Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3491. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU und der NPD und Enthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Kormoranlandesverordnung überarbeiten, Drucksache 5/3489.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte einfach um Nachsicht. Meine Kollegin, der das eigentlich zugestanden hätte, muss sich entschuldigen, weil ihre Kinder krank geworden sind. Ich werde dementsprechend natürlich die Rede übernehmen. Aber nachdem ich auch als Kormorankiller benannt werde nach dem letzten Zeitungsartikel, werde ich das dann natürlich auch noch vertragen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Udo Pastörs, NPD: Das passt irgendwie nicht. – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Harry Glawe, CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Erhalt der Artenvielfalt und der Biodiversität ist eine der wesentlichen Säulen einer jeden Umweltpolitik. Auch wenn in der Antragsbegründung lediglich der Erhalt der heimischen Fischfauna aufgeführt ist, möchte ich Ihnen auch einige wenige Beispiele aufzeigen, die die Auswirkungen des Kormorans auf Vogelarten beschreiben. Beispielsweise ist die Brandseeschwalbe durch den zunehmenden Populationsdruck des Kormorans von der Insel Heuwiese verdrängt worden und verschwunden. An der Warnow ist die Trauerseeschwalbe vertrieben worden. Der Bestand an Enten und Möwen auf dem Walfisch wurde durch die Ausbreitung des Kormorans erheblich verringert. Neben diesen Vogelarten werden auch Graureiher, wie im Bereich Neubrandenburg, nach und nach aus den Kolonien, in denen sie bisher gemeinsam gebrütet hatten, verdrängt.
Neben der Verdrängung anderer Vogelarten kommt es auch in der Pflanzenwelt zu Auswirkungen durch die Kormoranpopulation.
Hier lassen sich zwar keine Aussagen zu konkreten Pflanzenarten machen, dennoch sind die Schäden unübersehbar. Die Brut- und Schlafplätze von Kormoranen zeichnen sich dadurch aus, dass sie fast nur über eine Monokultur verfügen.
Hier stehen oftmals lediglich noch die Nistbäume als kahle Stiele in der Landschaft. Nahezu alle anderen Pflanzen im Brutgebiet sind aufgrund der Kotkonzentration abgestorben.
Kommen wir jetzt zur Artenvielfalt und Biodiversität der Fischfauna. Hier wirkt der Kormoran sehr stark bestandsreduzierend und zum Teil auch artenauslöschend. Besonders vom Aussterben durch den Kormoran ist mit 96 Prozent die Esche bedroht.
Hier sind sich Sportfischer und auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 09.03.2010 einig. Natürlich wissen wir, weiß ich, dass die Esche in Mecklenburg-Vorpommern nicht so relevant ist. Es gibt derzeit lediglich einen Bestand in der Nebel. Aber die Frage muss erlaubt sein: Ist sie darum weniger wert, meine Damen und Herren?
Ich möchte Ihnen einige weitere Beispiele aus dem Binnenland nennen, wie sich die Fangerträge im Gegensatz zur Zunahme der Kormoranpopulation verringert haben. Diese Zahlen lassen sich auch nachvollziehen. Es ist uns sehr wohl bewusst, dass diese Situation an den einzelnen Gewässern unseres Landes variiert, daher möchte ich dies nicht pauschal, sondern anhand konkreter Regionen tun.
Ich nenne hier einmal die Müritzregion. Normalerweise konnten die Müritzfischer in der längeren Vergangenheit circa 30 bis 40 Tonnen Barsche aus den Gewässern einbringen. Im letzten Jahr waren es unter 10 Tonnen. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Plötzen. Von ehemals 70 Tonnen werden jetzt nur noch 20 Tonnen gefangen.
Bei den beiden Fischarten liegt der Ertragsrückgang bei circa 70 bis 75 Prozent der in der Vergangenheit erzielten Ausbeute. Auch der Aal ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Hier wird ein Verlust von 10 bis 13 Prozent des Fangertrages nachgewiesen. Dieser Trend lässt sich über Jahre hinweg eindeutig belegen. Auch bei den hochwertigen Fischen wie Hecht und Zander beträgt der Rückgang der Fangergebnisse 5 bis 10 Prozent.
Als weitere Region möchte ich den Schweriner See und die Auswirkungen auf einen kleinen Einmannbetrieb nennen. Nach eigener Auskunft kannte der Großvater des Fischers, der zugegebenermaßen sehr alt geworden ist, noch keine Kormorane. Diese sind erst in den letzten Jahren stark aufgekommen. Der Schaden durch den Kormoran wird allein für diesen Betrieb mit jährlich mindestens 50.000 Euro beziffert. Der Verlust mit circa 80 Prozent gegenüber den Fangergebnissen von vor 15 Jahren ist hier benannt worden. Damals konnte der Fischer noch 4.000 bis 5.000 Kilogramm Barsch fangen. Im letzten Jahr waren es noch 178 Kilogramm, meine Damen und Herren. Beim Aal sieht es ähnlich aus. Von circa 3.000 bis 6.000 Kilogramm in guten Jahren ging der Ertrag auf 499 Kilogramm zurück.
Ich weiß genau, dass Sie uns nachher wieder erzählen wollen, dass der Kormoran vorwiegend den nicht so wertvollen Weißfisch frisst.
Dazu möchte ich anmerken, dass ein Kormoran, der zwei Stunden nach einer Aalbesatzmaßnahme ausgenommen wurde, allein 13 Aale im Magen hatte.
Ich gehe davon aus, dass Ihnen das Bild aus der Zeitschrift „Angeln“ (Ausgabe 4/2009) noch im Gedächtnis ist. Aber selbst, wenn er nur Weißfisch fressen würde, reduziert er damit erheblich das Futterangebot für die hochwertigen Fische wie Hecht und Zander. Dieser Betrieb am Schweriner See besteht seit 300 Jahren und der Fischer kann belegen, dass der Rückgang der Fangergebnisse zu 95 Prozent auf den Kormoran zurückzuführen ist.
Sehr geehrte Kollegen, diese Zahlen sollten Ihnen noch einmal die bestehende Situation veranschaulichen und aufzeigen, worum es eigentlich geht. Um das Ganze noch ein wenig anschaulicher zu gestalten, möchte ich Ihnen ein kleines Zahlenbeispiel bringen: Es ist unstrittig erwiesen, dass Kormorane täglich circa ein halbes Kilogramm Fisch fressen. Weiterhin ist bekannt, dass an der Küste nahezu 85 Prozent und im Binnenland circa 15 Prozent der Kormorane leben. Wir gehen mal nur von einer durchschnittlichen Verweildauer von 200 Tagen und einem Bestand von 80.000 Vögeln im Jahr aus. Bei Beachtung dieser Parameter entnimmt allein der Kormoran pro Jahr 8.000 Tonnen Fisch aus den Binnen- und Küstengewässern. Zum Vergleich: Der Binnenfischer Mecklenburg-Vorpommerns entnahm in guten Jahren 575 Tonnen.
Ich möchte Ihnen noch ein weiteres Zahlenspiel darlegen. Durch die immer spätere Geschlechtsreife und des damit verbundenen später einsetzenden Brutverhaltens der Kormorane muss von einer größeren Anzahl an Einzelvögeln ausgegangen werden. Die Gesamtanzahl für
den Kormoranbestand in Mecklenburg-Vorpommern kann in der Hauptsaison mit bis zu 100.000 Tieren angegeben werden.
Nach einem Artikel in der „Zeit online“ vom 12. Mai summiert sich die Fischentnahme durch den Kormoran in Europa auf jährlich über 360.000 Tonnen und davon allein in Deutschland auf mehr als 15.000 Tonnen Speisefisch. Als Vergleich dazu holen die deutschen Binnenfischer aus den Flüssen und Seen jährlich circa 5.000 bis 7.000 Tonnen Speisefisch.
Hierbei ist zu beachten, dass der Kormoran den Fisch nicht immer ganz vertilgt. Oftmals werden sie aufgrund ihrer Größe und des Gewichts lediglich angefressen und verenden.
Ich gehe davon aus, dass mittlerweile auch der letzte Kormoranfreund in diesem Hause erkannt hat, welche gefährliche Entwicklung durch diesen Vogel im Bereich der Fischfauna erzeugt wird. Wir können Artenschutz nicht nur einseitig auf den Kormoran beziehen. Auch andere Tierarten haben ihre Daseinsberechtigung. Lassen Sie das Jahr der Biodiversität nicht zur Farce verkommen. Nehmen Sie Ihre Verantwortung gegenüber allen Arten wahr und stimmen Sie unserem Antrag zu.
Nach den bekannten Angaben ist Mecklenburg-Vorpommern in Deutschland ganz klar das Kormoranland Nummer eins. Ich meine, das ist ja nun völlig unstrittig. Es reiht sich dann so ein: Gesundheitsland Nummer eins, Familienland Nummer eins, Kinderland Nummer eins, Kormoranland Nummer eins.
Aus diesem Grund sind wir auch verpflichtet, bei diesem Thema die Vorreiterrolle zu übernehmen und nicht auf andere zu warten.
Lassen Sie uns endlich diese seit vielen Jahren bestehende Baustelle beenden und eine im Interesse aller akzeptable Lösung finden!
Bei all den Problemen, die bezüglich des Kormorans bestehen, reicht es nicht mehr aus, die Bestandsentwicklung einzudämmen. Eine gravierende Bestandsverringerung muss das Ziel sein.
Die seit Juli 2007 bestehende Verordnung wird den gegebenen Umständen nicht gerecht. Nach wie vor besteht das größte Manko darin, dass der Wirkungskreis der Verordnung sich nicht auf das Küstengebiet bezieht, in dem aber 85 Prozent des Gesamtbestandes der Kormorane leben.
An dieser Stelle möchte ich auf das wissenschaftliche Gutachten der Universität Rostock zur Bestimmung der Mindestpopulationsgröße an Kormorane in Mecklenburg-Vorpommern eingehen. Dort wurde festgestellt, dass es ohne regulierende Eingriffe zu einer Bestandsexplosion in den nächsten 20 Jahren auf bis zu 50.000 Brutpaare kommt und dass Reduzierungen nur durch massive Eingriffe in Brutkolonien möglich sind.
(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, ja, aber reduzieren Sie mal Tausende Vögel pro Jahr, reduzieren Sie mal Tausende Vögel pro Jahr!)
Ich meine, immerhin, wenn ich das jetzt nur für mich in Anspruch nehmen würde, aber ich rede hier über ein Gutachten.
Ebenso wird das Erfordernis der Einbeziehung der Küstenkolonien gesehen. Die Studie kommt zu einer Mindestpopulationsgröße in Mecklenburg-Vorpommern von circa 1.500 Brutpaaren und somit etwa mehr als zehn Prozent des jetzigen Bestandes. Dieses Minimum wird von uns entgegen der Pressemeldung gar nicht gefordert. Vielmehr geht es uns darum, einen für alle Beteiligten, von Fischerei bis Naturschutz, akzeptablen Bestand zu erreichen. Hierzu ist eine Vergrößerung des Abschussbereiches an fischereiwirtschaftlich genutzten Gewässern durchaus vonnöten. Nicht brütende Kormorane sollen ganzjährig vergrämt oder eben auch geschossen werden können, meine Damen und Herren. Weiterhin ist es wichtig, Eingriffsmöglichkeiten auch in Schutzgebieten und an Schlafplätzen zuzulassen.