Protocol of the Session on January 27, 2010

Und ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Beteiligung der Wirtschaft aufgrund der hälftigen Finanzierung. Auch das ist einfach nur ein Faktum, was man jetzt schon absehen kann. Wie gesagt, das können Sie anders interpretieren. Nur, ich habe es mir sehr genau angesehen. Ich war damals in der GWK. Das ist nun das Problem, dass ich seit ein paar Jahren bundesweit unterwegs bin. Dort ist der Antrag damals durchgefallen vom Kollegen Pinkwart,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Mehrfach, mehrfach.)

durchgefallen mit Pauken und Trompeten. Also das werden Sie nachlesen können, aus welchen Gründen. Da war nämlich auch die Frage, mit der hälftigen Finanzierung durch die Wirtschaft könnte es zu einer überproportionalen Förderung von wirtschaftsnahen Studiengängen kommen. Und da können Sie nach Nordrhein-Westfalen schauen. So ist es zurzeit in Nordrhein-Westfalen der Fall,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

so ist es dort eingetreten. Dort wurde das geplante Stipendienmodell im letzten Jahr als Pilotprojekt, wie Sie ja selbst gesagt haben, begonnen. Aber was wird aus Studiengängen, Herr Kreher, im musischen, kulturellen oder geisteswissenschaftlichen Bereich, wenn wir so rangehen?

Für die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ist fraglich – mit Fragezeichen –, ob das nationale Stipendienprogramm ein geeignetes Mittel ist, besonders den jungen Leuten aus den bildungsfernen Schichten ein Studium zu ermöglichen. Auch das habe ich noch mal nachgesehen. Das können Sie ebenfalls tun. Denn bislang stammen zwei Drittel der Stipendiaten der Begabtenförderungswerke aus Akademikerfamilien. Also: Wenn wir das eine erfüllen wollen, ist die Frage, ob das Mittel hierzu geeignet ist.

Grundsätzlich begrüßt die Landesregierung – das macht ja auch nicht jede, das will ich an dieser Stelle auch noch mal sagen – natürlich jede Initiative zur Stärkung der Bildungsfinanzierung. Da werden wir uns nicht verweigern. Ohne das Stipendienprogramm wären jedoch – und das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen – für das Land Mecklenburg-Vorpommern die finanziellen Möglichkeiten zur Verbesserung des BAföG wesentlich höher.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

Die Erhöhung der Freibeträge des Elterneinkommens sowie der BAföG-Sätze ist nach meiner Auffassung das wirkungsvollere Mittel, um mehr Studierenden aus finanzschwachen Familien

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

die Finanzierung eines Studiums zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusätzlich zu diesen beiden Fördervarianten – BAföG und nationales Stipendienprogramm – fordern Sie natürlich auch die Landesregierung auf, ein eigenes Programm für Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen. Das Programm soll den Studierenden zugute kommen, die nicht am nationalen Stipendienprogramm partizipieren können. Dieses setzt jedoch voraus, dass die Erarbeitung eines Konzeptes und dessen Ausgestaltung abgeschlossen sind und dass der Inhalt des nationalen Stipendienprogramms überhaupt bekannt ist. Das von der Bundesregierung angekündigte nationale Stipendienprogramm stellt unser Land vor enorme Herausforderungen.

Und Sie haben gesagt, Herr Kreher, das hat nichts damit zu tun. Ich will aber ganz ausdrücklich betonen: Wir in Mecklenburg-Vorpommern gehen einen anderen Weg. Ich will noch einmal ganz deutlich sagen, wir haben ein funktionales Studiensystem ohne Studiengebühren. Führen Sie doch mal diese Diskussion des Stipendiatenprogramms in Nordrhein-Westfalen, wenn Sie keine Studiengebühren hätten. Dann möchte ich gerne mal die Einbringungsrede zu diesem Stipendienprogramm hören. Ich kann Ihnen sagen, die war genau umgekehrt, weil es Studiengebühren gibt. Insofern haben Sie das ja in Teilen genauso gestreift.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau das, so ist es.)

Stipendien ganz anderer Art, auch das will ich mit einem Satz erwähnen, finanziert das Land bereits im Rahmen der Landesgraduiertenförderung. Angesichts begrenzter Ressourcen muss der Grundgedanke sein und bleiben, dann in solchen Programmen auch Schwerpunkte zu setzen und in Qualität zu investieren. Das ist aus meiner Sicht dann auch der Einstieg in die Forschungsförderung.

Also noch mal: Stipendienleistungen dagegen auf die Studienfinanzierung zu übertragen, lehne ich persönlich ab. Den Weg der Landesgraduiertenförderung sowie keine Studiengebühren zu erheben halte ich für zielführender und sozialpolitisch, wenn ich Ihnen das sagen darf, auch für gerechter. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, da sind wir aber gespannt.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Kreher, Sie haben uns schon so finster angelächelt und befürchtet, wir würden Ihren Antrag ablehnen – und so ist es auch. Auf uns ist in dieser Hinsicht Verlass und es gibt genau zwei Gründe.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: „In dieser Hinsicht“ ist gut. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Gute Einschränkung, Herr Brodkorb.)

Der eine Grund ergibt sich aus dem ersten Punkt Ihres Antrages und der zweite Ablehnungsgrund aus dem zweiten Punkt Ihres Antrages. Sie werden Verständnis dafür haben, dass eine SPD-geführte Landesregierung Schwierigkeiten damit hat, wenn Sie ihr einen Antrag vorlegen, wo Sie diese SPD-geführte Landesregierung auffordern, den Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung zu unterstützen. Das ist für uns auch schon eine gewisse Frage der Ehre, dass wir dem natürlich nicht so ohne Weiteres folgen können. Sie müssten schon verdammt gute Argumente in der Sache vorbringen, um uns davon abzuhalten, uns so zu verhalten. Allerdings machen Sie das nicht. Das möchte ich in dem zweiten Punkt etwas ausführlicher ausführen.

In Deutschland gibt es ja bereits entsprechende Förderung von Studierenden. Es gibt ein leistungsunabhängiges System, das aber einkommensunabhängig ist, das nennt sich BAföG, sodass unabhängig von der Frage, was jemand kann, soziale Hürden überwunden werden sollen, um sich an höherer akademischer Bildung zu beteiligen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und das ist gut so.)

Dann gibt es ein zweites System, das sind Stipendien im engeren Sinne. Die werden von der Studienstiftung des deutschen Volkes oder von verschiedenen Stiftungen ausgereicht. Diese Stiftungen sind bekannt, wie sie da heißen. Diese Stipendien sind einkommensabhängig und leistungsabhängig. Das ist auch die Idee eines Stipendiums. Ansonsten können Sie sich nämlich das Stipendium auch … Ich formuliere den Satz nicht zu Ende, aber das ist die Idee eines Stipendiums, dass das auch leistungsabhängig ist. Man muss dann etwas Besonderes können, um in den Genuss eines solchen Stipendiums zu gelangen. Aber in Deutschland ist dieses Leistungsstipendium außerdem einkommensabhängig, und das eben aus diesem sozialen Grund, dass man eine möglichst große Zahl junger Menschen hat, die es sich leisten können, zu studieren.

Und jetzt schlagen Sie vor, und der Minister hat ja schon die Vorhaben der Bundesregierung etwas, ich weiß nicht, darf ich sagen, kritisch oder fragend …

(Jörg Heydorn, SPD: Distanziert, distanziert!)

Nein, das glaube ich so nicht, das ist bestimmt jetzt fehlinterpretiert. Aber er hat Fragen gestellt, ob dass denn so alles funktioniert. Aber Sie, muss ich sagen, schießen den Vogel ab. Wir haben das System BAföG, einkommensabhängig und nicht leistungsbezogen, und das Stipendiensystem, leistungsbezogen und auch einkom

mensbezogen. Und Sie fordern uns jetzt auf, ein Stipendiensystem einzuführen, das, Zitat: „unabhängig von Leistung, Alter und Bildungsweg“ in ähnlicher Weise wie auf der Bundesebene entstehen soll, Zitat: „sofern ein Partner aus der Wirtschaft zur Kofinanzierung gestellt werden kann“, Zitatende, das heißt zunächst einmal, leistungsunabhängig. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das hat mit dem Stipendium dann nichts mehr zu tun.

Ich möchte mir mal ein Beispiel ausdenken, das ist rein fiktiv. Nehmen wir an, Sie wären Bildungsminister,

(Heinz Müller, SPD: Nicht doch!)

ich wäre Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens und mein Sohnemann möchte studieren gehen. Und Bildungsminister Kreher hat jetzt gerade folgendes Programm auf den Weg gebracht: Wenn ich mit meinem Sohn einen Vertrag schließe über 300 Euro, dass ich offiziell eine Stipendienunterstützung ausweise, dann können wir dem Staat noch mal 300 Euro aus den Knochen lutschen, obwohl ich sehr viel Geld habe und das gar nicht brauche. Da sagt Herr Kreher, ja, so leicht lasse ich mich als Bildungsminister ja nicht überlisten. Wir machen das ja so, dass Verwandtschaftsbeziehungen ausgeschlossen sind.

(Michael Roolf, FDP: So krank, so krank.)

Dann rufe ich meinen Freund, den Harry, an, der ist nämlich auch Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens, mache mit dem einen Vertrag und sage: Pass mal auf, du bekommst 12 mal 300 Euro, also 3.600 Euro, dafür machst du meinem Sohnemann ein schönes Stipendium und dann holen wir uns vom Staat pro Monat 300 Euro.

Herr Kreher, so sieht Ihr Stipendiensystem, das unabhängig von Leistung ist und darauf setzt, dass die Wirtschaft sich beteiligt, am Ende aus. Das heißt, Ihr Vorschlag charakterisiert sich durch drei Punkte:

Sie zerstören erstens die Idee des Leistungsstipendiums.

Sie schaffen zweitens keinen sozialen Ausgleich, weil das außerdem einkommensunabhängig ist. Sie müssen es ja, wenn Sie einen sozialen Ausgleich machen wollen, einkommensabhängig machen, damit Sie unnötige Förderung vermeiden und andere Geld bekommen können, die es dringend nötig haben. Das heißt, Sie erreichen auch keinen sozialen Ausgleich.

Und drittens: Bei Ihnen entscheidet nicht mal Vitamin B, sondern Vitamin K wie „Kohle“ oder „Kapital“ am Ende über die Frage,

(Michael Roolf, FDP: Oh nein!)

ob man in den Genuss eines solchen Stipendiums kommt oder nicht.

Insofern haben Sie sich hier – lassen Sie mich das parteipolitisch mal so formulieren – als Partei des Kapitalismus ganz gut heute hier dargestellt. Und das gibt uns umgekehrt die Möglichkeit, noch mal darauf hinzuweisen, warum man linke Parteien wie die Sozialdemokratie braucht.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch keine linke Partei.)

Die Arbeiterbewegung ist mal entstanden im 19. Jahrhundert, um den Zusammenhang

(Sebastian Ratjen, FDP: Wo haben Sie denn mal gearbeitet?)

von Leistung und ökonomischem Hintergrund aufzulockern oder zu beseitigen.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Es ging darum, jedem den Aufstieg zu garantieren,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zurufe von Raimund Frank Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

egal wie die familiären und ökonomischen Verhältnisse sind.