Protocol of the Session on April 25, 2012

Wir hatten einen Sozialminister Kuessner und eine Finanzministerin Frau Keler

(Heinz Müller, SPD: Das hat aber auf die Geburt Ihres Kindes keinen Einfluss.)

und Sie werden sich jetzt schon fragen, Herr Müller stellt mir ja die Frage: Was hat das damit zu tun? Ich will Ihnen sagen, was es damit zu tun hat: Meine Frau hat dann von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die drei Jahre Erziehungsurlaub in Anspruch zu nehmen und ganz konkret in diesem Land Mecklenburg-Vorpommern zwei Jahre Erziehungsgeld zu bekommen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ganz konkret 148 D-Mark hat das Land MecklenburgVorpommern unter dem Sozialminister Kuessner, SPD, uns überwiesen. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, da bin ich ihm dankbar.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Heute müssen wir aufpassen, dass ich mich nicht noch dafür entschuldigen muss.

(Vincent Kokert, CDU: Wir sagen das nicht weiter.)

Damals hieß es Landeserziehungsgeld, Sie wissen, es werden jetzt andere Begriffe geprägt. Das war unsere Entscheidung, wir haben das als Familie in Anspruch genommen. Und wir haben noch Folgendes gemacht, auch das habe ich mir noch mal herausgesucht: Wir haben uns die Freiheit erlaubt, 18 Monate nach der Geburt unser Kind in eine Kindertagesstätte in MecklenburgVorpommern zu schicken. Wir haben dort bezahlt für einen Teilzeitplatz 201 Mark. Wir haben uns natürlich, wie einige es in der Politik gern wollen, nicht an die vorgeschriebenen Regeln gehalten, nach 12 Monaten das Kind in die Kita zu schicken, nein, wir haben uns die Freiheit herausgenommen, nach 18 Monaten unser Kind in die Kita zu schicken

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mutig, mutig.)

und parallel dazu Landeserziehungsgeld zu beziehen. Und ich will Ihnen sagen, dann haben wir auch noch Folgendes gemacht: Meine Frau ist im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten in Teilzeit arbeiten gegangen, und alles das, was ich Ihnen eben dargestellt habe, bis zum 36. Lebensmonat unseres Kindes.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Wir haben da sicherlich viele Kriterien, die durch Sie aufgestellt werden, erfüllt, einmal die Betreuung, die Er

ziehung im Elternhaus, aber auch das Bildungsangebot wahrgenommen. Wir haben auch, wie wir es bezeichnen, den Arbeitsmarkt in dem Sinne bedient.

Und ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen, an diesem Beispiel kann man vielleicht auch die Vielfältigkeit der Lebenswelt in Deutschland erkennen. Da ist es aus meiner Sicht gefährlich, den Menschen eine einzige Wahrheit zu vermitteln und das per Gesetz regeln zu wollen, vielleicht noch in diskriminierender Art und Weise

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer diskriminiert denn hier, Herr Renz? Wer diskriminiert denn hier?)

dann über Lebensentwürfe von anderen Menschen zu urteilen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das sollte Grundlage unseres Handelns sein. Das ist auch Grundlage des Handelns innerhalb der CDU.

Ich will aber zum Schluss bei diesem Komplex ganz deutlich sagen, dass weder meine Frau als gelernte Erzieherin noch ich Kämpfer für das Betreuungsgeld sind. Insofern war mir das wichtig, auch mal so einen Aspekt hier voranzustellen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, das konnte man aus Ihrer Rede auch nicht erkennen. Gut, dass Sie das noch mal klargestellt haben. Das war nicht so ganz eindeutig.)

Wenn wir dann aber konkret noch einmal zu dem kommen, was auch Herr Heydorn gesagt hat, wenn es um Familienpolitik nicht nur im Land geht, sondern auch im Bund, dann müssen wir natürlich das, was Herr Holter angesprochen hat, ganz klar benennen: Das Kinderförderungsgesetz 2008 wurde durch die Große Koalition auf den Weg gebracht – Große Koalition, das heißt in diesem Fall CDU und SPD unter der Ministerin Ursula von der Leyen –, nachdem wir viele andere Maßnahmen dort auch als CDU auf den Weg gebracht haben. Ich erinnere nur an den Paradigmenwechsel bei der Einführung des Elterngeldes. Das sind alles Maßnahmen, die der Bund auf den Weg gebracht hat unter Führung der CDU.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das lag aber schon in der Schublade. Das wissen Sie, ja?)

Die Kindergelderhöhungen, die 2009 gegriffen haben, auf 164 Euro oder beziehungsweise im Jahr 2010 auf 184 Euro möchte ich bald gar nicht mehr erwähnen als erfolgreiche CDU-Familienpolitik beziehungsweise haben wir dafür gesorgt, dass gerade die Kinderbetreuungskosten – die Absetzbarkeit, dass wir genau in diesem Bereich gezielt vorgegangen sind – im Jahr 2006 dazu geführt haben, dass man steuerlich noch besser gestellt wird.

Aber wie gesagt, wir haben dann zusammen mit der SPD auf Bundesebene dieses Kinderförderungsgesetz auf den Weg gebracht. Wir haben als CDU auf Bundesebene dafür gesorgt, dass 4 Milliarden Euro in den Ausbau von Betreuungseinrichtungen gesteckt werden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wurde aber auch Zeit.)

zusätzlich kommen 8 Milliarden Euro von den Ländern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das waren alles Ihre Ideen, ne?)

Das sind Wege, die deutlich zeigen, wo die Politik in Deutschland hingeht, und wir haben den Rechtsanspruch auf Betreuung bis zum 3. Lebensjahr festgeschrieben im Jahr 2013.

Insofern will ich ganz sachlich und nüchtern feststellen, die Politik muss sich natürlich auch Gedanken machen, wie wir diesem Rechtsanspruch gerecht werden. Wenn wir uns dann die Zahlen der Umsetzung einmal anschauen, dann ist es so, per Gesetz war angestrebt, eine Quote von 35 Prozent Betreuungsquote, die wir erreichen wollen. Wir wissen alle, dass das in den neuen Bundesländern keine Rolle spielt, da wir weit über diesem Wert liegen in Mecklenburg-Vorpommern bei 51,7 Prozent bei der Betreuung vom 1. bis 3. Lebensjahr.

Aber wie sieht die Realität deutschlandweit aus? Bei Gesetzesverabschiedung lagen wir bei 21 Prozent, Zielmarke 35. Wir werden diese Zielmarke im Jahr 2013 nicht erreichen. Die letzten Zahlen, die mir vorliegen, besagen – ich habe nur die Zahlen vom März 2011 –, dass wir deutschlandweit erst bei 25,2 Prozent angelangt sind. Was heißt das in Zahlen? In Zahlen heißt das konkret, dass von den 2,1 Milliarden Euro erst 1,4 Milliarden Euro

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Es werden immer mehr.)

abgerufen worden sind. Das heißt, wir haben, jetzt muss ich kurz schauen, damit ich auch die konkreten Zahlen hier benenne,...

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ganz wichtig jetzt. Das ist ganz wichtig.)

Das ist auch wichtig, wenn man seriöse Lösungen in der Politik anstrebt.

Das heißt, wir haben zum jetzigen Zeitpunkt erst 64 Prozent der Mittel abgerufen. Und da will ich mal die Spitzenreiter im negativen Sinne benennen: Baden-Württemberg hat 44 Prozent der Mittel abgerufen, Brandenburg 52 Prozent, Rheinland-Pfalz 56 Prozent. Das heißt, die Länder kommen beim Ausbau der Betreuungseinrichtungen gar nicht hinterher. Dass da jetzt keine CDU-geführte Regierung mehr dabei ist, das ist purer Zufall,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Seit wann gilt das Gesetz? Seit wann?)

das will ich an dieser Stelle jetzt nicht weiter ausbauen.

Fakt ist, wir liegen bei 64 Prozent. Wir werden die Zielmarke leider nicht erreichen. Und es gibt genug Länder, die ihre Hausaufgaben in dem Sinne nicht erfüllt haben. Da muss man natürlich darüber nachdenken, wie kann ich das beschleunigen, was kann ich tun. Ich kann mich natürlich jetzt hinstellen und sagen, die 1,2 Milliarden Euro, die im Bund jetzt im Haushalt geplant sind, die stecken wir in den Ausbau der Kindertagesstätten, das kann ich tun. Wenn ich aber in der Realität das Geld nicht abrufen und die Plätze nicht schaffen kann, dann habe ich ein Problem. Diesem Problem muss man sich dann stellen, wenn es

um den Rechtsanspruch geht, der per Gesetz festgeschrieben ist.

Wenn wir dann weiter in diese Statistik gehen und uns mal anschauen, wie sieht denn die Betreuungsquote in den einzelnen Ländern aus – da gibt es auch Ministerpräsidenten oder Ministerpräsidentinnen, die sind ganz vorne mit ihren Forderungen –, wenn ich dann mal in die Statistik reinschaue: Bremen 19,6 Prozent Betreuungsquote, Niedersachsen 19,1 Prozent und ganz unten steht Nordrhein-Westfalen.

(Vincent Kokert, CDU: So? Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Das wundert mich.)

15,9 Prozent haben dort erst die Gewähr, dass sie die Betreuungseinrichtungen besuchen können.

(Vincent Kokert, CDU: Mein lieber Freund!)

Das heißt, worüber sprechen wir? Wir sprechen, so, wie Herr Heydorn es gesagt hat,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

über 233.000 fehlende Plätze in den alten Bundesländern. Dieses Problem muss man anpacken. Dafür werbe ich, ich habe meine Position gesagt. Bei uns ist die Position vielleicht etwas vielfältiger als bei Ihnen, das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht gibt es den einen oder anderen, der auch bei Ihnen den Menschen noch Entscheidungsfreiheit einräumt

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

und nicht alles per Gesetz regeln will.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, Herr Renz!)

Jaja, Sie bauen so einen Druck auf, man traut sich ja schon gar nicht mehr, nachher das entsprechende Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen. Da müssen Sie aufpassen, dass Ihnen der Kanzlerkandidat Gabriel nicht noch abhandenkommt. Wenn der Betreuungsgeld in Anspruch nimmt, dann ist der raus aus dem Rennen.