Nein, ich will auf die Frage zurückkommen, die Herr Schulte im Zusammenhang mit den Entwicklungsunterschieden in den alten Bundesländern aufgeworfen hat.
Also in Hof, das kann man kurz zusammenfassen, gibt es die gleichen Probleme wie in Orten von MecklenburgVorpommern
(Jochen Schulte, SPD: Genau. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die kannst du nicht genau abarbeiten.)
und die kannst du auch in anderen Regionen des Westens finden. Da will ich nur daran erinnern, dass bereits 2005 der jetzt hier Redende gefordert hat, dass wir die Fördermittelvergabe nicht mehr nach Himmelsrichtung entscheiden müssen, sondern nach den Bedarfen in den entsprechenden Regionen. Da sind wir doch vollkommen beieinander,
dass es jetzt, und das muss man nach 25 Jahren Einheit, um es so global zu sagen, auch mal feststellen, dass es im Osten die Entwicklung gibt, die ich genauso positiv bezeichne wie Sie, Herr Schulte,
und dass es im Westen, in den alten Bundesländern Regionen gibt, die genauso einen Entwicklungsbedarf haben wie manche Regionen im Osten, vielleicht inzwischen sogar einen größeren Unterstützungsbedarf. Das sage ich ganz bewusst als Ostdeutscher.
Dann müssen wir uns auf Bundesebene dazu etwas einfallen lassen und deswegen ist die Diskussion, die auch die SPD führt – das will ich ganz bewusst sagen –, die die ostdeutschen Ministerpräsidenten führen, wichtig: Wie geht es nach 2019 weiter mit dem Solidarpakt? Ich halte es für wichtig, dass die Diskussion jetzt geführt wird und dass wir die Diskussion nicht erst im Novem- ber 2018 anfangen, dann eine Ad-hoc-Diskussion führen und eine Entscheidung herbeiführen, sondern sie jetzt herbeiführen.
Da haben wir schon entsprechende Vorschläge gemacht und mein Kollege Koplin wird im Einzelnen noch mal darauf eingehen.
Wenn wir uns im Zusammenhang mit der Landesentwicklung – das hat ebenfalls mit der Einheit zu tun –, auch im Zusammenhang mit dem Entwurf des Landesraumentwicklungsprogramms Gedanken machen, wie wir die strukturschwachen Regionen und die schwächsten dieser Regionen – Minister Pegel hat das am Dienstag bei uns in der Fraktion noch mal dargestellt, dass es Regionen mit besonderen demografischen Herausforderungen gibt – unterstützen können, das in der Haushaltsdebatte eingebracht haben und heute in dem Antrag noch mal darstellen, dass wir diese Regionen entsprechend unterstützen wollen mit 100 Millionen – zwei Mal 50 Millionen in den nächsten beiden Jahren war ja gemeint –, dann hat das nichts mit der Frage zu tun, die gestern hier eine Rolle spielte und die von Herrn Kokert angesprochen wurde, wie wir die Kommunen generell unterstützen wollen. Das hat etwas damit zu tun, wie man diese Regionen unterstützt – und Herr Pegel hat ja ausdrücklich gesagt, dieses muss dann im Einzelnen ausgefüllt werden –, um den Menschen Lebensqualität zu garantieren und auch eine Zukunft in ihren Dörfern und ihrer Heimat zu ermöglichen.
Das ist genau eine Frage: Wenn wir über Einheit reden, hat das etwas mit der konkreten Situation in meinem Dorf zu tun und es hat auch etwas damit zu tun, welche Standards gelten hier, welche Modelle stehen für die Bewältigung des demografischen Wandels tatsächlich auf der Tagesordnung.
dass in der Enquetekommission diese Fragen auch im Einzelnen diskutiert werden. Und wenn wir über die Entwicklung der ländlichen Räume sprechen, müssen wir uns auch darüber verständigen, welche Potenziale es im Osten gibt und wie die Akteure in den ländlichen Räumen gestärkt werden können. Da stellt sich eben die Frage: Welche Akteure haben wir denn eigentlich noch? Klar, es sind die Menschen vor Ort, die sollen beteiligt werden. Herr Nieszery sagt, und die SPD auch, wir wollen sie beispielsweise bei der Energiewende beteiligen. Das wollen wir auch, da sind wir uns vollkommen einig. Ich mache jetzt ganz bewusst gar keinen Unterschied.
Und wenn wir jetzt über die Akteure reden, dann sind wir bei den Landwirtschaftsbetrieben, denn das – das war in der Vergangenheit so, das hat gar nichts mit Ostalgie zu tun – hat nämlich damit zu tun, ob es noch
Struktureinheiten gibt, die Daseinsvorsorge, soziale Dienstleistungen und andere Verantwortungen übernehmen können. Da sehen wir die Landwirtschaftsbetriebe, und dazu gibt es ja auch eine entsprechende Studie, die da heißt: „Potenziale in Ostdeutschland nutzen und Akteure der ländlichen Räume stärken“. Das ist eben etwas, wo ein Bauer, ein Landwirtschaftsbetrieb mehr macht als seine agrarische Produktion.
Das hat etwas damit zu tun, dass im Winter die Straßen gekehrt werden, dass möglicherweise solche Tätigkeiten wie Feuerwehr übernommen werden, oder es hat etwas damit zu tun, dass einfach auch Aufgaben, die Ordnung und Sauberkeit in den Dörfern betreffen, mit übernommen werden. Das ist ja heute schon teilweise Praxis, aber wir müssen das dann auch als Leistung der landwirtschaftlichen Unternehmen anerkennen. Das ist genau die Diskussion, die Fritz Tack mit dem Bauernverband geführt hat. Der Bauernverband und die bäuerlichen Betriebe wollen diese Anerkennung, aber wir müssen sie auch entsprechend als solche in die gesetzlichen Regelungen und in die steuerrechtlichen Regelungen mit übernehmen. Und das geht weiter bis hin zu Sport und Kultur.
Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir hier einen Schritt weiter gehen müssen und das, was schon allgemein Usus ist, nicht nur regeln müssen, sondern auch anerkennen müssen. Das hat eben auch etwas mit der wirtschaftlichen Leistung dieser Betriebe im Einzelnen zu tun. Und deswegen hat es etwas mit Pacht zu tun, sowohl mit der Pacht, die das Land einnimmt, als auch mit der Pacht, die durch die BVVG im Einzelnen kassiert wird.
Jetzt noch mal, meine Damen und Herren, zur wirtschaftlichen Entwicklung. Wenn wir uns das Bruttoinlandsprodukt als Indikator anschauen, dann haben die ostdeutschen Länder lediglich 71 Prozent des deutschen Durchschnitts zu verzeichnen. Wenn das so weitergeht, dann werden wir – und das ist der Punkt 1, Herr Schulte, in unserem Antrag – bis 2100 eine Angleichung des Bruttoinlandsprodukts erreicht haben. Es wird also mehr als einhundert Jahre dauern, um das zu erreichen. Und da sind wir uns ja auch bei dem vorhergehenden Antrag zu den Existenzgründungen, den wir diskutiert haben, einig, dass Forschung, Entwicklung und Innovation der Schlüssel zum Erfolg sind. Wie das bei den KMU passieren soll, haben wir vorhin diskutiert, das will ich jetzt im Einzelnen nicht wiederholen. Fakt ist aber, dass ein großer Teil im Osten tatsächlich aus der öffentlichen Hand finanziert wird. Diesen hohen Anteil werden wir uns auf Dauer nicht leisten können und deswegen sind wir der Überzeugung, das haben wir beschrieben, dass es ein langer, langer Weg sein wird, bis wir zu einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur kommen.
Ich wünsche mir das viel schneller. Ich sehe aber die Realitäten und deswegen ist es eben wichtig, dass wir auch hier nach 2019 die Solidarität tatsächlich weiter unterstützen und weiter haben und dass sich die starken Länder weiter bereiterklären, die schwachen Länder zu unterstützen. Ich bin der Überzeugung, es ist am besten, dass das über eine neue Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz geregelt wird.
Aber, und das will ich abschließend sagen, zur Innovation: Herr Schulte hat hier ein Bild dargestellt, was ich nicht ganz so teile. Wenn es darum geht, diese Mittel, die für innovative Entwicklungen bereitgestellt werden, zu nutzen, dann ist nach dem Innovationskatalog festzustellen, dass bisher in Ostdeutschland insgesamt 465 Unternehmen mit 1.039 Projekten gefördert wurden. Schaue ich mir Mecklenburg-Vorpommern an, Herr Schulte, dann sind das 27 geförderte Unternehmen mit 37 Projekten, das sind 5,8 beziehungsweise 3,6 Prozent, und das ist eben schwindend gering. Darum geht es. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass viel mehr Gelder über diese Mittel aus der Bundeskasse nach Mecklenburg-Vorpom- mern fließen müssen, um hier die innovative Entwicklung voranzutreiben.
Ansonsten werden wir bei dem Antrag, den wir vorhin diskutiert haben, was die kleinen und mittelständischen Unternehmen betrifft oder was den Stand der deutschen Einheit betrifft, in einem Jahr oder auch in fünf oder zehn Jahren die gleiche Debatte führen. Das möchte ich nicht.
Deswegen, Frau Gajek, Sie werden keinen umfassenden Antrag von uns erwarten können, weil der Bericht als solcher umfassend ist.
Und wenn man schon mal einen Antrag anbietet und sagt, wir wollen hier über einige Schwerpunkte, die wir erkennen, und über die Vollendung der Einheit diskutieren, dann sollte man nicht in diese Mottenkiste greifen, sondern sollte ernsthaft darüber diskutieren, was denn der Beitrag der Politik, der Menschen in MecklenburgVorpommern und der gesamten Bundesrepublik sein kann, dass die Einheit tatsächlich vollendet wird. Ich will, dass die Einheit vollendet wird, und deswegen unser Antrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der LINKEN ist in vielerlei Hinsicht merk- und denkwürdig. Er ist merk- und denkwürdig schon deshalb, und das hat der Kollege Holter ja in seiner Einbringungsrede gesagt, weil wir uns im 25. Jahr eines der größten, des größten Ereignisses der jüngeren deutschen Geschichte befinden, nämlich der friedlichen Revolution hier in Deutschland. Und genau im 25. Jahr dieser friedlichen Revolution, einer großartigen Leistung der jüngeren deutschen Geschichte, da sagen uns Kollegen einer Partei, die die Rechtsnachfolgerin der PDS ist
wir sollen den „Jahresbericht … zum Stand der Deutschen Einheit …“ ernst nehmen. Ja, das allein ist schon eine Ungeheuerlichkeit, wie ich finde.