Protocol of the Session on March 12, 2014

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, für mich brauchen Sie nicht zu sprechen, definitiv nicht.)

Ich habe auch gar nicht die Absicht, für Sie zu sprechen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, haben Sie aber eben gesagt.)

Ich wusste nicht, dass Sie die Koalition sind, Herr Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Auch.)

aber in Ihrem Agieren, so verhalten Sie sich nämlich …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau so.)

Genauso verhalten Sie sich nämlich, Herr Nieszery.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau so. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie meinen, Sie sind die Koalition. Sie sind aber nicht die Koalition.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Die Koalition ist die Summe derer, die hier im Landtag sitzen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, genau, genau, genau.)

Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Antrag einen Beitrag dazu geleistet haben, dass der Ministerpräsident das Wort ergriffen hat und sich jetzt auch entschieden hat, die Sache zur Chefsache zu machen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, wenn wir Sie nicht hätten, Herr Holter! – Heinz Müller, SPD: Tja.)

Die Frage, und deswegen bin ich froh darüber, dass er heute spricht, die Frage ist: Redet er nur oder sagt er auch etwas? Und dann bin ich gespannt auf seine Ausführungen, weil es bisher keine neuen Informationen gibt, wie ich bereits ausführte, nichts, außer Aushalteparolen, Bitten um Geduld und Worthülsen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und deswegen muss sich die Regierung und muss sich auch Herr Sellering daran messen lassen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

welche Taten dann folgen, denn die kann ich bisher nicht konkret erkennen.

Mehr Mut, mehr Esprit, mehr Herzblut erwarte ich, damit tatsächlich eine Zukunft für diesen maritimen Standort, für diesen maritimen Industriestandort im Osten unseres Landes dann auch gegeben werden kann.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und das vom ehemaligen Minister. Das ist beschämend, beschämend!)

Ich bin gespannt, ob Sie heute liefern.

Bleibt, und das sind ja die Fragen, die auch in der Kleinen Anfrage, die ich gestellt habe, unzureichend, nach meiner Auffassung, beantwortet sind, bleibt der Standort als Ganzes erhalten oder wird er zerstückelt, wird er filetiert, wie die Kollegen vor Ort sagen? Welches Konzept verfolgt die Landesregierung?

Als wir damals hier forderten, ein umfassendes maritimes Zukunftskonzept gemeinsam – so viel zu dem Spielfeld, Herr Sellering –, ein umfassendes maritimes Zukunftskonzept zu erarbeiten, haben Sie als Koalition genau diesen Antrag abgelehnt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

Und deswegen, meines Erachtens geht es jetzt darum, dass Sie Klartext hier reden sollten: Was wollen Sie in Stralsund? Was verfolgen Sie? Wie stehen die Verhandlungen? Und wann ist endlich mit einer Lösung zu rechnen?

Ich will noch mal daran erinnern, dass sowohl der Wirtschaftsminister als auch sein Staatssekretär in dem Finanzausschuss unterschiedliche Termine sagten, nun heißt es aber, dass es nach dem Insolvenzrecht – das weiß ich auch – gar keine verpflichtenden Terminsetzungen geben kann. Wann ist denn mit einer Lösung zu rechnen? Schenken Sie reinen Wein ein und werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht, denn wo Chefsache draufsteht, muss auch Chefsache drin sein! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Holter.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Sellering.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Menschen in Stralsund ist die Zukunft der Werft ein sehr wichtiges und ein sehr ernstes Thema und so sollten wir es auch hier behandeln.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Die Insolvenz der traditionsreichen Volkswerft hat Stralsund hart getroffen. Wir brauchen dringend eine Perspektive für diesen Standort, einen seriösen Investor mit einer tragfähigen, dauerhaften Lösung. Das ist äußerst schwer, wie wir daran sehen, dass eineinhalb Jahre ohne Ergebnis verstrichen sind. Das ist äußerst schwer bei der weltweiten Krise im Schiffbau. Wichtig ist, dass wir jetzt weiter zusammenstehen, dass wir nicht öffentlich schwadronieren, spekulieren, uns gegenseitig beschuldigen, sondern dass wir zusammenhalten, dass wir gemeinsam den Insolvenzverwalter klug unterstützen

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

und gemeinsam mit allen Beteiligten bestmögliche Voraussetzungen schaffen. Das werden wir weiter mit großem Einsatz tun. Wir werden das weiter mit großem Einsatz tun, auch wenn die Opposition uns durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorwirft, wir hätten für diese Werft schon viel zu viel getan, wir hätten schon viel zu sehr unterstützt,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht.)

wir seien im Interesse der Beschäftigten und der Menschen in Stralsund ein zu hohes Risiko eingegangen. Nur deshalb haben Sie doch den Untersuchungsausschuss in Gang gesetzt. Und ich sage Ihnen, das stimmt nicht. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt und ich sage es Ihnen heute wieder: Wenn es um Tausende Arbeitsplätze geht, wenn es um ein an sich wettbewerbsfähiges Unternehmen geht und wenn die Alternative zu unserem, in der Tat risikobehafteten Ja für die Zukunft ein Nein im Jetzt ist, dann sind die Risiken unvermeidbar. Dann müssen sie eingegangen werden im Interesse des Landes.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. Das ist das Risiko, was die Opposition immer scheut.)

Deshalb werden wir weiter alles tun, was rechtlich möglich und wirtschaftlich vertretbar ist für gute maritime Arbeitsplätze am Standort Stralsund.

Ich weiß, für die Beschäftigten der Stralsunder Werft ist es nicht leicht, noch weiter Geduld zu haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was anderes geht leider nicht.)

Das habe ich bei meinem jüngsten Besuch sehr deutlich gespürt. Natürlich wollen alle wissen, wie es weitergeht, was die Perspektiven sind, wie ihre ganz persönliche Zukunft aussieht. Wir waren uns aber immer einig, und das muss weiter gelten, dass es eine gute, dass es eine langfristig tragfähige Lösung geben muss.

Ich möchte den Mitarbeitern der Werft in Stralsund noch einmal sagen, die Landesregierung steht auch weiterhin eng an ihrer Seite, darauf können sie sich verlassen. Wir haben in der Vergangenheit sehr viel unternommen, um zu helfen, und das werden wir weiter tun. Aber trotz allem Zeitdruck, wir dürfen jetzt nicht irgendein Angebot annehmen, das in Wahrheit überhaupt keine Lösung bietet. Wir brauchen belastbare Angebote mit Beschäftigungsgarantien, mit einer soliden Finanzierungsbasis, mit einer wirklich langfristigen Perspektive.

Meine Damen und Herren, wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, die Werftenlandschaft hat sich weltweit radikal verändert. Einfache Schiffe werden heute in Asien so preiswert gebaut, dass unsere Unternehmen einfach nicht mithalten können. Deshalb erleben wir hier in Europa einen so tief greifenden Strukturwandel in der maritimen Industrie – weg vom Containerschiffbau hin zum Bau von Spezialschiffen.

(Udo Pastörs, NPD: Das erzählen Sie seit zwei Jahren. Es ist immer dasselbe.)

Und auch für die Werften bei uns in Mecklenburg-Vorpom- mern liegt die Zukunft im Bau von innovativen, technisch anspruchsvollen Spezialschiffen. Das gilt besonders für den Bereich Offshore, für Windkraft auf See. Da werden Plattformen gebraucht, Errichterschiffe, Serviceschiffe.

Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern hat dann eine große Chance, wenn es uns gelingt, unsere maritimen Kompetenzen mit dem Know-how der Windindustrie zu verknüpfen. Darin liegt die Zukunft. Und da gibt es schon sichtbare Erfolge bei uns im Land. Die Werften in Rostock und in Wismar sind auf einem guten Weg, den das Land begleitet. Und das zeigt, wir haben hier im Land die Kompetenzen für Erfolge auf diesem neuen Geschäftsfeld. Von ihrer Innovationskraft, von der technologischen Leistungsfähigkeit her gehören unsere maritimen Standorte zur Spitze.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat diesen tief greifenden Wandel seit Jahren aktiv begleitet und unterstützt. In der gesamten Koalition, in der Regierung, in den Fraktionen haben wir dabei immer fest zusammengestanden. Und das gilt bis heute, das gilt jetzt auch bei der Stralsunder Werft. Dafür bin ich sehr dankbar. Es wäre gut, wenn auch die Opposition erkennen würde, das Schicksal der Werft ist zu wichtig für Stralsund. Also versuchen Sie nicht, aus den Sorgen der Menschen parteipolitisches Kapital zu schlagen, sondern helfen Sie stattdessen mit, meine Damen und Herren.