Protocol of the Session on March 15, 2012

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung. Ich bitte den Schriftführer, die Namen einzeln aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche für zwei Minuten.

Unterbrechung: 15.19 Uhr

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Wiederbeginn: 15.21 Uhr

47 Abgeordnete haben an der Abstimmung teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 42 Abgeordnete. Der Antrag der NPD auf Drucksache 6/367 ist damit abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Stärkung des barrierefreien Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/389.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Stärkung des barrierefreien Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 6/389 –

Das Wort zur Begründung hat Herr Müller von der SPDFraktion. Bitte, Herr Abgeordneter Müller.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit dem vorliegenden Antrag zum barrierefreien Tourismus haben die Koalitionsfraktionen ein Thema aufgegriffen, das die Tourismusbranche und die Politik schon über viele Jahre beschäftigt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Oooh!)

Ich glaube, es ist in unserem Land auch schon einiges in dem Bereich passiert. Dennoch ist es so, dass erst knapp die Hälfte unserer Erlebnisbäder und die Hälfte unserer Museen für Behinderte mit oder ohne Unterstützung zu erreichen ist und dass noch lange nicht alle Tourismusinformationen barrierefrei in unserem Land zu erreichen sind. Und daher haben wir uns zu diesem Ihnen heute vorliegenden Antrag entschlossen.

Gestatten Sie mir einige kurze Anmerkungen zu unserem Antrag. Die Bandbreite zur Herstellung der Barrierefreiheit ist relativ groß. Dennoch macht es Sinn, wie wir es formuliert haben, hier bundesweit eine Vorreiterrolle anzustreben. Und dazu kann eine entsprechende Leitlinie durchaus hilfreich sein, die in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Akteuren erarbeitet werden könnte und alle Ihre Erfahrungen hier auch einbringen könnte.

Im Punkt 3 haben wir einen Gedanken aufgegriffen, der auch nicht neu ist. Dennoch steckt wahrscheinlich hier auch der Teufel im Detail, nämlich, wir haben den Gedanken aufgegriffen zu prüfen, ob Barrierefreiheit als Fördervoraussetzung in bestehende Programme aufgenommen werden kann. Das ist wie gesagt nicht neu, aber das scheint mir doch etwas schwieriger zu sein. Bei einigen Förderrichtlinien hat das funktioniert.

Ich habe gestern versucht, mit Wirtschaftsminister Glawe das Thema schon mal kurz anzudiskutieren, und es wird nicht so einfach, das hinzukriegen. Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass vielleicht ein Hinweis im Fördermittelbescheid auf Barrierefreiheit auch schon eine Möglichkeit wäre, auf das Thema noch mal hinzuweisen, wobei mir klar ist, dass insbesondere natürlich hier auch die Genehmigungsbehörden eine gewisse Verantwortung haben, darauf zu achten, dass, wenn neu oder umgebaut wird, das auch barrierefrei geschieht.

Ich glaube, der Slogan „Barrierefreier Tourismus für Alle“ triffts, denn barrierefreier Tourismus für alle ist meiner Meinung und unserer Meinung nach ein gesamtgesell

schaftliches Anliegen. Ziel muss es sein, dass behinderte Menschen entlang der gesamten Servicekette auf Rahmenbedingungen treffen, die selbstständiges Reisen ermöglichen, unabhängig davon, ob sie in der Bewegungsfreiheit, den Sinneswahrnehmungen, den mentalen Fähigkeiten oder seelischen Funktionen eingeschränkt sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Barrierefreiheit wird in Zukunft immer mehr zu einem Qualitätskriterium, das über die Wettbewerbsfähigkeit touristischer Angebote mitentscheidend sein wird. Und deshalb macht es durchaus Sinn, dass wir uns darauf verständigen, in den kommenden Jahren unser Engagement darauf zu richten, dass M-V zu einer Topdestination im barrierefreien Tourismus in Deutschland zu entwickeln ist. Und da macht es auch Sinn, wie in unserem Antrag gefordert, gute Beispiele bundesweit bekannt zu machen. Mir fällt da gleich die Barlach-Stadt Güstrow ein, die 2011 durch den Landestourismusverband Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen des Landeswettbewerbs „Tourismus für alle in Mecklenburg-Vorpommern“ als Kommune mit beispielhaften behindertengerechten Angeboten geehrt worden ist. Und hier muss man auch dem Landestourismusverband ein großes Kompliment machen, dass er sich diesem Thema hier zugewandt hat.

Im Punkt 5 unseres Antrags regen wir an, dass die Landesregierung sich für einheitliche, bundesweit gültige Kriterien für den barrierefreien Tourismus einsetzen soll. Auch hier könnte Mecklenburg-Vorpommern, könnten wir die bereits eingeführten Qualitätssiegel durch den Tourismusverband anbieten und dort Pate stehen.

Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es also darum, die positiven Ansätze im barrierefreien Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern und in Deutschland weiterzuentwickeln und diese in Wettbewerbsvorteile umzumünzen. Ich hoffe, dass wir hier mit unserem Antrag einen Anteil dazu leisten. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und bitte jetzt um das Wort des Wirtschaftsministers für Bau und Tourismus. Bitte, Herr Abgeordneter Glawe.

(allgemeine Heiterkeit – Helmut Holter, DIE LINKE: Es war alles im Satz drin.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Amtsführung der Präsidentin nicht zu kritisieren, meine Damen und Herren.

Wir haben ein wichtiges Thema: der Tourismus. Der Tourismus gehört zu den wichtigsten Wirtschafts- und Wachstumsbranchen in Mecklenburg-Vorpommern. Das Jahr 2011 war das dritterfolgreichste in MecklenburgVorpommern seit 1990. Die Anzahl der Ankünfte hat sich mit 6,8 Millionen um 2,2 Prozent erhöht und bei der Zahl der Übernachtungen ist mit 27,6 Millionen das drittbeste Ergebnis seit 1990 festzustellen.

Im vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen geht es um die Stärkung des wachsenden Segments des barrierefreien Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Teilhabe und Selbstbestimmung sind nicht nur eine Frage von Gesetzen und Finanzmitteln. Menschen mit Behinderungen werden bis heute entgegen geltendem Recht oftmals benachteiligt, teilweise diskriminiert. Dies geschieht schon, wenn sie ausschließlich über Beeinträchtigungen, Einschränkungen und Defizite wahrgenommen werden. Unwissenheit, Ignoranz und Intoleranz sind oft Gründe dafür, meine Damen und Herren.

Betroffen ist nicht nur eine kleine Minderheit von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland, nein, im Gegenteil, unter uns und mit uns leben 9 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Das sind mehr als 10 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. 7 Millionen Menschen haben eine Schwerbehinderung mit einem anerkannten Behinderungsgrad von mehr als 50 Prozent. Nur 4 bis 5 Prozent der Menschen mit Behinderung sind von Geburt an behindert. Die Mehrzahl der Behinderungen wird erst im Laufe des Lebens erworben.

Angesichts des demografischen Wandels und unse- rer zunehmenden zugegebenermaßen hohen Lebenserwartung müssen wir davon ausgehen, dass der Anteil älterer beeinträchtigter Bürgerinnen und Bürger zunehmen wird. Deshalb müssen wir im Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpommern Angebote für alle zukunftsweisenden Investitionen voranbringen und stärken. Die Gestaltung der Angebotsentwicklung muss die Teilhabe aller Gäste am Tourismus ermöglichen. Als ein Grundprinzip der weiteren touristischen Entwicklung im Land müssen bei den Angeboten in den Urlaubsorten für alle Gäste, also auch Angebote für Rollstuhlfahrer und vor allen Dingen für Sehbehinderte und Hörgeschädigte in besonderer Weise ins Auge gefasst werden. Auch die Zielgruppe der über 70-Jährigen ist in besonderer Weise zu beachten.

Meine Damen und Herren, neben einer Unterstützung der Unternehmen und der Kommunen bei Investitionen greifen auch Qualitätsinitiativen, die in besonderer Weise im „Tourismus für alle“ zu sehen sind. Der Ausbau von Pilotorten und -regionen wird daher auch in MecklenburgVorpommern immer wichtiger.

Im Paragrafen 50 der Landesbauordnung MecklenburgVorpommern ist geregelt, dass bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind und dem allgemeinen Besucherverkehr dienen, barrierefrei zu erreichen sind. Jeder Zuwendungsempfänger von Fördermitteln aus der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur“ hat sich zu verpflichten, egal ob es sich um einen privaten oder einen kommunalen Träger handelt, diese Dinge zu beachten. Das Wirtschaftsministerium hat in die Förderpraxis in besonderer Weise die Barrierefreiheit touristischer Einrichtungen aufgenommen und kann in Bezug auf barrierefreie Gestaltung auch darauf drängen, dass diese Forderungen umgesetzt werden.

Im Bereich der Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur ist die Anpassung der touristischen Infrastruktur, die sich aus dem demografischen Wandel und den neuen Urlaubsformen ergibt, ein wichtiger Schwerpunkt. Darüber hinaus wird das Thema Barrierefreiheit in Investorengesprächen seitens des Ministeriums und des Landesförderinstituts natürlich aktiv angesprochen und auch eingefordert.

Meine Damen und Herren, die Koalitionsvereinbarung hat auch einen deutlichen Hinweis darauf, dass insgesamt die Landesbauordnung zu novellieren ist. Dazu ist zu erwarten, dass nach der Befassung der Bauministerkonferenz – diese ist im Herbst dieses Jahres zu erwarten – dann auch ein Entwurf für das Land MecklenburgVorpommern vorbereitet wird, in den in besonderer Weise auch die Belange der Barrierefreiheit einfließen sollen.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat vor drei Jahren die Studie „Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für Alle“ vorgestellt. Danach fehlt es in Deutschland an vernetzten Angeboten entlang der Dienstleistungskette. Angesichts eines Volumens von gegenwärtig 5 Millionen längeren und 4,7 Millionen kürzeren Urlaubsreisen sowie eines Umsatzvolumens für MecklenburgVorpommern und für Deutschland von 5 Milliarden Euro ist die Situation in dieser Frage nicht ausreichend. In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Zahl der angebotenen Betten in diesem Segment zurzeit bei 1.500. Damit liegt Mecklenburg-Vorpommern an dritter Stelle in Deutschland nach Bayern und Schleswig-Holstein.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2008 wurde vom Tourismusverband das Qualitätsmanagement Barrierefreier Tourismus etabliert, die Servicestelle des Tourismusverbandes für Alle im Jahr 2009 eingerichtet und im Mai des vergangenen Jahres wurden die ersten Preisträger des Landeswettbewerbs „Tourismus für alle in Mecklenburg-Vorpommern“ durch den Landestourismusverband prämiert.

Meine Damen und Herren, der Wettbewerb hat gezeigt, dass sich insgesamt in den Köpfen der Verantwortlichen noch einiges tun muss, um in puncto Infrastruktur und Engagement vor Ort für die Menschen Barrierefreiheit durchzusetzen. Für einen zukunftsfähigen Tourismus müssen wir uns in besonderer Weise diesen Themen stellen. Es fehlen insbesondere Angebote für sinnesbehinderte Menschen.

Das Thema „Barrierefreiheit und Teilhabe für Alle“ hat vor allem auch im Gesundheitstourismus einen entscheidenden Stellenwert. Der „Masterplan Gesundheitswirtschaft“ greift diese Dinge bis zum Jahr 2020 auf. Dafür haben alle Fraktionen in diesem Haus gestimmt.

Meine Damen und Herren, es gibt gute Beispiele im Land, ich will einige nennen: die Gesundheitsinsel Rügen, die buchbaren Angebote der Usedom Tourismus GmbH, der Verein „Birkenzweig – mit Handicap Urlaub genießen“. Diese und noch einige mehr bieten gute Beispiele, wie man insgesamt die Dinge voranbringen kann. Auch darf ich darauf hinweisen, dass das Projekt des Bäderverbandes Mecklenburg-Vorpommern zum Anpassungsbedarf der Kur- und Erholungsorte an den demografischen Wandel eine zukunftsweisende Studie ist, die für Mecklenburg-Vorpommern und für den Tourismus wichtige Impulse geben wird.

Meine Damen und Herren, ein barrierefreier Tourismus für alle führt unbestritten zu einer Steigerung der Lebensqualität für alle Menschen der Region und für unsere Gäste. Er ist ein notwendiger Beitrag für die Zukunftssicherung und auch ein guter Beitrag für die weitere Entwicklung des Tourismus, der Barrierefreiheit und damit auch für unsere Bürgerinnen und Bürger, für unsere Gäste und auch für die Behinderten, die diese Angebote in besonderer Weise nutzen wollen und auch sollen. In diesem Sinne will ich

den Antrag der Koalitionsfraktionen auch gewertet wissen, denn es ist ein wichtiger Beitrag für die Zukunft und damit auch für alle, die in der Verantwortung stehen, in öffentlicher und privater Verantwortung, in der Verantwortung für die Wirtschaft stehen und damit auch für die Belange der Menschen mit Behinderung einstehen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir erleben in diesen Landtagssitzungen doch schon etwas Wundersames. Es gibt einen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN. Daraufhin beantragt die SPD eine Aktuelle Stunde zur Solarförderung. Die GRÜNEN haben heute, Herr Saalfeld hat dazu sehr engagiert gesprochen, die Hochschulproblematik noch mal auf die Tagesordnung gebracht. Da haben wir von der Koalition gehört: Was soll das alles? Nichts Neues, kennen wir doch alles.

(Egbert Liskow, CDU: Ja. „Was soll das“ – hat Grönemeyer mal gesungen.)

Nun bitte ich Sie, sich mal vorzustellen, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, Frau Gerkan, und ich als tourismuspolitischer Sprecher, wir beide hätten uns zusammengetan und hätten diesen Antrag heute hier eingebracht. Und nach der Rede von Herrn Glawe …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Er hätte die gleiche Rede gehalten.)

Genau. Genau nach der Rede von Herrn Glawe hätten Sie von der Koalition gesagt, Ihr Antrag ist überflüssig,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)