Protocol of the Session on December 18, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Ich begrüße Sie zur 110. Sitzung des Landtages und stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß Paragraf 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 6/4882.

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses (1. Ausschuss) gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 6/4882 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Herr Manfred Dachner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit der Drucksache 6/4882 legt Ihnen der Petitionsausschuss wieder einmal eine Sammelübersicht für den Berichtszeitraum vom 01.08. bis zum 31.10.2015 vor.

In diesem dreimonatigen Berichtszeitraum hat der Petitionsausschuss 72 Petitionen inhaltlich …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Wenn dann die Begrüßung beendet ist, kann ich ja weitermachen.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Butzki, SPD:

Das kennen wir ja von Wolf-Dieter. –

Ja, der kommt auch immer zu spät. –

Heiterkeit vonseiten der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

… behandelt und empfiehlt Ihnen hierzu einen Sachbeschluss.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Zu weiteren acht Petitionen empfiehlt Ihnen der Petitionsausschuss die Überweisung zuständigkeitshalber an den Deutschen Bundestag beziehungsweise an die Landtage. Vermehrt sind diese Petitionen eingegangen von Asylbewerbern nach der sogenannten Dublin-Verordnung, und wie Sie wissen, ist die Abschiebung nach der DublinVerordnung nicht in die Herkunftsstaaten möglich, sondern in das Land, wo die Flüchtlinge zunächst eingereist sind und auch registriert wurden. Für diese Prüfung ist ausschließlich der Bund, das Bundesamt für Migration und

Flüchtlinge zuständig. Bei weiteren fünf Petitionen bitte ich von der sachlichen Behandlung abzusehen, weil der Landtag und die Landesregierung darauf keinen Einfluss haben.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, hat der Petitionsausschuss eine Kontrollfunktion, man kann auch sagen als Frühwarnsystem, um die Befindlichkeiten, Be- schwerden der Bürger bei Gesetzesentwürfen, Anordnungen oder auch bei der Gesetzesdurchführung und bei Unzulänglichkeiten aufzudecken und sie dann gegebenenfalls an die Landesregierung beziehungsweise an die Fraktionen zur Veränderung zu übergeben.

An zwei Beispielen möchte ich das sichtbar machen. Wir haben in dieser Berichtsperiode, in diesen drei Monaten zwei Petitionen an die Landesregierung und an die Fraktionen zurückgegeben, wo sich die Petenten über den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag beschweren. Also nicht in Gänze stellen sie den Staatsvertrag infrage, sondern dass sie für ihr Wochenendhaus den vollen Rundfunkbeitrag zahlen müssen, obwohl sie dieses nur saisonbedingt nutzen. Dafür gab es auch eine Reihe von Nachweisen, die sie erbracht haben.

In einem Fall hat die Bürgermeisterin das bestätigt, in einem anderen Fall hat das Versorgungsunternehmen bestätigt, dass das Wasser abgestellt wurde, in einem gleichen Fall wiederum die Abfallwirtschaft nur für sechs Monate dort tätig war. Und dennoch reichte das der Staatskanzlei oder meinetwegen auch weitergehend den Rundfunkserviceanstalten der Landesrundfunkhäuser nicht aus, sodass gefordert wurde, dass die Petenten eine bauaufsichtliche Bestätigung erbringen, dass ihr Wochenendhaus in einem Sondergebiet für Wochenendhäuser liegt beziehungsweise im Außenbereich von Gemeinden. Diese baubehördliche Erbringung der Bestätigung ist natürlich auch aufwendig und mit Kosten verbunden.

Der Petitionsausschuss hat sich dazu eindeutig positioniert und hat gesagt, das ist viel zu kurz gegriffen. Die Nachweise müssten allemal ausreichend sein für die Bürger. Und insofern haben wir also auch über ein Jahr darum gestritten, das zu verändern. Da wir ja jetzt in der Weihnachtszeit sind, möchte ich diese Geschichte zwar nicht als Weihnachtsmärchen, aber als Geschichte so ein bisschen fortsetzen, weil diese Geschichten alle gut ausgehen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Also es war einmal vor nicht allzu langer Zeit,

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

da beschwerte sich eine dritte Bürgerin bei der Obrigkeit darüber, dass sie wieder einmal Rundfunkbeitrag bezahlen muss, obwohl sie dieses Haus nur für sechs Monate in Anspruch nahm. Zufällig begab es sich, dass der Oberkontrolleur dieses Hauses an der Staatskanzlei vorbeiging und über der Staatskanzlei einen goldenen Regen dahinhuschen sah.

(Michael Andrejewski, NPD: Da wartet der böse Wolf schon.)

Da dachte er sich, das ist ja toll, dieser goldene Regen kann diesem Land guttun bei der doch sehr sparsamen Finanzministerin, und freute sich.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sparsam?)

Aber ein paar Tage später erfuhr er, das war gar kein Goldregen, sondern es war der Heilige Geist, um in der vorweihnachtlichen Sprache zu bleiben. Flugs war er durch den Schornstein bei dem Chef der Staatskanzlei, und, wie kann es anders sein,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na, na?)

dieser Brief enthielt tatsächlich die Feststellung, dass die baubehördliche Bestätigung zukünftig auch eingeholt werden kann, aber alle Nachweise, die erbracht werden sollten oder die erbracht wurden, jetzt zukünftig anerkannt werden. Ja, da freute sich der Bürger, umarmte den König des Landes, den Chef der Staatskanzlei,

(Michael Andrejewski, NPD: Sind die alle schon gestorben?)

die Staatskanzlei freute sich mit Frau Berckemeyer, die sich mit ihrer Verwaltung freute. Die Regierungsparteien umarmten sich, bezogen die LINKEN mit ein und die GRÜNEN, alle umarmten und herzten sich,

(Heinz Müller, SPD: Na, das weiß ich noch nicht.)

küssten sich zu Weihnachten und wünschten frohe Weihnachten. Das war doch ein guter Ausgang für unsere parlamentarische Arbeit.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und insofern ist das doch eine erfolgreiche Geschichte unseres Parlaments und des Petitionsausschusses. So viel Erfolg haben wir ja nicht immer. Deshalb freuen wir uns gerade zu Weihnachten.

Abschließend gestatten Sie mir dennoch einen fachlichen oder einen sachlichen Hinweis, nämlich dass diesem Beschlussvorschlag, der Ihnen vorliegt, mehrheitlich oder durch die demokratischen Parteien einstimmig zugestimmt wurde, bei Enthaltung der NPD. Und ich bitte ebenfalls um die Zustimmung zu dieser Beschlussvorlage. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dachner.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Petitionsausschuss ist ein wichtiges Herzstück unserer demokratischen Landesverfassung, denn der Landtag und seine Ausschüsse befassen sich ja eher mit generellen Fragestellungen. Im Petitionsausschuss hingegen

steht der Einzelne mit seinen Anliegen im Vordergrund. Es ist daher unsere Aufgabe, sehr gewissenhaft mit jedem einzelnen Anliegen der Bürger umzugehen, um das in uns gesetzte Vertrauen zur würdigen.

Der vorliegende Bericht ist so umfangreich, da wir breit und ausführlich über unsere Arbeit im Petitionsausschuss informieren wollen. Im letzten Berichtszeitraum hatten wir 81 Petitionen behandelt. Unser Ziel ist, dabei immer eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen. Uns ist es sehr wichtig, dem Petenten die jeweilige Entscheidung auch klar und deutlich aufzuzeigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den als Petitionen eingestuften Schreiben sind die angesprochenen Themen sehr breit und vielfältig gefächert. Die Petitionen des letzten Berichtszeitraumes betrafen unter anderem die Bereiche Sozialpolitik, Bildung oder Naturschutz. Das ist auch aufgelistet, das können Sie alles nachlesen. Die Vielfalt der Themen macht die Arbeit des Petitionsausschusses daher sehr spannend und kann auch für uns sehr lehrreich sein. Das beweisen uns immer wieder Petitionen, die uns auf einen Missstand aufmerksam machen und die uns dazu veranlassen, Initiative zu ergreifen. Und genau solche Beispiele möchte ich Ihnen benennen.

Herr Dachner hat schon die Sonderregelung der Auslegung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages genannt. Deswegen verzichte ich an dieser Stelle darauf, das zu wiederholen. Ein Petent beklagte sich darüber, dass eine öffentliche Mitbenutzung eines Privatweges erfolgt, für den er eine jährliche Nutzungsgebühr bezahlen muss. Er bat den Petitionsausschuss um eine rechtliche Prüfung der Angelegenheit. Im Petitionsverfahren stellte sich heraus, dass das Landwirtschaftsministerium darauf bestand, dass es sich bei diesem Weg um einen nicht öffentlichen Forst- und Waldweg handelt. Die Gemeinde hatte das Kaufangebot damals abgelehnt, sodass der Weg weiterhin einer Privatnutzung diente. Das Energieministerium hingegen bekräftigte, dass der Weg für den öffentlichen Verkehr bestimmt ist und die Gemeinde bereits seit 1990 Trägerin des Weges und daher zum Kauf verpflichtet ist. Beide Ministerien sprechen sich trotz des Rechtskonfliktes letztendlich dafür aus, dass die Gemeinde Eigentümerin des Weges wird. Daher wird diese Maßnahme nun auf Druck der Landesregierung erfolgen, sodass der Petent zukünftig keine Gebühr mehr für die Nutzung des Weges bezahlen muss.

Bei einer weiteren Petition konnten wir dem Petenten ebenfalls zu seinen Gunsten helfen. Der Petent beschwerte sich darüber, dass er nicht die ihm zustehenden Zuschüsse vom Landkreis erhielt. Aufgrund der fehlenden Zahlungen der Elternbeiträge wurde ihm der Kitaplatz seines Sohnes gekündigt. Der Landkreis hingegen bestand darauf, dass die Beträge generell erst ab dem Zeitpunkt gezahlt werden können, zu dem diese beantragt wurden. In einer Petitionsausschusssitzung, in der eine Beratung mit Regierungsvertretern stattfand, stellte sich aber heraus, dass die Richtlinie des Landkreises, auf die sich die Ablehnung der Zahlung stützte, nicht mit dem Bundesrecht übereinstimmt. Die Zuschüsse stehen den Eltern nach Paragraf 90 Sozialgesetzbuch VIII nämlich bereits ab dem Zeitpunkt zu, ab dem die materiellen Voraussetzungen zum Erhalt der Leistung bestehen, und nicht erst ab Datum der Antragstellung. Daher hat der Petent Anspruch auf rückwirkende Zahlung der ausstehenden Beträge. Zudem machte der

Petitionsausschuss den Landkreis darauf aufmerksam, dass die entsprechende Richtlinie geändert werden muss, damit sie den bundesgesetzlichen Vorgaben entspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Beispiele zeigen, wie wichtig unsere Arbeit im Petitionsausschuss ist. Ich bin der Meinung, dass das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Demokratie ist, und ich freue mich sehr, dass unsere Arbeit einen solch positiven Effekt für die Menschen in unserem Land erzielen kann.