Protocol of the Session on January 30, 2013

Ein Kulturfördergesetz stellt die konkrete Untersetzung des Staatsziels „Schutz und Förderung der Kultur“ aus Artikel 16 der Landesverfassung dar. Auf diese Weise kommt es zu einer Aufwertung der Kultur und ihrer Förderung. Des Weiteren ist ein Kulturfördergesetz Ausdruck einer Gesamtstrategie für die Kulturförderung des Landes. An ihr fehlt es bislang. Mit einem Kulturförderge

setz verbindet sich für uns auch der Anspruch, die bisherigen Förderinstrumente weiterzuentwickeln und Förderverfahren zu vereinfachen. Und es sei darauf verwiesen, dass das Kulturfördergesetz einen Beitrag leisten kann, die Kooperation auf kulturpolitischem Gebiet zwischen den Kommunen und dem Land zu verbessern.

Abschließend sei noch ein Wort zu den Befürchtungen, ein Kulturfördergesetz würde zur Planwirtschaft im Kulturbereich führen, gesagt. Berechenbarkeit und Verlässlichkeit von Förderung stehen Kreativität und Spontanität in Kunst und Kultur nicht im Wege. Im Gegenteil, sie schaffen erst den Freiraum, in dem sich Kreativität und Innovation erfolgreich entfalten. Durch diese Art der Verlässlichkeit, die wir anstreben, wird nicht jedes Scheitern, das auch allen kreativen Prozessen innewohnt, zu einem unvertretbaren Existenzrisiko für die Kulturschaffenden oder die Kultureinrichtungen. Berechenbarkeit und Verlässlichkeit sind Grundbedingungen für eine qualifizierte und halbwegs stetige Arbeit.

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig.)

Sehr geehrte Damen und Herren, bedenken Sie die Argumente von Frau Berger, die noch sprechen wird seitens BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und mir, geben Sie die signalisierte, die an die Medien signalisierte Ablehnung auf, tun Sie was Gutes für die Kultur, tun Sie was Gutes für dieses Land! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entspricht im Wesentlichen dem Antrag, den die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Datum vom 12. Juli 2011 in den Landtag von Nordrhein-Westfalen eingebracht haben.

(Vincent Kokert, CDU: Rein zufällig. – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein sinnvoller Antrag.)

Trotz Diskontinuität haben die die neue Landesregierung von Nordrhein-Westfalen tragenden Parteien in die Koalitionsvereinbarung 2012 bis 2017 Regelungen zu einem Kulturfördergesetz aufgenommen. Dabei soll unter anderem geprüft werden, ob ein Grenzwert der kulturellen Förderung auch durch die Kommunen gesichert werden kann. Nähere Hinweise sind der Koalitionsvereinbarung nicht zu entnehmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja fast wie hier!)

Auch sind wesentliche Schritte zur Umsetzung des Gesetzgebungsvorhabens noch nicht erfolgt. In Thüringen verfolgen die GRÜNEN ein vergleichbares Anliegen.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das kennen wir ja schon.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen in Mecklenburg-Vorpommern haben in ihrer Koalitionsvereinbarung einen anderen Weg vorgezeichnet, um die Kultur nachhaltig zu sichern und zu fördern. Die Koalitionsvereinbarung zeichnet vor allem zwei Grundlinien: einerseits die Neustrukturierung der Theater- und Orchesterförderung und andererseits die Neuordnung der Kulturförderung. Sie können die entsprechenden Passagen im Koalitionsvertrag selbst nachlesen.

Die Arbeiten an beiden Aufgaben laufen. Es sind erste Initiativen gestartet worden im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Kulturförderung. So hat sich zum Beispiel der Landeskulturrat mit dieser Thematik auf Grundlage eines Berichtes, den ich gegeben habe, ein erstes Mal befasst.

Im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur werden derzeit die Vorschläge zur Verbesserung der Förderung geprüft. Dabei ist vor allem eine umfassende Überarbeitung der Kulturförderrichtlinie geplant. Ziel ist es, die Kultur in Mecklenburg-Vorpommern zu stärken, die Förderung zu vereinfachen und zu verbessern und auch transparenter zu machen.

Die Ziele der Antragsteller des heutigen Antrages stimmen also in vielen Teilen mit denen der Landesregierung überein. Das gilt insbesondere mit Blick auf Artikel 16 Absatz 1 der Landesverfassung, wonach Land, Gemeinden und Kreise die Kultur schützen und fördern. Insofern begrüße ich ausdrücklich, dass in der Begründung zu dem Antrag auf eine reichhaltige und breite Kulturlandschaft mit einer vitalen Kunstszene und einem bedeutenden kulturellen Erbe hier in Mecklenburg-Vorpommern hingewiesen wird.

Vieles ist in den letzten Jahren durch diese und frühere Landesregierungen erreicht worden und vieles soll in den kommenden Jahren natürlich noch erreicht werden. Deshalb weichen die hierzu von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen von den Vorschlägen der Antragsteller allerdings auch ab.

Durch das Inkraftsetzen eines Kulturfördergesetzes – und am Ende wird es um diese Frage gehen – steigen nämlich nicht die Kulturfördermittel. Auch die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die Kultur steht außerdem immer unter dem Gesamtziel eines ausgeglichenen Landeshaushaltes. Daran ändert auch ein Kulturförderungsgesetz absolut nichts. Diese Landesregierung hat die Anstrengungen für die Kultur bei deutlich sinkenden Einwohnerzahlen auf einem guten finanziellen Niveau gehalten und Kürzungen bisher vermieden.

Als besonders schwierig dürfte sich außerdem durchsetzen lassen, die Gemeinden quasi zu zwingen, ein bestimmtes Maß an Mitteln für die Kultur zur Verfügung zu stellen. Schon die derzeitige Förderpraxis gewährleistet eine Abstimmung zwischen den Kommunen und dem Land und die finanzielle Beteiligung der Kommunen an vom Land geförderten Projekten. Von Bedeutung sind hier die jährlich durchgeführten Fördergespräche mit den Kommunen und die entsprechenden Jahreskulturkonferenzen.

Ich möchte in dem Bereich nicht dilettieren – bekanntermaßen bin ich kein Jurist –, aber die eigentlich einzige

strukturelle Maßnahme, die ein Kulturfördergesetz bringen könnte, wäre eben genau dies, eine Haltelinie für die Kulturförderung auf kommunaler Ebene. Ich denke allerdings, dass wir uns angesichts einer solchen Regelung in interessante Diskussionen in diesem Parlament über Konnexitätsfragen verstricken würden, denn wenn das Land entsprechend Vorgaben erlässt über Anteile der Kommunalhaushalte, die für Kultur auszugeben sind, dann wären nach meiner Interpretation im Zweifelsfalle die Abgeordneten des Landtages gefordert, weil sie dann in Haftung gehen und die entsprechenden zusätzlichen Finanzmittel bereitstellen müssten.

Etwas anders mag es da im Lande Nordrhein-Westfalen sein. Ich darf aus der entsprechenden Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen mit Genehmigung der Präsidentin zitieren. Dort steht: „Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz oder Rechtsverordnung zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Übertragung neuer oder die Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände, ist dafür durch Gesetz oder Rechtsverordnung aufgrund einer Kostenfolgeabschätzung ein entsprechender finanzieller Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Aufwendungen zu schaffen.“

Ihnen wird aufgefallen sein, dass sich diese Formulierung etwas unterscheidet von der Formulierung unserer Kommunalverfassung. Dort ist nämlich nicht davon die Rede, dass ein Ausgleich nur zur Verfügung zu stellen ist, wenn sich eine wesentliche Belastungsänderung ergibt, sondern wir sehen in der entsprechenden Kommunalverfassung vor, dass jegliche Kostenbelastung, die durch die Landesgesetzgebung auf die Kommunen zukommt, auszugleichen ist. Insofern gehe ich davon aus, dass auch unsere rechtlichen Spielräume, ohne in das Konnexitätsprinzip einzugreifen, sehr viel geringer sein werden als im Lande Nordrhein-Westfalen, weil das Land Nordrhein-Westfalen eben keinesfalls eine so kommunalfreundliche Verfassungslage hat, wie es hier in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist. Insofern, glaube ich, stehen dem Ansinnen erhebliche rechtliche Schwierigkeiten entgegen.

Schon durch untergesetzliche Maßnahmen kann außerdem viel zur Vereinfachung, Aufwertung und Transparenz der Förderung getan werden. Hierzu gibt es gegenwärtig zahlreiche Evaluationen und Gespräche auf allen Ebenen. Eines Kulturfördergesetzes bedarf es auch hierfür nicht. Der Landtag ist bestens durch den Haushalt unterrichtet, der ausführlich in den Ausschüssen und im Plenum des Landtages beraten wird. Der Landtag hat alle Instrumente des parlamentarischen Gesetzgebers zur Kontrolle aller Verwaltungsmaßnahmen zur Verfügung. Die Landesregierung ist selbstverständlich ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung auf Information des Landtages immer umfassend nachgekommen und wird dies auch in Zukunft tun.

Insgesamt würde ein solches Gesetz also nur das Gewissen beruhigen, an der Realität änderte sich eigentlich nichts, Kapazitäten würden gebunden und am Ende würde in der Sache nichts für die Kultur bewegt. Vielmehr fordere ich alle demokratischen Kräfte auf und bitte Sie darum, den höchst schwierigen Transformationsprozess

der Theater- und Orchesterförderung und der Kulturförderung insgesamt nach allen Kräften und bei aller unterschiedlichen Meinung, die man dazu haben kann, zu unterstützen.

Nach alledem ist der Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus meiner Sicht abzulehnen. Und insofern wäre doch die Frage zu stellen, wenn die beiden Fraktionen es für erforderlich halten, dass ein solches Kulturfördergesetz in diesem Parlament diskutiert wird,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Warum machen Sie es nicht selber?)

wäre es die vornehmste Herangehensweise der Opposition, das zu tun, was eine Legislative tut, nämlich ein Gesetz formulieren, gegebenenfalls auf der Grundlage bestehender Vorgaben. Aber ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass wir Mühe haben, einem Antrag zuzustimmen, der uns auffordert, Ihnen ein Gesetz zu formulieren, dessen Inhalt sich unsererseits gar nicht als sinnvoll darstellt.

Wenn Sie ein solches Gesetz diskutieren wollen, möchte ich Sie herzlich bitten, Ihre Aufgabe als Parlamentarier und Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung selber wahrzunehmen und ein solches Gesetz vorzulegen, also Ihre eigene Arbeit zu machen und diese eigene Arbeit nicht der Landesregierung zu überlassen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Und wenn wir dann ein Gesetz vorlegen, würde das nicht mal überwiesen.)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kultur soll gesetzlich geschützt werden, um sie sicherzustellen und auch ihre Förderung festzuschreiben, so könnte man den gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN zusammenfassen. Wir haben vom Bildungsminister eben schon einiges dazu gehört.

Auch ich will sagen, die Kultur ist sowohl in unserer Landesverfassung als auch im Grundgesetz verankert und nicht nur die Landesregierung, natürlich auch die beiden Koalitionsfraktionen fühlen sich dieser Verankerung im Grundgesetz und in der Landesverfassung selbstverständlich verpflichtet. Und wir haben – auch das hat der Bildungsminister gesagt – uns im Koalitionsvertrag sozusagen auf zwei Grundlinien verständigt.

Die eine ist die Neustrukturierung der Theater- und Orchesterlandschaft. Hier geht es darum, aus den 35,8 Millionen, die wir festschreiben, plus die kommunalen Zuschüsse eine neue tragfähige Struktur zu bekommen. Dann will das Land auch weiterhin diesen Betrag zur Verfügung stellen und es ist sogar ausgewiesen, wenn wir uns auf eine tragfähige Struktur verständigen, dass wir zukünftig diese Mittel dynamisieren wollen.

Wir haben dann noch die allgemeine Kulturförderung. Auch die finden wir bei uns im Haushalt, auch die ist seit vielen Jahren auf einen Betrag von über 10 Millionen festgeschrieben. Dazu kommen natürlich nicht nur diese Millionen für die Projektförderung oder die Förderung vor Ort. Es gibt viele Millionen in zahlreichen Bereichen des Landeshaushaltes, wo wir Investitionsförderungen in Kultureinrichtungen vornehmen – ob es Theater sind, ob es Museen vor Ort sind, wo wir über LEADER, über ELER-Mittel fördern. Hier fühlen wir uns in der Verantwortung, auch das hat der Minister gesagt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Förderung transparenter zu machen, zu vereinfachen und zielgenauer auszugestalten. Da wirkt der Landeskulturrat mit.

Es ist also so, dieses Gesetz, wenn wir so ein Gesetz erlassen würden, führt nicht automatisch zu mehr Geld. Es ist sogar schwieriger, dort mehr Geld zu bekommen. Wir haben zwei Gesetze: Das eine ist die Landesverfassung und das andere ist der Landeshaushalt. Das ist quasi ein Kulturfördergesetz, hierüber können wir verfügen, und über den Landeshaushalt, was 2014/2015 betrifft, werden wir demnächst auch wieder zu beratschlagen haben.

Und wir tun gut dabei, bei allem, was wir sagen, dass wir es für die Kultur tun wollen – der Bildungsminister hat es ausgeführt –, dass überall die Kommunen mit im Boot sind, dass wir immer an die kommunalen Eigenanteile denken. Wir wissen alle vor Ort, es ist das eine, Fördermittel vom Land, vom Bund und von der EU zu bekommen, aber diese müssen immer kofinanziert werden. Deshalb ist auch das unsere Verantwortung, hierauf zu achten.

Die Erarbeitung eines solchen Gesetzes – da muss ich dem Bildungsminister recht geben – würde wahrscheinlich im Bildungsministerium sehr viele Ressourcen bündeln,

(Heinz Müller, SPD: Binden.)

die wir zurzeit für viele wichtige andere Aufgaben benötigen. Insofern will ich es zum Schluss mit Montesquieu sagen: „Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es nötig, kein Gesetz zu machen.“

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Oh, oh!)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Heinz Müller, SPD: Den Spruch haben Sie von mir gehört. – Marc Reinhardt, CDU: Nein, von Montesquieu! – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Berger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesverfassung, Minister Brodkorb hat es gerade schon angesprochen, teilt uns in Artikel 16 Absatz 1 Folgendes mit: „Land, Gemeinden und Kommunen schützen und fördern Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft. Dabei werden die besonderen Belange der bei

den Landesteile Mecklenburg und Vorpommern berücksichtigt.“

Diesem allgemeinen Auftrag mangelt es jedoch an der Konkretisierung. Die Folge davon ist, dass beispielsweise die Ausgaben der Kreise und Gemeinden für die Kulturförderung zu den freiwilligen Ausgaben zählen und damit ungeschützt angreifbar sind, wenn man sich die derzeitigen Haushaltsnotlagen der Kreise anschaut. Die prekären Haushaltssituationen der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern sind zurzeit ja eher der Regelfall, demzufolge müssen wir auch viele Abstriche im Kulturbereich hinnehmen.