Was Sie machen, ist, uns direkt auf den Rückmarsch ins 19. Jahrhundert wieder zu schieben und zu sagen, wir machen die Bildung unmittelbar abhängig von der Wirtschaft. Dann darf ich Ihnen sagen, das werden wir nicht mitmachen. Das werden wir ablehnen.
Wenn Sie wirklich etwas für benachteiligte Schichten tun wollen im Hinblick auf die Bildungsbeteiligung, dann müssten Sie hier einen Antrag stellen, dass die Bedingungen beim BAföG verbessert werden, und dann müssten Sie gleichzeitig in Ihrer eigenen Partei einen Antrag stellen, dass dieser Unsinn der Steuersenkungsorgien auf Bundesebene aufhört, denn wir müssen irgendwie diese Stipendien oder das BAföG auch bezahlen. – Herzlichen Dank. Wir lehnen den Antrag ab.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Rudolf Borchert, SPD: So ist es. – Jörg Heydorn, SPD: Sehr guter Beitrag.)
In der Tat, Herr Kreher, Ihre Erwartung war zutreffend. Es gab früher mal eine Losung, die schon damals höchst fragwürdig und unlogisch war und die wir heute belächeln, die hieß: „Überholen ohne einzuholen“.
Ich glaubte sie längst vergessen, aber mit dem vorliegenden Antrag der FDP-Fraktion feiert sie offensichtlich eine Wiederauferstehung. Da ist die Tinte unter dem Koalitionsvertrag im Bund noch nicht ganz trocken und das meiste darin nur Ankündigung, da fordert die FDP die Landesregierung bereits auf, ein Bund-LänderProgramm für Stipendien zu unterstützen, das es noch gar nicht gibt und das Bund und Länder circa, nach den Zahlen, die ich gelesen habe, 225 Millionen Euro pro Jahr kosten würde.
Was es allerdings gibt, ist ein ähnliches Stipendienprogramm in Nordrhein-Westfalen, Sie haben darüber gesprochen, das der dortige Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Andreas Pinkwart, FDP, zum Wintersemester 2009/2010 einge
führt hat. Der Versuch der CDU-FDP-Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen, dieses Programm auf die gesamte Bundespolitik zu übertragen, ist in der letzten Legislaturperiode schon zweimal im Bundesrat gescheitert, der Minister hat darüber gesprochen.
Auch in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, die ja von großer Bedeutung für dieses Feld ist, fand der Antrag aus NRW im Frühjahr 2009 keine Zustimmung, da 29 von 32 Stimmen erforderlich sind. Das heißt, es dürften, da der Bund die Hälfte der Stimmen hat in diesem Gremium, nicht mehr als drei Länder dagegenstimmen. Aber selbst CDU-geführte Länder wie Niedersachsen und Sachsen-Anhalt lehnen diese Initiative ab. Ich will daraus ableiten, dass die Chance, die notwendige Mehrheit dafür zu bekommen, in den Gremien außerordentlich gering ist.
Nun könnte man ja meinen, aus dem Programm in Nordrhein-Westfalen ließen sich für die Bundesregierung oder die Bundesländer Schlussfolgerungen ableiten, doch das ist gegenwärtig auch nicht so.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD im Landtag von Nordrhein-Westfalen vom 02.12.2009 wird auf die Frage, wie viele private Förderer zum Wintersemester einen Anteil übernehmen, geantwortet, ich zitiere: „Die Anzahl der privaten Förderer lässt sich auf der Grundlage der aktuell vorliegenden Daten nicht beantworten. Überdies ist die Anzahl der Förderer wenig aussagekräftig, da es sowohl Förderer gibt, die den privaten Finanzierungsanteil für eine größere Anzahl von Stipendien übernehmen wie auch Förderer, die nur einen Teil des privaten Finanzierungsanteils übernehmen.“ Ende des Zitates.
Auf die Frage, auf welche Fachbereiche sich die Empfängerinnen und Empfänger verteilen, ist zu lesen, ich zitiere nochmals: „Die Verteilung der Empfängerinnen und Empfänger der Stipendien auf die Fachbereiche lässt sich derzeit noch nicht endgültig bestimmen, da die Vergabe der Stipendien noch nicht an allen Hochschulen abgeschlossen ist.“ Ende des Zitates.
Zur Erinnerung: Die Antworten sind vom 2. Dezember 2009, da lag der Beginn des Wintersemesters schon über zwei Monate zurück.
Erstens. Solange die Bundesregierung nicht konkrete Vorstellungen zur Ausgestaltung eines nationalen Stipendienprogramms vorgelegt hat, geht die Aufforderung der FDP an die Landesregierung ins Leere.
Zweitens. In NRW selbst liegen so wenige Erfahrungen vor, dass gegenwärtig keine ausreichende Diskussionsgrundlage vorhanden ist. Bisher wurden nach meiner Kenntnis 1.400 Stipendien von circa 250 Unternehmen und privaten Förderern unterstützt. Das sind 0,3 Prozent der insgesamt 478.000 Studenten in Nordrhein-Westfalen. 62 Prozent dieser Stipendien sind fachgebietsbezogen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar unbestritten, dass die Studienfinanzierung generell ein wichtiges politisches Thema ist, aber die Studienfinanzierung über Stipendien ist in diesem Kontext bei Weitem nicht unstrittig, schon gar nicht, wenn sich ein Bundesland, das Studiengebühren erhebt, dafür einsetzt. Das übergeordnete Ziel muss es doch sein, die Studierenden von den Lasten eines eigenen Beitrages und eigener Kosten für das Studium zu befreien und ihnen Studienbedingungen zu schaffen, die ein Studium
in der Regelstudienzeit ermöglichen. Dazu wäre ein eltern unabhängiges, auskömmliches, dynamisiertes BAföG der richtige Weg, nicht private Stipendien, die die Abhängigkeit von Hochschulen und von Studierenden erhöhen.
Wenn man begabte Studierende zusätzlich fördern will, was ja durchaus Sinn machen kann, dann ginge das zum Beispiel auch über eine Erhöhung des BAföG-Satzes oder andere differenzierte Rückzahlungsmodalitäten, der Minister hat ja auch auf diese Wege hingewiesen. Dafür, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte sich die FDP einsetzen.
Ungeklärt ist, wie bei einer Beteiligung der Wirtschaft eine unzulässige Einflussnahme auf die Hochschulen verhindert werden kann. Die größten Einzelspender beim Stipendienprogramm in NRW sind bei einer Gesamtzahl von 250 zum Teil die Telekom Stiftung mit 50 Stipendien und MAN mit 40 Stipendien. Sie können mit den Hochschulen diese Stipendien gezielt verwenden, zum Beispiel für bestimmte Fächer, nur für den Bachelor oder nur für den Master oder nur für Studierende aus bestimmten Städten oder Regionen. Wenn es dann zu einer Konzentration an einer Hochschule kommt, was ja durchaus nicht ausgeschlossen ist, wenn das Interesse der Unternehmen so gelagert ist, ist eine direkte Einflussnahme der Sponsoren nicht weit weg.
Sieht man sich die gegenwärtigen Entwicklungen im Bildungswesen an, ist deshalb größte Vorsicht geboten. Wenn in der privaten Wirtschaft nun schon zusätzlich zu eigenen Berufsschulen über eigene allgemeinbildende Schulen nachgedacht wird, sind wir von der Privatisierung des Bildungswesens nicht mehr weit entfernt. Ich darf daran erinnern, dass das Bildungsmonopol und die Wächterfunktion des Staates in diesem Bereich noch immer gültig sind. Fraglich ist auch …
Fraglich ist auch, wie unser Land ohne große Industriebetriebe die Geldgeber auftreiben will. Ich sage das mal aus meiner Kenntnis als jemand, der einen Verein vertritt, der sich um eine Stiftung bemüht und viele potenzielle Geldgeber sucht und nicht findet, als jemand, der in einem Kuratorium einer Stiftung ist,
die von Privaten eingerichtet worden ist. Und ich weiß, wie schwierig dieses ist, gerade bei großen Unternehmen in unserem Lande diese Unterstützung zu bekommen. In einem solchen Wettbewerb sind wir gegenüber Ländern wie Nordrhein-Westfalen schon im Ansatz hoffnungslos unterlegen.
Der Minister hat darauf hingewiesen, was das für unser Land auch finanziell bedeuten würde, allein die Unterstützung des Bund-Länder-Programms, abgesehen von dem eigenen Landesprogramm, was Sie ja auch fordern. Und da frage ich mich, wo das Geld herkommen soll, wo es dann abgezogen wird auf Bundesebene. Wird es dann beim BAföG abgezogen und auf Landesebene? Wo wird es dann sonst abgezogen?
Also die Berechnungen würden bedeuten, dass pro Jahr etwa 6,4 Millionen Euro von den Unternehmen, von den privaten Förderern aufzubringen wären, und vom Land, das ja die Hälfte vom Staatsanteil übernehmen
sollte, würden das dann etwa 3,2 Millionen nach meiner Berechnung sein. Der Minister hat gesagt 3,4, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, aber die Größenordnung ist die gleiche bei unserer Anzahl der Studenten.
Und da kann ich einfach sagen, nach dem, was wir über unseren Haushalt wissen, für mich ist es unvorstellbar, wie wir dieses Geld aufbringen sollen, um damit diesen Weg zu gehen, der zu einer weiteren Privatisierung der Bildung führt. Für unser Land, denke ich, ist das unannehmbar, und ich freue mich, dass der Minister in der Tendenz ähnlich vorgetragen hat. Und dass dieser Antrag von uns abgelehnt wird, ist damit völlig klar. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt natürlich ganz ausdrücklich die Bemühungen des Bundes,
mehr jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ein Hochschulstudium aufzunehmen. Im Gegensatz zur FDP sehen wir jedoch die Möglichkeit, das bestehende BAföG zu erhöhen – also den Vorschlag, den Frau Schavan in den letzten Wochen gemacht hat und der ja auch im Herbst dieses Jahres mit einer Gesetzesnovelle umgesetzt werden soll –, diesen Weg sehen wir als wesentlich besseren Weg, die Studierendenquote insgesamt zu erhöhen.
Die Vergabe von Stipendien ist immer dort und an den Stellen eher notwendig, wo Studiengebühren erhoben werden.
Das ist zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen der Fall und deshalb gibt es dort auch ein Landesstipendienprogramm seit dem Beginn des laufenden Wintersemesters. Und wie die Zahlen und Erfahrungen tatsächlich aussehen, das kann auch in Nordrhein-Westfalen noch niemand wirklich beantworten, um das gleich auch gesagt zu haben.
Ein solches Stipendienprogramm, ob auf Bundes- oder Landesebene, will bezahlt sein. Diese Kraft hat die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Bundesland wird sich das wesentlich schwieriger gestalten. Aber nicht nur die Wirtschaft unseres Landes, auch der Landeshaushalt, den ja auch die FDP zumindest zur Kenntnis genommen hat, lässt ein solches Programm derzeit einfach nicht zu. Das gilt sowohl für die Pläne auf der Bundesebene als auch für Ihr hier vorgeschlagenes Landesprogramm.
Die CDU-Fraktion unterstützt ganz ausdrücklich die Bemühungen, eine BAföG-Novelle auf den Weg zu bringen. Bei dem geplanten bundesweiten Stipendienprogramm machen wir aus Landessicht aufgrund der Finanzierungsfrage, aber auch aufgrund der fehlenden inhaltlichen Ausgestaltung ein ganz großes Fragezeichen. Und für ein Landesstipendium, so, wie Sie es hier
in Ihrem Antrag vorschlagen, können wir unter den jetzigen Bedingungen auf keinen Fall Ihrem Antrag zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.