Protocol of the Session on November 13, 2013

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Es kann also höchstens an dieser Stelle zu einer Kostenentlastung kommen, aber nicht zu einer Kostenbelastung.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es bleibt die zweite Möglichkeit.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Wunderbar, Frau Abgeordnete Lück!

Die zweite Möglichkeit: Die Tarife steigen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Die Sachkosten.)

Aber Ihnen müsste doch bekannt sein, dass sich im Angestelltenbereich die Tarifentwicklung um plus 2,95 Prozent und im Beamtenbereich um 2 Prozent entwickelt. Seien wir mal großzügig, im arithmetischen Mittel also 2,5 Prozent und nicht 16 Prozent. Es gibt einfach kein Sachargument, mit dem man solche Ausgabensteigerungen, die die Universität Rostock beansprucht, in irgendeiner Form begründen könnte.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Früher konnten sie ja die Mittel behalten für Stellen, die sie abzubauen haben, jetzt müssen sie die abliefern.)

Das ist einfach objektiv nicht der Fall. Es gibt in diesem Lande keinen Bereich, in dem die Personalkosten von

einem Jahr zum anderen unter unveränderten Bedingungen um 16 Prozent steigen.

Und da wurde die Frage gestellt, Herr Brodkorb, Sie haben ja die Anmeldung der Hochschulen nicht bei der Finanzministerin vorgetragen – das ist absolut richtig –, und daraus kann man einen Vorwurf formulieren oder man kann die Frage stellen, warum ich das nicht getan habe. Jetzt halte ich kurz hoch die große Tabelle, die mir die Kanzler auf meine Bitte hin gegeben haben. Es ist in der Tat richtig, ich habe die Kanzler gebeten, mir ein in sich schlüssiges, widerspruchsfreies Rechensystem zu präsentieren, aus dem hervorgeht, welche Finanzbedarfe sie haben, damit ich dies zur Grundlage für die Verhandlungen mit der Finanzministerin in den Chefgesprächen verwenden kann. Ich muss Ihnen sagen, es ist nicht gelungen. Dieses Tabellenwerk kann ich jedem zur Verfügung stellen, der es möchte. Es ist in sich nicht schlüssig.

Ich möchte einen Punkt nennen, ich könnte mehrere nennen, aber ich konzentriere mich auf einen: Die Fachhochschule Neubrandenburg und die Fachhochschule Stralsund sind gleich groß.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Hochschulen, die einen solchen Bildungsminister haben, können einem leidtun.)

Beide haben 275 Stellen.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Beide haben 275 Stellen. Beide haben dieselben Personalausgaben. Die Hochschule Neubrandenburg macht geltend, dass sie aufgrund der Tarifentwicklung einen Mehrbedarf von 140.000 Euro hat. So weit nachvoll- ziehbar.

Die Fachhochschule Stralsund macht geltend, dass sie bei denselben Personalkosten, bei derselben Stellenzahl, um denselben Tarif auszugleichen, denn die Tarifverträge gelten ja nicht für Neubrandenburg und Stralsund getrennt, sondern es gibt einen, also um denselben Sachverhalt auszufinanzieren, beansprucht die Fachhochschule Stralsund über 1 Million Euro.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, ich wäre mit diesen Daten zu Frau Polzin gegangen. Ich hätte gesagt, die haben zwar beide gleichviel Stellen, haben beide gleichviel Personalkosten, aber der eine braucht zur Abfederung der Kostensteigerungen 140.000 Euro, der andere mehr als 1 Million. Glaubt denn ernsthaft jemand, dass man es sich als Fachminister leisten kann, mit solchen Unterlagen zur Finanzministerin zu gehen? Ich glaube, Frau Polzin hätte nicht mal das Gespräch eröffnet. Ich glaube, ich muss nicht weiter begründen, warum. Diese beiden Zahlen sind nicht plausibel. Und es war trotz mehrerer Gespräche mit den Kanzlern nicht möglich, einen einheitlichen Berechnungsmodus zu finden, der das plausibel erklärbar macht.

Es wäre erklärbar gewesen, wenn die Fachhochschule Stralsund ungefähr sieben Mal so groß wäre wie die Fachhochschule Neubrandenburg. Meine Damen und Herren, das können wir laut Stellenplan definitiv ausschließen. Das ist nicht der Fall. Und deswegen habe ich dann in der Tat – und es gibt noch mehr Inkohärenzen in diesem Papier – gesagt, aus Gründen der Selbstachtung

und auch in dem Interesse, etwas bei Frau Polzin zu erreichen, lege ich solche Zahlen nicht vor, sondern das Bildungsministerium entwickelt ein eigenes Rechenwerk. Dieses Rechenwerk habe ich Ihnen im Finanzausschuss präsentiert und dieses Rechenwerk ist lückenlos, was die allgemeinen Kostenentwicklungen angeht.

Dass sich die Hochschulen noch mal eine weit darüber hinausgehende Finanzausstattung wünschen, kann ich nachvollziehen, und ich wünsche sie mir auch. Allein, man muss sozusagen auch die Positionierung des Landes in der Wissenschaftsfinanzierung bundesweit ein bisschen im Blick behalten, unsere langfristigen Entschuldungs- und Haushaltskonsolidierungspläne, und da muss sich jeder einordnen. Und deswegen, meine Damen und Herren, hoffe ich, dass es bei den Koalitionsgesprächen auf Bundesebene gelingt, den Anspruch der Bundeskanzlerin, dass wir Bildungsrepublik werden, wirklich einzulösen, denn wenn die Bundeskanzlerin so etwas vor vielen Jahren schon ausgegeben hat,

(Torsten Renz, CDU: Daran haben Sie doch wohl keinen Zweifel, oder?!)

dann kann die Bildungsrepublik aus meiner festen Überzeugung nur erreicht werden, wenn auch der Bund bereit ist, diese nationale Herausforderung mitzustemmen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Dazu muss das, Herr Renz, dazu muss das Grundgesetz geändert werden und der Bund muss einsteigen in die Grundfinanzierung der Hochschulen. Ich glaube, ich kann für die Landesregierung zusagen, falls dies passiert und der Bund zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn nicht, dann gehen Sie nicht in die Koalition in Berlin.)

dann werden wir mit Sicherheit nicht die Landeszuschüsse absenken,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

sondern werden diese zusätzlichen Mittel bereitstellen und selbstverständlich unsere Hochschulen noch etwas besser ausstatten.

(Vincent Kokert, CDU: Da gibts andere wichtige Pfeiler. Die sind ja schon eingeschlagen. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und es ist auch nicht richtig, dass unsere Betreuungsverhältnisse an den Hochschulen besonders schlecht sind. Ich freue mich zunächst einmal, dass es mehr Studierende je Lehrenden gibt als vor zehn Jahren. Ich weiß nicht, ob man sich noch daran erinnert, es gab Studiengänge wie Maschinenbau, die hatten eine Auslastung von zehn Prozent. Nur jeder zehnte Studienplatz war besetzt.

Nun seien Sie doch froh, dass wir heute mehr Studenten je Professor haben als je zuvor, uns dem Bundesdurchschnitt annähern, weil das heißt, dass unsere Hochschulen attraktiv sind. Wir landen dabei im Übrigen auch nicht bei einem schlechten Wert, sondern im bundesdeutschen Mittelfeld mit 17,1. Das ist der aktuelle Wert des Statistischen Bundesamtes. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 18,8. Wir haben also immer noch bessere Studienverhältnisse als in vielen anderen Ländern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch mal die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die 220 Millionen Euro, die wir in Zukunft nur für die Hochschulen – ohne Medizin – zur Verfügung stellen, nicht das einzige Geld sind, das die Hochschulen bekommen. Zu diesen 220 Millionen Euro kommen jähr- lich etwa 10 Millionen Euro für Großgeräte, macht also 230 Millionen Euro. Hinzu kommen bis 2018 jahresdurchschnittlich noch 15 Millionen Euro Hochschulpakt vom Bund. Die kommen auch noch mal obendrauf, dann sind wir schon bei 245 Millionen. Und dann kommen noch einmal 80 Millionen Euro für den Hochschulbau obendrauf. Das heißt, wir landen bei weit über 300 Millionen Euro zur Finanzierung unserer Hochschulen.

Gestern wurde das Hauptgebäude der Universität Rostock neu eröffnet. Da war auch der Präsident der Universität zu Kiel mit einem Gastvortrag vertreten und ich habe ihn einfach mal gefragt:

(Vincent Kokert, CDU: Der hat sich ein bisschen die Augen gerieben, glaube ich.)

Sagen Sie mal, wie ist denn das in Schleswig-Holstein, wie viel haben Sie denn als Hochschule für Bauinvestitionen?

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich darf noch mal sagen, Schleswig-Holstein ist deutlich größer als Mecklenburg-Vorpommern, was die Einwohnerzahl angeht. Und dann guckte er mich ein bisschen traurig an und sagte: 36 Millionen Euro.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU – Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir mit deutlich weniger Einwohnern schultern jährlich 80 Millionen Euro für den Hochschulbau und unser Nachbarland Schleswig-Holstein schafft es gerade mal, 36 Millionen zusammenzubringen für die Hochschulen.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mein Gott, im Ausgeben fremder Mittel sind Sie natürlich spitze!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich dieses Gesamtpaket ansieht,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bundesmittel und europäische Mittel, mein Gott noch mal! Schmücken mit fremden Federn.)

wenn man sich dieses Gesamtpaket ansieht, dann würde ich sagen, es gibt überhaupt keinen Grund, dass Mecklenburg-Vorpommern sich versteckt, ganz im Gegenteil. Wir liegen auf Platz zwei in der Finanzierung von Wissenschaft und Forschung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und da können wir stolz drauf sein.)

Ich würde mich freuen, wenn uns das in allen Politik- bereichen gelänge, einen solchen Spitzenplatz einzunehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Selbstverständlich werden wir weiterhin daran arbeiten, auch die Finanzausstattung der Hochschulen zu sichern und gegebenenfalls zu verbessern. Aber, wie gesagt, meine Damen und Herren, wenn man dabei realistisch bleiben will, gibt es nur einen Weg. Die Bildungskanzlerin Angela Merkel

(Torsten Renz, CDU: Oha!)