Protocol of the Session on January 28, 2016

Was ist „bedarfsgerecht“, Frau Dr. Karlowski? Ein Bauer, der der Meinung ist, dass die Phosphatdüngung für seinen Boden enorm wichtig ist, hat wahrscheinlich einen ganz anderen Maßstab für eine bedarfsgerechte Düngung als zum Beispiel die Vertreter vom BUND. Insofern ist Ihr Antrag absoluter Blödsinn, wenn ich das so mal sagen darf. Ich verstehe auch nicht, wenn Sie hier vortragen, Sie möchten eine Phosphorsteuer oder eine Phosphorabgabe,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, genau.)

warum sich das im Antragstext nicht wiederfindet. Sie können hier so viel fordern im mündlichen Vortrag, wenn es im Antrag nicht steht, wird es nicht Teil des Beschlusses. Insofern wird die NPD-Fraktion den Antrag ablehnen.

Und noch ein Wort dazwischen: Ich kann nicht verstehen, Herr Dr. Backhaus, dass Sie, nur weil die Dame hier mal reinbrabbelt, hochgehen wie eine Rakete. Lassen Sie sie doch schnacken und entspannen Sie sich ein wenig! – Danke schön.

Herr Köster, das steht Ihnen jetzt nicht zu.

(Udo Pastörs, NPD: Natürlich steht ihm das zu!)

Nein.

(Stefan Köster, NPD: Sie haben doch keine Ahnung. – Udo Pastörs, NPD: So hat er das wahrgenommen. – Stefan Köster, NPD: Die ist doch absolut überfordert. – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Frau Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt verschiedene Reden zur Düngeverordnung, zum Düngegesetz gehört. Einen Punkt möchte ich noch mal klarstellen: Unsere Fraktion hat sich schon vor mehreren Monaten mit dem Problem der Nitratüberlastung, mit der Nitratüberversorgung in der Umwelt be- schäftigt. Dieser Antrag wurde überwiesen, ist jetzt in einer Anhörung im Agrarausschuss behandelt worden und kommt dann in der Folge in den nächsten Monaten wieder in den Landtag. Von daher haben wir ganz bewusst mit diesem Antrag nur das Problem des Phosphats aufgegriffen, weil das Thema des Nitrats schon in der Bearbeitung ist. Wir sind gespannt, welche Wege das hier noch nehmen wird. Die Anhörung zum Nitrat war jedenfalls von sehr hoher Qualität. Im Grunde hoffe ich das selbstverständlich auch für das Thema Phosphat, und zwar, dass auch dieser Antrag überwiesen wird und im Ausschuss dann sachgerecht behandelt wird. Das zeichnet sich zurzeit allerdings nicht so ab.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht wirklich.)

Gut, damit muss man leben können als Oppositionspartei.

Ich möchte aber noch auf ein paar Argumente, die heute gefallen sind, eingehen:

Herr Minister Backhaus bedauert, dass das Gesetz noch nicht offiziell vorliegt. Das ist allerdings schon seit mehreren Tagen im Netz beim Bundesministerium zu finden, sowohl der Gesetzentwurf für das Düngegesetz als auch der Verordnungsentwurf für die Düngeverordnung. Das ist durchaus dort vorhanden.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das ist im Bundesratsverfahren!)

Selbstverständlich muss das so sein, denn morgen wird es im Bundesrat im ersten Durchgang behandelt, kommt dann in die weitere Befassung in den Bundestag und anschließend wieder zurück in den Bundesrat. Wie lange sich das hinzieht, konnte mir im Bundesrat nicht mitgeteilt werden. Ob das jetzt wirklich schon im zweiten Quartal 2016 der Fall sein wird, lassen wir mal dahingestellt sein.

Die viehdichten Regionen haben Sie angesprochen, Herr Backhaus. Da sind wir raus, sagen Sie. Ja, wahrscheinlich haben Sie wieder Ihre Kennzahl vor Augen. Ich glaube, 0,4 benutzen Sie oft. 0,4 ist die Großvieheinheitsdichte pro Hektar auf das ganze Bundesland bezogen, wenn man nur die Landwirtschaftsfläche betrachtet. Ich nehme an, dass Sie nur die Landwirtschaftsfläche betrachten. Dennoch haben wir es auch in diesem Bundesland mit Konzentrationseffekten zu tun. Ich möchte klarstellen, dass es auch in Mecklenburg-Vorpommern viehdichte Regionen gibt. Fragen Sie die Bürgerinitiativen! Gehen Sie vor Ort! Wenn wir einen Verdünnungseffekt in dieser Diskussion nehmen, dann kommt man immer aus der Nummer raus und sagt, ja, wir sind nicht viehdicht, wir haben ja nur 0,4. So geht das nicht!

Auch die Zahlen zur Ostsee, die Sie vorgelegt haben, gehen in die gleiche Richtung. Auch hier arbeiten Sie mit Verdünnungseffekten und sagen, die Verantwortung von Mecklenburg-Vorpommern in Bezug auf die Ostsee und das Phosphatproblem ist gering.

(Heino Schütt, CDU: Das muss er alleine entscheiden, was er zitiert und was nicht.)

Ja, die Ostsee ist groß. Wir haben aber hier als Landtag Verantwortung und als Landesregierung haben Sie Verantwortung für die Küstengewässer und für die landeseigenen Gewässer. Wenn man die Maßstabsebene einfach so verschiebt, dann ist das als Ausflucht zu werten. Das macht doch sehr, sehr misstrauisch.

Es gibt genügend Berichte in der HELCOM, dass die küstennahen Gewässer durch Einträge aus der Landwirtschaft einen zu hohen Nährstoffstatus haben. Wir können immer noch glücklich sein, wenn die Nordsee uns mal wieder frisches, nährstoffärmeres, salzhaltigeres Wasser einspült. Aber das verändert nichts an der Gesamtproblematik.

Das erinnert mich an die heute Morgen benutzte Diskussionsebene beim Thema „Peeneunglück mit dem Ethanol“. Wenn ich Alkohol verdünne oder konzentriert rechne, kommen natürlich ganz andere Mengenverhältnisse heraus.

(Zuruf von Heino Schütt, CDU)

In dem Fall haben Sie nicht die Verdünnung als Mittel der Wahl gehabt, um die Menge reduziert darzustellen. Da haben Sie einen konzentrierten Alkohol als Maßstabsebene genommen.

(Dietmar Eifler, CDU: Reden wir über Phosphor oder über Alkohol?)

Natürlich sind es dann weniger Liter als diese eine Million Liter, die man auch ausrechnen kann.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Das ist Quatsch. – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Wenn man das nimmt, was gemessen wurde – man hat Wasserproben genommen und konnte dann hochrechnen, wie viele Liter einer anderen Konzentrationsebene Ethanol in die Peene geflossen sind. Also auch hier das übliche Ausweichen vor dem tatsächlichen Problem.

(Egbert Liskow, CDU: Sie sind ein Problem.)

So, das, was jetzt in mehreren Reden als Gegenargument kam, Mecklenburg-Vorpommern habe keine phosphatüberversorgten Böden, und wenn wir phosphatunterversorgte Böden haben, dann können wir gar kein Problem haben mit dem Eintrag von Phosphat in die Gewässer, ist doch unlogisch. Wenn Kunstdünger ausgebracht wird – und Sie haben es anderer Stelle in Ihrer Rede, Herr Backhaus, selbst gebracht –, dann kommt mit den Bodenkolloidteilchen über die Wassererosion selbstverständlich ein Teil dieses Düngers nicht zur Pflanze, die da unterversorgt in dem unterversorgtem Boden des Phosphatdüngers harrt und sich freut, das Phosphat zu bekommen. Nein,

(Egbert Liskow, CDU: Die kann sich gar nicht freuen.)

ein Teil dieses Düngers gelangt einfach in das Gewässer, wo es nichts verloren hat. Das wissen Sie auch genau. Sie haben es in Ihrer Rede, wie gesagt, selbst zugegeben, dass das Phosphat mit der Erosion in die Gewässer kommt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Zum Thema Uran. Ich habe in meiner Einbringungsrede, und das ist auch im Antrag so begründet, klargestellt: Es gibt natürlich hier noch offene Fragen.

(Katharina Feike, SPD: Das steht nicht im Antrag.)

Es ist aber naturwissenschaftlich eindeutig, mit dem Phosphatdünger kommt Uran als Schwermetall zusätzlich auf unsere Felder. Gleichzeitig haben wir die auch in mehreren Reden geschilderte Problematik mit dem geogen vorhandenen Uran, was mithilfe von einem Zuviel an Nitratdünger mobilisiert wird, in das Grundwasser kommt und dann eine Gefährdung für das Trinkwasser darstellt. Es mussten mehrere Trinkwasserbrunnen geschlossen werden. Die Zahlen habe ich jetzt hier nicht parat, die sind aber in der Kleinen Anfrage von mir nachzulesen. Das ist schon ein paar Jahre her. Dort waren es zahlreiche kleinere Brunnen im privaten Bereich und auch offizielle Brunnen in der Wasserwirtschaft.

Die Uranfrage ist nicht geklärt, es ist nicht geklärt, welche Anteile diese beiden Prozesse haben. Aber sie sind insoweit klar, dass der Phosphatdünger mit Sicherheit Uran und Cadmium bringt. Das ist nun mal nicht vom Tisch zu wischen.

(Marc Reinhardt, CDU: Wollen Sie Uran anreichern und Atombomben bauen?)

Das hat damit nichts zu tun. Das ist das Schwermetall- uran. Das Element selbst hat nichts mit dem angereicherten Uranverbindungen zu tun, die für andere Fragestellungen eine Rolle spielen.

Die Argumentation von Herrn Professor Tack, dass das Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nitratrichtlinie wichtiger sei als das gleichzeitig vorhandene Vertragsverletzungsverfahren wegen der Wasserrahmenrichtlinie, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Die Wasserrahmenrichtlinie ist genauso verbindlich einzuhalten. Sie kann aber absehbar nicht eingehalten werden, sonst hätten wir kein Vertragsverletzungsverfahren. Es ist jetzt schon klar, dass wir nach dem, was wir uns angeguckt haben – wir haben das ja alle studiert, die Novelle des Düngegesetzes und die Novelle der Düngeverordnung –, nicht die entscheidenden Schritte gehen können, um das Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf die Wasserrahmenrichtlinie abwenden zu können. Nein, da ist gerade das Thema Phosphat ein großes Problem.

Deshalb finde ich es wirklich spannend, wenn im Phosphor Campus der Uni Rostock tatsächlich eine Gewinnung aus den Sedimenten irgendwann einmal stattfindet, denn dann hätte man einen doppelt guten Effekt. Man hätte eine Reduzierung in der Umwelt. Phosphor kommt raus aus dem System. Der bleibt jetzt einfach drin. Beim Stickstoff gibt es Prozesse, die Nitrat wieder mobilisieren und in die Umwelt zurückbringen. Beim Phosphor ist das nicht der Fall, der bleibt da oder man holt ihn raus mit einem Bagger. Das wäre natürlich eine positive Aussicht, die auch dem Peak Phosphor etwas entgegensetzen

könnte. Dazu fehlen aber heute Fakten, die das untersetzen könnten, ob das eine relevante Größe ist.

Das Vertragsverletzungsverfahren wegen der Wasserrahmenrichtlinie ist wichtig. Da wird zu wenig getan. Die von uns vorgeschlagenen Forderungen habe ich hier in der Einbringungsrede gebracht.

(Katharina Feike, SPD: Aber nicht im Antrag.)

Im Antrag ist es nicht so detailliert angegeben. Das ist richtig.

(Katharina Feike, SPD: Gerade.)

Ich gehe davon aus, dass wir das weiter diskutieren. Ich ha- be damit gerechnet, dass wir uns im Ausschuss weiter da- mit befassen. Wenn das heute nicht überwiesen wird, dann wird das im Rahmen der Selbstbefassung möglich sein.

Ein wichtiger Aspekt, der angesichts der Redezeit, die ja wohl noch vorhanden ist, noch wenig diskutiert wurde, ist bei der jetzigen Düngeverordnung und auch bei der zukünftigen Düngeverordnung die Frage der Sanktionen. Wenn bei einer Kontrolle – es wird ja sehr wenig kontrolliert –, aber wenn bei einer der Kontrollen tatsächlich ein Verstoß festgestellt wird in Bezug auf die Düngeverordnung, dann sind aktuell meines Wissens überhaupt keine Sanktionen in der Folge gängige Praxis.

In Zukunft ist es so, dass bei einem wiederholten Verstoß ein Tagebuch, nein, nicht ein Tagebuch, nein, es muss eine Beratung des Landwirtes stattfinden. Das ist nicht schlecht, dass Landwirte beraten werden, was Düngepraktiken angeht und was die Folgen von solchen Düngeaktionen sind. Aber wir fordern Sanktionen. Wer im Straßenverkehr bei Rot über die Ampel geht, wird sich auch nicht durch eine Beratung beim nächsten Mal davon abhalten lassen. Auch im Straßenverkehr ist es allgemein gesellschaftlich akzeptiert, dass wir dort Strafen verhängen, um mit diesen Sanktionen dahin zu kommen, dass das Verhalten sich langfristig ändert.

(Katharina Feike, SPD: Wie wollen Sie das beweisen, dass der das gemacht hat?)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.