Protocol of the Session on March 12, 2010

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Von Investmentbankern hört man, dies seien für die überlebenden Banken die profitabelsten Zeiten, die es jemals gegeben hat. Ich finde, dies ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten. Und der Chef von Goldman Sachs meinte kürzlich sogar: „Die Banken verrichten Gottes Werk.“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen!

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau. Unglaublich! Unglaublich! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Von Demut in der Branche ist leider wenig zu spüren.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Diese wäre aber dringend geboten, denn die Gefahr für die Finanzmärkte ist nicht gebannt. Eher im Gegenteil: Die bisherige Krisenbekämpfung hat zwar den Zusammenbruch der Weltwirtschaft verhindert, aber auch neue Risiken geschaffen. Das Geld an den Kreditmärkten ist nach wie vor so billig wie nie und lädt leider neben wirtschaftlichen Investitionen auch zu neuen Spekulationsgeschäften ein. Hinzu kommt, dass nach Berechnungen des Währungsfonds erst rund ein Drittel der wertlos gewordenen Papiere aus den Bilanzen entfernt wurden. Aufgrund der Lockerung der Bilanzierungsregeln können Banken so „kreativ“ wie selten ihre Risiken bilanzieren.

(Udo Pastörs, NPD: Toll, ne?)

Aber vor allem besteht die Gefahr darin, dass sich große Finanzinstitute in der Sicherheit wiegen, dass sie als systemrelevant vom Staat nicht fallen gelassen werden. Ob dies zu größerer Vorsicht bei den Handelnden führt, kann bezweifelt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Die sind der Staat.)

Insofern ist klar, dass auf moralische Einsicht nicht zu hoffen ist, sondern dass Strukturen verändert werden müssen, denn über die Ursachen der Krise ist man sich inzwischen weitestgehend einig: Die großen Banken bekamen zu einfach eine zu große Menge Geld, mit dem sie leichtsinnig umgegangen sind.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Klar ist also, dass die Finanzmärkte strengere Regeln brauchen, um diese Fehlentwicklung künftig zu verhindern. Auch wenn der Deutschlandchef von Goldman Sachs behauptet, Banken hätten keine Verpflichtung, das Gemeinwohl zu fördern, ist das Gegenteil richtig, denn Geschäftsbanken, auch wenn sie privat betrieben werden, sind Teil eines öffentlichen Systems, des Geld- und Währungssystems. Der Staat braucht die Geschäftsbanken, weil sonst die Versorgung mit Zahlungsmitteln nicht funktionieren würde, aber die Banken brauchen

auch den Staat, weil hier das Privileg der Geldschöpfung liegt und sich die Banken bei der Notenbank mit Krediten versorgen können und nicht zuletzt, weil der Staat das Vertrauen schafft und so erst das System von Einlagen und Krediten ermöglicht.

Die nun möglichen Maßnahmen sind seit Langem bekannt: Die Banken sollen mehr Eigenkapital zurücklegen, um das Ausfallrisiko zu begrenzen und mehr Verluste selbst tragen zu können. Die Geschäfte müssen transparent sein und dürfen zum Beispiel nicht über Tochterunternehmen auf winzige Inselstaaten verlegt werden können. Bestimmte Formen von Wertpapierhandel sollen ganz verboten werden, weil sie auf schlechte Entwicklung von Unternehmen und Staaten setzen und dadurch diese befördern. Die Politik des billigen Geldes sollte überdacht werden, weil diese zur weiteren Überhitzung der Märkte führen kann. Die Boni der Banker müssen begrenzt und nicht an den kurzfristigen Gewinn, sondern an langfristige Entwicklung gekoppelt werden

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

und die spekulativen Finanzströme sollen gebremst werden, was mit der Einführung einer Transaktionssteuer gelingen könnte.

Besonders wichtig ist mir aber, dass die Kosten der Krise am Ende nicht bei den kleinen Steuerzahlern hängen bleiben. Insofern muss ein Weg gefunden werden, die Finanzwirtschaft angemessen daran zu beteiligen. Unterschiedliche Modelle sind denkbar. Die Vereinigten Staaten führen derzeit zum Beispiel eine Bankenabgabe ein, die 0,15 Prozent der jährlichen Bilanz abschöpft.

(Rudolf Borchert, SPD: Sehr gut.)

Wünschenswert wäre darüber hinaus auch ein Stabilitätsfonds für die Finanzwirtschaft, der allerdings nicht, wie Herr Ackermann sich das vorstellt, durch Banken und Staat, sondern ausschließlich durch Einlagen der Banken getragen werden sollte, wie es das Verursacherprinzip eigentlich konsequent vorsieht.

Mir ist selbstverständlich klar, dass viele dieser Maßnahmen international abgestimmt und international durchgesetzt werden müssen, aber es besteht auch die Gefahr, dass man sich hinter diesem Argument sehr gut versteckt

(Rudolf Borchert, SPD: Wohl wahr.)

und die Probleme an internationale Technokratengremien abschiebt, die losgelöst von parlamentarischer Kontrolle und politischer Führung selten zu einer Einigung kommen.

(Rudolf Borchert, SPD: Die Gefahr sehe ich allerdings auch.)

Aber vor allem die vielstimmigen Äußerungen der neuen Bundesregierung stimmen mich nachdenklich. Weder gibt es eine einheitliche Meinung zum Thema Transaktionssteuer

(Dr. Margret Seemann, SPD: Zu anderen Themen doch auch nicht.)

noch eine gemeinsame Strategie zur Regulierung der Finanzmärkte. So veröffentlichten beispielsweise Bundesfinanzministerium, Herr Schäuble (CDU), und Bundeswirtschaftsministerium zum gleichen Zeitpunkt eigene Konzepte, die offensichtlich nicht miteinander abgestimmt waren.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Mit Verlaub, die Pläne von Herrn Schäuble sind mir schon sympathisch und ich wünsche, dass die sich auch durchsetzen können,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Rudolf Borchert, SPD: Das sehe ich auch so. – Udo Pastörs, NPD: Bravo!)

einheitliches Handeln aber sieht anders aus.

(Rudolf Borchert, SPD: Tja.)

Und so war es nur konsequent, dass auf der letzten Sitzung des Bundesrates Mecklenburg-Vorpommern als einziges Land mit CDU-Regierungsbeteiligung

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

einem guten Antrag der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg und Bremen sogar als Mitantragsteller beigetreten ist.

(Rudolf Borchert, SPD: Sehr gut.)

Dies war ein Signal an die Bundesregierung, endlich wirksame Maßnahmen zur Eindämmung von Finanzmarktspekulationen zu ergreifen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, seit dem Beginn der Finanzkrise hat die Welt Schätzungen zufolge einen Wohlstandsverlust von 15 Billionen Dollar erlitten. Rund Hundert Millionen Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Ganze Staaten standen und stehen vor dem Zusammenbruch. Daher sollte eines inzwischen auch dem Letzten klar geworden sein: Die Idee, dass weniger Regeln immer besser sind und der Markt jedes Problem löst, mag in einer Grundsatzrede gut klingen, hat aber mit der Realität nichts zu tun.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Es geht ja nicht um den Markt, es geht um Finanzspekulationen.)

Der Markt braucht Regeln und der Finanzmarkt braucht ganz besondere Regeln, weil von ihm alles andere abhängt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Polzin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer hätte gedacht, dass in diesem Landtag unter Federführung der CDU-Fraktion ein Antrag, der Maßnahmen gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten und ungerechtfertigte Bankerbonuszahlungen fordert,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dass wir das noch erleben dürfen!)

mehrheitsfähig sein würde? Wer hätte das gedacht?

(Torsten Renz, CDU: Wir hätten das gedacht!)

Denn lange Zeit, meine Damen und Herren, wurde die Idee einer solchen Steuer belächelt

(allgemeine Unruhe)

und noch vor ein, zwei Jahren hätte die CDU-Fraktion jeden ausgelacht, der sich ernsthaft bemüht hätte, dieses Thema auf die Tagesordnung zu bringen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)