Aufgescheucht von den Meldungen trat die Spitze nicht etwa in Bescheidenheit und weiser Einsicht den Rückzug an in der CDU,
(Angelika Peters, SPD: Ich kann mich gar nicht erinnern, dass Adam Mitglied der Landesregierung war.)
weil sich die Rechtsverstöße bereits in vergangenen Legislaturperioden zugetragen hätten. Der Christ und Demokrat Egbert Lüskow musste dann auch später einräumen,
Es geht hier um Vorteilsnahme, Korruption in der Bundesrepublik, die immer größere Ausmaße annimmt, auch hier in Mecklenburg-Vorpommern.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Wenn Sie sich jetzt an den Präsidenten wenden, dann kriegen Sie einen Ordnungsruf.)
Herr Abgeordneter Pastörs, der Fraktionsantrag der NPD bedeutet sozusagen, sich zu den Regierungsmitgliedern dieses Landes zu verhalten. Und dazu bitte ich Sie, jetzt zu sprechen.
(Heinz Müller, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE: Sie ist auch nicht Mitglied der Landesregierung. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
So hatte der Rechtsanwalt Torsten Hoebel, seinerzeit Kreisvorsitzender der Freien und Liberalen, dort seine Kanzlei. Es verwundert uns von der NPD nicht, dass die derzeitige Tagespresse spekulierte, wie viel denn wohl die FDP aus Schelskys Schwarzkassen erhalten habe, frei nach dem Motto des absoluten Spitzenpolitikers der FDP hier im Landtag Sebastian Ratjen:
Meine Damen und Herren, es gibt zig Fälle von Korruption, Vorteilsnahme und andere Mauscheleien, ob wir das Landesgestüt Redefin nehmen, uns näher mit der Privatisierung der Werften oder der Privatisierung der Kolchosen während der Wendezeit zuwenden – immer der gleiche Gestank. Deswegen wenden sich Gott sei Dank vom Brechreiz getrieben immer mehr Menschen ab vom BRD-Parteienstaat. Das Volk ist längst zur Beute von Lobbyisten, Sponsoren, Vorteilsnehmern und politischen Schwerverbrechern geworden.
Dieses zu wissen, ist einmal gut, daraus die passenden Schlüsse zu ziehen, unabdingbar notwendig, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Pastörs, ich erteile Ihnen den dritten Ordnungsruf und entziehe Ihnen das Wort für die heutige Sitzung für diese gröbliche Verletzung der Ordnung des Hauses.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf der Drucksache 5/3266. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3266 bei Zustimmung …
(Udo Pastörs, NPD: Hier werden Meinungen unterdrückt, das ist das Problem. Das lassen wir uns nicht gefallen, Herr Präsident.)
Sie haben die Möglichkeit gemäß der Geschäftsordnung, gegen den dritten Ordnungsruf Einspruch einzulegen. Das regelt die Geschäftsordnung.
(allgemeine Unruhe – Udo Pastörs, NPD: Das wird alles abgelehnt. – Die Abgeordneten der Fraktion der NPD verlassen den Plenarsaal.)
Also, meine Damen und Herren, damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3266 bei Zustimmung durch die Fraktion der NPD und ansonsten Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE und der FDP abgelehnt.
Ich rufe damit auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Rechtsstaatsprinzip nachkommen – Straftäterdatei per Gesetz einführen, Drucksache 5/3278.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Rechtsstaatsprinzip nachkommen – Straftäterdatei per Gesetz einführen – Drucksache 5/3278 –
Das Wort zur Begründung für die Fraktion DIE LINKE hat die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir uns entschieden haben, diese Thematik auf die Tagesordnung setzen zu lassen, haben wir schon ein weni g erahnen können, wer sich wie in der heutigen Debatte artikulieren wird. Aber selbstverständlich will ich der Debatte nicht vorgreifen und vielleicht haben wir uns auch in unserer Einschätzung geirrt.
Worum geht es? Es geht um die Einführung von FoKuS, was die Kurzform für „Für optimierte Kontrolle und Sicherheit“ bedeutet. Nach diesem Konzept sollen Informationen von Gefangenen in einer Datei gespeichert werden, die eine Haftstrafe von mindestens zwei Jahren bis zum letzten Tag zu verbüßen hatten. Vornehmlich soll es hier um Probanden gehen, die eine Sexualstraftat begangen haben. Später soll dieses auch auf den Bereich der Gewalttäter ausgeweitet werden. Laut mehrerer Presseartikel, angefangen vom 04.01.2010, sollten sowohl Strafvollzugskammern als auch andere Behörden Zugriff auf die Dateien haben. Eingeführt werden soll dieses Konzept am 1. April 2010.
So weit, so gut, kann man meinen. Ich will zur Vollständigkeit auch sagen: Auf Antrag unserer Fraktion hat die Ministerin Kuder das Projekt vorgestellt und unsere Fragen beantwortet. Dass wir, wenn diese Frage über einen Erlass durch die Regierung auf den Weg gebracht
werden soll, noch nicht das konkrete Umsetzungskonzept kennen, liegt, denke ich, in der Natur der Sache. Fest steht nur, dass das Konzept am 1. April 2010 durch einen Erlass eingeführt werden soll. Nun kann man sagen, na, da ist doch alles so weit in Ordnung, warten Sie den Erlass ab und dann sehen wir weiter, und springen Sie von den LINKEN nicht wie ein irrer Büffel im frischen Heu.
Genau das geht aus meiner Sicht nicht. Nach all den uns vorliegenden Presseerklärungen, der Auswertung der Informationen im Ausschuss und unter Einbeziehung des Bundesverfassungsurteils vom 11.08.2009 kommen wir zu dem Ergebnis: Wenn Sie diese Frage ernsthaft und auf der Basis der Rechtsstaatlichkeit auf den Weg bringen wollen, dann geht das nur mit einem entsprechenden Gesetz. Aber das werden Sie sicherlich der Überschrift unseres Antrages entnommen haben.
Selbstverständlich will ich das auch begründen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 11.08.2009 – wir erinnern uns sicherlich alle – festgestellt, dass für einen Eingriff in ein Grundrecht ein Erlass nicht ausreichend sei, sondern hierfür eine formalgesetzliche Grundlage geschaffen werden muss. Damals ging es um die verdachtsunabhängigen Videoüberwachungen, für die auch nur ein Erlass Grundlage war. Für uns ist das, was in dem Erlass in Bezug auf die Schaffung einer Datei ausgestaltet werden soll, ebenfalls ein Eingriff in die Grundrechte. Dazu kommt, dass das Parlament selbstverständlich die Voraussetzung, aber auch den Umfang der Beschränkung klar und für den Bürger erkennbar festzulegen hat. Die Schaffung einer Datei, da beißt die Maus keinen Faden ab, ist ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung eines Menschen, denn wir reden über die Erfassung von Daten nach deren Haftentlassung, auf die dann wiederum Behörden Zugriff haben sollen.
Ich will an dieser Stelle auf das Hamburgische Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Sicherungsverwahrung verweisen und darüber hinaus gleichzeitig sagen, die hier in Paragraf 122 geschaffene Regelung könnte eine Rechtsgrundlage sein. Hier wurden die Voraussetzungen, unter denen ein solches automatisiertes Verfahren eingerichtet wird, konkret benannt. Hier kann man ganz genau erkennen, von welchen Personen die Daten gespeichert und anderen Behörden zugänglich gemacht werden dürfen. Das sind zum Beispiel Gefangene, die eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu verbüßen haben. Weiterhin ist festgeschrieben, eine entsprechende Datei einzurichten, und so weiter und so weiter. Da ergibt sich für mich die Frage, warum bei allen gesetzlichen Regelungen, die das Ergebnis der Föderalismusreform waren, in der Regel die Fragen über Mustergesetze auf den Weg gebracht wurden und es hier keine solchen Bemühungen gab.
Einen weiteren Gesichtspunkt will ich hier an dieser Stelle nennen. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage, wo ich bezüglich der Rechtsgrundlage nachfragte, wurde mitgeteilt, dass die Rechtsgrundlage das Polizeirecht und bundesgesetzlich das Strafgesetzbuch bilden. Schaut man sich beides an, kann man Folgendes feststellen: Im Strafgesetzbuch finden wir Regelungen zur Führungsaufsicht generell. Allerdings stand da nichts von der Möglichkeit der Speicherung von personenbezogenen Daten von entlassenen Straftätern.
Aber bei FoKuS soll nicht nur die Polizei den Zugriff auf die Dateien haben, sondern auch Strafvollstreckungskammern und andere Behörden. Wo, so frage ich besorgt, ist dafür die Rechtsgrundlage geschaffen? Oder gehen Sie davon aus, dass man im Zusammenhang mit der Deregulierung oder dem dann anschließenden Zugriff anderer Behörden auf diese Dateien ein solches Gesetz nicht braucht? In unserem Polizeigesetz, dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz MecklenburgVorpommern, sieht der Paragraf 42 ein automatisiertes Abrufverfahren vor, wonach personenbezogene Daten zwischen Polizeidienststellen und Ordnungsbehörden übermittelt werden dürfen. Sollen hier unnütze Hürden nicht geschaffen werden? Das ist für uns die Frage.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch auf einen anderen Umstand eingehen. Ebenfalls in meiner Kleinen Anfrage wollte ich wissen, ob mehr Personal für die Überwachung von Straftätern nach der Entlassung notwendig ist. Antwort der Landesregierung, das kann ich kurz machen, denn sie antwortete mit Nein. Ziel aber der Einführung von FoKuS ist es, dass nach der Haftentlassung Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer die Betreuung der verurteilten Personen mit dem Ziel einer engen Überwachung übernehmen sollen. Das bedeutet, dass über die dreimonatige Eingangsphase hinaus eine enge Kontaktfrequenz zwischen den Bewährungshelfern, den Bewährungshelferinnen und der verurteilten Person vorgesehen ist. Wenn ich da mit meinem reinen Menschenverstand herangehe, dann sage ich mir doch, dass eine engere Überwachung eine stärkere Belastung der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer mit sich bringt und demzufolge auch mehr Personal notwendig wäre.
Erfahrungen aus den anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Bayern, die seit dem Jahr 2007 ein ähnliches Überwachungssystem installiert haben, zeigen, dass derartige Überwachungssysteme mit einem praktischen Problem verbunden sind: die hohe Arbeitsbelastung. Da frage ich mich, wie dieses absehbare Problem angegangen werden soll – laut Aussage der Landesregierung nicht, da sie nicht mit einem vermehrten Personalbedarf rechnet. Insofern kann ich nur hoffen, dass das Programm zeitnah evaluiert wird und so auf wahrscheinliche Arbeitsmehrbelastungen der Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer reagiert wird.
Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass wir in Ruhe über die mögliche und notwendige Schaffung einer Rechtsgrundlage im Ausschuss debattieren, dies auch noch einmal gemeinsam prüfen, um dann entsprechend auf die sichere Seite bei der Einführung von FoKuS zu gehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.