Protocol of the Session on March 9, 2016

Die andere Debatte ist: Welche Gedanken machen sich diejenigen, die Medien machen, die jeden Tag Zeitungen produzieren, die im Fernsehen gute oder auch weniger gute Formate produzieren, die Radiosendungen herstellen, und zu welchen Arbeitsbedingungen müssen sie dies tun? Diese Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen“ spricht die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag an und die bringt es auch ganz klar hier auf den Punkt. Dazu haben wir alle die sehr eindringlich formulierte Karte des Initiativkreises dort bekommen. Ich glaube, mit dem dritten Punkt, Herr Holter, hätten wir tatsächlich vollends übereinstimmen können.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Davon gehe ich aus, ja.)

Aber das Thema geht ein Stückchen weiter. In diesem Haus, ich habe mal ein bisschen gestöbert – ich bin ja noch nicht ganz so lange dabei, wie viele andere von Ihnen – und habe dazu eine hochinteressante Parlamentsdebatte gefunden, ich glaube, aus dem Jahr 2009. Da hat Ihr Kollege Karl Marx zitiert, ein, wie ich finde, sehr zutreffendes Zitat von Karl Marx: „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein.“ Ich glaube, das ist die Herausforderung, vor der wir hier bei dem Thema stehen, und der Spagat, den unsere Medien jeden Tag irgendwie hinkriegen müssen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, auch meine Oma diskutiert mit mir darüber und meckert, wenn der „Nordkurier“ wieder 10 Cent teurer geworden ist, und hofft dann, vielleicht das eine oder andere Mal bei dem Enkel im Bürgerbüro kostenlos die Zeitung zu lesen. Dann sage ich: Oma, das ist aber nicht richtig –

(Udo Pastörs, NPD: Es gibt keine Zeitung, die kostenlos produziert werden kann.)

erstens, weil irgendjemand anderer schon immer die Rätsel darin gemacht hat, und zum anderen, weil wir natürlich selber morgens viel schneller wissen wollen, was eigentlich so los ist. Aber genau in diesem Spagat befinden wir uns. Deshalb, bin ich der Meinung, hat Karl Marx in diesem Punkt völlig recht und der kritische Blick unserer Gewerkschaften ist da total angebracht.

Aber noch mal ein Stückchen tiefergehend in den Antrag der Fraktion DIE LINKE, die ersten beiden Punkte: Zum einen hat Herr Suhr selbstkritisch schon gesagt – ich glaube, das gilt für alle vier Fraktionen hier –, dass man das Thema nicht auf die Tagesordnung des Landtages gehoben hat in den Jahren, als kein Medienbericht vorlag. Jetzt sind wir in der Situation, dass unter Punkt 2 ein Medienbericht gefordert wird. Man munkelt aus gut unterrichteten Kreisen, dass das durchaus demnächst der Fall sein könnte. Dann gilt es natürlich, ganz kritisch hinzuschauen, was steht drin, womit hat man sich tiefer auseinandergesetzt, wo hat man gesagt, das schreiben wir nicht vor, wo geht man weiter darüber hinaus, als nur das, was jetzt im Einleitungstext steht. Ich finde, das ist dann unsere parlamentarische Pflicht, auch die Debatte hier zu suchen, wenn wir ein vorliegendes Papier dazu haben.

Ich habe in Anlehnung an die gestrige Veranstaltung „Frauentag“, für den einen oder anderen terminlich durchaus schwierig, aber ich habe gehört, dass man da noch mal auf die Berufsskala eingegangen ist. Da liegen wir ganz klar mit den Journalisten irgendwie auf einer

Seite und sitzen mit denen in einem Boot, denn wenn man sich mal anguckt, wie die Werte für die Journalisten aussehen, dann sind die ähnlich schlecht wie die für uns.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Man fragt die Menschen: Wem vertrauen Sie und wessen Arbeit schätzen Sie? Da sagen 17 Prozent der Befragten – lediglich 17 Prozent der Befragten! –, sie schätzen und achten die Arbeit der Journalisten. Zwei Berufsgruppen, die schlechter abschließen: Schlechter schließen die Banker ab mit 4 Prozent und die Politiker mit 6 Prozent, wobei ich durchaus auch selbstbewusst sage: Ich glaube, zu diesen schlechten 6 Prozent der Politik, mit denen wir hier abschließen, zählt auch mancher schwachsinnige Zwischenruf von der Fensterfront.

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Da mag der eine oder andere auch das Vertrauen in die Politik verloren haben. Leider zählen Sie ja noch – noch! – dazu.

Aber in Zeiten von Pegida-Aufmärschen und Lügenpresseplakaten befindet sich unsere gepflegte Diskussionskultur in einer Zerreißprobe und wir lassen Debatten zu – jeder von uns vielleicht auch auf seiner eigenen Plattform – auf Internetseiten, bei sozialen Medienauftritten, bei Veranstaltungen. Auch da ist immer die Frage: Wie gehen wir tatsächlich damit um, lassen wir jeden Kommentar stehen, lassen wir ihn zu und nehmen wir uns die Zeit, die wir oftmals alle gar nicht haben, um damit ernsthaft umzugehen?

Dann gibt es aber auch zwei Beispiele, die sicherlich nicht dazu beitragen, dass die Menschen großes Vertrauen haben. Das sind zwei Negativbeispiele, die will ich ausdrücklich erwähnen und nicht verallgemeinern:

Wir lesen einen Artikel über den parteigründenden Sohnemann, der bei der AfD unterwegs ist, und dessen eigenen Vater, der als unabhängiger Journalist darüber berichten mag – ein Fall, den die „Ostsee-Zeitung“ ganz klar aufklären will. Das begrüße ich.

Wir erleben aber auch, dass das Wort „Rabauke“ nicht nur die Stammtische und Küchentische beschäftigt, sondern gar Gerichte in unserem Land. Auch das ist etwas, wo wir uns fragen müssen, ob das so richtig ist oder ob nicht genau solche Aspekte ebenfalls unter die Pressefreiheit fallen und wir manchmal damit leben müssen, dass da vielleicht auch ein Wort gefunden wird, was uns nicht sofort passt, aber zur Pressefreiheit dazugehört.

Das sind alles aktuelle Themen, die uns Bauchschmerzen machen können. Auf Hasskommentare, auch das haben wir gestern gehört, gibt es keine Patentantworten. Da muss jeder für sich selber den Weg finden, wie man damit umgeht.

Um abschließend auf dieses Thema noch mal einzuwirken: Herr Holter, Sie haben gestern, so wurde es mir berichtet, gesagt, manchmal muss man auch Symbolpolitik machen. Das kann man. Viele Anträge, die hier in diesem Haus gemacht werden, haben auch symbolpolitischen Charakter. Das ist richtig.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber nicht die von der SPD, ne?!)

Ich habe doch gesagt, ich halte eine durchaus selbstkritische Rede, Frau Borchardt. Ich habe bisher noch kein Parteienpingpong daraus gemacht und würde das auch weiterhin gern so tun.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Aber zu dem Thema, wie wir damit umgehen, gehört, finde ich – und das gehört auch zur Aussprache –, doch ein bisschen mehr der Blick nach vorne. Es ist eine Aussprache zur aktuellen Situation, zu den Chancen, den Risiken der Medien. Da kann ich Ihnen sagen – an der Stelle lassen Sie mich mal parteipolitisch werden –, ich bin persönlich sehr froh darüber, dass wir das Thema „Medienkompetenz und Medienbildung“, der Bildungsminister ist mit hier, im Regierungsprogramm der SPD haben. Ich glaube, diese Diskussion dazu findet bei allen anderen großen Fraktionen statt.

Aber welches Rüstzeug müssen wir den Menschen an die Hand geben, um dem beschleunigten Prozess Stand halten zu können, und dass auch in Schulen Medien mehr Anwendung finden, und zwar so Anwendung finden, dass der Schüler tatsächlich etwas lernt und wir ihm nicht erklären, was wir vor zehn Jahren hätten alle lernen können?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deswegen halte ich Medienkompetenz und Medienbildung ab Klasse 7 für einen sehr berechtigten Vorstoß. Vielleicht wäre auch das ein Ansatz, wo wir Fraktionen uns parteiübergreifend einig werden können.

Ganz zum Abschluss eine Zahl: 29 Minuten pro Tag verbringen die Menschen mit der Zeitungslektüre. Jetzt kann jeder, der morgens beim Frühstück die Zeitung liest, mal so ein bisschen in sich gehen. Ich zum Beispiel lese die Zeitung tatsächlich nur noch im E-Paper auf dem iPhone. Das verleitet durchaus dazu, dass man den einen oder anderen tiefgründigeren Artikel überspringt. Das ist meine Erfahrung. Das geht Ihnen vielleicht ganz ähnlich. Das heißt, wenn man eine richtig gute Printausgabe in der Hand hat, liest man kritischer und manchmal auch mit dem markierenden Bleistift, aber 29 Minuten am Tag.

Ich sehe hier vorne Herrn Reinhardt, der gerade mit seinem Smartphone zugange ist.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das macht er meistens. – Marc Reinhardt, CDU: Ich stehe in Kontakt mit der Bevölkerung.)

Wenn ich jetzt mal so durch die Reihen gucke, dann ist das gar kein Vorwurf, denn wir verbringen deutlich mehr Zeit mit unseren Smartphones, als wir an Zeit morgens am Frühstückstisch verwenden. Das heißt, auch da liegt deutlich mehr im Bereich der Recherche. Dieser Bereich gewinnt an Bedeutung und bietet natürlich gleichzeitig für die Medien bei uns im Land eine Chance.

Eins ist klar: Wir erreichen die Menschen weiterhin nur mit qualitativ hochwertigem Journalismus, wenn die Journalisten gute Bedingungen haben. Wenn der Beitrag, der journalistisch anspruchsvoll geschrieben ist, egal ob auf dem Smartphone oder in der Zeitung, gelesen wird,

ist die Chance höher, tatsächlich weiterhin die anspruchsvolle Debattenkultur pflegen zu können – also kein Miteinander und kein Gegeneinander, ganz platt formuliert, sondern tatsächlich im Einzelfall schauend, was können die Chancen unserer Medien sein.

Abschließend: Keine Ahnung, wer von uns in der nächsten Legislatur hier sitzt, ich glaube schon, dass es eine Aufgabe sein muss, die wir alle mitnehmen, zu gucken, wie können wir das Thema Medien besser zwischen Landesregierung und Landtagsgremien anbinden, denn in der letzten Parlamentsdebatte habe ich im Protokoll gelesen, der Innenausschuss wird als „Medienausschuss“ bezeichnet. Ich will jetzt keinem Innenpolitiker zu nahe treten, aber ich glaube, dass …

(Heinz Müller, SPD: Doch.)

Ich glaube, lieber Heinz, dass in der Fülle der Aufgaben, die der Innenausschuss hat, irgendwie das Thema Medien ein bisschen fünftes Rad am Wagen ist und es uns deswegen allen passiert –

(Marc Reinhardt, CDU: Das kann ich nur zurückweisen.)

Herr Reinhardt bestreitet das –, es uns deshalb passiert, dass hierzu keine Parlamentsinitiative in den vergangenen Jahren gestartet wurde. Lassen Sie uns das als gemeinsames Vorwärts verstehen und als faires Angebot im Sinne unserer Medienschaffenden, aber auch im Sinne all derer, die Medien konsumieren bei uns im Land, es tatsächlich als Aufgabe begreifen.

Jetzt danke ich Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit und verspreche Ihnen, unter dem Punkt 3 sind wir weiterhin sehr dicht beieinander, bei dem Punkt Medienbericht haben Sie unsere Begründung gehört. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der „Nordkurier“ hat innerhalb von zwei Jahren elf Prozent seiner Leser verloren. Bei der „Ostsee-Zeitung“ betrug der Leserverlust rund neun Prozent und die „Schweriner Volkszeitung“ liegt mit etwa zwei Prozent noch im relativ guten Bereich, was den Rückgang betrifft. Der Rückgang bei den Verkaufszahlen ist im Grunde ähnlich hoch. Die Medienverlage verlieren ihre Kunden, so ist die Schlussfolgerung aus diesen Zahlen. Die Angst, ihr Arbeitsplatz könnte den Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer fallen, sowie die Unzufriedenheit über die Arbeitssituation bei den Journalisten im Land ist groß. Das System frisst seine treuesten Schafe, könnte man spöttisch festhalten.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ja!)

Im Jahr 2008 hat der Landtag beschlossen, dass ihm von der Landesregierung jährlich ein Bericht vorgelegt wird, aus dem die Vielfalt der Medien ersichtlich werden soll.

Seien Sie doch mal ehrlich, in Mecklenburg-Vorpommern und in der Bundesrepublik Deutschland ist in den Zeitungen mit Ausnahme der Regionalberichterstattung inhalt

lich kein großer Unterschied feststellbar. Meinungswettstreit oder sogar freie und wahrheitsgemäße Berichterstattung, wo gibt es denn diese überhaupt noch? Stattdessen wird häufig politisch zensiert und einseitig berichtet. Verwundert es heute noch, dass die Schlagzeile der „Schweriner Volkszeitung“ zur heutigen Sitzung des Presserates „Selbstzensur oder Klarheit“ lautet? Die Entwicklungen führen dazu, dass den regionalen Tageszeitungen zunehmend die Leser davonlaufen – in Scharen.

Ich habe es in einer anderen Aussprache an dieser Stelle bereits einmal erwähnt, aber bei Ihnen schadet es sicherlich nicht, wenn die Präambel des Pressekodexes hier erneut zitiert wird, Zitat: „Sie“ – gemeint sind hier die Verleger, Herausgeber und Journalisten – „nehmen ihre publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen wahr.“ Und in Ziffer 1 dieses Pressekodexes heißt es wie folgt: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Da wären wir also bei den maßgeblichen Grundsätzen Pressefreiheit und Unabhängigkeit. Wo besteht denn eine Unabhängigkeit, wenn die Zeitungen fast ausnahmslos großen Anteilseignern gehören – aktuell wird diese Konzentrierung auch bei dem Verkauf der „Schweriner Volkszeitung“ sehr anschaulich –, die mit den Medien Millionen scheffeln, und die Medien zusätzlich maßgeblich vom Anzeigengeschäft abhängig gemacht werden? Wo ist die viel beschworene Pressefreiheit, wenn letztlich sowieso nur das berichtet wird, was politisch korrekt ist, was also von oben vorgegeben wird und ins herrschende politische Meinungsbild passt? Die sogenannte Flüchtlingskrise, also die Asylflut, ist hierfür ein sehr gutes Beispiel.

Aber auch in Mecklenburg-Vorpommern geben Journalisten direkt zu, wie sie den Pressekodex auslegen, Zitat: „Es ist wichtig, dieser Partei“ – gemeint ist hier unsere NPD – „nicht mehr Raum als nötig in der Öffentlichkeit zu geben und nicht immer mit erhobenem Zeigefinger zu berichten.“ Zitatende. So beispielsweise der damalige „Nordkurier“-Journalist und heutige Chefredakteur des Medienhauses Nord, Herr Michael Seidel. Gleichzeitig räumte er ein, dass es größerer journalistischer Vorbereitung bedürfe, mit rechtsextremen Parteien zu sprechen als mit den anderen sogenannten demokratischen Parteien.

Diese Zitate von Journalisten ließen sich endlos weiterführen. Niemals wurde „Freiheit“, „Wahrheit“, „Menschenwürde“ so oft wie in unserer Zeit im Munde geführt. Es sind leider nur schöne Worte, denn in Wahrheit leben wir in einer Zeit der Intoleranz und somit der Einseitigkeit, die weitestgehend nur das dem Zeitgeist gemäße Wort duldet. Die Interessen des eigenen Volkes finden in den Medien heute leider keinen Platz mehr. Uns wird ein Menschenbild geboten, das ebenso verzeichnet wie verlogen ist. Das alles ist möglich, weil trotz der Gebote des Grundgesetzes der Staat Tabuzonen hat und die veröffentlichte Meinung als vierte, nein, als erste Gewalt im Staate herrscht. Sie macht Schriftsteller mundtot, verdächtigt angesehene Verlage des Extremismus und behindert den Weg ihrer Bücher und Schriften in den Handel und damit zum Leser. So wird der Mensch Opfer eines anscheinend alles beherrschenden Zeitgeistes.

Aber der Mensch hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Er muss die Freiheit haben, sie dort zu suchen, wo er sie zu finden hofft, so die Gesellschaft für freie Publizistik – ich hatte es schon mal erwähnt – in ihrer Selbstdarstellung.