Protocol of the Session on December 17, 2015

Das wollen die GRÜNEN auch mit ihrem Änderungsantrag. Frau Gajek wird ihn sicherlich noch begründen. Ich sage schon mal, den tragen wir mit.

Ihren Vorschlag der Verteilung zugunsten der kreisfreien Städte teilen wir nicht, weil die Gegenfinanzierung nicht gesichert ist. Es ist uns insofern sympathisch, wenn ich gerade Herrn Foerster sehe, der auch sehr dafür gekämpft hat, dass die Situation für die kreisfreien Städte besser wird, aber wir sagen, das, was wir leisten können, machen wir jetzt schon, doch wir stellen keine ungedeckten Schecks aus.

Den weiteren Änderungsantrag, den Sie unterbreitet haben, möchten wir auch nicht unterstützen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sehen vor, die Evaluation, also die Kontrolle, wie wirkt dieses Gesetz, bereits 2018 durchzuführen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und wenn wir 2019 sagen?)

Machen Sie einen Vorschlag!

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also das ist ja jetzt wie auf einem Basar.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich setze mich mal mit dem auseinander, was Sie aufgeschrieben haben. Das 2018 zu kontrollieren, halten wir für etwas verfrüht, weil ein Gesetz natürlich erst einmal eine Wirkung entfalten muss. Gleichwohl wollen wir den Termin einer Kontrolle der Wirksamkeit dieses Gesetzes vorziehen, und zwar aus einem ganz schlichten Grund: Der nächste Landtag, die nächste Legislaturperiode soll in die Lage versetzt werden, an diesem Gesetz noch Veränderungen vornehmen zu können, in der nächsten Legislaturperiode also zu steuern und nicht erst faktisch nach sechs/sieben Jahren in der übernächsten Legislaturperiode. Also das ist das, was wir zu diesem Gesetzentwurf zu sagen haben.

Und, Frau Ministerin, genauso wie Sie möchten wir uns gern dem Dank anschließen, den Sie geäußert haben, mit Blick, ich komme zum Schluss, auf Frau Dr. Albrecht und Herrn Dickhaut. Wir haben die beiden sehr gelöchert mit Fragen, wir haben, auch ich persönlich, eine wirklich gute Antwort auf eine Kleine Anfrage bekommen, das ist nicht alle Tage so. Also vielen Dank für die Zusammenarbeit an dieser Stelle, auch wenn Sie am Ende zu anderen Schlüssen kommen. Wenn Sie unseren Änderungsanträgen …

Also, Herr Koplin, ich habe Ihnen wirklich jetzt noch mehr Zeit eingeräumt. Es ist jetzt eine halbe Minute länger.

Ja, dann breche ich jetzt ab.

Also ich bitte doch dann...

Dann breche ich jetzt ab. – Also vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich war bis eben noch der Meinung, ich könnte das hier ganz kurz machen. Jetzt muss ich doch noch auf das eine oder andere eingehen.

Zuerst, glaube ich, müssen wir uns mal vergegenwärtigen, mit was für einem Gesetz wir es zu tun haben. Der Titel heißt: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und des Kommunalsozialverbandsgesetzes“. Das heißt, wir haben es hier mit einem Ausführungsgesetz zu tun. Und das Gesetz, das im Wesentlichen ausgeführt werden soll, ist das SGB XII. Wenn man sich das SGB XII mal ansieht, dann sind da die fachlichen Dinge geregelt, ob das die Hilfe zum Lebensunterhalt ist, ob

das die Hilfe in besonderen Lebenslagen ist, ob es Ausführungen sind zu der Frage, wie lebensweltorientierte und personenzentrierte Hilfen zu gewährleisten sind. Das kann man im SGB XII sehr gut nachlesen und wenn man zu den einzelnen Formulierungen noch Fragen hat, dann guckt man in die unterschiedlichsten Kommentierungen beziehungsweise schaut sich an, was für Rechtsprechungen an der Stelle in vielerlei Hinsicht und in großem Umfang ergangen sind.

Deswegen erschließt sich für uns nicht so richtig, wie man das Ansinnen haben kann, in diesem Ausführungsgesetz noch jede Menge fachliche Standards zu implementieren, wie uns Herr Koplin es empfohlen hat, zum Beispiel zum Thema Inklusion. Das heißt, da kann man ja durchaus einer Meinung sein, dass in dem Bereich das Thema Inklusion weiter vorangebracht werden soll, nur, dann muss man das bitte schön nicht im Ausführungs- gesetz machen, das muss man auf der Grundlage des SGB XII machen, und dafür muss man das Thema auf der Bundesebene einbringen.

Wir regeln hier im Wesentlichen das Thema Refinanzierung, also wie beteiligt sich das Land an den Kosten der Sozialhilfe. Ich sage mal, ich bin sehr froh, dass dieses Gesetz heute auf dem Tisch liegt, denn ich bin seit 2002 im Landtag und seitdem ringen wir um diese Veränderungen, Herr Koplin. Das haben wir beide in der Koalition von LINKE und SPD schon gemeinsam getan

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das waren noch Zeiten!)

und es kam letztendlich nicht zustande. Diese ehemalige Refinanzierungsregelung führte ja dazu, dass wir bestimmte Prozesse nicht in Gang gebracht haben. Also es kam nicht zur Ambulantisierung, es kam nicht zu personenzentrierten und lebensweltorientierten Hilfegewährungen, weil das ehemalige oder jetzt noch gültige System der Kostenerstattung letztendlich bei den örtlichen Trägern Anreize bietet, Menschen in stationären Einrichtungen unterzubringen und da die Hilfe zu gewähren, weil dafür kriegen sie im Wesentlichen das Geld vom Land zurück. Das ist das Thema.

Und ich glaube, man muss es doch mal sagen: Was passiert jetzt? Jetzt passiert Folgendes, jetzt gibt es eine wechselseitige Kostenbeteiligung. Das heißt, man schaut sich die Gesamtkosten der einzelnen Sozialhilfeträger an und sagt, da gibt es Kostenbeteiligungen. Bei den Landkreisen liegt die Kostenbeteiligung, die das Land eingehen will, bei rund 80 Prozent, bei den kreisfreien Städten etwas über 70 Prozent. Und das bedeutet, steigen die Kosten, steigen sie für beide Parteien. Sie steigen für die Landkreise und kreisfreien Städte und sie steigen für das Land. Würden die Kosten sinken, würden auch beide Bereiche davon profitieren. Dieses Thema, für welche Hilfe kriege ich jetzt am meisten Geld zurück, ist damit erledigt. Das heißt, dieser Paradigmenwechsel in der Finanzierung der Sozialhilfekosten führt dazu, dass man nunmehr Dinge in den Fokus nehmen kann, nämlich, wie komme ich zu mehr Ambulantisierung, wie komme ich zu mehr lebensweltorientierten und personenzentrierten Hilfegewährungsansätzen, und das finde ich gut.

Und was ich gut finde, ist auch, dass wir wieder mehr Kontrolle und mehr Möglichkeiten bekommen, indem wir eine Fachaufsicht in den Gesetzentwurf implementieren, denn in der Vergangenheit war es so, dass wir als derje

nige, der den Großteil bezahlt, überhaupt keinen Einfluss darauf hatten, was mit dem Geld passiert. Das kann auch nicht im Sinne des Erfinders sein. Das heißt, wir werden heute, wenn wir das Gesetz verabschieden, ab dem 01.01.2016 eine kooperative Fachaufsicht im Gesetz haben, die es dem Land, also dem Hauptgeldgeber ermöglicht, darauf Einfluss zu nehmen, wie das Geld ausgegeben wird. Das, finde ich, kann man so stehen lassen, daran muss man auch nichts ändern. Deswegen werden wir Forderungen keine Zustimmung erteilen, die in die Richtung gehen, dass man jetzt hier das Thema Inklusion noch weiter rausarbeiten muss, dass man noch mehr fordern muss, die Hilfen sind lebensweltorientiert und personenzentriert zu gewähren. Das werden wir nicht mitmachen.

Und ich sagen Ihnen, auch bei der Forderung nach einheitlichen Standards habe ich ein Problem, denn wir haben in Mecklenburg-Vorpommern keine einheitliche Situation. Wir haben ländlich periphere Räume und wir haben eine urbane Situation in den größeren Städten. Einheitliche Standards würden letztendlich bedeuten, dass Hilfegewährung überall gleich aussieht. Das kann sie aber nicht. Wenn man in ländlich-peripheren Räumen wirklich vor Ort Hilfe anbieten will, dann muss man gegebenenfalls auch Standards absenken, man muss gucken, brauchen wir überall das Niveau. Wenn wir hergehen und sagen, überall gilt der gleiche Standard, dann wird das meines Erachtens dazu führen, dass wir in bestimmten Bereichen Menschen nicht mehr ambulant versorgen, sondern dass dann einfach die Forderung ist, das geht nur stationär. Und wenn man sich das ansieht, welche Räume zur nächsten stationären Einrichtung von den Menschen zu überwinden sind, ist das ein Problem. Also für die Forderung nach einheitlichen Standards sind wir nicht zu gewinnen.

Ich will noch auf zwei Dinge eingehen, die hier vorgetragen worden sind. Das ist auf der einen Seite das Thema der Finanzierung der örtlichen Sozialhilfeträger. Sowohl die GRÜNEN als auch die LINKEN gehen ja darauf ein und sagen, wir müssten hier mehr für die kreisfreien Städte tun. Sie haben zum Beispiel gesagt, der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat Überschüsse. Ja, Herr Koplin, was meinen Sie denn, was die kreisfreien Städte zurzeit haben? Es ist doch nicht so, dass Rostock oder Schwerin Geld zusetzen. In der Anhörung haben die nur gesagt, es könnte sein, dass wir in ein paar Jahren in der Situation sind, dass das Geld nicht reicht.

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da sagen wir: So what? Es gibt eine Kostenbeobachtungspflicht durch das Sozialministerium.

Also die Zahlen können wir gern noch mal angucken. Die Zahlen, die wir durch das Sozialministerium geliefert bekommen haben, sprechen eine eindeutige Sprache. Und der Senator der Hansestadt Rostock, der die Hansestadt in der Anhörung vertreten hat, hat dem auch nicht widersprochen. Das heißt also, auch die beiden kreisfreien Städte Schwerin und Rostock bekommen zurzeit mehr Geld wieder, als sie ausgeben. Das ist die Situation. Jetzt zu sagen, wir wollen gleichbehandelt werden, das kann man tun, aber ich sage Ihnen, ich komme aus Schwerin, und insofern sind mir die Belange der kreisfreien Stadt schon sehr wichtig. Man muss, wenn man über das Thema Refinanzierung der Gelder redet, auch mal die Frage stellen: Wo sind denn diese

Dinge wie Ambulantisierung, personenzentrierte und lebensweltorientierte Hilfeangebote einfacher zu organisieren? Geht das leichter in einer kreisfreien Stadt, geht das leichter im Landkreis oder ist es gerade umgekehrt?

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann mir vorstellen, je größer die Fläche, desto schwieriger wird es sein, letztendlich da auch diese Ziele zu verfolgen und umzusetzen.

Wie gesagt, wir haben alle ein Interesse, die wir hier sitzen, dass beim Thema Sozialhilfefinanzierung niemand draufzahlt, und deswegen ist das Thema Kostenbeobachtungspflicht ins Gesetz implementiert. Wenn man feststellen sollte, dass das Geld für die kreisfreien Städte nicht mehr reicht, dann muss man einfach etwas dazupacken.

Abschließend noch zu dem, was Sie angesprochen haben, zum Schreiben des Städte- und Gemeindetages zum Thema Personalkorridor in den stationären Pflegeeinrichtungen.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das hat mit dem Ausführungsgesetz zum SGB XII gar nichts zu tun. Ich sage Ihnen, auch ich begrüße die Entscheidung der Schiedsstelle, weil der Personalkor- ridor, den wir im Rahmenvertrag, ich glaube, zu Paragraf 72 SGB XII geregelt haben, einfach der schlechteste in der Bundesrepublik Deutschland ist, nach wie vor.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Nur das hat hiermit nichts zu tun.

Also wenn es jetzt so sein wird, dass das auch Gerichtsbestand haben wird, diese Schiedsstellenentscheidung, dann wird es dazu führen, dass wir Mehrkosten haben. Diese Mehrkosten werden zu refinanzieren sein. Und an der Refinanzierung ist das Land entsprechend der Quoten, die wir hier heute festlegen, beteiligt, das heißt also die Landkreise mit 80 Prozent, die kreisfreien Städte mit etwas über 70 Prozent. Man muss dann die Regelungen in dem Rahmenvertrag ändern. Der Personalkorridor, der vereinbart worden ist mit dem Kommunalen Sozialverband und mit anderen, die da eine Rolle spielen, ist nicht gerichtsfest, da gibt es andere Entscheidungen. Hier muss man zu Anpassungen kommen. Das hat mit dem Gesetzentwurf, den wir heute beraten, überhaupt nichts zu tun.

Und zum Abschluss will ich noch kurz auf einen Antrag eingehen, der von der Koalition vorgelegt wird. Da geht es einzig und allein um technische Geschichten, nicht um inhaltliche Sachen. Also im Prinzip sind das drei kleine Änderungen. Einmal soll eine doppelte Formulierung gestrichen werden und zweimal werden demzufolge Satzbezüge zu ändern sein, damit sich das Ganze dann auch in dem Gesetzestext ordentlich wiederfindet. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag, den wir Ihnen vorgelegt haben.

Nun bin ich am Ende und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Frau Gajek.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ja, wir haben lange gewartet, dass das novellierte SGB XII kommt, und von daher ist es so, wie es auch Herr Koplin gesagt hat: Im Grunde genommen sind wir erst mal froh, dass wir dieses Gesetz haben und dass ambulante Strukturen gestärkt werden sollen, dass wir einen Paradigmenwechsel mit dem Gesetz einläuten, das hoffen wir zumindest, dass Personenzentriertheit und an den Bedürfnissen orientierte Pflege durchgesetzt werden. Aber, so meinen wir und so sind auch unsere drei Änderungsanträge zu verstehen, der Gesetzentwurf hat doch noch einige Schwächen. Darauf würde ich jetzt ganz gern eingehen, weil auch meine Vorredner hierzu gesprochen haben.

Zum einen zu unserem Änderungsantrag 6/4959 zur Erarbeitung und Sicherung landesweiter qualitativer Standards in der Hilfegewährung.

Herr Heydorn, ich hatte ja schon im Sozialausschuss gesagt, dass wir nicht meinen, dass die Einheitlichkeit der Angebote da ist, aber wer sich noch mal an die Anhörung erinnert, weiß, da wurde gerade gesagt, dass in den Landkreisen eben die Angebote sehr unterschiedlich sind, und es gibt Standards, die gehen auch mit der UNBehindertenrechtskonvention einher. Diese sollen erst mal abgebaut werden. So ist auch unser Antrag zu verstehen, dass qualitative Standards umgesetzt werden. Ich denke, ein Gesetz ist dafür da, das dann besser zu machen, und so verstehe ich auch meine Arbeit in der Opposition. Also wir werben weiterhin dafür, diesen Bereich zu ergänzen.

Und, Herr Heydorn, wir haben ja die demografische Entwicklung und wir haben gerade in der Enquetekommission immer wieder festgestellt, dass es in den nächsten Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach so ist, dass Menschen in die Mittel- und Oberzentren gehen werden, insbesondere ältere, weil man davon ausgeht, dass die Angebote dort besser sein werden. Nichtsdestotrotz haben wir den Job, hier dezentrale Strukturen aufzubauen. Ich denke, dass das notwendig ist, und so ist auch unser Antrag zu verstehen, eine Evaluierung früher durchzuführen.