Protocol of the Session on November 13, 2014

Und erlauben Sie mir, ebenso, wie der Minister es getan hat, den Kräften vor Ort, den Behörden, dem Veterinäramt unter Leitung von Dr. Vogel, den freiwilligen Helfern der Feuerwehr, den Polizeibeamten und allen, die da mitgewirkt haben, zu danken, dass eine Weiterverbreitung vermieden werden konnte. Ich habe Hochachtung vor den Leuten, die das da gemeistert haben,

(Stefan Köster, NPD: Populismus.)

denn so ein Ausbruch einer Geflügelpest ist natürlich kein Zuckerschlecken, weder für die Tierhalter noch für die, die das bearbeiten müssen. Aber es ist ganz offensichtlich so, dass es sich wohl kaum verhindern lässt, weil wir ja bis heute noch nicht wissen, wie der Erreger überhaupt in diese Anlage kommen konnte. Das ist jedenfalls mein Kenntnisstand. Es ist noch nicht erwiesen, wie das passieren konnte.

Und in dem Zusammenhang vielleicht gleich mal der Hinweis auf dieses Projekt mit den Waldputen. Ich muss ganz ehrlich sagen, mir gefällt das außerordentlich, aber ich frage mich: Wie wäre es denn dort? Ich habe mir das selbst vor Ort noch nicht angeguckt, aber wenn in dem Umkreis, gar nicht mal im Bestand die Geflügelpest ausbrechen würde, wie würde man das aufstellen, wie würde man das handeln? Denn gerade in der Freilandhaltung sind ja auch die Gefahren des Eintragens von hoch pathogenen Viren eben immer gegeben.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die müssen temporär eingestellt werden.)

Aber gut, das ist vielleicht ein anderes Thema.

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie kommt denn die Vogelgrippe in ein geschlossenes System hinein?)

Wenn Sie es wissen, liebe Frau Gerkan, dann könnten Sie es ja hier kundtun. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Wissenschaft daran mit Hochdruck arbeitet.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen Gott sei Dank, dass alle Proben negativ sind von den Tierhaltern aus dem Sperrbezirk, aus dem gesperrten Bereich. Das wissen wir, dass es dort keine Infektionen gab. Das ist also sehr erfreulich. Und in dem Zusammenhang würde ich gern noch mal meine Hochachtung an die Tierhalter richten, die also wirklich ohne großes Bohei dort ihre Tiere zur Verfügung gestellt haben.

(Udo Pastörs, NPD: Kommen Sie mal zur Sache!)

Wissen Sie, Herr Pastörs, es liegt Ihnen ja fern, insofern, ich habe genug Redezeit.

(Udo Pastörs, NPD: Aber Sie sagen ja nichts.)

Wissen Sie, insofern brauchen Sie sich hier nicht aufzublasen.

(Udo Pastörs, NPD: Wer sich aufbläst, sehen wir ja.)

Meine Damen und Herren, klar ist, dass im Paragrafen 2 Nummer 1 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung der Begriff „Nutztiere“ eindeutig definiert ist. Ich will das hier noch mal an der Stelle sagen: Nutztiere sind „… warmblütige Wirbeltiere, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden oder deren Nachzucht zu diesen Zwecken gehalten werden soll“. Wir haben einen Bestand, wenn ich richtig informiert bin, von circa 715.000 Puten in 62 Tierhaltungen in

Mecklenburg-Vorpommern. Dabei sind natürlich nur die Tierhaltungen erfasst, die mehr als 100 Tiere umfassen.

Es ist auch schon gesagt worden durch den Minister, insofern kann ich das also sicherlich ein bisschen einkürzen, damit Herr Pastörs dann auch befriedigt ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Sehr rücksichtsvoll!)

Es gibt für Mastputen keine artspezifischen Vorschriften in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Das ist bekannt, da es eben auch keine Regelung auf europäischer Ebene gibt für die Haltung von Mastputen. So wurde vonseiten des Bundes bewusst auf eine konkrete Ausgestaltung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verzichtet.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bewusst? Was heißt „bewusst“?)

All die Erfahrungen mit der Legehennenhaltungsverordnung haben gezeigt, dass ein Alleingang Deutschlands hinsichtlich der Verschärfung der Haltungsbedingungen nicht unbedingt zielführend ist. Bei der Umsetzung der Legehennenhaltungsverordnung wurden die Stallanlagen teilweise in Deutschland abgebaut, um dann in Polen wieder aufgebaut zu werden. Dem Tierschutz war mit dieser Verlagerung der Haltung in keiner Weise gedient, meine Damen und Herren.

(Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ähnlich ist es auch bei einem Alleingang zur Verschärfung der Haltungsbedingungen für Puten in Deutschland zu erwarten.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keiner will mehr Käfigeier haben.)

Die Wirtschaftlichkeit der Putenhaltung – und das gehört eben auch zur Wahrheit, das mag einem gefallen oder das mag einem nicht gefallen, aber die Realität, die Lebensrealität ist so, Frau Dr. Karlowski –, die Wirtschaftlichkeit der Putenhaltung ist als kritisch einzustufen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Richtig.)

Wir haben uns darüber heute schon mal kurz unterhalten. Das mag einem gefallen, wie gesagt, oder auch nicht, dennoch müssen unsere Putenhalter, die deutschen Putenhalter auf internationalen Märkten auch agieren können und wettbewerbsfähig sein. Das ist nun mal so. Aus diesem Grund spricht sich der Geflügelwirtschaftsverband für gesetzliche Regelungen auf europäischer Ebene aus. Trotzdem wurden bundeseinheitliche Eckwerte zur Putenhaltung in Zusammenarbeit mit den Tierschutzorganisationen PROVIEH, Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, Bund gegen den Missbrauch von Tieren und dem Bundesverband für Tierschutz erarbeitet. Der Minister ist darauf schon umfänglich eingegangen.

Die bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen sehen derzeit vor, dass der wissenschaftliche Kenntnisstand Praxiserfahrungen sowie die wirtschaftlichen Gegebenheiten in

der Putenmast Berücksichtigung finden. Unabhängig von den Eckwerten sind die allgemeinen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung auch für Puten rechtsverbindlich und sind somit einzuhalten.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie ist es eigentlich mit Antibiotika?)

Ich gehe darauf noch ein.

Seitens des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde im September eine Initiative für mehr Tierwohl ins Leben gerufen. Dabei wird berücksichtigt, dass eine Verbesserung des Tierwohls eine sorgfältige Abwägung zwischen tierschutzfachlichen, ethischen und wirtschaftlichen Aspekten verlangt. Unter anderem enthält die Initiative Forderungen hinsichtlich der Verbesserung des Tierschutzes bei der Entwicklung serienmäßig hergestellter Stalleinrichtungen, Vereinbarungen der Wirtschaft mit verpflichtenden Zeitvorgaben zum Verzicht auf das Kupieren eines Teils der Schwänze bei Schweinen oder das Kupieren eines Teils der Oberschnäbel bei Legehennen und Puten sowie das nicht schmerzfreie Enthornen von Rindern. Weiterhin sollen der Tierschutz auf internationaler und europäischer Ebene vorangebracht und die Forschung für mehr Tierwohl verstärkt werden.

Gerade in Mecklenburg-Vorpommern wurden in den zurückliegenden Jahren in enger Abstimmung mit den Tierhaltern, Wissenschaftlern, Behörden und dem Tierschutzbeirat die Haltungsbedingungen auch für Puten verbessert. Gleichzeitig wurde das Antibiotikaminimierungskonzept für Masthühner und Puten erarbeitet. Der Tierschutz wird von den Haltern, den Behörden und der Politik umgesetzt.

(Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gibt aber riesige Unterschiede zwischen konventionell und bio. – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an der Stelle mal hinweisen auf eine Ausarbeitung von Professor Windhorst vom Wissenschafts- und Informationszentrum für nachhaltige Geflügelwirtschaft. Professor Windhorst hat sich ausführlich über die Schnabelbehandlung bei Puten geäußert und hat die Frage gestellt: Kann in der Putenhaltung schon bald auf die Schnabelbehandlung verzichtet werden? Ich könnte Ihnen, Frau Gerkan, diese Literatur mal empfehlen. Professor Windhorst ist der Meinung – das mag ein bisschen widersinnig klingen, aber wenn man sich das mal durchliest, dann wird man verstehen, was er meint –, dass das Schnäbeleinkürzen oder das Einkürzen der Oberschnäbel sogar den Tierschutz verbessert. Warum? Weil bei nicht gekürzten Schnäbeln, also wenn die Schnäbel nicht gekürzt werden, erhöht sich die Mortalitätsrate in den Beständen auf bis zu 25 Prozent. Das hat mit der Größe der Anlagen überhaupt gar nichts zu tun. Lesen Sie sich das mal durch! Ich will das jetzt nicht machen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An den Ursachen für das Federpicken forscht man. Das ist überhaupt noch nicht hinlänglich erforscht, warum das so ist.

(Udo Pastörs, NPD: Blödsinn!)

Und dieser Professor sagt, dass es wohl in der Tat so ist,

(Udo Pastörs, NPD: Wer bezahlt das?)

dass man mit den Forschungen nicht vor 2018 so weit sein wird, dass man darauf verzichten könnte.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber der Minister ist ja auch darauf eingegangen, auf diese Zeitschiene.

(Udo Pastörs, NPD: So ein Quatsch!)

Das ist kein Quatsch, Herr Pastörs. Lesen Sie es sich einfach durch, dann werden Sie sehen, dass das so ist!

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Nach Auffassung meiner Fraktion gibt es derzeit keinen Handlungsbedarf hinsichtlich einer artspezifischen Ausgestaltung, da das gänzliche Verbot des Schnabelkürzens zu erhöhten Mortalitätsraten führt.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Die Verlagerung der Putenhaltung in andere EU-Länder wäre die Folge und das kann ja auch nicht im Sinne des Erfinders sein. Dem Gedanken des Tierschutzes wäre damit ein Bärendienst erwiesen und aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der GRÜNEN ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)