Protocol of the Session on October 26, 2012

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Es tut mir leid, Herr Dr. Al-Sabaty,

(Zurufe aus dem Plenum: Al-Sabty!)

dass ich Ihren Antrag so kritisch begleiten muss und ihn leider auch ablehnen muss, aber betrachten Sie das nicht persönlich. Sie sind mir ein sehr angenehmer Zeitgenosse und es tut mir leid, wenn ich dennoch nicht mit drei Sätzen, wie bisher, auf diesen Antrag eingehen will.

In Anbetracht dieses gestellten Antrages und der vielen Anträge, die wir heute und in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben, stellt sich für mich ja die Grundfrage, ob es hier einen Wettbewerb gibt zwischen den LINKEN und den GRÜNEN, wer die meisten Anträge einbringt, oder ob es vielleicht einen sozialistischen Wettbewerb gibt – aber ich will Sie nicht provozieren – oder ob Sie jetzt Strichlisten führen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Können Sie sich auch zum Thema äußern?!)

Jedenfalls denke ich mal, aus gemeinsamen inhaltlichen Studien, Inhalten vergangener Jahre gab es hier auch mal die Kriterien Qualität und Quantität. Man sollte nicht alles vergessen, was man jemals gelernt hat, und an Qualität ist an diesem Antrag natürlich jede Menge verfehlt und auch nicht zu merken.

Wenn man Ihre Homepage anguckt, die der LINKEN, dann findet man zu diesem Thema nichts oder so gut wie nichts, schon gar keine Lösungsansätze.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?)

Und dann wollen Sie hier mit diesem Antrag im Landtag glaubwürdig erscheinen.

Nun gucken Sie in die Homepage des Bundesvorstandes der LINKEN, dann finden Sie auch nix oder zumindest auch keinen Lösungsansatz und einen Antrag von dem Herrn Gehrcke, Obmann im Ausschuss, da komme ich noch darauf zu sprechen. Und wenn wir dann zu den

Problemen der syrischen Asylbewerber gucken, das haben wir gestern beide getan, Herr Dr. Al-Sabaty,

(Henning Foerster, DIE LINKE, und Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Al-Sabty heißt er.)

da haben wir ihn leider nicht, …

Entschuldigung! Ja, Entschuldigung, richtig.

… da haben wir ihn leider nicht öffnen können. Wir konnten ihn also nicht lesen, obwohl ich eigentlich diesen Artikel, den ich ja vorher schon mal zur Kenntnis genommen habe, auch sehr schätze.

Ja, es stellt sich also die Frage, was wollen Sie mit dieser Polemik hier erreichen?

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die Polemik kommt aber gerade vom Rednerpult.)

In der Parteiarbeit spielt das weder bei Ihnen eine Rolle noch bei Ihnen eine Rolle, aber hier im Landtag plötzlich, da eröffnen Sie Ihr großes Interesse. Die Frage ist doch an die LINKEN: Auf welche friedliche Entwicklung wollen Sie Einfluss nehmen oder wie wollen Sie es denn tun? Oder wie schätzt zum Beispiel DIE LINKE überhaupt die Entwicklung der Syrischen Kommunistischen Partei ein im Vergleich zur Baath-Partei? Das würde mich schon mal interessieren. Auf jeden Fall, das wissen wir, das will ich auch nur kurz machen, nimmt die Baath-Partei genau die gleiche Meinung ein wie Sie: Man muss die Chinesen und auch die Moskauer Außenpolitik sehr unterstützen.

(Der Abgeordnete Peter Ritter bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Ich warte üblicherweise auf die Frage der Präsidentin.

Also ich stelle Ihnen jetzt die Frage, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Ritter zulassen.

Nein, ich lasse sie nicht zu. Sie haben mich in den vergangenen Wochen und Monaten hier an diesem Ort so oft negativ diskriminiert, dass wir …

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Na selbstverständlich! Das könnte ich … Also wissen Sie, das will ich mal aus Zeitgründen heute weglassen, das werde ich an anderer Stelle ohnehin noch tun.

Ich glaube Ihnen aber, meine Herren und Damen der LINKEN, dass Sie sich trotzdem ernsthaft den Sorgen und Nöten der Menschen in diesem Konflikt nahebringen. Dass Sie das auch ernst meinen, das streite ich überhaupt gar nicht ab, dass Sie aber gerade Ihr Mitleid zur Landtagssitzung entdecken, finde ich schon etwas sehr merkwürdig.

(Torsten Renz, CDU: Das sehe ich auch so.)

Ich glaube, dass dieser Konflikt viele Menschen auch bei uns bewegt und uns selbst, und wir fragen, wie wir die

ses Blutbad beenden können. Wir haben aber zur Kenntnis zu nehmen, dass zurzeit niemand genau weiß, wer die größten Massaker begeht. Ob es das Assad-Regime ist als Verursacher des Bürgerkrieges, ob es die Rebellen sind, ob es die Freie Syrische Armee ist oder ob es die bezahlten Söldner sind, das wissen wir nicht. Jeder findet tausend Gründe, um es für sich in Anspruch zu nehmen.

Insofern halte ich Ihren Antrag für einseitig, nicht durchdacht, fahrlässig gerichtet auf ein Land, das weder Initiator noch Auslöser dieser Gräueltaten ist. Und das, was die Türkei macht, ist ihr internationales Recht, nämlich ihre Bevölkerung zu schützen. Insofern ist Ihr Antrag an den falschen Adressaten gerichtet.

(Zuruf aus dem Plenum: Richtig.)

Wenn Sie einen Antrag stellen, dann hätten Sie diesen Antrag auch stellen müssen an Syrien. Warum an die Türkei? Warum nicht an Syrien? Das ist meine grundsätzliche Frage.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Syrien, das haben Sie hier heute schon erwähnt, ist ein religiös-ethnischer Flickenteppich und wo die Sunniten und Alawiten zusammenwohnen, gibt es die größten Massaker.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Na ja, das sind die Syrier, wurde hier gesagt, sind sunnitische Muslime und dagegen ist die schiitisch geprägte Religionsgruppe keine klassische sunnitische und dem schiitischen Islam angehörig. Es gibt die echten Schiiten mit ihrer eigenen Religion, es gibt die kleinen und die großen Minderheiten, die Christen, die um ihr Leben fürchten. Es gibt die Ethnien, zum Beispiel die Kurden, die als Nation ohne Land in der Türkei an der irakischen Grenze leben und sich heimatlos fühlen müssen im Irak, im Iran und auch in der Türkei. In der Wüste leben die Beduinen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und die Kamele.)

die den Stamm stärker schätzen als den Staat. Und wir haben die Palästinenser in dem Gebiet – sie leben unfreiwillig dort, das wissen Sie alles, aber ich will es dennoch mal erwähnen –, die Modernisten und die Säkularen, die weltlich geprägt sind und den Nationalismus in Syrien prägen und sich als Klammer sehen für dieses System und das, …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Was soll das eigentlich bedeuten, was Sie hier sagen?)

Das werde ich Ihnen gleich sagen, Sie müssen nur mal zwei Minuten zuhören. Das tue ich bei Ihnen auch.

… sich als Klammer fühlen und das Assad-Regime als kleinstes Übel betrachten. Und alle glauben, tausend Gründe zu haben, um sich gegenseitig umzubringen.

Angesichts, und das will ich Ihnen sagen, Frau Doktor, angesichts dieser Grundkonflikte unsere Regierung in Ihrem Antrag aufzufordern, sich einseitig auf Bundesebene einzusetzen, den NATO-Partner Türkei zur Mäßigung aufzufordern und sich nicht im Rahmen einer

Bündnispflicht auf militärische Handlungen einzulassen, halte ich für einseitig und absurd. Ihre Forderung bedeutet doch eigentlich, sich Moskaus politischer Auffassung in der Außenpolitik anzuschließen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach, Herr Dachner!)

Und noch einmal ganz deutlich: Warum wollen Sie die Türkei zur Mäßigung aufrufen und warum nicht Syrien?

DIE LINKE verwechselt hier einfach Ursache und Wirkung. Aggressor ist Syrien! Sie sollten vielmehr auf Russland Einfluss nehmen, seine Waffenlieferungen zu untersagen. Ein öffentliches Agieren Ihrerseits, um das Abschlachten von Frauen und Kindern und alten Menschen zu verurteilen, wäre hier angebrachter. Dazu ist in Ihrem Antrag, wohlgemerkt in dem Antrag, nichts zu hören. Hier folgt man, wie gesagt, den alten Reflexen, außenpolitisch Moskau zu unterstützen.

Bemerkenswert ist allerdings, dass DIE LINKE das Mitglied Deutschland in der NATO für sinnvoll hält, wenn Deutschland aufgefordert wird, seinen Einfluss in der NATO geltend zu machen. Das alles, meine Damen und Herren der LINKEN, haben wir schon mal anders gehört.

Der Konflikt zwischen Syrien und der Türkei ist entstanden – und das wurde gesagt, muss ich nicht unbedingt hier ausweiten – durch den Beschuss der türkischen Dörfer. Daraus! Und jetzt komme ich auf Ihren Herrn Gehrcke, Obmann der LINKEN-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, der meint, dass der militärische Waffeneinsatz der Türkei gegen Syrien ein lang gesuchter Vorwand ist, um gegen die kurdische Selbstverwaltung in Syrien vorgehen zu können. Das sollten Sie sich mal überlegen!

(Udo Pastörs, NPD: Das ist nicht auszu- schließen. Ja, das ist nicht auszuschließen.)

Und dann erwarten Sie noch, dass wir Ihrem Antrag hier zustimmen. Das ist ja wohl fast unglaublich!

Einige Bemerkungen zu Ziffer 2 Ihres Antrages. Laut UNHCR, Sie haben es gesagt, haben mehr als 200.000 Syrer das Land verlassen, über 2 Millionen sind auf der Flucht. Die Forderung der LINKEN in Ziffer 2 des Antrages, sich auf Bundesebene für die bevorzugte und unbürokratische Aufnahme von Flüchtlingen aus der Krisenregion einzusetzen, ist lediglich ein moralitärer Annex, also ein Anhängsel, diesen Antrag, den Sie hier stellen, überhaupt landestauglich machen zu wollen. Man gewinnt also den Eindruck, dass dieses dem schlechten Gewissen der LINKEN gegenüber der syrischen Bevölkerung geschuldet ist.