Protocol of the Session on October 22, 2015

Bevor ich hergehe und sage, weil ja überall ein Rechtsanspruch besteht, jetzt senke ich die Standards ab – nicht von Standarderhöhungen, da muss man von Standardabsenkungen reden –, bevor ich das tue,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das habe ich nicht gesagt, dass wir das machen.)

investiere ich im ersten Schritt erst mal in die Erweiterung der Kapazitäten, in eine Ausweitung der Betreuungsmöglichkeiten. Und das ist unseres Erachtens sachgerecht, nämlich dieses Geld, was man jetzt hat, zu nutzen, um die Betreuungsangebote quantitativ auszubauen, um jedem Kind, was bei uns in Mecklenburg-Vorpommern ist,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mann, Mann, Mann!)

auch zeitnah einen entsprechenden Platz zur Verfügung zu stellen. So sollten wir verfahren und so werden wir verfahren.

(Beifall Bernd Schubert, CDU)

Und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der ist – so wie die vorherigen auch, die in den letzten Monaten eingebracht worden sind – völlig maßlos und überzogen

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das hat aber die Bundestagsfraktion 2013 auch gefordert.)

und letztendlich nicht zu realisieren. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Rostocker Sozialsenator und ehemalige linke Bundestagsabgeordnete Steffen Bockhahn hat sich im Juli 2015 zu Recht den Unmut des Volkes über sein inländerfeindliches politisches Grundverständnis zugezogen. Nach dem bedauerlichen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes forderte Bockhahn tatsächlich, die frei werdenden Mittel aus dem Betreuungsgeld auch für die Flüchtlingsarbeit einzusetzen, ganz nach dem Motto: „Nehmt es den deutschen Familien weg und gebt es den kulturfremden Invasoren!“

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kulturfremde Invasoren! – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Ihre zeitgemäße Familienpolitik, wie sie von Ministerin Hesse genannt wird, zeichnet sich dadurch aus, dass die Kinder möglichst früh und möglichst lange von den Eltern ferngehalten werden sollen. Im Gegenzug sollen die Eltern in Mecklenburg-Vorpommern vor allem für niedrige Löhne und/oder familienfeindliche Arbeitszeiten der Wirt

schaft dienen. Was für eine familienfeindliche Zeit, in der wir hier heute leben!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oooh!)

Wir von der NPD-Fraktion sind bekanntlich der Meinung, dass Familienpolitik nicht allein aus Kita-Politik besteht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zeltlager!)

Die Kindertagesstätten sind nur ein Teil der Familienpolitik.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Insbesondere in den ersten drei Lebensjahren müssen Eltern auch in die finanzielle Lage versetzt werden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gewaltmärsche!)

die Kinder im häuslichen Umfeld zu betreuen. Unbestritten ist das das Beste für das Kind. Negative Einzelfälle bleiben negative Einzelfälle.

Das Betreuungsgeld war ein erster, zwar kleiner, aber richtiger Ansatz, den Eltern die nötige Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu ermöglichen. Beinahe 1.600 Kinder und Eltern wurden im vierten Quartal 2014 allein in Mecklenburg-Vorpommern durch das Betreuungsgeld unterstützt. Im ersten Quartal 2015 waren es schon fast 1.800 Eltern und Kinder. Wir lehnen den LINKEN-Antrag ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Köster, wenn man Sie hört, kann man echt nur froh sein, dass das Betreuungsgeld abgeschafft wurde und dass Kinder – gerade von NPD-Leuten – weltoffene Kitas, andere Kinder,

(Michael Andrejewski, NPD: Gehirnwäsche-Kitas!)

andere Nationalitäten kennenlernen und so sehen, dass es einfach auch noch was anderes gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Andrejewski, NPD: Gerade das, was Honecker wollte. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Und, Herr Heydorn, wenn man keine sachlichen Argumente mehr hat, so wird es persönlich. Insofern war Ihr Angriff an Frau Gajek einfach nur peinlich und mitnichten hinzunehmen.

(Stefan Köster, NPD: Was sind Sie eigentlich für eine Heulsuse?)

Dass der Antrag richtig und wichtig war, selbst wenn Sie ihn heute ablehnen, zeigen mir eigentlich zwei Umstände: Vor zwei Wochen hatten wir Sozialausschusssitzung, da wusste die Landesregierung noch nicht einmal, wofür sie das Geld überhaupt einsetzen will.

(Bernd Schubert, CDU: Stimmt doch gar nicht.)

Am Montag dieser Woche im Sozialausschuss zu den Haushaltsberatungen wussten Sie noch nicht einmal, wie viel an Betreuungsgeld in Mecklenburg-Vorpommern ankommen wird. Wenn selbst wir die Daten von der Bundesregierung haben als Oppositionspartei, denke ich, dass Sie durch den direkten Draht nach Berlin erst recht die Zahlen haben werden. Insofern ist, sich hier auf Unkenntnis zurückzuziehen, nicht nachvollziehbar. Deshalb hat unser Antrag zumindest schon mal zwei Dinge bewirkt: Sie haben sich mit der Materie auseinandergesetzt – und haben halt nicht abgewartet, Herr Schubert – und Sie wissen, wofür Sie das Geld einsetzen.

Nachfragen habe ich dann doch noch: Was ist konkret gemeint mit „Mehrbedarfe für zusätzliche Plätze einzuwenden“ oder „Erweiterungsmöglichkeiten schaffen“? Ich denke, hier wird es ein neues Investitionsprogramm des Bundes geben, womit Investitionstätigkeiten unterstützt werden können. Hierfür das Betreuungsgeld einzusetzen, hielte ich für den falschen Weg. Qualität zu fördern statt Quantität, denke ich, muss die oberste Priorität haben.

Und im Übrigen muss ich zu der angekündigten Ablehnung noch eines sagen: Ihre Kollegen und Weggefährten in anderen Bundesländern, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, sehen dies anscheinend anders und gehen weitsichtiger vor, so wie zum Beispiel Ihre Kollegen, meinen Damen und Herren von der SPDFraktion, im Landtag von Brandenburg. Dort stellten sie gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE einen Antrag zur Qualitätsentwicklung in der Kita-Betreuung. Inhaltlich gehen beide Anträge in die gleiche Richtung. Die Millionen Euro, die durch die Verfassungswidrigkeit des Betreuungsgeldes frei werden, sollen auch in Brandenburg vorrangig in die Qualitätsverbesserung in den Kitas einfließen.

Oder aber nehmen Sie Ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt, wo wir übrigens nicht in der Regierung sind. Dort wurde ein Antrag der Linksfraktion zum Betreuungsgeld in den Fachausschuss überwiesen, mit Stimmen von CDU und SPD. Der Sozialausschuss gab dann am 8. Oktober 2015 eine einstimmige Beschlussempfehlung zur Verwendung der Betreuungsgelder mit fünf Stimmen der CDU und drei Stimmen der SPD ab. Ich frage mich immer, was in diesen Ländern anders laufen muss als hier in MecklenburgVorpommern. Hier ist es ja noch nicht einmal möglich, überhaupt einen Antrag der Opposition in den Fachausschuss zu überweisen, geschweige denn, dass wir zu einer einstimmigen Beschlussempfehlung im Fachausschuss kämen. Wahrscheinlich haben Ihre dortigen Kollegen ein weitaus ausgeprägteres demokratisches Verständnis als hier in Mecklenburg-Vorpommern,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na klar!)

meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und CDU.

(Heinz Müller, SPD: Wir sind ganz Schlimme.)

Und natürlich verkenne ich nicht, dass Sie bereits in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Kita-Qualität zu verbessern. Ja, es stimmt, das waren richtige und wichtige Schritte. Darauf darf man sich aber unserer Ansicht nach nicht ausruhen und bei der Qualitätsfrage immer nur gebetsmüh

lenartig erzählen, wie viel Geld Sie doch schon in die Hand genommen haben.

Aber es reicht halt nicht. Die Landesfinanzierung ist unzureichend, und zu wessen Lasten? Das geht zulasten der anderen am Kita-Finanzierungssystem Beteiligten. Dort helfen auch die schönen Zahlen nichts, die das Land zur Kita-Betreuung ausgegeben hat und hierfür ausgibt. Zu den gestiegenen finanziellen Mitteln des Landes bei der Grundförderung gehört auch immer mit zur Wahrheit, zu sagen – und ich bin froh, dass Herr Heydorn das heute mal erkannt hat –, dass von 2006 zu 2012 12.907 Kinder mehr in den Kindertageseinrichtungen zu betreuen sind. Schon allein vor diesem Hintergrund mussten die Landesmittel logischerweise ansteigen, da wir eine platzbezogene Grundförderung haben.

Ein Indiz, dass die Landesmittel ebenfalls nicht aus- reichend sind, sind die seit 2013 steigenden Elternbeiträge

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

beziehungsweise die seit 2013 gestiegenen Elternbeitragsübernahmen, denn für alles, was das Land, die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Kindertagesförderung nicht zahlen, zahlen die Wohnsitzgemeinden und die Eltern je zur Hälfte. Wenn die Eltern nicht zahlen können, weil sie zu wenig verdienen, dann übernehmen wieder die Landkreise und kreisfreien Städte die Kosten. Nur der Betrag des Landes ist jährlich gleich mit einer Dynamisierung von zwei Prozent vorgesehen.

Und die Landkreise und kreisfreien Städte übernehmen für sehr viele Eltern die Beiträge. Wurden 2013 noch 39 Millionen Euro an Elternbeiträgen übernommen, waren es 2015 schon 51 Millionen Euro.