Protocol of the Session on January 27, 2010

Das ist bei aller Freude über die gestiegenen Studierendenzahlen insgesamt mehr als nur ein Wermutstropfen in der Gesamtbilanz. Denn wie wir alle wissen, ist die Gesamtzahl der Studierenden vor dem Hintergrund der doppelten Abiturjahrgänge weit weniger aussagekräftig als die Ausschöpfungsquote. Nur diese Zahl zeigt uns, wie viele Menschen sich da tatsächlich für ein Hochschulstudium entscheiden und damit für eine hoffnungsvolle Bildungskarriere, die sowohl dem einzelnen Studierenden als auch der gesamten Gesellschaft optimale Zukunftschancen verspricht.

Ich zitiere nun, meine Damen und Herren, aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung zum Thema „Bildungsfinanzierung“. Dazu wird Folgendes festgelegt: „Der Bildungsaufstieg darf an finanziellen Hürden nicht scheitern. Deshalb wollen wir mit dem Dreiklang aus BAföG, Bildungsdarlehen und Stipendien jungen Menschen ein Studium ermöglichen.“

Hier sei angemerkt – und das sage ich wirklich ganz deutlich noch mal, weil ich weiß, dass das dann nachher irgendwie mit herangezogen wird –, dass bei finanziellen Hürden keine Studiengebühren gemeint sind. Es geht vielmehr darum, Studierfähigen mit den unterschiedlichsten sozialen Hintergründen den Einstieg in ein Studium zu erleichtern und Leistungsanreize zu setzen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Weiter heißt es in der Koalitionsvereinbarung: „Wir wollen den Anteil der Stipendiaten mittelfristig von heute zwei auf zehn Prozent der Studierenden erhöhen. Die Stipendien sollen ausschließlich nach Begabung einkommensunabhängig vergeben werden. Hierzu werden wir gemeinsam mit den Ländern ein nationales Stipendienprogramm ins Leben rufen, mit dem wir von Universitäten und Fachhochschulen bei Wirtschaft und Privaten eingeworbene Stipendien in Höhe von 300 Euro im Monat von der BAföG-Anrechnung freistellen und bis zur Hälfte öffentlich bezuschussen. Die öffentliche Finanzierung soll dabei je zur Hälfte durch den Bund und die Länder erfolgen.“

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, fordern wir die Landesregierung auf, dieses ehrgeizige Projekt zu unterstützen und mitzugestalten. Hier muss insbesondere die Chance genutzt werden, von einem der hintersten Plätze in der Bundesstatistik aufzurücken, um das

Land damit zukunftsfähig zu machen. Wir wollen neben diesem bundesweiten Programm ein ergänzendes Programm nicht nur, weil die Probleme bei der Motivation zu einem Studium in Mecklenburg-Vorpommern besonders groß sind, sondern auch, weil wir uns eine noch bessere Verknüpfung von Studium und Berufsleben wünschen beziehungsweise die Beschäftigungsfähigkeit von Hochschulabsolventen steigern wollen.

Dieser Aspekt war unter anderem auch eine Forderung der Studierenden im Rahmen der Proteste um die Bologna-Reform. Wir wollen unabhängig von der BAföG-Förderung und vom Einkommen der Eltern das Programm der Bundesregierung ergänzen. Einzige Bedingung: Wenn ein Student eine Kofinanzierung aus der Wirtschaft erhält, soll uns das als Beleg dafür genügen, dass es sich lohnt, diesen Studierenden zu fördern, weil die Wirtschaft diese Fachkräfte im Land – das zeigt sich ja dadurch – auch braucht.

NRW, also Nordrhein-Westfalen, hat diesen Weg letztes Jahr in ähnlicher Weise beschritten. Das zeigt, dass andere Bundesländer bereits Instrumente vorlegen, die im Wettbewerb – und in dem stehen wir dann auch – um die besten Köpfe im Land greifen werden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nur Nordrhein-Westfalen.)

Wir können nicht tatenlos zusehen, wie sich dieser Prozess weiterentwickelt und wie wir dabei weiter abgehängt werden.

Das landeseigene Stipendienprogramm soll die Studienbereitschaft erhöhen, die Wirtschaft einbinden und damit sogenannte Einstellungstauglichkeit verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in Ausbildung und Wirtschaft erhöhen. Die Kosten sind dabei nicht das Problem. Es wird eher schwierig, ausreichend Partner in der Wirtschaft und Studierfähige zu mobilisieren, diese Chance zu ergreifen. Wenn die Mobilisierung gelingt, sind dies die besten Investitionen mit der höchsten Rendite, die das Land erreichen kann.

Herr Brodkorb wird gerne bestätigen, dass sich – und das sagt er ja immer wieder – mit jedem neu eingeworbenen Studierenden, der sich für einen Erstwohnsitz im Land entscheidet, das Programm finanzieren ließe. Wenn wir so verfahren würden, meine Damen und Herren, hätten wir mit keinerlei Verlusten zu rechnen. Im Gegenteil, der unmittelbare und langfristige Gewinn wäre uns sicher. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren, mit uns für eine Stärkung des Stipendiensystems zu stimmen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und damit für eine Stärkung der Zukunftsfähigkeit in unserem Land

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Jawohl.)

in allen Bereichen zu kämpfen, meine Damen und Herren. Ich bitte also nochmals um die Zustimmung für den für unser Land sehr wichtigen Sachverhalt. Ich sehe aber schon und bin insofern gespannt, was ich nachher höre. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Toralf Schnur, FDP: Mal wieder höre.)

Danke schön, Herr Kreher.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren, Monaten, Tagen und Wochen gewann das Thema Bildung bundesweit an Bedeutung und nicht zuletzt schlug sich das im Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder im Jahre 2008 nieder. Hier wurde das Ziel formuliert, die Bildungsausgaben bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen – ich rufe noch mal in Erinnerung: davon drei Prozent im schulischen und sieben Prozent im Hochschul- und Forschungsbereich.

(Mathias Brodkorb, SPD: Wahrscheinlich eher umgekehrt.)

Zu den geplanten Maßnahmen auf Bundesebene zählt die Stärkung der Bildungsfinanzierung. Dazu sollen insbesondere das BAföG und Stipendien weiterentwickelt und ausgebaut werden. Ziel dieser Bemühungen ist es, mehr jungen Menschen ein Studium an einer Hochschule in Deutschland zu ermöglichen.

In Mecklenburg-Vorpommern beginnen zu wenige Abiturienten ein Hochschulstudium. Die Studienanfängerquote von durchschnittlich 40 Prozent bundesweit wird im Land nicht erreicht.

Und jetzt wird es wahrscheinlich ein Druckfehler sein, ich muss ihn aber trotzdem nennen, weil es bis jetzt keiner korrigiert hat, Herr Kreher. Im Antrag der Fraktion der FDP sind natürlich Zahlen genannt. Die habe ich mir angesehen. Sie haben ja auch das Statistische Landesamt und Bundesamt hochgehalten. In Bezug auf den doppelten Abiturjahrgang 2008, in der Antragsbegründung Absatz 4, bitte einmal nachschaun, das, was dort niedergeschrieben ist, kann ich nicht nachvollziehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nach den dem Bildungsministerium vorliegenden Werten werden circa 70 Prozent der etwa 7.000 zusätzlichen Abiturienten aus dem Jahr 2008 ein Studium aufnehmen, davon rund die Hälfte in Mecklenburg-Vorpommern. Das sind dann, wenn Sie das ausrechnen, 2.500. Sie haben gesagt, das sind nur 500. Also insofern würde ich auch noch mal bitten, das zu prüfen. Wenn es ein Druckfehler ist, okay. Wenn es jetzt ein inhaltlicher Fehler wird, umso wichtiger, dass wir da über gleiches Zahlenmaterial reden,

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja.)

denn ich finde schon, 500 zu 2.500 ist eine nicht kleine Diskrepanz.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Doch zurück zur Bildungsfinanzierung: Anfang Januar dieses Jahres hat die Bundesbildungsministerin Pläne für eine BAföG-Erhöhung konkretisiert. Danach sollen die Freibeträge für die Elterneinkommen um drei Prozent und die BAföG-Sätze dann um zwei Prozent steigen. Neben diesen finanziellen Verbesserungen ist geplant, bestehende Einschränkungen zu lockern. Beispielsweise, was ich besonders gut finde, soll die Altersgrenze bei Beginn des Masterstudiums von 30 auf 35 Jahre

erhöht und die Altersgrenze von Studierenden wegen Kindererziehung flexibler gestaltet werden.

Das waren im Übrigen Forderungen von Studierenden bundesweit, weil das auch ein Problem ist, wenn man den Bachelor hat, in die Wirtschaft geht und dann hinterher den Master macht, dass man nicht an einer Altersgrenze scheitert.

Außerdem sollen Studierende künftig nach einem Fachrichtungswechsel je zur Hälfte, was ich ebenfalls sehr vernünftig finde, mit BAföG und einem Darlehen gefördert werden können. Ein entsprechendes Gesetz kündigte Bundesministerin Schavan für den Herbst dieses Jahres an.

Abgesehen von den Neuerungen im BAföG-Bereich wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung laut Koalitionsvertrag ein nationales Stipendienprogramm auf den Weg bringen. Geplant ist, heißt es dort, eingeworbene Stipendien, ob aus der Wirtschaft oder privat, in Höhe von 150 Euro pro Studierenden im Monat in gleicher Höhe mit Steuergeldern zu ergänzen. Je zur Hälfte soll dieser Anteil vom Bund und den Ländern finanziert werden. Die Vergabe soll sich nach den Leistungen und nicht nach dem Einkommen der Eltern richten. Die Referentenentwürfe der Bundesregierung werden hierzu in Kürze den Ländern vorgelegt werden.

Nun haben wir heute auch an anderer Stelle, und ich will das nicht miteinander vermengen, auch gehört, wenn etwas vorgelegt wird, dann sollen darin Kriterien und Berechnungen enthalten sein. Nun habe ich bei Ihrem Antrag sehr genau zugehört. Die Forderung der Fraktion der FDP in Bezug auf das nationale Stipendienprogramm ist natürlich auch verbunden mit der Klärung einer Reihe von Fragen, die Sie nicht angeschnitten haben, sehr geehrter Herr Vizepräsident, um hier auch zu einer Entscheidung zu kommen. Bisher sind lediglich die Eckpunkte bekannt.

Die wichtigsten noch zu klärenden Fragen aus meiner Sicht lauten, und insofern will ich sie einfach nennen:

Wie hoch werden die Kosten für die Länder sein? Sie haben gesagt, die Kosten sind kein Problem. Ich weiß nicht, von welchen Zahlen Sie jetzt ausgegangen sind. Für mich ist es so, in Mecklenburg-Vorpommern haben wir …

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Das wird nicht ganz reichen, Herr Professor Methling.

In Mecklenburg-Vorpommern haben wir bei einer geplanten Förderung von zehn Prozent – und so ist es ja auch im Antrag geschrieben – bei derzeit 38.000 Studierenden einen jährlich aufzubringenden Zuschuss von 3,4 Millionen Euro.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

So viel zu der Frage, es kostet nichts.

Zu klären ist weiter, wann und in welchen Gremien die Bundesregierung Gespräche mit den Ländern und der Wirtschaft über die Errichtung des nationalen Stipendienprogramms aufnehmen wird. Wer soll die Stipendien bei der Wirtschaft und den privaten Stiftungen einwerben? Das ist jetzt keine bürokratische Frage, sondern das ist eine ganz prinzipielle Frage, wie das erfolgen soll.

Nach welchem Schlüssel werden die Hochschularten berücksichtigt? Sie haben Nordrhein-Westfalen angesprochen. Sehen Sie sich das ganz genau an!

Welche Bewerbungs- und Vergabekriterien für die Stipendien sollen von wem festgelegt werden? So nach dem Motto, nur weil dort ein Anteil kommt, erfolgt eine automatische Zubilligung?

Und es muss außerdem sichergestellt werden, dass leistungsstarke BAföG-Empfänger auch das nationale Stipendienprogramm nutzen können, ohne dass eine Anrechnung auf den Förderungsbetrag erfolgt.

Das sind alles Fragen, die für mich hier bisher weder benannt noch beantwortet worden sind. Im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern muss sichergestellt werden, dass wirtschaftsschwächere Länder – das haben Sie ganz zart angedeutet so nach dem Motto, haben wir dann auch die Betriebe und Partner – durch das nationale Stipendienprogramm nicht benachteiligt werden.

Es ist nicht zu akzeptieren, dass ein Student mit einem Notendurchschnitt von 2,0 in einem wirtschaftsstarken Land in den Genuss eines Stipendiums kommt, während in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Notendurchschnitt von 1,0 er nicht in den Genuss kommt, weil wir keinen wirtschaftlichen Partner haben, und gleichzeitig verwenden wir Steuergeld auf Bundesebene. Diese Fragen muss man nicht nur stellen, sondern es wäre natürlich schön, wenn man einen solchen Antrag stellt, dass man den Horizont einer Antwort skizziert.

Und ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Beteiligung der Wirtschaft aufgrund der hälftigen Finanzierung. Auch das ist einfach nur ein Faktum, was man jetzt schon absehen kann. Wie gesagt, das können Sie anders interpretieren. Nur, ich habe es mir sehr genau angesehen. Ich war damals in der GWK. Das ist nun das Problem, dass ich seit ein paar Jahren bundesweit unterwegs bin. Dort ist der Antrag damals durchgefallen vom Kollegen Pinkwart,