Diesem allgemeinen Auftrag mangelt es jedoch an der Konkretisierung. Die Folge davon ist, dass beispielsweise die Ausgaben der Kreise und Gemeinden für die Kulturförderung zu den freiwilligen Ausgaben zählen und damit ungeschützt angreifbar sind, wenn man sich die derzeitigen Haushaltsnotlagen der Kreise anschaut. Die prekären Haushaltssituationen der Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern sind zurzeit ja eher der Regelfall, demzufolge müssen wir auch viele Abstriche im Kulturbereich hinnehmen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Finanzausstattung ist auskömmlich, sagt der Großherzog. – Heinz Müller, SPD: Wer sagt das? – Peter Ritter, DIE LINKE: Der Großherzog.)
Und so entsteht zum Beispiel die Situation, dass die Kreisverwaltung Vorpommern-Greifswald die Zuschüsse für freie Kulturträger im Haushalt von der Landesregierung einkassieren lassen muss. Dagegen steht natürlich der legitime und nachvollziehbare Wunsch der Kulturträger auf mittelfristige Planungssicherheit, zumal es sich bei den einkassierten Beträgen um Mittel aus dem Jahr 2012 handelt. Das heißt, die ganzen kulturellen Träger haben das Geld im Voraus bereits ausgelegt, bekommen aber jetzt das Geld für das letzte Jahr nicht. Das heißt, sie verfügen über keine Planungssicherheit, was das kommende Jahr anbelangt.
Mit einem Kulturgesetz wollen wir eine gesetzliche Grundlage schaffen, die Artikel 16 der Landesverfassung konkretisiert und damit die in Nummer 5 des Antrages geforderte Aufwertung der Kultur umsetzt. Derzeit wird der Widerspruch, dass der Auftrag der Landesverfassung nachrangig behandelt wird, weil andere Anforderungen an die kommunalen Haushalte gesetzlich exakt definiert sind, zu Ungunsten der Kultur aufgelöst. Ein Kulturfördergesetz hingegen bewirkt eine Gleichbehandlung gegenüber anderen gesellschaftlichen Aufgaben und auch Ausgaben, egal ob es da um den Unterhalt von Straßen geht, um den Bereich der Bildung oder um den Sozialbereich.
Im Kulturbereich gibt es einige Gesetze, zum Beispiel das Denkmalschutzgesetz, Restauratorengesetz, Archivgesetz, Höhe der Theaterförderung über das Finanzausgleichsgesetz, und es gibt einige untergesetzliche Verordnungen. Das Durcheinander und Wirrwarr, die Willkür der Schwerpunktsetzung, der Förderprioritäten und so weiter müssen ein Ende haben. Das ist eine vielfache Forderung kultureller Akteure, nachzulesen in der Kulturanalyse aus dem Jahr 2008, die letzte Kulturanalyse, die es gibt. Oft verbunden ist das mit der Forderung, Kultur und kulturelle Bildung endlich als Pflichtaufgabe im Land zu verankern.
Das Parlament hat nur einen geringen Einfluss auf die Struktur der Kulturförderung. Aber das Kulturfördergesetz entsteht nicht alleine durch die Umwandlung, Herr Koplin hat es schon angesprochen, nicht allein durch die Umwandlung untergesetzlicher Regeln, sondern dem muss vorausgehen eine Evaluation der bisherigen Förderpra
xis. Dabei geht es um Verfahren, um Zuständigkeiten, aber natürlich auch um die Höhe der finanziellen Förderung.
Und im Gegensatz zu dem, was Herr Brodkorb gerade gesagt hat, habe ich im Koalitionsvertrag leider keine Aussagen gefunden, was die Überarbeitung, was die generelle Überarbeitung der Prinzipien der Kulturförderung anbelangt. Im Koalitionsvertrag finden sich lediglich Aussagen zur Förderung der Theater und das macht nur einen kleinen Teil der Kulturförderung aus.
Die Künstler und Kulturschaffenden erleben die jetzige Förderpraxis vielfach als bürokratisch. Die Bürokratie ergibt sich, ich habe es bereits angedeutet, aus einem Geflecht von Richtlinien, Gesetzen und Erlassen. Aufgabe der Politik ist es jedoch, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Regelungen und Verfahren sind dann bürokratisch, wenn sie ineffektiv und unverbindlich sind, wenn sie Lücken aufweisen, Rechte und Pflichten unklar sind, und genau das wollen wir mit einem Kulturfördergesetz ändern, wobei das natürlich nicht bedeutet, dass ein Gesetz künftig untergesetzliche Regelungen verhindert. Das Gesetz bildet hierbei vielmehr einen existierenden Ordnungsrahmen, es definiert Ziele, Zuständigkeiten und Standards.
Im Bildungsausschuss hat es im Juni 2011 eine Anhörung zur Kulturförderung gegeben. Die zahlreichen Kritikpunkte an der Förderpraxis haben sich nicht erledigt, nur weil eine Wahlperiode zu Ende gegangen ist. Haben die Koalitionsfraktionen irgendwelche Erkenntnisse oder Lehren aus dieser Anhörung gezogen? Meines Erachtens nicht, denn sonst würde sich das im Koalitionsvertrag tatsächlich niederschlagen. Die Probleme bestehen wie folgt:
Kunstvereine dürfen keine Rücklagen bilden, die Gewinne müssen abgeführt werden und schmälern damit gleichzeitig die Förderungen, das heißt, Gewinne bedeuten unter Umständen sogar Verlust. Entscheidungen über die Höhe institutioneller Förderungen sind intransparent, die Kriterien unbekannt. Die Förderbescheide kommen oft erst nach Projektbeginn. Einrichtungen müssen oft vorsorglich Miet- und Arbeitsverträge kündigen. Genau vor dieser Situation befinden sich gerade die kulturellen Akteure im Landkreis Vorpommern-Greifs- wald. Personalentwicklung ist in diesem Bereich nicht möglich. Es besteht ein enormer Aufwand, was das Erhalten und Erlangen von EU-Mitteln anbelangt.
Die Rahmenbedingungen für Kunst im öffentlichen Raum müssen überdacht werden und vor allem gibt es auch ungeeignete Fördergegenstände. Ich kenne Vereine, die jahrelang bei allen Mitgliedern private Technikquittungen eingesammelt haben, denn Technik ist in einem hohen Maße förderfähig, viele tatsächliche Kosten hingegen nicht. Dieses Vorgehen ist natürlich nicht in Ordnung, aber viele Akteure müssen notgedrungen so operieren, um nicht Fördergelder zurückzahlen zu müssen. Notwendige Dinge hingegen können davon nicht bezahlt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir scheint es, dass die Koalitionsfraktionen große Schwierigkeiten damit haben, mit Initiativen im Kulturbereich des Landes umzugehen.
Als die Fraktion DIE LINKE in der letzten Legislaturperiode ein Bibliotheksgesetz vorgelegt hatte, hielten Sie es in der Zweiten Lesung nicht einmal für notwendig, überhaupt eine Rede zu halten. In dieser Legislaturperiode ignorieren Sie 50.000 Unterschriften in einer Volksinitiative, stattdessen erstellen Sie eine eigene Umfrage mit nicht einmal 650 Teilnehmern.
Wir fordern einen breiten Diskussions- und Einbindungsprozess, das heißt, wir werden nicht schon vorher vorgeben, was am Ende herauskommen soll, sondern wir zeigen die Vorteile eines Gesetzes, definieren die Zielstellung, und wir haben gehofft, dass Sie diesen Gestaltungsspielraum nutzen und ein Gesetz entwickeln. Das ist ein großer Unterschied zur Theaterdiskussion, denn dort waren die Vorgaben mit der Deckelung der FAGMittel von Anfang an so gesetzt, dass nur die Wahl zwischen verschiedenen Varianten des Kulturabbaus bestand. Wir machen hier bewusst auch noch keine finanziellen Vorgaben. Wenn über die konkrete Ausgestaltung gesprochen wird, werden wir, wie bei den vergangenen Haushaltsberatungen auch, konkrete Deckungsquellen nennen.
Aber Spielräume sind offenbar jetzt schon vorhanden. Wir haben im Bildungsausschuss kürzlich gehört, dass im Bildungsministerium locker 500.000 Euro aus Haushaltsresten aufzutreiben sind. Wir machen es uns aber bewusst nicht so einfach und fordern einfach nur mehr Geld, sondern wir wollen eine grundsätzliche Überarbeitung der derzeitigen Situation, die sich dann in einem Gesetz widerspiegeln soll. Natürlich muss die Kultur im Land auskömmlich finanziert werden und natürlich müssen wir auch mittelfristig stagnierende Haushaltsmittel und den Rückgang der Bevölkerung berücksichtigen. Von einem Kultusminister aber erwarten wir Ideen und Engagement für eine angemessene und nachhaltige Kulturförderung.
Was hier mit Neustrukturierung der Theater- und Orchesterstruktur gemeint ist, ist in Wahrheit ein Ausverkauf der Theater- und Orchesterstruktur und bezieht sich dabei auch nur auf einen einzigen Bereich der Kultur.
Der Minister sieht seine Aufgabe aber vor allem als Verwalter geordneter Insolvenzen. Dabei ist Kultur, Herr Koplin hat es angesprochen, natürlich auch Wirtschaftsfaktor, Teil der Wertschöpfungskette. Kultur schafft Arbeitsplätze und bietet einen Standortvorteil für viele Regionen. Aber der Hauptzweck des Kulturfördergesetzes ist es, die vorhandenen Mittel klüger, effizienter, transparenter und verlässlicher einzusetzen.
Die Kulturanalyse hat gezeigt, 50 Prozent der nötigen Finanzmittel erwirtschaftet die Kultur selbst, das ist ein sehr hoher Wert. Doch die Kultur- und Kreativwirtschaft hat häufig keine Möglichkeiten, von der Wirtschaftsförderung zu profitieren, denn die Erwirtschaftung von Überschüssen wird eher bestraft als angeregt und die Bildung von Rücklagen ist im Gegensatz zum Wirtschaftsbereich sehr schwierig.
Herr Brodkorb hat es bereits angedeutet oder auch ausdrücklich gesagt, die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen wird demnächst ein solches Gesetz vorlegen – das ist ambitioniert. Aber wenn das bevölkerungsreichste Bundesland mit ungleich mehr kulturellen Akteuren sich ein solches Gesetz leisten kann, dann sollte es auch eines der bevölkerungsärmsten können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und SPD haben in ihrer Koalitionsvereinbarung zum Ausdruck gebracht, wie die Kultur in unserem Lande nachhaltig zu sichern und zu fördern sei.
In Ihrem Antrag, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, haben Sie Zielstellungen aufgezählt, die in vielen Teilen mit denen der Landesregierung konform gehen: Transparenz, Koalitionsvertrag Punkt 233, Aufwertung in Form eines Beteiligungsprozesses, Koalitionsvertrag Punkt 231, Stichwort Landeskulturrat, Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Land, Landesverfassung Artikel 16 Absatz 1. Frau Berger, Sie hatten es erwähnt.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass in Ihrer Begründung zu dem Antrag auf eine breite Kulturlandschaft mit einer vielfältigen Kunstszene und einem bedeutenden kulturellen Erbe hingewiesen wird. Aber die Begründung wirft schon die Frage auf: Warum brauchen wir dann ein Kulturfördergesetz?
Der Antrag erscheint mir etwa nach dem Motto: Alles ist gut, nur die Opposition hat Angst vor der Zukunft.
Sind Sie sich wirklich sicher, dass die Kulturschaffenden dieses Gesetz brauchen, dass sie wirklich ein Gesetz haben wollen, das alles bis ins kleinste Detail festlegt? Das bringt für die bestehende Kulturszene vielleicht einen bürokratischen Gewinn,
aber wäre ein Nachteil für eine lebendige und sich verändernde Kulturlandschaft. Aber diese stetige Veränderung ist doch das, was eine vielfältige Kulturlandschaft ausmacht. Ein Kulturfördergesetz würde also nicht dem Erhalt der breiten und vielfältigen Kulturlandschaft in M-V dienen, sondern zu ihrem Ende führen. Allein aus diesem Grunde ist dieser Antrag abzulehnen.
Die Koalitionsfraktionen werden den bewährten Kurs fortführen, so, wie es in unserem Koalitionsvertrag beschrieben ist.
In dieser Legislaturperiode wird es zunächst um die Neustrukturierung der Theater- und Orchesterförderung gehen und danach werden wir uns der Kulturförderung widmen.
Die Neustrukturierung der Theater und Orchester ist doch ein gutes Beispiel dafür, wie die Landesregierung gemeinsam mit den Trägern, Theatern und Orchestern nach Lösungen sucht. Dabei haben sich zwei Konzepte aus dem Gutachten herauskristallisiert, die momentan im Dialog mit den Akteuren weiter bearbeitet werden,
um die Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern im Kern zu bewahren und den Rahmen der verfügbaren Mittel langfristig zu sichern.
Zum Bereich der Kulturförderung hatte der Minister schon Auskunft gegeben und Ausführungen gemacht, das werde ich dann nicht noch ein zweites Mal tun.
Ich gehe noch mal auf die Haushaltsmittel für die Kultur ein. Sie unterliegen, wie auch in anderen Bereichen, immer den finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten des Landes oder der Kommunen, daran wird auch ein Kulturfördergesetz nichts ändern. Mit einem solchen Gesetz generiert man nicht automatisch mehr Kulturfördermittel. Ein solches Gesetz führt automatisch zur finanziellen Knebelung der Kommunen im Kulturressort, da sie gezwungen werden, ein bestimmtes Maß an Mitteln zur Verfügung zu stellen. Es würde also massiv in die Gestaltungsfreiheit der Kommunen eingegriffen werden. Wir lehnen hiermit den Antrag ab. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde Ihnen nachfolgend begründen, warum wir den monatlichen Antrag der linken Koalition in der Reihe „Her mit dem Geld für sogenannte Kulturschaffende“ ablehnen werden.
In der Antragsbegründung heißt es irreführenderweise, dass das geforderte Kulturfördergesetz Ausdruck einer Gesamtstrategie sein solle, welches die verschiedenen Bereiche des kulturellen Lebens nicht mehr einzeln, sondern im Zusammenhang betrachte. Dies stimmt natürlich nur insoweit, dass hier wieder einmal Gleichmacherei betrieben wird mit der Folge, dass dann nach dem Motto „Alles eine Suppe“ nahezu jeder, der sich kulturschaffend gibt, Zugriff auf Landesmittel erhält. In der Konsequenz dieser Abwägung linker Politik sieht das dann so aus: Bei der Polizei wird abgebaut, aber das Ballett tanzt.