Protocol of the Session on June 9, 2010

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Timm. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die Ausführungen, die meine Vorredner bereits machten, nicht wiederholen und Sie auch nicht mit Terminen und Zahlen langweilen.

Für Frau Lück will ich ins Gedächtnis rufen: Ich habe am Montag bei der Ingenieurkammer gesagt, wir müssen nicht nur geeignete Fachleute haben,

(Udo Pastörs, NPD: Sondern auch Auftraggeber.)

wir brauchen fachlich versierte Ingenieure. Das habe ich gesagt, da stehe ich zu.

(Regine Lück, DIE LINKE: Da sind wir uns doch einig.)

Wir sind auf dem besten Wege, dass wir in 10, 15 Jahren nicht mehr darüber verfügen. Wir sind durch den Mangel an Fachleuten auf dem besten Wege, die Baukultur negativ zu beeinflussen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist richtig.)

Als Bauingenieur drängt es mich aber trotzdem, einige Bemerkungen zum Thema Baukultur zu machen, denn sie begleitet uns in ihrer komplexen Ausdrucksform täglich.

Die Siedlungen, in denen wir leben, Gebäude, in denen wir wohnen, immer faszinierendere Ingenieurbauten wie das Ozeaneum in Stralsund und die Rügenbrücke, die das Festland mit der Insel verbindet, drücken Baukultur und ihre ständigen Veränderungen aus. Die Gestaltung von Freiräumen, wie wir sie beeindruckend auf der BUGA 2009 in Schwerin erlebt haben, drückt das große Können unserer Architekten und Ingenieure aus. Das Schweriner Schloss, welches uns in seiner äußeren Darstellung immer wieder ins Schwärmen versetzt, in dem wir fleißige Arbeit als Landtagsabgeordnete machen oder manchmal wollen, ist auch ein hervorragendes Beispiel für die Gestaltung von Innenräumen von der einst edlen aristokratischen Herberge zur Nutzung unter veränderten wirtschaftlichen, verbunden mit denkmalpflegerischen Aspekten. Finanzierung, Förderfähigkeit, Klimaschutz und Energieeffizienz, naturnahe Baustoffe im wirtschaftlich vertretbaren Bereich stellen neue Anforderungen an die Baukultur dar.

Meine Damen und Herren, der uns vorliegende Bericht zur Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern stellt aber im Wesentlichen eine Aneinanderreihung von Aktivitäten dar. Das ist sehr umfassend unter Beachtung des Wir

kens der Landesregierung geschehen. Vielleicht hätte die Begleitung von Fachgremien dem Bericht noch mehr Durchschlagskraft verliehen, wenn man auch eine grundsätzliche Wertung von Maßnahmen vorgenommen hätte. Sie bemerkten das auch, Frau Lück. Das Resümee der Unterrichtung und der Ausblick erscheinen allgemein. Es wäre wünschenswert, dass Aussagen und konkrete Maßnahmen zur Weiterführung der Baukulturinitiative im Land getroffen werden.

Ich habe mich mit dem Präsidenten der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern abgestimmt und möchte Folgendes anmerken: Der nächste Bericht zur Baukulturinitiative sollte eine analytische Betrachtung zur Baukultur und eine strategische Ausrichtung im Sinne eines Forderungs- und Zielkataloges haben. Grundlage für eine solche strategische Ausrichtung sollten die zur Baukultur ausgearbeiteten 21 Thesen sein. Hier wäre auch zu überlegen, ob nunmehr nach sieben Jahren diese Thesen fortgeschrieben werden sollten.

Meine Damen und Herren, die Vielzahl der Maßnahmen zur Baukultur in dem uns vorliegenden Bericht bedarf einer Wertung. Es ist zu hinterfragen, welche Maßnahmen sich bewährt haben. Welche sind weiterzuführen oder welche haben keine Effektivität gebracht? Welche neuen Aktivitäten gibt es oder welche wären wünschenswert? Wie können wir eine Verstetigung der Baukultur erreichen und dabei nicht in Aktionismus verfallen?

Vielleicht gelingt es, ein Netzwerk für die Baukulturinitiative zu finden. Initiatoren könnten die Architektenkammer und die Ingenieurkammer sein, wenn es gelingt, mit politischer, staatlicher und finanzieller Unterstützung Akzente zu setzen. Wichtig ist bei der Umsetzung der Baukultur die Bindung an Adressaten. Als Akteure kommen Land, Kommunen, öffentliche Bauherren, Architekten und Ingenieure und die Bauwirtschaft in all ihren Formen infrage.

Meine Damen und Herren, durch eine kontinuierliche Begleitung in politischen Gremien könnte die weitere Entwicklung der Baukultur auch zukünftig mit Leben erfüllt sein. Backsteingotik ist eine Baukultur aus vergangenen Zeiten, von der wir heute noch leben. Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern braucht für seine öffentliche Wahrnehmung und Identifikation eine Marke im Sinne der Wiedererkennung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Timm.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unterrichtung durch die Landesregierung ist das, was wir gehört haben, mehr nicht – eine Unterrichtung eben, ohne Impuls und das Eintreten für das klassisch Schöne, von dem Beispiel des Reiterbildes einmal abgesehen.

Die Aussagen des Ministers zur geplanten Verschandelung durch das Marienplatzcenter zum Beispiel im Zentrum der Landeshauptstadt waren gleich null. Und genau das hätte doch die Menschen brennend interessiert, Herr Superminister. Meinen Sie nicht?

(Zuruf von Minister Volker Schlotmann)

Auch war der Herr Schlotmann, war es Ihnen, Herr Schlotmann, nicht zu billig, 1:1 noch mal wörtlich abzulesen, was bereits von der Landesregierung zu diesem Thema mit Drucksache 5/3087 hinlänglich bekannt war. Kostprobe: „Baukultur ist ein Spiegelbild der Gesellschaft.“ Aber kein Wort zu den Lebensverhältnissen der einfachen Leute, die auch hier, Großer Dreesch und viele andere Quartiere, in Rahmenbedingungen hausen müssen, die man doch wirklich nicht mit Baukultur umreißen kann.

(Zuruf von Minister Volker Schlotmann)

Kein Wort von der Baukultur für den kleinen Mann, von den Rahmenbedingungen, Wohnbedingungen, die Voraussetzungen dafür bringen, dass man ein menschenwürdiges Leben fristen kann.

Mein lieber Herr Schlotmann, wer hätte das gedacht: „Spiegelbild der Gesellschaft“? Was Sie hier vorgetragen haben, lohnt sich wirklich nicht mehr, darauf einzugehen. Aber vielleicht erfreut Sie meine grundsätzliche Bewertung der städtebaulichen Tätigkeit in unserem Bundesland, besonders in den Städten Rostock, Stralsund und hier in Schwerin. Hier macht sich zunehmend, wenn auch in kleinerem Umfang, sogenannte Weltarchitektur breit: modernistische Gebäude gekennzeichnet durch Beliebigkeit, hineingeknallt, um bewusst einen Bruch zu organisch gewachsener Architektur voyeuristisch zur Schau zu stellen – die IHK und das Marienplatzcenter nur als Beispiel.

Für die einfachen Leute, die die sogenannte öffentliche Baukultur wahrnehmen, ist das, was hier hochgezogen wird, ein Abrakadabra aus Stahl, Glas und Beton, und das weltweit. Der Mann auf der Straße hat kein Mitspracherecht. Er wird mit eiserner Hand von den Großinvestoren und Architektenbüros regelrecht beherrscht.

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Auch die politische Klasse sorgt mit Unterstützung der Massenmedien bei Widerspruch für einen solch geistigen Terror, dass er sich schweigend fügt oder bei Abhängigkeit genötigt sieht zu äußern:

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Ich glaube an den Fortschritt, auch in der Architektur. Mich begeistern die klaren Strukturen aus Stahl und Beton, aber bitte, lass mich jetzt nach Hause gehen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist doch ein Angebot, bitte! – Udo Timm, CDU: Gehen Sie doch! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Tschüss!)

Die politische Klasse hat es geschafft, auch im Bereich der Baukultur den Bürgern des Landes jedes natürliche Stilempfinden abzuerziehen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Viel Spaß auf dem Weg!)

Bei den wenigen, die noch darüber verfügen, ist der Wunsch mitzutun Resignation und Gleichgültigkeit gewichen.

Meine Damen und Herren, wenn wir nicht in der Lage sind, unsere alten Baudenkmale vor dem Verfall zu retten, wird schon in hundert Jahren eine weltweite architektonische Tristesse dominieren, die die Menschen krank macht – wie in der Kunst so auch in der Architektur Formzerstörung als Ziel.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja.)

Ich finde es durchaus zum Thema Baukultur passend, was Ephraim Kishon als Picassos Testament in seinem Werk „Picassos süße Rache“ veröffentlichte.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Dort steht zu lesen, ich zitiere:

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also wirklich, jetzt zitiert der doch noch.)

„Seit die Kunst nicht mehr die Nahrung der Besten ist“, und Architektur ist Kunst, wenn sie richtig begriffen wird,

(Zuruf von Minister Volker Schlotmann)

„kann der Künstler seine Talente für alle Wandlungen und Launen seiner Phantasie verwenden. Alle Wege stehen“ der „intellektuellen“ Scharlatanerie „offen.“

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Udo Timm, CDU: Schallala!)

„Das Volk findet in der“ Architektur und der „Kunst weder Trost noch Erhebung. Aber die Raffinierten, die Reichen, die Nichtstuer und die Effektenhascher suchen in ihr … Seltsamkeit, Originalität, Verstiegenheit und Anstößigkeit.... Ich (habe) diese Kritiker mit“ …

Herr Abgeordneter Pastörs, kommen Sie bitte zum Schluss.

(Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Udo Timm, CDU)

Ich komme zum Ende.

… „zahllosen Scherzen zufriedengestellt, die mir einfielen, und die sie um so mehr bewunderten, je weniger sie ihnen verständlich waren.“