Protocol of the Session on November 12, 2014

dass es eine verfassungsgemäße und gesetzestreue Verwirklichung einer solchen Karenzzeitenregelung auch auf Bundesebene gäbe. Das bleibt ganz einfach abzuwarten, denn, wie gesagt, Sie sprachen zu Recht von Ungereimtheiten.

(Vincent Kokert, CDU: Abwarten ist immer gut. – Peter Ritter, DIE LINKE: Abwarten und Tee trinken.)

Ich könnte es jetzt kurz machen, der Kollege Müller hat eigentlich sehr ausführlich und sehr tief greifend zu dieser Thematik und zu dem Problem hier heute in der Zweiten Lesung Stellung genommen. Und in der Tat, meine Damen und Herren, ist es so, dass sich seit der Ersten Lesung auf Bundesebene einiges getan hat in der Thematik. Es ist auch schon angesprochen worden.

Am 07.10. dieses Jahres, also vor kurzer Zeit, hat sich die Bundesregierung auf Eckpunkte einer Karenzzeitenregelung geeinigt. Minister und Parlamentarische Staatssekretäre sollen künftig unverzüglich anzeigen müssen, wenn sie eine Erwerbstätigkeit außerhalb des Parlaments oder des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen. Das Bundeskabinett soll jeweils über eine mögliche Interessenkollision wechselwilliger Regierungsmitglieder

entscheiden. Nur wenn keine Gefahr von möglichen Interessenkonflikten festzustellen ist, wird keine Karenzzeit festgelegt. Ansonsten soll automatisch eine Sperrfrist von 12 bis 18 Monaten gelten. Die Sperre, meine Damen und Herren, wäre der Regelfall. Das ist also eine grundsätzliche Einigung der Koalition auf Bundesebene. Bundesinnenminister Thomas de Maizière wurde nun beauftragt, wie schon gesagt, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Das ist aktueller Stand auf Bundesebene.

Die Länderebene ist ja schon angesprochen worden und so komme ich jetzt noch mal ganz kurz zu Hamburg, wo auch der Unterschied liegt. Hamburg hat in der letzten Woche eine Karenzzeitenregelung verabschiedet. Das ist wohl die erste Regelung, das ist die erste Regelung auf Länderebene. In Hamburg sollen ausscheidende Regierungsmitglieder künftig zwei Jahre vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft eine Genehmigung erbitten. Stellt der Senat Interessenkollisionen fest, kann er eine Karenzzeit von bis zu zwei Jahren verhängen. Ich nenne das mal das Hamburger Modell. Hier wäre also die Sperrfrist eine Ausnahme, im Bundesmodell hingegen der Regelfall. Also wir sehen hier schon, dass es deutliche Unterschiede gibt. Man könnte es auch als Flickenteppich bezeich

nen, wenn dann die Bundesländer anfangen, jeweils die eigenen Regelungen zu schaffen.

In Mecklenburg-Vorpommern wäre es nach Vorstellung der Bündnisgrünen eine Karenzzeit von drei Jahren. Man stelle sich vor, in anderen Bundesländern, in Bayern sagen die ein Jahr, in Baden-Württemberg zwei oder in Schleswig-Holstein fünf oder wie auch immer.

(Heinz Müller, SPD: Wie weit sind die denn überhaupt in Baden-Württemberg? – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir reden jetzt aber über Mecklenburg-Vorpommern, dass das klar ist.)

So ist es also auch schon durch unseren Kollegen, durch meinen Kollegen Müller dargestellt worden.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich habe jetzt über- zeugend dargelegt, dass wir über M-V reden.)

Wir raten also deutlich dazu an, die Regelung auf Bundesebene abzuwarten. Und ich sage es noch einmal: Wir werden dann auch als Landtag sehr konzentriert und, denke ich mal, in allen demokratischen Fraktionen darüber reden. Und noch mal der Verweis auf Verfassungskonformität – ich glaube, das war auch aus der Rede von Frau Rösler herauszuhören, darauf wird es dann ankommen. Dies wäre ein Schnellschuss, dies wäre, um die Formulierung von Heinz Müller zu benutzen, ein Schuss aus der Hüfte.

Und deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf heute auch nicht zustimmen können. Unabhängig von diesen Entwicklungen hat sich ja die grundlegende Kritik an dem heute diskutierten Gesetzentwurf nicht geändert. Die beamtenrechtlichen Regelungen sind schlicht und einfach nicht auf Mitglieder der Landesregierung und auch möglicherweise auf Abgeordnete – ich erinnere da an den Beitrag von Innenminister Caffier aus der Ersten Lesung – übertragbar, denn die Ausübung eines Ministeramtes oder einer Abgeordnetentätigkeit ist auf eine Wahlperiode oder auf eine Frist, wie immer Sie wollen, beschränkt, während eine Beamtentätigkeit, wie Sie wissen, in der Regel ein ganzes Berufsleben ausfüllt. Die Tätigkeiten von Ministern und Staatssekretären und der Beamten sind in ihrer grundlegenden Ausgestaltung sehr unterschiedlich und man kann sie überhaupt nicht über einen Kamm scheren. Auch sind hier noch mal Beispiele angeführt worden, wie sich das möglicherweise auf bestimmte Berufsgruppen auswirken könnte. Ich verweise an dieser Stelle – ich will das auch nicht noch mal alles wiederholen – auf die Rede meines geschätzten Kollegen Burkhard Lenz in der Ersten Lesung.

Wie gesagt, meine Damen und Herren, wir werden aus den genannten Gründen den Gesetzentwurf der Bündnisgrünen ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann natürlich nicht leugnen, dass es den Drehtüreffekt gibt, am grellsten – wie im- mer – in den USA. Wenn dort Manager von Goldman Sachs hohe Regierungspositionen übernehmen, dann ist

die Politik der Regierung ganz zufällig den Interessen von Goldman Sachs nicht allzu fern

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und dann gehen die wieder zu Goldman Sachs zurück. Und das ist dann kein unschuldiger Austausch von Wissen zwischen verschiedenen Sparten der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, das sieht dann schon nach Steuerung aus. Da muss man sich fragen, wo die Macht ist, warum die eigentlich Milliarden für Wahlen ausgeben.

Das Gleiche dort beim Militär – Generäle bei der Rüstungsgüterbeschaffung gehen dann sofort zu den Rüstungsfirmen, stellen denen ihre Fachkenntnisse zur Verfügung. Und ähnliche Ansätze, wenn auch nicht ganz so grell, gibt es auch schon in Deutschland. Auch im Fall „Schlotmann“ hat es ja erhebliche Kritik gegeben, weil seine Anschlussverwendung in der Wirtschaft nicht so fern war von dem, was er als Minister gemacht hat. Das heißt, eine Karenzzeit ist vernünftig. Die Frage ist in der Tat: Was macht man mit Ministern, die aufgrund ihrer Ausbildung gar nichts anderes machen können, als in Branchen zu arbeiten, wo Interessenkollisionen drohen? Ein Beispiel ist der Gesundheitsminister von der FDP, der Exgesundheitsminister Bahr. Der hat irgendeine medizinische Managerausbildung und dem können Sie schlecht sagen, bewerben Sie sich mal als Bergbauingenieur oder als Facharbeiter der Evangelischen Kirche,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

sondern der muss natürlich irgendwo im Medizinmanagement arbeiten. Er hatte in seiner Zeit als Gesundheitsminister zu tun mit allen möglichen Branchen innerhalb des medizinischen Wirtschaftssektors und da ist es kaum möglich, einer Interessenkollision aus dem Weg zu gehen. Das heißt, wenn Sie dem eine Karenzzeit aufdrücken, müssen Sie natürlich irgendeine Möglichkeit bieten, auch wenn er von der FDP ist, dass er da nicht zur Arbeitslosigkeit verurteilt ist und zur Einkommenslosigkeit. Sie müssten also dann in Ruhe ein Übergangsgeld zahlen. Bei einer Karenzzeit von drei Jahren würde das dem Übergangs- geld entsprechen, was wir Landtagsabgeordnete kriegen. Oder Sie müssten ihm irgendeine Verwendung anbieten im Staatsapparat als Berater oder sonst was.

Da wir Artikel 3 Grundgesetz haben, „Alle Menschen sind … gleich“, könnte man auch von ihm verlangen, dass er nachweist, dass er sich innerhalb seiner Qualifikation um Beschäftigung bemüht, die zu keinen Interessenkollisionen führt. Einem Hartz-IV-Empfänger wird auch gesagt: Bewerben Sie sich fünfmal im Monat! Dann kann man ihm auch sagen: Bewirb dich! Weise nach, dass du das versuchst! Aber wenn er wirklich nichts findet, dann müssen Sie ihn irgendwie entschädigen dafür, dass er drei Jahre in seiner Qualifikation nicht arbeiten kann und keine Arbeit findet.

Aber eine Karenzzeit finden wir an sich in Ordnung, um solchen Interessenkollisionen und solchen GoldmanSachs-Politiksteuerungen entgegenzuwirken. Daher stimmen wir für den Gesetzentwurf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Fraktionsvorsitzende Herr Suhr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Geschätzter Kollege Müller, es hat mich ja fast schon ein bisschen gerührt, dass Sie sich Sorgen um die Perspektive meiner Partei machen.

(Heinz Müller, SPD: Nein, ich finde sie nur interessant.)

(Heinz Müller, SPD: Ich finde sie nur interessant. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also Sorge ist jetzt übertrieben. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Na, ich habe so aus SPD-Sicht Sorge,

(Heinz Müller, SPD: Nein, nein, Sie besetzen das Feld der früheren FDP, doch nicht unseres. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

vielleicht fälschlicherweise hineininterpretiert, aber Sie dürfen sich durchaus darauf verlassen, es gibt eine Grundlinie. Die Grundlinie ist, wir richten unsere Politik nach inhaltlichen Kriterien aus.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Da interessiert überhaupt erst mal, ob die jemand teilt oder nicht teilt. Aber wenn es um Bündnisse geht, werden wir sehen, wo haben wir,

(Vincent Kokert, CDU: Deswegen schwanken Sie immer um die 5-Prozent-Hürde. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

wo haben wir die meisten Schnittmengen. Das sehen Sie ja dann teilweise auch an den Bündnissen, die wir eingehen. Und das folgt schlicht und ergreifend

(Vincent Kokert, CDU: Machtpolitischen Interessen.)

der Philosophie „Wo lassen sich die meisten grünen Inhalte umsetzen?“.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Und das ist genau der Ansatz.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Also Ihre Sorge, die ich da rausgehört habe, ist völlig unbegründet.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: Das sieht man an den besonderen Interessen.)

Ich habe eine ganz andere Sorge, ich habe eine ganz andere Sorge. Und da ist dieser Gesetzentwurf ein klassisches Beispiel,

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

ein klassisches Beispiel für Regierungspolitik. Meine Sorge ist, dass Sie eine Qualität bis zur Perfektion kultivieren.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das gilt auch für diesen Gesetzentwurf. Und diese Qualität ist, Sie sitzen Probleme schlicht und ergreifend aus.