„So werden sie vielleicht reich sein und sich ein gutes Fundament für die Zukunft schaffen, um das wahre und ewige Leben zu gewinnen.“ Das richtet sich jetzt vor allem an die CDU. Das ist aus dem 1. Brief des Paulus an Timotheus.
Eine Steuer, meine Damen und Herren, auch eine Vermögenssteuer, kann die Ungleichverteilung in der Bundesrepublik nicht gänzlich beseitigen. Wir brauchen Mindestlöhne und höhere Reallöhne, das ist völlig klar, aber Steuerpolitik kann ihrem Namen gerecht werden und tatsächlich steuern. Dazu ist die Vermögenssteuer da.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1420 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1420 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE und Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksa- che 6/1354 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1354 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abschiebungen von Angehörigen der Roma-Minderheit nach Serbien und Mazedonien aussetzen, Drucksache 6/1346.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abschiebungen von Angehörigen der Roma-Minderheit nach Serbien und Mazedonien aussetzen – Drucksache 6/1346 –
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Humanitäre Gründe sprechen dafür, die Abschiebung von Angehörigen der Romaminderheit nach Serbien und Mazedonien vorübergehend auszusetzen. Die Lebensbedingungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten, insbesondere der Roma, sind in Serbien und Mazedonien weiterhin schwierig. Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass sich die angespannte wirtschaftliche und soziale Situation in der Winterzeit weiter verschärft und zu besonderen Härten führt.
Dennoch wurden am 19. November 2012 39 Angehörige der Romaminderheit aus der Erstaufnahmeeinrichtung
Horst bei Boizenburg nach Serbien abgeschoben oder, mit den Worten des Innenministeriums, sie haben das Angebot der freiwilligen Ausreise angenommen. Wie freiwillig die Annahme dieses Angebots dann letztlich war, ist allerdings zweifelhaft, zumindest wenn man den Betroffenen Glauben schenkt, die berichten, unter massivem Druck dazu gedrängt worden zu sein, eine Einverständniserklärung zu unterschreiben. Dass die Roma- flüchtlinge keine Zeit hatten, sich mit einem Anwalt zu beraten, ist – und darin teile ich die Einschätzung von unserem Kollegen Herrn Dr. Al-Sabty ausdrücklich – in einem Rechtsstaat inakzeptabel.
Was diese Menschen in Serbien und Mazedonien er- wartet, möchte ich Ihnen im Folgenden schildern. Circa 60 Prozent der geschätzten 450.000 Roma in Serbien leben nach Angaben der serbischen Regierung in unsi- cheren und unhygienischen Lebensverhältnissen. 30 Prozent haben keinen Zugang zu Trinkwasser, 70 Prozent keinen Zugang zur Kanalisation. Diese Angaben der ser- bischen Regierung datieren aus dem Jahr 2008. Nach dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu Serbien vom 10. Oktober 2012 hat sich diese Situation, wenn überhaupt, nur geringfügig verbessert.
Angehörige der in Serbien lebenden Romaminderheit werden in allen Lebensbereichen diskriminiert. Das fängt bereits bei der Schulausbildung an. Romakinder sind nach einer Studie aus dem Jahre 2010 in Sonderschulen mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent deutlich überrepräsentiert. Diese Zahl ist alarmierend, liegt doch der Anteil der Roma an der Gesamtbevölkerung bei lediglich 6 Prozent.
Auch nach dem Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom 10. Oktober 2012 besuchen nach wie vor zu viele Romakinder eine Sonderschule. Zwei vom serbischen Arbeitsministerium in Auftrag gegebene Umfragen aus den Jahren 2009 und 2010 ergaben, dass die Romaminderheit bei der serbischen Bevölkerung als die am meisten diskriminierte Bevölkerungsgruppe gilt. Nach Ansicht von 79 beziehungsweise 56 Prozent der im Jahr 2010 Befragten ist die Diskriminierung in den Bereichen Arbeitsmarkt und Gesundheitswesen am größten. Damit hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr eher verschärft.
Im Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom 10. Oktober 2012 heißt es zusätzlich, die Angehörigen der Romaminderheit seien nach wie vor mit Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, sozialer Ausgrenzung und einer hohen Arbeitslosenquote konfrontiert. Insgesamt ist die Lage der Roma in Serbien nach den Schlussfolgerungen der EU-Kommission noch immer schwierig. Das finde ich vor dem Hintergrund der bereits laufenden Antidiskriminierungsprogramme wirklich erschreckend.
In Mazedonien ist die Situation der Roma ähnlich. Hier finden wir dieselben Muster wieder. Angehörige der Romaminderheit werden sozial ausgegrenzt und dis- kriminiert, insbesondere haben sie nur unzureichend Zugang zu gesundheitlicher Versorgung. Das zeigt der Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu Mazedonien, auch vom 10. Oktober 2012. Danach ist die Kindersterblichkeitsrate bei der Romaminderheit überdurchschnittlich hoch. Viele Romakinder sind entweder gar nicht oder lediglich gegen einen Teil der Krankheiten geimpft, denen durch Impfung vorgebeugt werden könnte.
Wie in Serbien sind auch in Mazedonien Romakinder an Sonderschulen deutlich überrepräsentiert. Nach einer Erhebung aus dem Jahre 2011 sind 46 Prozent der Schülerinnen und Schüler an mazedonischen Sonderschulen Romakinder, und das, obwohl die Romaminderheit nur 2,66 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Die Arbeitslosenquote bei Angehörigen der Romaminderheit ist nach Angaben der EU-Kommission gleichbleibend hoch und der Zugang zu Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe nach wie vor schwierig.
Die Situation von Romafrauen und von Roma mit Behinderungen ist wegen der hier zu verzeichnenden doppelten Diskriminierung besonders prekär. Eine Serie gewalttätiger Zwischenfälle führt, so der Fortschrittsbericht der EU-Kommission, derzeit zu zusätzlichen Problemen zwischen den Ethnien.
Meine Damen und Herren, aus den Fortschrittsberichten der EU-Kommission und dem etwas deutlicheren „Dritten Bericht über die Überwachung für die Zeit nach der Visaliberalisierung für die westlichen Balkanstaaten gemäß der Erklärung der Kommission vom 8. November 2010“ ergibt sich, dass die Roma in allen Balkanstaaten noch immer sehr schwierigen Lebensbedingungen und häufigen Diskriminierungen gegenüberstehen, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zu Bildung, Beschäftigung, zum Sozial- und Gesundheitsschutz sowie zu Wohnraum.
Die ohnehin kritische Situation wird sich in den nun anstehenden Wintermonaten nur noch verschärfen. Eine Abschiebung von Familien im Winter in drohende Obdachlosigkeit und systematische Diskriminierung kann und will ich nicht vertreten, ebenso wenig wie meine Fraktion.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schließen sich daher der Forderung der Stop-it!-Kampagne an und fordern den Landtag dazu auf:
Vorpommern lebenden Angehörigen der Romaminderheit zu bekennen – dazu gehört auch die Sicherstellung menschenwürdiger Lebensbedingungen am Zielort als oberstes Kriterium für jegliche Abschie- bung – sowie
Ausreisepflicht von in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Roma zumindest bis zum Ende des meteorologischen Winters zu verzichten und somit deren Abschiebung nach Serbien und Mazedonien auszusetzen.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ums Wort gebeten hat zunächst in Vertretung des Ministers für Inneres und Sport der Wirtschaftsminister Herr Glawe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Artikel 16a im Grundgesetz lautet: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ In der Bundesrepublik Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern erhalten daher alle verfolgten Menschen umfassenden Schutz, die begründet Asyl- und sonstige Verfolgungsgründe darlegen können, und das ist auch richtig so, meine Damen und Herren. Das haben die Väter des Grundgesetzes so gewollt.
Heute stellt die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag, den wir eigentlich schon kennen. Im Dezember vorigen Jahres haben Sie unter der Drucksachennummer 6/187 einen Antrag mit dem Titel: „Winterabschiebestopp für Angehörige der Roma-Minderheit nach Serbien und in das Kosovo“ gestellt. Er wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen vor einem Jahr abgelehnt, und dafür gab es gute Gründe, so, wie auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion in dieser Debatte darauf hinwies, dass in der Bundesrepublik Deutschland ein Mensch ein Anrecht auf ein Asylantragsverfahren hat, ein Verfahren durchläuft, das von rechtsstaatlichen Prinzipien geprägt ist. Es wird über einen solchen Antrag auf der Basis von Gesetzen entschieden, die von Parlamenten erlassen worden sind.
Vor der Rückführung, egal in welches Herkunftsland, wird zunächst ein in der Hoheit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge liegendes Asylverfahren durchgeführt, und es besteht immer die Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung einzuleiten. In all diesen Verfahren werden sämtliche relevanten Informationen herangezogen. Selbst nach einem Gerichtsurteil gibt es noch die Möglichkeit, sich an die Härtefallkommission zu wenden, die auch in Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet ist. In begründeten Fällen ist es darüber hinaus möglich, eine Einzelfallentscheidung zu treffen und von einer Abschiebung abzusehen. Ich betone: Einzelfallentscheidung.
Richtigerweise muss es aber um eine Einzelfallentscheidung gehen, die nicht von pauschalen Ausnahmen für ganze Gruppen ausgeht, meine Damen und Herren. Und das ist der Unterschied zwischen der Arbeit, die die Regierung zu leisten hat nach der Gesetzeslage, und der Auffassung der GRÜNEN. Diese umfassenden rechtsstaatlichen Verfahren und die Möglichkeiten der Anrufung der Härtefallkommission bieten ausreichenden Schutz, meine Damen und Herren. Und dies hat auch Herr Müller im vorigen Jahr so festgestellt.
Meine Damen und Herren, es ist bekannt, dass die Zahl der Asylbewerber in den letzten Monaten deutlich gestiegen ist. Viele der neuen Asylbewerber kommen aus Serbien und Mazedonien, von wo aus seit dem 19. Dezember 2009 eine visumfreie Einreise nach Deutschland
möglich ist. Im Zeitraum von August bis Oktober 2012 ist im Übrigen kein Antragsteller aus Serbien und Mazedonien als Asylberechtigter oder als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt worden.
Wird ein Antrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig. Kommt die betroffene Ausländerin oder der betroffene Ausländer dieser Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nach, erfolgt eine Abschiebung, wenn es keine Abschiebehindernisse gibt. Dieser Verfahrensweg ist allgemein bekannt und gilt auch für Angehörige der Roma.
Hinzuweisen ist darauf, dass nach der geltenden Rechtslage wirtschaftliche und soziale Bedingungen im Zielstaat kein allgemein ausgeschlossenes Kriterium sind, also dass die Rückführung möglich ist. Eine Gefahr für Leib und Leben ist das entscheidende Kriterium, und das besteht bekanntermaßen für Serbien und Mazedonien nicht. Es gilt also in dieser Frage auch die Einschätzungslage des Auswärtigen Amtes zu beachten. Hier gibt es keine Hinweise, auch keine Gefahren, die in besonderer Weise für Wintermonate gelten. Auch eine Gefährdung zurückkehrender Roma wird in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes nicht gesehen.
Rückkehrer aus Serbien und Mazedonien haben aufgrund ihrer Asylantragstellung in Deutschland zudem nicht mit staatlichen Repressionen zu rechnen. Sowohl in der serbischen als auch in der mazedonischen Verfassung und der Rechtsordnung werden Minderheitsrechte der Roma in gleicher Weise geschützt wie die anderer Minderheiten, also ethnisch diskriminierende Gesetze oder Vorschriften gibt es nicht.
Meine Damen und Herren, die Dinge sind entschieden. Die Frage nach Einzelentscheidung steht natürlich jedem zu. Ich will darauf hinweisen, dass in besonderer Weise auf der Tagung der Innenminister der Nordländer eindeutig festgestellt worden ist, dass das Bundesministerium aufgefordert wird, speziell der Innenminister, darauf hinzuwirken, die Einreisekriterien, Visaabkommen mit der EU noch mal zu diskutieren, um insgesamt die Flüchtlingsströme nach Möglichkeit in die deutschen Länder und auch nach Europa etwas einzudämmen.
Diese Dinge sind besprochen und in der Innenministerkonferenz vorgetragen worden. Diesen Beschlüssen haben auch die A-Länder zugestimmt. Meine Damen und Herren, von daher bitte ich Sie, dem Antrag der GRÜNEN nicht zu entsprechen. – Vielen Dank.