, und das freut mich auch, über Prävention, und dann versuchen Sie, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das nennt man Koalition, Herr Saalfeld.)

und das ist dann nicht viel.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut.)

Dass SPD und CDU nach sieben Jahren den ersten drogenpolitischen Aufschlag im Landesparlament wagen, der nicht nur mit Zigaretten und Alkohol zu tun hat, ist zunächst einmal zu begrüßen.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Was hier aber dem Parlament vorgelegt wurde, ist freundlich ausgedrückt recht preiswert. Woher soll es auch kommen? Zur Drogenpolitik schweigen die Landtagswahlprogramme von SPD und CDU. Was sagt der Koalitionsvertrag von 2006 zur Drogenpolitik? Nichts!

(Udo Pastörs, NPD: Aber wir sagen was dazu, die NPD. Da gibt es Broschüren zu.)

Was sagt der Koalitionsvertrag von 2011? Er reduziert die Suchtproblematik auf Alkohol-, Medien- und Spielsucht.

Meine Damen und Herren, nachdem ich mir hier im Plenum vor zweieinhalb Monaten bei meinem ersten Antrag gerade von der Regierungskoalition den Vorwurf gefallen lassen musste, dass ein konkreter Handlungsauftrag an die Regierung im Antrag nicht zu erkennen sei, muss ich hier den Koalitionsparteien SPD und CDU die berechtigte Gegenfrage stellen: Was, meine Damen und Herren, hat die Aufforderung an die Landesregierung, explizit nichts zu tun, mit politischem Gestaltungswillen zu tun?

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Antrag fordern Sie die Landesregierung auf, am alten und überkommenen Konzept der Suchtprävention durch Prohibition festzuhalten. Dazu sollen die Kommunen weiterhin unterstützt werden, also nicht mehr, aber auch nicht weniger als bisher. Wenigstens sollen die „Maßnahmen zur Aufklärung“ auch in Zukunft „fortgeführt werden“, so der Wortlaut. Das soll wohl heißen, dass sie von Kürzungen zumindest verschont werden sollen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Immerhin.)

Häufig arbeiten aber nur Ein-Euro-Jobber unstrukturiert und aus pädagogischer Sicht stark verbesserungswürdig an den Schulen. Hier sollte etwas passieren.

Der hier vorliegende Antrag legt seinen Schwerpunkt aber ganz klar auf das Konzept „Prävention durch Prohibition“, also verhindern durch verbieten, durch Repression. Aber das ist leider nicht die einzige Stelle, an der der Antrag der Regierungskoalition nicht mehr zeitgemäß ist. Auch die Behauptung, dass Cannabis, und auf Cannabis konzentriert sich der vorliegende Antrag ganz besonders in der Begründung, eine Einstiegsdroge sei, ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar. Vergangene Woche fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages diesbezüglich eine lehrreiche Anhörung statt. Professor Dr. Rainer Thomasius, selbst einer der entschiedensten Gegner einer Legalisierung von Cannabis, musste bereits 2007 einräumen, dass es für die Schrittmacherfunktion bislang keine ausreichenden Belege gibt. Cannabis ist keine Einstiegsdroge.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Anhörung des Deutschen Bundestages hat auch deutlich gemacht, dass die von uns GRÜNEN erhobene Forderung nach einer Legalisierung von Cannabis berechtigt ist und von vielen Experten aus der Suchthilfe geteilt wird, vor allem aus gesundheitlichen Gründen. Herr Koplin hat das schon sehr schön dargestellt.

So sagt Dr. Raphael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, es sei unbestritten, dass der

übermäßige Cannabiskonsum mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Daher müssten die Folgen des Cannabisverbots stärker in den Blick genommen werden – und jetzt kommt es –, die repressive Drogenpolitik sei aber gescheitert.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Eine wirksame und glaubwürdige Prävention sei durch das Cannabisverbot nicht möglich.

Dr. Nicole Krumdiek von der Universität Bremen argumentierte, der Zweck des geltenden Betäubungsmittelrechts, die Volksgesundheit zu schützen – das wird Sie von der NPD interessieren –, werde mit der Kriminalisierung weicher Drogen gerade nicht erreicht. Die Schwankungen hinsichtlich Reinheit und Stärke von Cannabis seien eine Folge des strikten Verbotes. Studien zeigten – und das ist jetzt hochinteressant –, dass die Kriminalisierung keinen nachweislichen Einfluss auf das Einstiegs- alter, die Konsumgewohnheiten und vor allem auf die Verfügbarkeit von Cannabis habe.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Eher das Gegenteil. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Auf die sozialen Folgen der Kriminalisierung verwies Georg Wurth vom Deutschen Hanf Verband. Gegen circa 100.000 insbesonders junge Menschen würden jedes Jahr Strafverfahren eingeleitet, weil sie, ohne damit selbst Handel zu treiben, Cannabis konsumiert haben. Die rechtlichen Folgen für die zumeist jugendlichen Verbraucherinnen und Verbraucher stünden in keinem Verhältnis zu den beabsichtigten Zielen der Prohibition.

Mir geht es nicht darum, den Drogenkonsum, hier speziell von Cannabis, zu verharmlosen, aber wir müssen auch die Realität akzeptieren, dass die bisherige Drogenpolitik gescheitert ist. Die Prävention muss mehr im Vordergrund stehen, und nicht das Verbot und die Kriminalisierung, wie es der hier vorliegende recht mittelalterliche Antrag der Regierungskoalition beabsichtigt.

Bundesweit konsumieren laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine Viertelmillion Menschen Cannabis. Bei vielen Konsumenten bleibe es beim einmaligen oder episodischen Gebrauch. Dagegen ist der Konsum von Alkohol sehr viel besorgniserregender. 9,5 Millionen Menschen in Deutschland, also fast 40-mal so viel, konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Millionen Menschen gelten als alkoholabhängig und jedes Jahr, das hatten wir schon gehört, sterben in Deutschland 73.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs.