Jaja, Sie bauen so einen Druck auf, man traut sich ja schon gar nicht mehr, nachher das entsprechende Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen. Da müssen Sie aufpassen, dass Ihnen der Kanzlerkandidat Gabriel nicht noch abhandenkommt. Wenn der Betreuungsgeld in Anspruch nimmt, dann ist der raus aus dem Rennen.
Insofern glaube ich, dass dieser kleine Exkurs in Richtung Bundespolitik uns hier inhaltlich vorangebracht hat. Ich sehe jetzt keine konkreten Probleme für unsere Zusammenarbeit. So, wie ich es vorhin mal gesagt habe, das hält eine Koalition locker aus.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Die Interessen der Kinder sind da egal. Hauptsache, die Koalition hält es aus.)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Vizepräsidentin Gajek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Heydorn hat es vorhin schon gesagt, heute Morgen im Radio, in der „Süddeutschen“ ist heute Morgen zu lesen, „Arme gehen beim Betreuungsgeld leer aus“. Vielen Dank für die Beantragung dieses Themas in der Aktuellen Stunde.
Uns lag ja zunächst ein Antrag der Koalitionsfraktionen zum Thema „Investive Anreize zur frühkindlichen Bildung und Betreuung bundesweit stärken“ vor,
der dann kurzfristig zurückgezogen wurde. Man könnte auf die Idee kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie hätten Angst vor der eigenen Courage bekommen,
weil es zum dort erwähnten Betreuungsgeld derzeitig etwas rappelt, ich würde heute Morgen sagen, scheppert im Bundesregierungskarton.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Was ist das für ‘ne Nebelkerze?)
Das, was wir der Bundes-CDU und -FDP vorhalten, ist, sie wollen ohne Verstand und Vernunft politische Projekte auf Kosten des gesellschaftlichen Miteinanders durchboxen. Das ist ein Skandal und den möchte ich hier deutlich zum Ausdruck bringen. Es ist ein Spaltpilz, der hier weitergeführt wird
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben gelost, Frau Gajek. Das müssten Sie als Vizepräsidentin wissen.)
Und was den Terminus „Fernhalteprämie“ betrifft, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, da sind Sie ja richtig kreativ geworden. Haben vielleicht Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungskoalition gar nicht gemerkt, worum es hier geht, nämlich um die Herdprämie?
Wir Bündnisgrünen haben das Betreuungsgeld, um es noch einmal ganz regulär zu nennen, von Anfang an abgelehnt.
Es ist bildungspolitisch widersinnig und geschlechtspolitisch fatal. Es mindert laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung die Bildungschancen von Kindern, vor allem aus sozial schwachen Familien. Es macht volkswirtschaftlich keinen Sinn. Und auch die jetzt von Herrn Kauder vorgeschlagenen zusätzlichen Rentenleistungen oder das, was wir heute Morgen wieder gehört haben, ändern nichts an diesen grundsätzlichen Kritikpunkten. Ich könnte Ihnen eine Reihe weiterer Argumente aufzählen, Sie können sie aber auch nachlesen im Gesetzentwurf
Unsere Ablehnung des Betreuungsgeldes wird übrigens von den meisten deutschen Verbänden mitgetragen. Da kann ich nur sagen, willkommen im Klub, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Insofern, das von Ihnen heute gewählte Thema bringt uns zwar nichts Neues, aber es gibt uns die Gelegenheit, im Plenum den einen oder anderen fachlichen Punkt zur Untersetzung frühkindlicher Bildung in unserem Land voranzubringen. Wir haben jetzt schon viele mehr oder weniger wohlgesetzte Worte zu umfassenden, flächendeckenden und flexiblen Betreuungsangeboten gehört. Klingt alles gut, aber es sollte doch wohl selbstverständlich sein, dass „eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung und Betreuung in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin ein zentrales Ziel der Landespolitik ist“, das ist ein Originalzitat. Schließlich kann es nicht darum gehen, die Aktuelle Stunde für das Rezitieren des Koalitionsvertrages zu missbrauchen.
Angesichts der Tatsache, dass seit Vorlage der Bildungskonzeption für 0- bis 10-Jährige in Mecklenburg-Vorpommern durch den damaligen Bildungsminister noch nicht einmal zwei Jahre vergangen sind, überrascht es schon etwas, dass heute wieder nur über Absichtserklärungen und nicht über konkrete Ergebnisse gesprochen wird.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition, Sie müssen gar nicht den Umweg über die Bundesebene machen, sondern können direkt vor der eigenen Haustüre kehren, denn es reicht nicht, sich stolz auf die Schulter zu klopfen, weil bereits knapp 60 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz haben, vielmehr muss die Qualität der Betreuung verbessert werden.
Und nebenbei, wer aktuell für sein oder ihr Kind zum Beispiel in der Stadt Schwerin einen Krippenplatz sucht und damit nicht schon am Tag der Feststellung der Schwangerschaft beginnt, der oder die hat, Statistik hin
Im Übrigen, nur die Kinder unter drei Jahren zu betrachten, greift zu kurz. Schon der damalige Bildungsminister hat 2010 in seiner Konzeption zur frühkindlichen Bildung festgestellt, dass diese nicht mit drei Jahren aufhört. Vielleicht helfen Ihnen ein paar Beispiele, wo die Landesregierung selbst aktiv werden könnte und das auch sollte.
Erstens. Mit einem Betreuungsschlüssel von 1 : 17 für Kinder ab dem dritten Lebensjahr liegt MecklenburgVorpommern im Bundesvergleich immer noch ganz hinten.
und die sukzessive weitere Absenkung in den Kitas vor Ort mit den vorhandenen personellen Kapazitäten tatsächlich umgesetzt werden kann, ist auch ein durchaus interessanter Fragenkomplex.
Fachlich, nur damit es da keine Zweifel gibt, halten wir die Änderung der Betreuungsschlüssel ausdrücklich für einen Schritt in die richtige Richtung.