Protocol of the Session on December 12, 2013

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Der Minister hat ja zu 99,9 Prozent genau das gesagt, was ich hier auch niedergeschrieben habe –

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und dann ist das eine 0,1-Prozent-Rede.)

eine 0,1-Prozent-Rede –, und ich glaube, es bringt uns nicht viel weiter, wenn wir das noch mal wiederholen. Es ist ein wichtiges Thema. Die Kleine Anfrage, die Sie gestellt haben, die Antwort, die Sie darauf bekommen haben, sagt ja sehr viel aus, dass das Land sich da verhältnismäßig stark schon engagiert, dass versucht wird, die Felder, die noch offen sind, zu beackern.

Der Minister hat auch gesagt, dass er die Universitäten und Hochschulen auffordern möchte, dass sie sich selber noch mal um ihre Kunstgüter bemühen und aufklären, ob da NS-Kunst darunter ist oder nicht. Damit, glaube ich, ist dieses Thema vom Minister schon vollständig abgehandelt, und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Das war ein extra Expertenbeitrag.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Koplin.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Jetzt kommen noch mal 100 Prozent!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Restitution von NS-Raubgut ist unbestreitbar eine moralische Verpflichtung der Bundesrepublik und ihrer Länder. Insofern unterstützen wir dem Grunde nach die Intention des Antrages der GRÜNEN, die Aufklärung voranzutreiben. Frau Berger hat ja sehr umfangreich deutlich gemacht und sehr facettenreich, welche Komplexität das Thema hat, wo es noch Lücken gibt und wo es Handlungsbedarfe gibt. Die sehen wir auch. Es war insofern sehr interessant und informativ, was der Minister dazu zu sagen hat. Bislang war uns bekannt, dass es entsprechende Forschungsprojekte gibt im Land, am Staatlichen Museum Schwerin und an der Barlach-Stiftung. Und eine Nachfrage unsererseits, wie

viel Fragen das Landesamt für Kultur und Denkmalschutz denn im Jahr in etwa so zu bearbeiten hatte auf diesem Gebiet, ergab vier bis fünf.

Gleichwohl gibt es Handlungsbedarfe. Wir sind aber zu der Erkenntnis gekommen, dass gerade der hier schon zweimal angesprochene Fall Gurlitt und der Schwabinger Kunstfund Anlass geben, auch noch mal über die Dimension des Ganzen nachzudenken, die durchaus eine internationale ist. Und aufgrund dieses Kunstfundes ist ja auch eine Expertengruppe gebildet worden, der Minister sprach darüber. Und allein diese Kommission ist international besetzt. Sie erforscht die Sammlung, denn es geht zum einen um geraubte Kunst, es geht auch um Kunst, wo erzwungen wurde, dass unter dem Wert verkauft wurde. Also es sind mehrere rechtliche Ebenen und Sachverhalte zu prüfen.

Insofern war ich in der Auseinandersetzung mit diesem Thema noch mal daran erinnert, dass wir vor wenigen Wochen hier im Schloss einen sehr interessanten Dokumentarfilm vom NDR uraufgeführt bekamen. Einige aus unseren Reihen waren mit dabei. In den „LandtagsNachrichten“ gibt es auch eine kleine Notiz davon, und zwar ist es die Familiengeschichte der Kaufmannsfamilie Küchenthal hier aus Schwerin, ein sehr berührender Film, der auch noch mal deutlich gemacht hat, was den Menschen angetan wurde, was ihnen widerfahren ist. Und hier gab es diesen Fall, dass die Familie sehr viele Kunstgegenstände hiergelassen und sich getrennt hat von diesen Kunstgegenständen, indem sie sie verkauft hat, indem sie sie auch anderen gegeben hat, um sie zumindest zu retten.

Also es ist ein sehr komplexes Thema. Und angesichts der Situation, die Sie hier geschildert haben hinsichtlich der Forschungslücken, und auch mit Blick auf diesen Kunstfund in Bayern sind wir zu der Erkenntnis gekommen, wenn hier weiter gearbeitet werden sollte, muss man es auf eine andere Ebene heben. Ein Land, auch unser Land, allein kann das nicht leisten.

Nun ist von der „Washingtoner Erklärung“ gesprochen worden, auch von der Bund-Länder-und-Spitzenver- bände-Vereinbarung, von der Handreichung, von Lost Art in Sachsen-Anhalt, in Magdeburg und ihrer Funktion. All das muss verstärkt werden. Das ist jetzt gerade durch die jüngsten Ereignisse deutlich geworden. Aber wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass es notwendig ist, hier konzertiert zu handeln und vor allen Dingen auch in Verantwortung und Federführung des Bundes zu handeln, deswegen unsere Überlegung, eine entsprechende rechtliche Regelung zu schaffen, die das mit fasst. Die in Österreich kann eine Anlehnung sein, sie ist ja sehr spärlich gehalten, also als Blaupause kann man sie keinesfalls nehmen.

Unsere Intention, das mit hinzuzuziehen, war die, dass am Ende stehen muss, wenn öffentliche Verwaltung handelt an der Stelle, und um die geht es ja – öffentliche Verwaltung, öffentliche Institutionen, Museen und Einrichtungen –, dann brauchen sie eine klare Rechtsgrundlage. Und wenn wir das herbeischaffen wollen, was seitens des Antrages der GRÜNEN gefordert ist, dann muss geklärt werden, welche finanziellen, welche personellen Ressourcen brauchen wir, was ist international zu klären, was muss die Bundesebene klären und was kann unser Land tun. Und daraus müssen dann die Förderinstrumente und die Beratungsangebote abgeleitet werden über

das hinaus, was es schon gibt, deshalb unser Herangehen mit unserem Änderungsantrag. Wir haben uns vorgenommen, für diesen Änderungsantrag selbstverständlich zu werben, und wenn er keine Zustimmung findet, dann den Antrag nicht abzulehnen, aber uns zu enthalten. Das ist die Position, die wir uns dazu erarbeitet haben. Auf alle Fälle vielen Dank für die Initiative

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

und nun auch für die gezeigte Aufmerksamkeit. – Schönen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Donig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es hier, Herr Liskow, auch sehr kurz machen. Der Minister hat eigentlich alles gesagt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Oh!)

Der Minister hat das gesagt, was Sie im März auf Ihre Kleine Anfrage bekommen haben. Sie haben alle Antworten bekommen. All das hat er heute noch mal wiederholt, bis auf den letzten Part, dass er Ihnen Unterstützung geben will bei der Recherche an den Universitätsbibliotheken. Es ist auf die Arbeitsstelle der Staatlichen Museen in Berlin hingewiesen worden, die mit bis zu 1 Million jedes Jahr ausgerüstet wird dafür, dass sie Provenienzrecherche und -forschung betreiben soll. Da kann man sich also Fördermittel holen, ohne dass das Land eine Förderstelle einrichten muss. Und er hat auch erwähnt, dass die Mitarbeiter in den entsprechenden Einrichtungen für dieses Thema sensibilisiert sind.

Es wurde schon mehrfach, auch von Herrn Koplin, auf die Datenbank Lost Art hingewiesen, mit der man eine Recherche elektronisch betreiben kann. Und es ist auf verschiedene Dinge hingewiesen worden, was schon passiert ist, im Staatlichen Museum Schwerin und Ähnliches.

Also Sie hatten Ihre Antworten eigentlich. Und für mich stellt sich die Frage: Warum noch mal hier? Ich meine, es ist ein moralischer Hintergrund. Wir stehen alle hinter diesen Dingen und es sollte erwähnt werden. Aber jetzt einen Antrag zu stellen, Personal und Gelder dafür bereitzustellen – was für Personal wollen Sie denn bereitstellen? Das sind hochgradige Spezialisten. Die werden mit entsprechenden Gehältern versorgt. Die kann man nicht einfach aus der Tasche ziehen und zahlen.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Gut, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich müssen Eigentümer, denen rechtswidrig Eigentum entzogen wird bezie

hungsweise entzogen wurde, einen Anspruch auf Rückgabe ihres Eigentums haben. Allerdings muss einwandfrei festgestellt sein, dass es sich tatsächlich im Eigentum der Anspruchssteller befand sowie ihnen dieses widerrechtlich beziehungsweise rechtswidrig entzogen wurde. Dies gilt natürlich auch für Kulturgüter beziehungsweise Kunstgegenstände, die im Zeitraum von 1933 bis 1945 einem rechtmäßigen Eigentümer von wem auch immer rechtswidrig entwendet wurden.

Und hier unterscheiden wir von der NPD-Fraktion uns entscheidend von den Weltbürgern der GRÜNEN. Der NPD wird ja immer vorgehalten, wir würden den Rechtsstaat missachten. Natürlich haben wir Nationalisten große Zweifel daran, dass in der Bundesrepublik Deutschland rechtsstaatliche Prinzipien uneingeschränkt gelten, und wir können dieses auch anhand von Fakten belegen.

Anders bei den GRÜNEN. Ihr Antrag ist ein deutlicher Beleg für Ihr Misstrauen in den Staat als Rechtsstaat. Sie werfen den Behörden, ohne hierfür auch nur einen einzigen Beleg zu liefern, lückenhafte Arbeit vor. Typisch grün! Ein getürkter Aufschrei erfolgt einzig und allein nur im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus. Ich persönlich empfinde dieses Verhalten als primitiv und rückwärtsgewandt.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum fordern Sie beispielsweise nicht, dass die Forschungen zu Ermittlungen von Kulturgütern, die ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen wurden, in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern sind? Unterteilen Sie auch Diebstahlopfer in Opfer erster und zweiter Klasse? Warum also immer wieder diese ewig gestrigen und einseitigen Forderungen? Ihnen geht es doch gar nicht wirklich um Aufklärung, sondern Sie wollen sich, so meine Einschätzung, auf Kosten der Geschädigten profilieren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die berühmten Köster-Reden. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schon wieder eine Fehleinschätzung. – Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Würde es Ihnen tatsächlich um die Eigentumsrückübertragung von rechtswidrig erlangtem Eigentum gehen, müssten Sie unter anderem auch fordern, dass alle Kunst- und Kulturgüter, die im Zweiten Weltkrieg oder danach öffentlichen und privaten Eigentümern auf deutschem Staatsgebiet rechtswidrig entzogen und sehr häufig ins Ausland geschafft wurden, so zum Beispiel in die Vereinigten Staaten von Nordamerika oder nach Russland, ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben sind. Stattdessen werden auch heute noch deutsche Kunst- und Kulturgüter anderen Staaten ohne Rücksichtnahme auf die eigene Kunst- und Kulturgeschichte sowie ohne Rücksicht auf die Verantwortung für das eigene Volk übertragen. Sie müssten ebenfalls dafür eintreten, dass auch alle deutschen Vertriebenen, zum Beispiel aus Pommern, Ost- und Westpreußen, aus Schlesien, Böhmen und Mähren, dem Memelland

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oooh!)

oder auch dem Sudetenland ihr Recht auf Eigentum zurückerhalten. Ihnen wurde nicht nur völkerrechtswidrig die Heimat geraubt,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Och!)

sondern auch rechtswidrig ihr Eigentum gestohlen.

(Beifall Tino Müller, NPD)

Aber hierbei handelt es sich, so offenbar Ihre Auffassung, nur um Deutsche.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Hier schweigen Sie von der politischen Klasse und verraten bewusst die berechtigten Interessen der Vertriebenen. Natürlich wird auch gegen den Amtseid verstoßen, aber mit diesem nehmen es die Regierenden hier in Deutschland sowieso nicht so genau. Unrecht bleibt Unrecht, ganz gleich, wer Opfer und wer Täter war und ist. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Berger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Vorschlag des Ministers, mit den Landesgraduiertenstipendien und den Promotionsstudenten nehmen wir gerne auf. Er ist immerhin ein Anfang, aber eben auch nur ein Anfang. Weitere Schritte müssen folgen.

(Marc Reinhardt, CDU: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.)

Wenn Sie unseren Antrag gelesen haben, wissen Sie auch, dass es uns nicht nur alleine um die Erforschung der Bestände in den Universitätsbibliotheken geht, sondern um alle Einrichtungen des Landes beziehungsweise in Landesträgerschaft, wie Museen, Archive, Bibliotheken, dass es uns darum geht, ein Beratungsangebot für Kommunen, aber auch für Privatleute vorzuhalten, und dass es uns vor allem auch um ein Restitutionsgesetz geht, um die Erarbeitung eines Restitutionsgesetzes, auch präferiert an einer bundeseinheitlichen Lösung, aber, wenn das nicht möglich ist, ein Landesrestitutionsgesetz zu erarbeiten.

Dann kann ich direkt an das anknüpfen, was Herr Koplin für die Fraktion DIE LINKE gesagt hat. Wir danken Ihnen, dass Sie sich so tief mit unserem Antrag auseinandergesetzt haben, und wir würden uns natürlich auch zunächst und in allererster Linie eine bundeseinheitliche Lösung wünschen. Wir glauben allerdings, dass dies in der Bundesrepublik Deutschland etwas schwieriger ist als in Österreich. Das Problem haben wir in der Begründung kurz angerissen. Die Kulturhoheit der Länder ist in der Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage verfassungsrechtlich stärker ausgeprägt. Und Sie haben gesagt, dass das österreichische Gesetz eher spärlich gefasst ist und genau aus diesem Grund viele Fälle von Raubkunst auch nicht erfasst. Darum haben wir es absichtlich so formuliert, dass die Länder zunächst eine einheitliche Lösung anstreben sollen. Und wenn dies

nicht gelingt, dann kann und muss aber das Land Mecklenburg-Vorpommern in die Verantwortung treten und mit einem eigenen Landesgesetz aktiv werden.