Protocol of the Session on May 14, 2014

(Dr. Hikmat Al-Sabty, DIE LINKE: Ja, und was haben Sie dann? Nichts!)

Diese Ziellosigkeit wird auch im Zwischenbericht der Enquetekommission mehr als deutlich. Vor allem die im Zwischenbericht der Enquetekommission vorgeschlagenen Maßnahmenempfehlungen sind ein Beleg für die Orientierungslosigkeit der Verantwortlichen in den jeweiligen Landesregierungen seit 1990, also seit der sogenannten Wende.

(Rainer Albrecht, SPD: Seit 1990? Sie reden doch dummes Zeug.)

So soll unter anderem eine mobile Wohnberatung, deren Ausgangspunkt die Pflegestützpunkte im Land sein sollen,

(Rainer Albrecht, SPD: Waren Sie denn schon mal in einem Pflegestützpunkt?)

grundlegende Voraussetzung für einen langen und zufriedenen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit sowie im vertrauten Wohnumfeld sein.

Aus Sicht der NPD-Fraktion ist allerdings die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im ländlichen Raum Garant eines lebenswerten Wohnumfeldes für alle Generationen. Darüber hinaus umfassen die Maßnahmenempfehlungen Wunschvorstellungen für ein altersgerechtes Wohnen der Zukunft, die mit der Wirklichkeit schwer in Einklang zu bringen sein werden. Nicht die scheinbar unzureichende Barrierefreiheit des Wohnraumes stellt für viele Senioren ein Problem dar, vielmehr ist es die Barriere der immer schlechter werdenden Versorgungs- und Mobilitätsstruktur, die vielen Senioren ein Leben in Würde erschwert.

Der Politik der unterschiedlichen Landesregierungen in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten ist es zu verdanken, dass es gerade der älteren Generation hier im Land immer schwieriger gemacht wird, in den kleinen Gemeinden des Landes ein unbeschwertes Leben ohne Einbußen der Lebensqualität zu führen. Der Rückbau der Infrastruktur, beispielhaft seien hier nur der mangelhafte

öffentliche Personennahverkehr, die Unterfinanzierung der häuslichen Krankenpflege und der Ärztemangel genannt, der einhergeht mit der Konzentrierung auf die Mittelzentren, führt für viele Senioren zu einer Minderung der Lebensqualität. Die Aufrechterhaltung und der Ausbau der Infrastruktur auch im ländlichen Raum als zwingende Pflichtaufgabe der Landespolitik würden nicht nur zur Beibehaltung einer hohen Lebensqualität führen, sondern sind aus Sicht der NPD-Fraktion die grundlegende Voraussetzung für einen langen und zufriedenen Lebensabend in der eigenen Häuslichkeit sowie im vertrauten Wohnumfeld.

Für das Miteinander der Generationen und den scheinbar beabsichtigen Zweck, die Qualität des Wohnens im Alter mindestens beizubehalten oder gar noch zu erhöhen, sind aus Sicht der NPD-Fraktion weitreichendere Maßnahmen zwingend erforderlich. Der Rückgang der Einwohnerzahl und die langen Fahrwege zur Arbeitsstätte führen dazu, dass das Miteinander der Generationen immer schwieriger zu vereinbaren ist. Aus diesen Gründen haben wir von der NPD-Fraktion von Beginn an gefordert und auch beantragt, dass sich das Augenmerk der Kommission auch auf die Punkte Familien- und Geburtenförderung richten muss. Sie haben diese Ergänzung, die der Enquetekommission einen nachprüfbaren Auftrag gegeben hätte, bekanntlich abgelehnt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich die Politik neben der sehr wichtigen Sicherstellung des Lebens in Würde im Alter auch mit der Familien- und Geburtenförderung auseinandersetzen und Lösungsvorschläge erarbeiten muss. Nur das Zusammenwirken beider Lösungsziele gewährleistet unserer Meinung nach auch im hohen Alter einen langen und zufriedenen Verbleib in der eigenen Häuslichkeit sowie im vertrauten Wohnumfeld.

Die Enquetekommission, wie sie gegenwärtig geprägt ist und unter den gegebenen Umständen, ist ein reines Papier- und Bürokratiemonster, ein Gesprächskreis, der den Bürgern keine Verbesserung bringen wird. Aus diesem Grunde lehnen wir von der NPD-Fraktion diese Enquetekommission,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, dann bleiben Sie doch fern!)

wie sie gegenwärtig gefasst ist, ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat nun die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf aus dem Plenum: Die ist schon ganz aufgeregt gewesen.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete!

Ich glaube, Herr Köster, so überflüssig Ihr Beitrag eben war, so überflüssig haben Sie sich bislang auch immer in der Enquetekommission engagiert,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

wenn man davon reden kann.

(Julian Barlen, SPD: Aber der war doch gar nicht da!)

Genau.

(Heinz Müller, SPD: Die ganze Fraktion ist überflüssig. – Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Also ich möchte auch auf ein paar Punkte eingehen. Vieles ist bereits gesagt worden. Auch mein Dank gilt a) dem Sekretariat und b) den Sachverständigen und Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien.

(Andreas Butzki, SPD: Und dem Vorsitzenden, dem kann man auch mal Danke sagen.)

Wie Sie wissen, waren wir am Anfang skeptisch, haben einen Änderungsantrag eingebracht, um die intergenerativen Zusammenhänge noch mal mehr in den Fokus zu setzen. Das ist abgelehnt worden, aber – und das ist gerade bei den Gutachten von Professor Dehne und Frau Kremer-Preiß bewusst geworden – wir müssen eben den demografischen Wandel weiter sehen, weiter sehen als eine älter werdende Generation, die häufig, so kommt es mir vor, nur als ein – in Anführungsstrichen – Klotz am Bein gesehen wird.

22 Sitzungen – das haben wir ja von Herrn Heydorn erfahren – waren es und ich denke gerade an die vielen Stunden des Verhandelns und des Auslotens: Was ist uns wichtig? Vieles ist hier benannt worden, wie die Novellierung der Landesbauordnung und das Sondervotum der LINKEN, aber ich möchte auf ein paar Punkte noch mal konkreter zu sprechen kommen, weil die bislang doch nicht so beleuchtet wurden.

Die Wohnberatung – Herr Albrecht hat das eben gesagt, wir haben uns dazu, ich denke, fast einstimmig positioniert –, die Wohnberatung ist ein wichtiges Element. Sie haben mich ja vorhin dazwischenrufen hören „Verstetigung“. Ich denke, wenn wir das ernst nehmen für unser Bundesland, für eine Wohnraumplanung, -gestaltung und Barrierefreiheit, dann brauchen wir eine Wohnberatung, die insbesondere Menschen dahin gehend berät, wie kann ich den Wohnraum gestalten, wie kann ich ihn barrierefrei gestalten. Und natürlich habe ich die Hoffnung, dass dieses eine generationsgerechte Entwicklung ist, dass eben auch jüngere Menschen mit einer Behinderung, die eine barrierefreie Wohnung brauchen, dieses Angebot wahrnehmen.

Gleichwohl ist die Wohnberatung insofern noch mal interessant, dass es auch die energetische Beratung gibt, denn – und das ist insbesondere deutlich geworden beim Gutachten von Frau Kremer-Preiß – es geht eben nicht nur um die Miete, sondern auch um steigende Betriebskosten. Insofern ist es noch mal wichtig zu schauen: Was haben denn Aspekte wie Energieversorgung, Wärme, Abwasser, Wasser für eine Bedeutung, wenn wir unser gesamtes Land sehen? Ich glaube, wir brauchen eine ressortübergreifende Engagementsstrategie, und das ist ein weiterer Punkt in der Wohnberatung. Denn diese soll zukünftig ja dezentral untergebracht werden, ne, Herr Albrecht?

(Rainer Albrecht, SPD: Jawoll.)

Dezentral und ehrenamtlich, das heißt, wir haben auf oberster Ebene die Landeskoordinationsstelle, die un- abhängig ist, und darunter haben wir perspektivisch die 18 Pflegestützpunkte. Darum haben wir sehr gestritten, und Sie wissen, dass ich manche Punkte nach wie vor kritisch sehe.

(Heinz Müller, SPD: Das tut uns aber leid.)

Und wir haben in das Gutachten mit reingebracht, in den Zwischenbericht, dass es ein Interessenbekundungsverfahren gibt, nämlich zu fragen, wer kann diese dezentrale Wohnberatung machen, wo wir eben schon Beratungsstellen im Land haben, die vielleicht auch perspektivisch eine andere Ausrichtung bekommen. Hier muss konsequent weitergebildet werden. Das darf keine Eintagsfliege werden, wenn wir das ernst nehmen. Hier muss aber nicht nur weitergebildet werden in Fragen der Technik und der Energieversorgung, sondern jedes Gespräch, jede Beratung werden immer davon begleitet sein, dass ältere Menschen auf diese Gespräche zu sprechen kommen. Sie brauchen dann eben Empathie.

Wir Bündnisgrüne haben ein Sondervotum eingebracht, und es ist ja hier mehrfach genannt worden: alternative Wohnformen. Vielleicht, um noch mal eine Zahl zu nennen, es gibt im Land zehn alternative Wohnformen. Die Frage ist, und das ist auch vorhin benannt worden, wie definiere ich „alternative Wohnformen“?

(Rainer Albrecht, SPD: Richtig.)

Das sind eben nicht nur Wohnformen, wo vielleicht Henning Scherf in einer WG wohnt – das ist ja ein Beispiel, was wir immer hören –, sondern vielleicht auch, Dörfer zukünftig wieder zu beleben, Zuwanderung, Menschen mit Migrationshintergrund, alte Menschen, junge Menschen, die in einem Ort selbstbestimmt alt werden wollen.

Gerade das Gutachten und der Vortrag von Professor Klingholz, die ja in der Enquetekommission doch zu einigen lauten Diskussionen geführt haben, haben noch mal eines gezeigt – und ich denke, das ist ja auch das, was hier in der Debatte immer wieder gesagt wurde –: Vielfalt. Wir müssen uns ernsthaft in der Enquetekommission damit auseinandersetzen: Vielfalt versus Gleichwertigkeit, was heißt das? Barrierefreiheit, Barrierearmut sind wichtig, aber, und da gebe ich Herrn Albrecht recht,

(Beifall Andreas Butzki, SPD – Rainer Albrecht, SPD: Danke.)

dass nämlich das Wohnen in den eigenen vier Wänden eins ist, aber wir sind alle soziale Wesen, ob Alt oder Jung, Mann oder Frau, wir brauchen andere Menschen. Und dieses ist in der Enquetekommission noch mal sehr schön herausgearbeitet worden, dass nämlich gerade alternative Wohnformen im Gemeinwesen eine große Bedeutung haben und meines Erachtens auch zukünftig bekommen werden. Wir haben uns, wie gesagt, dafür eingesetzt, hier die alternativen Wohnformen noch mal zu konkretisieren mit Beratung, Anschubfinanzierung und Begleitung.

Aber lassen Sie mich noch abschließend etwas zum Miteinanderumgehen in der Enquetekommission reflektieren. Ich habe ja vorhin Frau Friemann-Jennert gehört, die meinte, also die Landesbauordnung hat man uns zu verdanken. Auch Herr Albrecht hatte das beansprucht.

(Rainer Albrecht, SPD: Die Landes- bauordnung habe ich nicht beansprucht.)

Ich denke, die Aufgabe der Enquetekommission ist, in die Perspektive bis 2030 zu gucken.

(Rainer Albrecht, SPD: Das Zuschussprogramm jawoll, das ja.)

Wir haben die Aufgabe, in der Enquetekommission res- sortübergreifend zu diskutieren, und natürlich so, wie Hannah Arendt es mal gesagt hat: „Denken ohne Geländer“. Und da habe ich einen Wunsch an die beiden Regierungsfraktionen: Seien Sie so emanzipiert, dass Sie, auch wenn vielleicht von Ihrer Landesregierung und den Landesministerien Ängste da sind,

(Andreas Butzki, SPD: Das ist auch Ihre Landesregierung! Unsere Landesregierung! – Jochen Schulte, SPD: Wie? Was? Ich soll emanzipiert sein?)

man vielleicht nicht mutig genug ist – lassen Sie uns daran arbeiten!

Gerade der Bereich „Wohnen“ hat uns doch gezeigt, und ich glaube, das ist eindrücklich von allen gesagt worden, es geht eben nicht nur um das Wohnen, es geht eben auch darum, in der Region, egal wo, wohnen zu bleiben. Und, liebe Maika Friemann-Jennert, weißt du noch, bei der Diskussion mit Herrn Klingholz, der immer meinte, ich komme dann mit der Abrissbirne, wie wir alle dagesessen haben und gesagt haben: Oh Gott, müssen wir jetzt bestimmen, wo abgerissen wird oder nicht?

Also noch mal: Wir werden die Frage der Versorgung haben. Wir werden die Frage der Mobilität haben. Wir haben immer wieder begleitend die Frage der Barrierefreiheit, und da ist natürlich perspektivisch zu fragen: Was nützt mir ein Bahnsteig – wir haben gerade die Diskussion um die Südbahn –, der barrierefrei ist, aber es fährt kein Zug mehr oder kein Bus?

(Rainer Albrecht, SPD: Ein Bus fährt da.)

Oder was mache ich, wenn ich in Lübz wohne und vom Dorf komme, vom Bus aber bis zum Zug 600 Meter über Kopfsteinpflaster gehen muss und gar nicht hinkomme wegen der Taktzeiten? Was heißt es perspektivisch mit einer zunehmend älteren Bevölkerung, die möglicherweise an Demenz erkrankt? Wie kann ich bestehende betreute Wohneinrichtungen mit Demenz-WGs verbinden? Wie kann ich vielleicht auch landwirtschaftliche Genossenschaften damit verbinden? Das wären Wünsche, die ich hier noch mal äußern möchte.

Und ein letzter Wunsch – wir haben hier das Sozialhilfefinanzierungsgesetz diskutiert zum Ausbau der ambulanten Pflege –, ich habe einen Wunsch, den äußere ich hier und hoffe, wir werden uns dem auch in der Enquetekommission noch mal annehmen: Es sollten 1,5 Millionen Euro eingesetzt werden, um hier eine demografische Entwicklungsstrategie aufzubauen. Ich kann nur appellieren, lassen Sie uns das Projekt des demografischen Wandels gemeinsam angehen! Lassen Sie uns, auch, wenn wir erfahren, dass andere Gutachten sagen, dass die Ergebnisse, die wir jetzt im Zwischenbericht hatten, vielleicht nicht weitgreifend sind, den Mut haben, die Gedanken wieder auf- zuführen! Vielleicht können wir dann am Ende nicht nur