Protocol of the Session on February 2, 2012

Ja, weil wir die entscheidende Gesetzlichkeit für Mecklenburg-Vorpommern so getroffen haben, wie wir sie getroffen haben, und weil die Gemeinschaftsunterkünfte in den Landkreisen, ob das in Neu- strelitz oder anderen Regionen gewesen ist, so, wie sie installiert worden sind, sich als sehr positiv ausgewirkt haben. Und deswegen sehen wir derzeit auch keine Notwendigkeit zu verändern, wobei Ausnahmen, was die Möglichkeiten dezentraler Unterbringung betrifft, natürlich auch gemacht werden, und deswegen hat RheinlandPfalz einen anderen Weg als Mecklenburg-Vorpommern.

Zusatzfrage: Sie würden mir also zustimmen, dass es rechtlich möglich ist, anders als von Ihnen immer behauptet, dass auch dezentrale Unterbringung angewandt werden kann?

Nein, wir haben eine andere rechtliche Ausgangslage und es besteht keine Notwendigkeit, diese rechtliche Ausgangslage zu verändern.

(Der Abgeordnete Peter Ritter spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Die rechtliche Ausgangslage in Mecklenburg-Vorpom- mern lässt dies nicht zu, Herr Ritter, das müssten Sie kennen, weil Sie lange genug dabei sind.

Danke, Herr Caffier.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der Fraktion der SPD Frau Tegtmeier.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Es ist genau der richtige Einstieg, da jetzt gerade Herr Ritter seine Zusatzfrage oder seine Frage gestellt hat, denn in der Debatte, die wir hier im Landtag im November letzten Jahres geführt haben zum Antrag der Fraktion DIE LINKE, Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte und dezentrale Unterbringung, habe ich genau das Beispiel Rheinland-Pfalz hier angeführt.

Ich habe darauf hingewiesen, dass bundesweit die Zahlen und Prozentzahlen der dezentralen Unterbringung vollkommen unterschiedlich sind, und habe auch darauf hingewiesen, wie der Stand in Mecklenburg-Vorpommern ist, und auf die Gestaltungsmöglichkeiten, die das Gesetz in diesem Zusammenhang hergibt. Die Fraktion DIE LINKE hat im letzten Absatz der Begründung ihres Antrages ja auch darauf hingewiesen, dass hier ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht. Ich habe deutlich gemacht, dass in Mecklenburg-Vorpommern dieser Gestaltungsspielraum relativ weit ausgenutzt wird, und habe auch aufgezeigt, wie sich das in der Vergangenheit entwickelt hat, nämlich, dass er vom prozentualen Anteil her

mal besser war, aber aufgrund der höheren Aufnahmezahlen der vergangenen Zeit prozentual natürlich abgesackt ist, weil man nicht sofort auch unbeschränkt Wohnmöglichkeiten zur Verfügung hat.

Nun aber noch mal konkret zum vorliegenden Antrag:

Ich denke mal, die ersten beiden Punkte sind durch die Ausführungen des Innenministers vollumfänglich abgearbeitet und die kommunale Verantwortung des Landkreises wird das Übrige dazu tun müssen, was die dezentrale Unterbringung, die angesprochen wird, für die Heimbewohner aus Jürgenstorf angeht, obwohl der Innenminister da ganz klar gesagt hat, dass er die dezentrale Unterbringung in diesem Zusammenhang auch nicht für alle sieht, sondern für die Personen, die dies wollen und die dazu letztendlich in der Lage sind.

Jedoch möchte ich noch einmal zu Punkt 3 kommen. Hier verlangen Sie im Antrag, auf die Einrichtung weiterer kommunaler Gemeinschaftsunterkünfte im Land zu verzichten und stattdessen für die dezentrale Unterbringung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Mecklenburg-Vorpommern zu sorgen.

Diese Aussage sagt eigentlich zweierlei: Zum einen ist es indirekt die Aussage, dass eine gewisse Akzeptanz an bestehenden Einrichtungen besteht, sonst würde hier stehen „Schließung aller Gemeinschaftsunterkünfte“ und auch „keine Neuerrichtung“, hier steht aber lediglich „keine Neuerrichtung“. Ich nehme an, dies vor dem Hintergrund, dass wir wieder steigende Aufnahmezahlen haben, wo man ja dann davon ausgehen könnte, dass neue Aufnahmekapazitäten in Gemeinschaftsunterkünften geschaffen werden sollten.

Man kann diese Meinung vertreten. Ich vertrete sie aus folgendem Grund nicht vollumfänglich: Ich habe viele Gemeinschaftsunterkünfte besucht. Teilweise sind die Einrichtungen recht ausgelastet, teilweise sind Kapazitäten frei, aber in allen Einrichtungen habe ich Situationen vorgefunden, die mich erkennen ließen, dass nicht alle Menschen in diesen Unterkünften geeignet sind, selbstständig in eigenen Wohnungen ohne weitere soziale Betreuung wirklich leben zu können.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr schön beschrieben.)

Sie gucken ganz erstaunt, aber ich habe zum Beispiel mit der Sozialarbeiterin in Rostock, die für die Betreuung von dezentral untergebrachten Asylbewerbern zuständig ist, gesprochen. Sie sagt, sie stößt längst an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Dadurch, dass die Personalausstattung in den Sozialämtern ja in Zukunft eher weiter reduziert als aufgestockt werden wird, ist ein wesentlich höherer Betreuungsbedarf da, als abzuleisten ist.

Man muss sich dabei immer das Gesamtbild anschauen: Eine Gemeinschaftsunterkunft fühlt sich dann nicht mehr zuständig, wenn Menschen daraus dezentral untergebracht werden. Dann ist das Sozialamt zuständig und dessen Kapazitäten sind nun einmal begrenzt. Und solange es nicht abgesichert ist, dass die so dezentral untergebrachten Menschen, die noch Betreuungsbedarfe haben, auch wirklich betreut werden können, muss man sagen, solange ist es vollkommen nötig, dass man Gemeinschaftsunterkünfte hat, damit auch das Gesamtbild stimmt und das gewährleistet werden kann.

Ich persönlich, das habe ich im November auch schon gesagt, würde mich freuen, wenn wir unsere Dezentralisierungsquote an dieser Stelle weiter ausweiten würden, aber ich glaube nicht, dass wir vollkommen auf Gemeinschaftsunterkünfte verzichten können, und deswegen, denke ich, können wir Ihrem Antrag auch in diesem Punkt nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister hat sehr ausführlich Stellung genommen und die Situation der Gemeinschaftsunterkünfte in Mecklenburg-Vor- pommern und auch speziell in Jürgenstorf beschrieben, deshalb brauche ich das nicht alles zu wiederholen. Kern der Feststellung ist, dass wir in der Gemeinschaftsunterkunft in Jürgenstorf einen Sanierungsbedarf in Höhe von 900.000 Euro haben.

(Udo Pastörs, NPD: Oh, da freuen sich die Steuerzahler!)

Und da dies wirtschaftlich und auch aus anderen Gründen schwer vertretbar ist, wurde vom Innenministerium im Zusammenhang mit dem Landkreis beschlossen, die Einrichtung zum 30.06.2013 zu schließen und die Bewohner weiterhin zentral, aber auch, wo es gewünscht ist und wo es möglich ist, dezentral unterzubringen.

So weit, so gut, könnte man hier schlussfolgern, oder auch nicht, denn einem Eindruck, der hier die letzten Wochen immer so latent mitspringt, möchte ich dann doch sehr entschieden entgegentreten, und zwar, ich will es mal etwas überspitzt darstellen: Die Gemeinde Jür- genstorf befindet sich nach meiner Ansicht nicht in Zentralafrika. Bei einigen Meinungsäußerungen konnte man das hier in den letzten Tagen so vernehmen.

(Michael Andrejewski, NPD: Auch nicht in der Steppe von Kasachstan.)

Ich kenne die Gemeinde Jürgenstorf sehr lange, war schon vor sechs/sieben Jahren dort häufiger zu Besuch. Wir haben es dort mit einer sehr lebendigen Gemeinde zu tun, die ein sehr aktives Vereinsleben hat und immer wieder bestrebt ist, auch die dortigen Bewohner aus der Gemeinschaftsunterkunft zu integrieren.

Wir haben in der Gemeinde in den letzten Jahren eine Menge in die Infrastruktur investiert, auch wir als Land. Ich nenne hier die Grundschule, ich nenne die Kita, die gerade in die Grundschule eingezogen ist, ich nenne den Spielplatz, der gerade dieses Jahr mit LEADER-Mitteln eingerichtet wurde. Alles in unmittelbarer Nähe zur Gemeinschaftsunterkunft im Übrigen, sie liegt dann doch nicht so weit außerhalb, Herr Al-Sabty, alles ziemlich nah erreichbar. Ich erinnere auch an die Turnhalle, die wir im letzten Jahr für fast 700.000 Euro ganz neu saniert haben.

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben dort eine gute Kooperation mit den Schulen, ob mit der Grundschule oder mit der KGS in Stavenha

gen, der Minister ist bereits darauf eingegangen. Und es wurde auch in den letzten Jahren, ich war oft selbst dabei, immer wieder versucht, die Bewohner zu integrieren. Es gab ein „Fest der Kulturen“, es gab auch einen interkulturellen Garten,

(Udo Pastörs, NPD: Versuch gescheitert.)

bei dessen Eröffnung ich selbst dabei war. Man kann also sagen, man kann in Jürgenstorf und in vielen anderen ländlichen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern sehr gut leben. Das gilt für uns Deutsche, das gilt für Europäer und das gilt für mich weiterhin auch für Asylbewerber. Insofern ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass es auch in solchen Orten Gemeinschaftsunterkünfte gibt.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, wenn es denn jetzt hier tatsächlich zu einer Schließung kommt, ist es mir aber auch ganz wichtig, dass wir die Gemeinde Jürgenstorf damit nicht alleine lassen, dass dort eine ungenutzte Immobilie steht, die am Ende, weil …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Steht schon, das wissen Sie doch!)

Noch wird sie genutzt, Herr Ritter, nach meinen Erkenntnissen wird sie noch genutzt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Schule wird schon gar nicht mehr genutzt. Das Wohnheim wird noch genutzt, aber die Schule nicht.)

Die Schule ist klar, aber ich rede von der Gemeinschaftsunterkunft, Herr Ritter. Also bleiben Sie auch beim Thema!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jaja, jaja.)

Sie haben ja noch Redezeit, dann können Sie ja hier Ihre Geschichten noch wieder erzählen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hätten Sie gestern alles schon der Zeitung erzählen können.)

Ich hätte, ich kann erzählen, das ist nämlich ein freies Land, dafür wurde ja zum Glück vor 20 Jahren gesorgt.

(Udo Pastörs, NPD: Wer das glaubt, der schläft.)

Da hatten Sie ja auch was dagegen.

In diesem Zusammenhang will ich nur sagen: Es ist mir wichtig, dass wir die Gemeinde Jürgenstorf hier bei der Bewältigung der Probleme, die zweifelsohne auf sie zukommen – mit der Immobilie, mit der Infrastruktur, hat sicherlich auch etwas mit dem Schulstandort vor Ort zu tun, denn dort sind ja auch Kinder aus der Gemeinschaftsunterkunft, die sind ja nicht nur in Stavenhagen –, begleiten als Land, als Kreis und auch wir als Abgeordnete vor Ort. – In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat die Ab- geordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich können wir als Bündnisgrüne sagen, so ein Antrag, der hätte auch von uns kommen können, und von daher ist es gut, dass er eingebracht wurde.

Bevor ich in die Debatte einsteige, möchte ich doch noch mal ein paar Worte zur SPD sagen: Also es wundert mich, es hat mich schon im November gewundert, Frau Tegtmeier, da haben Sie gesagt, wir müssen mehr bei der dezentralisierten Unterbringung machen. Heute haben Sie es wiederholt. Ich hoffe ja, dass der Kollege Al-Sabty dann einen Überweisungsantrag stellt. Wenn nicht, dann tun wir das, weil schon im November bei der Debatte deutlich geworden und hier auch kritisiert worden ist, dass die dezentrale Unterbringung in Mecklenburg-Vorpommern sich verschlechtert hat, dass es an- dere Länder gibt, wo es mit gutem Beispiel vorangeht. Ich finde es schon sehr traurig, dass die SPD mit ihrem konservativen Koalitionspartner sich auf das Spiel einlässt, das zu dulden.

Im Wahlkampf gab es verschiedene Veranstaltungen mit Diskussionsrunden, beispielsweise vom Flüchtlingsrat. Leider sind diese Fragen nicht beantwortet worden und das zeigt vielleicht auch etwas zum Stellenwert dieser Problematik. Die CDU hat sich im Wahlkampf dahin gehend geäußert – das ist auch mit den Informationen heute vom Innenminister gleich –: Die Strukturen, die wir haben, haben sich bewährt. Dass uns das verwundert, glaube ich, wundert auch niemanden.

Der Koalitionsvertrag – und zwar die Ziffern 296 bis 300 – gibt hier doch einiges her, jedoch wird zu Gemeinschaftsunterkünften kein Wort verloren. Die Ziffer 297 sagt: bessere „Zugänge zu Bildung, Arbeit und Erwerbstätigkeit“, Ziffer 299: verbesserte „gleichberechtigte Teilhabe“, „aktive Partizipation von … Migranten in allen Lebensbereichen“ und die Ziffer 300 sagt: die weitere Vorhaltung von „Angeboten … der frühkindlichen, schulischen und beruflichen Bildung“.