Protocol of the Session on October 24, 2012

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Überall.)

sondern die AOK in der Bundesrepublik. Aber innerhalb der AOKs gibt es da unterschiedliche Auffassungen.

Ich möchte mal aus der „Ärzte Zeitung“ vom 13.07.2012 zitieren und da hat sich die AOK Bayern dazu geäußert: „Zu viel Geld für Junge und Gesunde, zu wenig für Alte und Kranke: Die AOK Bayern bemängelt fehlerhafte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Die Kasse sieht gar einen methodischen Fehler“, genauso wie unsere Kasse es gesehen hat, „bei der Berechnung – und spricht von ,Altersdiskriminierung‘.“ Also die gehen schon ein Stückchen weiter.

„,Die standardisierten Leistungsausgaben, also die Zuweisungen aus dem Fonds, sind schlicht falsch berechnet‘, erklärte die Verwaltungsratsvorsitzende der AOK Bayern auf Arbeitgeberseite, Dr. Claudia Wöhler.“ So führt sie an: „Bei einem 30-jährigen Versicherten würden im Durchschnitt rund 104 Prozent Leistungsaufwendungen durch den Fonds gedeckt. Bei einem 70-Jährigen“ sind es nur noch „98 Prozent und bei 80-Jährigen sogar“ nur noch „80 Prozent“.

Aber jetzt kommt eine ganz andere Schlussfolgerung, die sie daraus zieht: „Bayern sei … besonders betroffen“, genau wie wir das hier auch sagen. Und ich muss sagen, also bei uns ist es noch etwas ausgeprägter, weil aufgrund der Konjunktur zwar hohe Beiträge in den Gesundheitsfonds abgeführt werden, bei der Mittelverteilung das höhere Aufgabenniveau in dem Gesundheitswesen im Freistaat jedoch nicht angemessen berücksichtigt wurde. Und jetzt möchten die Bayern eine regionale Verteilung haben.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tja.)

Da würden wir natürlich einen riesigen, riesigen Nachteil von haben. Das muss man auch sagen. Also die Interessenlagen innerhalb der AOKs sind auch unterschiedlich.

So, und insofern, glaube ich, muss man dieses Problem umfassender behandeln. Wir haben auch von vornherein, kann ich sagen, gesagt – und das ist ja unser Antrag –, wir werden den mittragen, aber haben natürlich auch große Bedenken, ob der dann so umsetzbar ist. Und zwar hatte Herr Barlen schon angeführt, dass der Minister zu der Entscheidung des Bundesversicherungsamtes, eine Korrektur vorzunehmen, gesagt hat, nein, es wird nicht durchgeführt. Man muss wissen, wenn so eine Korrektur durchgeführt wird, dann muss sie spätestens bis Ende September vorgelegt werden für das Jahr 2013, damit das dann greifen kann, und aus meiner Sicht ist das ziemlich fragwürdig, ob man das bis zum 01.01. dann auch umsetzen kann. So sehe ich es eigentlich und auch die CDU, dass man das vielleicht dann 2014 umsetzen wird. Also, man muss auch ein bisschen realistisch rangehen, weil das ja wirklich gekippt worden ist.

Der Grund, den ich vermute, dabei ist, wenn man nämlich sieht die Verteilung der Krankenkassen, dann sind 60 Prozent der Krankenkassen eigentlich die Krankenkassen, von denen man Geld wegnehmen würde und dann umverteilen würde in Richtung der AOK beziehungsweise anderer Krankenkassen, die davon betroffen sind mit den Verstorbenen. Und insofern werden auch noch andere Gründe angeführt. Und darauf zielt Herr Bahr ab, dass man die anderen Fehler, die man festgestellt hat in diesem Wasem-Gutachten, gleichzeitig auch mit beheben sollte. Und das sind einmal die Verteilung des Krankengeldes und die Auslandsversicherten. Das waren auch Punkte, die in dem Gutachten angeführt worden sind, und die sollten dann gleich mit korrigiert werden.

Für mich ist auch entscheidend, wenn ich sehe, wie verhält sich der GKV-Spitzenverband dazu, wie haben die dazu Stellung bezogen. Und auch dazu gibt es eine Pressemitteilung. Jetzt hat der GKV-Spitzenverband Stellung bezogen und die entscheidende Frage offengelassen. Und die entscheidende Frage ist dann natürlich, der Spitzenverband schlägt in einer Stellungnahme den Ball wieder ins Feld des Bundesversicherungsamtes.

Da der Risikostrukturausgleich ein Nullsummenspiel darstellt und damit jede Veränderung Gewinner und Verlierer zur Folge hat, muss sich der GKV-Spitzen- verband zu dieser Frage wettbewerbsneutral verhalten, das heißt, er positioniert sich nicht, obwohl einige Kassen da Klagen angedeutet haben. Und in der Zwischenzeit ist bekannt, dass auch die AOK, also elf AOKs der Bundesrepublik klagen werden gegen die Entscheidungen, die seit 2009 laufen, wodurch Millionenbeträge entstanden sind. Es gibt eine Zahl, die sagt aus, 400 Millionen jährlich gehen den AOKs und der DAK verloren durch das Problem der Verstorbenen.

Und eine Zahl macht das auch noch ganz deutlich. Im Jahr 2009 sind 762.450 GKV-Versicherte verstorben. Das waren prozentual zu allen Versicherten 1,1 Prozent, aber sie verursachen gut 14,3 Prozent aller Ausgaben der GKV. Im Schnitt verursachte 2009 ein Verstorbener Kosten in Höhe von 26.769 Euro und ein Überlebender 2.062 Euro. Wenn man dieses jetzt auf die Jahre hochrechnet oder nur auf das Jahr 2009 nimmt, dann stehen

20 Milliarden Euro zu Buche. Und wenn man dann davon ausgeht, dass nur die Hälfte bezahlt wird, dann fehlen 10 Milliarden Euro. Das ist schon eine Größenordnung, aber nicht nur hier für unser Land, sondern insgesamt für die Bundesrepublik, die dann verloren geht.

Und des Weiteren kann man noch mal sagen, es gab ja auch Unterschiede, auch die wurden vorhin schon genannt, wie man dieses Problem lösen kann. Zuerst ging man davon aus, dass man auch bei den Verstorbenen eine Annualisierung durchführen sollte. Letztendlich hat man sich dann aber geeinigt, dass man doch eine ProTag-Versicherten-Abrechnung vornehmen will, um eben gerechter damit umzugehen. Das heißt, dann würde es auch für Neugeborene oder für den Wechsel der Krankenkasse oder für Ausländer, die dann zugezogen sind, nicht mehr wirksam werden, sondern man würde dann alle Betroffenen tagfertig abrechnen.

Insofern glauben wir, dass es wahrscheinlich doch dazu kommen wird, dass man alle Punkte mit aufnimmt. Aber aufgrund der Fehlbeträge – ich habe gehört, dass im Jahr von der AOK so 25 Millionen zur Debatte stehen, und wenn man die AOK als AOK Nordost betrachtet, diese gleichen Summen dann auch noch mal in Berlin und Brandenburg, also circa 75 Millionen – haben wir gesagt, wir unterstützen diesen Antrag und tragen den voll mit und wollen eigentlich damit der Landes- regierung den Auftrag geben, im Bundesrat so eine Initiative zu starten. Aber ich glaube, es ist auch ganz wichtig, dass man mit den einzelnen Bundesländern spricht, und auch die AOK sollte mit ihren anderen Verbänden sprechen, um da zumindest eine einheitliche Regelung, einen einheitlichen Standpunkt hinzubekommen. Ganz wichtig ist eben, dass man auch innerhalb der AOK Nordost, das Land Brandenburg und das Land Berlin einbezieht.

Ja, und jetzt dazu, dass wir keinen gemeinsamen Antrag machen wollten: Also wir haben unseren Antrag schon rechtzeitig eingebracht. Wir haben lange darüber nachgedacht und haben auch innerhalb der Koalition nicht gestritten,

(Julian Barlen, SPD: Ein bisschen.)

aber uns auseinandergesetzt, wie können wir das am besten formulieren und wie können wir am besten das erreichen, dass auch eine Veränderung eintritt, wir sehen es auch so, und der Methodenfehler aufgehoben wird. Und insofern war unser Antrag schon lange da und ich glaube, dazu haben wir uns lange verständigt und den sollten wir auch mittragen. Wir werden den Antrag der LINKEN ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Gajek von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Die „Ärzte Zeitung“ – ich habe auch die „Ärzte Zeitung“ – vom 1. August des Jahres suggerierte „Mehr Geld

für Tote“ und hat dort Bezug genommen auf den MorbiRSA und es erinnert schon so an eine Art Leichenfledderei. Aber wir haben jetzt schon ganz deutlich uns viel- fältig die …

Ja, mein Gott, mein Faden ist weg.

(Zurufe von Julian Barlen, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

Nee. Also die Hintergründe, das habe ich nämlich gerade alles gestrichen, damit

(Julian Barlen, SPD: Damit wir es verständlich dargeboten bekommen.)

wir dann hier zu Potte kommen.

Ich möchte jetzt mit meiner Rede fortfahren. Also alles vom Morbi-RSA ist bekannt, das möchte ich jetzt nicht wiederholen. Herr Koplin hat es gesagt, Herr Barlen hat es gesagt und …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nee, das werde ich nicht tun, Herr Pastörs.

(Udo Pastörs, NPD: Jetzt kommt der Faden wieder.)

Nö, er ist ja schon da.

(Stefan Köster, NPD: Sie hat ihn wiedergefunden.)

So, ich werde hier einsteigen, nämlich:

(Heinz Müller, SPD: Wollfaden. Bio.)

Der Morbi-RSA, meine Damen und Herren, ist nicht neu und auch die fachlichen Diskussionen dazu sind es nicht. Es ist auch nicht so, dass es keine fundierten Lösungsvorschläge gäbe, einige haben wir schon gehört. Interessant ist doch, dass bis zum 30. September des Jahres 2012, also dieses Jahres, das Bundesversicherungsamt, die BVA, das hat Herr Barlen schon gesagt, hier Fehlerhebungen entscheiden hätte können.

(Torsten Renz, CDU: Das war, glaube ich, nicht die richtige Stelle, an der Sie angefangen haben. – Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch, die ist schon richtig, mein lieber Herr Renz. Und solange wir weiterdiskutieren, zieht sich das in die Länge und Herr Barlen schafft vielleicht seinen Zug nicht. Aber gut.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Udo Pastörs, NPD: Oh, das sind Kriterien!)

Also: Die fachliche Grundlage bildet ein Beschluss des Wissenschaftlichen Beirates beim BVA.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt muss ich erst mal fragen, warum Herr Barlen mit dem Zug fährt.)

Dann kann ich jetzt doch länger reden.

(Torsten Renz, CDU: Das ist die Schlagzeile des Tages.)

Ich denke, es ist ernsthaft genug und wir sollten weiterreden.

Also: Der Lösungsvorschlag des Wissenschaftlichen Beirates lautet dementsprechend, mit einer Annualisierung der Ausgaben auch von verstorbenen Versicherten kann eine größere Zielgenauigkeit erreicht werden. Ein nachvollziehbares Prinzip, meine Damen und Herren: gleicher Sachverhalt, gleiche Verfahrensweise. Die Änderung hätte mit Wirkung ab dem Jahre 2013 greifen können. Und wenn wir es nicht schon alle wüssten, meine Damen und Herren, dann wäre spätestens der sprachliche Hinweis des Konjunktivs Botschaft genug: Die Änderung hat nicht stattgefunden.

Der schon benannte Gutachter Professor Jürgen Wasem spricht in diesem Zusammenhang von einem „interessenspolitischen Konflikt“ und geht davon aus, dass eine Änderung bis zur Bundestagswahl nicht mehr zu erwarten sei. Ein solches Aussitzen aber wollen und können wir uns nicht leisten, meine Damen und Herren. Es geht hier schließlich um eine mehrstellige Millionensumme, Herr Schubert nannte eben 40, die sinnvoll für die Betreuung und Versorgung alter und schwerkranker Menschen eingesetzt wird. Es ist bekannt, dass vor allem diejenigen Kassen, bei denen sehr viele ältere und kranke Menschen versichert sind, diesen Methodenfehler im Finanzausgleichsystem der gesetzlichen Krankenkassen so schnell wie möglich korrigieren möchten.

Wer sich mit der Thematik beschäftigt hat, weiß auch, dass der Morbi-RSA Unterschiede in der Alters- und Gesundheitsstruktur zwischen den Krankenkassen nicht vollständig ausgleicht. Er oder sie weiß auch, dass es zwischen den Bundesländern und Regionen durchaus gravierende Unterschiede gibt und dass der Nordosten Deutschlands, also auch unser Bundesland, besonders gravierend von alters- und geschlechtsspezifischer Morbidität betroffen ist und dass sich dieser Effekt demogafiebedingt in den kommenden Jahren weiter verstärken wird. Und er oder sie weiß schließlich auch, welche Kassen sich weshalb für oder gegen eine Annualisierung positionieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich werde hier also an dieser Stelle weder Namen nennen noch auf geschätzte Umverteilungssummen zwischen einzelnen Kassen eingehen, es sind ja auch einige, wie gesagt, benannt worden. Mir ist es wichtig, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ein Auf-die-lange-Bank-Schieben der Entscheidung niemandem nutzt. Wenn die Korrektur des Methodenfehlers nicht zügig erfolgt und die Frage gerichtlich geklärt wird, bekämen die klagenden Kassen dort voraussichtlich recht. Damit würden erhebliche nachträgliche Korrekturen bei den Zuweisungen an die Kassen aus dem Gesundheitsfonds erforderlich, und die, meine Damen und Herren, könnten einige der vermeintlichen heutigen Gewinnerkassen durchaus in Schwierigkeiten bringen.

Insofern besteht Handlungsbedarf. Von der derzeitigen Bundesregierung wird dieser so offensichtlich nicht gesehen. Der Bundesgesundheitsminister, auch schon mehrfach benannt, jedenfalls lässt keine derartigen An