Protocol of the Session on January 30, 2014

wo in der Tat offensichtlich ein fehlender Finanzierungsnachweis vorhanden ist oder gegeben ist, der Sie nicht dazu veranlasst, ihr den Zuschlag zu geben. Und übrigens ist da auch noch das offene Fragezeichen, ob genau das das Unternehmen ist, was Stralsund oder den Werftenstandort Stralsund mit einer Perspektive ausstatten kann. Nach meiner Kenntnis sind die Referenzen da zumindest fragwürdig.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann hätten sie anders gehandelt. – Wolfgang Waldmüller, CDU: Schlagen Sie doch mal vor, was Sie gemacht hätten!)

Und zum anderen haben wir Nordic Yards, sehr geehrte Damen und Herren, die in keinster Weise irgendwelche verbindlichen Erklärungen abgegeben haben und an dessen Ende zumindest das große Fragezeichen zu stehen hat, ob es für das Werftenland MecklenburgVorpommern günstig ist, auf eine Monopolstellung hinauszulaufen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Also haben wir doch alles richtig gemacht. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Vor dem Hintergrund ist es in der Tat, Herr Dr. Nieszery, richtig, dass Sie auf Zeit spielen. Aber Sie stellen nicht die Frage: Was haben Sie denn in den letzten 17 Monaten getan, damit eine derartige Situation überhaupt nicht entsteht? Das ist die zentrale Frage.

(Vincent Kokert, CDU: Aber jetzt reden wir ja erst mal über Ihre Leistung: bisher null.)

Und es passt, sehr geehrte Damen und Herren, nicht zu dem Eindruck vor Ort, der empfunden wird von den Menschen, von den Werftarbeitern und ihren Familien, dass sie eigentlich ganz hervorragende Standortbedingungen wahrnehmen, dass sie wahrnehmen, dass der Industriestandort gute Bedingungen liefert. An welcher Stelle in Mecklenburg-Vorpommern haben sie eine Kaikante, haben sie einen Gleisanschluss, haben sie eine hervorragende Anbindung an das Straßennetz? An welcher Stelle in Mecklenburg-Vorpommern haben sie hervorragende Fachkräfte, die hoch motiviert darauf warten, dass ihnen ein Arbeitsangebot gemacht wird? All diese Dinge sind gute Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung des Werftenstandortes.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das sind ja Allgemeinplätze jetzt.)

Nun sage ich an dieser Stelle sehr wohl, da werde ich jetzt wahrscheinlich keinen Zwischenruf ernten, jetzt

sage ich sehr wohl, in der Tat ist, und das wissen wir alle, in einem Insolvenzverfahren der Handlungsspielraum einer Landesregierung begrenzt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, was werfen Sie uns denn nun vor?)

Gleichzeitig muss das Interesse der Landesregierung, hier zu einer Lösung zu kommen, natürlich auch fiskalisch riesengroß sein angesichts eines großen Verlustes von 280 Millionen Ausfall.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Aha! Aha! Was haben Sie denn für Unterstützung geleistet?)

Und vor dem Hintergrund, glaube ich, ist es gerechtfertigt –

(Vincent Kokert, CDU: Sie wollten ja Stralsund schon eher schließen.)

und da hoffe ich, dass der Wirtschaftsminister mehr sagen kann als Herr Waldmüller in seiner Ablehnung zum Dringlichkeitsantrag der LINKEN – zu fragen: Sind Sie auf Unternehmen zugegangen? Haben Sie geprüft, welche Möglichkeiten es gibt, etwa für Defizite, wenn sie denn noch bestehen im Bereich der Infrastruktur, öffentliche Förderungen anzubieten?

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Sind Sie hergegangen und haben Alternativkonzepte geprüft? Und an welcher Stelle haben Sie auch einmal geprüft, ob möglicherweise dieser Standort die Perspektive nicht nur für eine Werft haben kann, sondern möglicherweise für eine andere Nutzung? Was waren die Tätigkeiten der Landesregierung, die, so hoffe ich zumindest, im Hintergrund stattgefunden haben, von denen wir nichts wissen? Und insbesondere die zentrale Frage, damit die Hoffnung, die vielleicht bei aller Resignation und Sorge bei den Menschen vor Ort immer noch vorhanden ist, nicht erschüttert wird, ist: Was werden Sie tun in den nächsten Monaten bis zum Mai, um die Situation, so, wie sie sich im Augenblick darstellt, zu ver- ändern?

Ich beende jetzt meine Rede und warte darauf, was Herr Glawe dazu erklärt,

(Vincent Kokert, CDU: Na das ist ja ein Witz.)

damit ich noch darauf reagieren kann.

(Vincent Kokert, CDU: Sie sollten mal Ihre Position deutlich machen!)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Das ist ja überzeugend und einschläfernd, was Sie hier gemacht haben.)

Ums Wort gebeten hat jetzt der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Landtags- präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu dem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Thema „Perspektiven des Werftenstandortes Stralsund nach Insolvenz der Volkswerft“ erlaube ich mir zunächst den Hinweis, dass es nicht nur die Insolvenz der Volkswerft in Stralsund gegeben hat, sondern die Insolvenz der P+S Werften GmbH.

Schwierig gestaltet sich die Lösungssuche für den Standort Stralsund. Danach stehen für die Gläubiger momentan zwei Themen zur Entscheidung an – Gläubiger sind Bund, Land und Banken –, erstens der Verkauf der beiden nicht mehr fertiggestellten ehemaligen Scandlines-Fähren, Baunummern 502 und 503, und zweitens der Verkauf der Werftenliegenschaft.

Um den Erwerb der Fähren bemühen sich aktuell intensiv die ehemaligen Besteller Scandlines und Nordic Yards. Außerdem sind inzwischen zwei weitere Reedereien in das Bieterverfahren eingestiegen. Allerdings haben nur Scandlines und Nordic Yards bislang Angebote abgegeben. Das Angebot von Scandlines war ursprünglich bis Ende des vergangenen Jahres befristet, wurde aber zwischenzeitlich verlängert. Der Gläubigerausschuss hat daher den Insolvenzverwalter aufgefordert, mit den Bietern abschließende Kaufvertragsentwürfe auszuhandeln. Das Kabinett der Landesregierung hat zudem festgelegt, dass von beiden Bietern jeweils ein Finanzierungsnachweis vorzulegen ist.

(Udo Pastörs, NPD: He!)

Nach den Grundsätzen eines EU-weiten diskriminierungsfreien Bieterverfahrens ist dem höchsten Angebot der Zuschlag zu erteilen. Da die derzeitigen Angebote weit unter den ursprünglichen Neubaukosten der Fähren liegen, hat der Gläubigerausschuss festgelegt, dass der Käufer der Fähren gegebenenfalls eine Nachzahlung leisten muss. Damit sollen Geschäfte zulasten der Insolvenzmasse ausgeschlossen werden.

Sollte Scandlines im Bieterverfahren den Zuschlag erhalten, werden die beiden Fähren mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Mecklenburg-Vorpommern fertiggestellt werden, obwohl heute oder gestern Abend eine Ankündigung kam, dass man sich Nordic Yards auch vorstellen könnte. Bisher war es so, dass man Werften in Hamburg und in Bremen wahrscheinlich bevorzugen wird.

Nordic Yards will sich mit dem Erwerb der Fähren einerseits in eine bessere Planungsposition gegenüber Scandlines bringen, rechnet andererseits aber auch mit anderen wirtschaftlichen Bewertungsalternativen. Sollte Nordic Yards den Zuschlag erhalten, hätte dies sicherlich eine erhebliche Bedeutung für die Auslastung der Werftenstandorte in Wismar und Rostock, und dies für dieses und für nächstes Jahr. Aufgrund von Verzögerungen bei Neubauprojekten steht nach Jahren des Beschäftigungszuwachses bei Nordic Yards eine temporäre Unterbeschäftigung bevor. Darüber hinaus würden zumindest die mit dem Projekt ehemals befassten Ingenieure und Techniker der Volkswerft Stralsund wieder Beschäftigung finden. Schließlich könnte ein erheblicher Teil des Auftragsvolumens Zulieferunternehmen mit Betriebsstätten in Mecklenburg-Vorpommern durchaus zugute kommen.

Diesen positiven Effekten stehen jedoch auch nicht zu vernachlässigende Risiken gegenüber. Sollten Scand

lines und Nordic Yards sich nicht auf einen Umbau- auftrag einigen, müsste Nordic Yards die Schiffe anderweitig vermarkten. Dies dürfte mit Hinblick auf die Ergebnisse der bisherigen Bewertungsbemühungen des vom Insolvenzverwalter eingesetzten Schiffsmaklers kein

leichtes Unterfangen sein. Die technische Spezifikation für den Einsatz auf der Linie Rostock–Gedser will Scandlines in etwa einem Monat abschließend den jeweiligen Interessenten zuschicken.

Im Rahmen der Finanzierung wäre es durchaus wahrscheinlich, dass Nordic Yards für die Bauzeitfinanzierung der Umbaukosten eine Landesbürgschaft beantragen würde. In diesem Falle wären die vorgenannten Risiken nach den Kriterien des neuen Werftenfinanzierungsgesetzes besonders gründlich zu prüfen, um zu verhindern, dass das Land ein zweites Mal in Anspruch genommen wird. Der Ausgang dieser Prüfung ist aus heutiger Sicht völlig offen. Was das vorgenannte Bieterverfahren betrifft, wird aber wahrscheinlich entscheidend sein, dass das beste finanzielle Angebot den Zuschlag erhalten wird.

Meine Damen und Herren, nun komme ich zum zweiten Komplex: Für den Verkauf des Werftenstandortes Stral- sund liegen zurzeit zwei konkrete Angebote vor. Es handelt es sich um Nordic Yards und New Global Wind aus Hamburg. Bisher hat noch keiner der Bieter für sein Angebot einen Finanzierungsnachweis gebracht. Darüber hinaus macht eine Gruppe um den ehemaligen BremerVulkan-Chef Hennemann offenbar immer noch Versuche, ein deutsch-französisches Bieterkonsortium für die Volkswerft aufzubieten. Dafür hat Herr Hennemann jedoch trotz mehrmaliger Aufforderung keine konkreten Interessenten aus der Wirtschaft benennen können. Schließlich stehen noch weitere potenzielle Interessierte aus der Industrie kurzfristig für Gespräche bereit, um mögliche Flächen auf dem Standort der Volkswerft in Stralsund zu erwerben. Diese Interessenten möchten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht namentlich genannt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Oh!)

Der Gläubigerausschuss hat den Insolvenzverwalter auch hier beauftragt, mit den Bietern unterschriftsreife Kaufverträge mit Finanzierungsnachweis, wenn er gegeben ist, auszuhandeln und zur Entscheidung vorzulegen. Der Insolvenzverwalter hat erklärt, dass er für die Fertigstellung der Fähren bis Mai 2014 am Standort Stralsund weiterarbeiten muss, und damit ist dieser Standort bis dahin auch durch den Insolvenzverwalter zu verwalten. Mit Blick auf diese Situation und die noch anstehenden Prüfungen weiterer Interessenten kann zum Verkauf des Werftenstandortes derzeit keine Entscheidung fallen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist auch gut so.)

Da auch Nordic Yards eine weitere Übernahme erst in fünf Monaten nach Unterzeichnung des Kaufvertrages ins Auge gefasst hat, braucht diese Entscheidung sozusagen heute nicht zu fallen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Von daher werden wir als Landesregierung in den Ausschüssen über den Verlauf weiter unterrichten. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Fraktionsvorsitzende Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Werften und die Politik in Mecklenburg-Vorpommern waren und sind wie siamesische Zwillinge unzertrennlich miteinander verbunden. Werften- krisen lösten durchaus schon politische Krisen aus.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber nicht jetzt.)

Die Entwicklung der Werften hing stets von der Unterstützung durch die Politik ab. Das haben wir eben gerade vom Wirtschaftsminister wieder gehört.

Wer Untiefen und Klippen umfahren will, sollte nicht nur eine Karte und einen Kompass, sondern ein klar definiertes Ziel haben. Der Regierung fehlen das Ziel, die Karte und der Kompass

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach, Herr Holter!)

und damit umgehen, können sie schon gleich gar nicht.