Der Antrag der FDP verweist auf das Projekt MarktTreff in Schleswig-Holstein. Herr Kollege Roolf, Sie haben darauf hier sehr eingehend abgestellt und regen an, diese Erfahrungen in unserem Lande zu übernehmen, indem ein Modellprojekt erarbeitet werden soll. Über die Entwicklung der MarktTreffs in unserem Nachbarland ist viel geschrieben worden. Man kann unter anderem nachlesen, dass bis 2006 geplant war, 50 dieser Einrichtungen, die im Kern aus einem Lebensmittelladen und einigen Gemeinschaftseinrichtungen bestehen, zu schaffen. Bis heute sind es – Sie haben es selbst gesagt – nur 25 MarktTreffs geworden, die in diesem relativ bevölkerungsreichen und großen Bundesland wohl keine strukturbestimmende Rolle spielen.
Der Werdegang, um zu einem geförderten MarktTreff zu kommen, ist in der Praxis so, dass der vorhandene Betreiber eines Lebensmittelladens feststellt, dass er anhand der Entwicklungstrends im Einzelhandel immer weniger Umsatz verzeichnet, und Überlegungen anstellen muss, wie mit Zusatzangeboten wieder eine stärkere Kundenbindung möglich wird. Wenn das Gebäude der Gemeinde gehört, kann über das Programm eine 50-prozentige Förderung für den Um- und Ausbau und die Ladeneinrichtung ermöglicht werden, vorausgesetzt die Gemeinde hat das Geld und sieht die Notwendigkeit.
Landesplaner und Geografen könnten besser beantworten, in welcher Weise sich die Strukturen der Dörfer und Gemeinden in Schleswig-Holstein und in unserem Lande
ähneln beziehungsweise in ihrer Größe und Struktur unterscheiden und sich für diese Vorhaben eignen. Mein Eindruck ist, dass gerade in Orten bis zu 2.500 Einwohnern in unserem Lande noch Einkaufsstrukturen bestehen, auch das wurde eben gesagt, und zumeist auch vom Land geförderte Dorfgemeinschaftshäuser beziehungsweise Gemeindetreffs. Da würde diese Art der Förderung nur Bestehendes möglicherweise in Gefahr bringen. Den dringenden Bedarf an Gemeinschaftseinrichtungen, den sehe ich insbesondere in den peripher gelegenen Dörfern und Gemeinden. Auch dafür haben wir sehr viele Beispiele, für Gemeinden, die zu klein sind für eine Verkaufseinrichtung, wo die Bürger aber natürlich das Bedürfnis nach Geselligkeit, Kommunikation und Dienstleistungen haben.
Wir haben, so meine ich, genügend Stoff, um in Verbindung mit der Anhörung zu unserem Antrag auch die Fragen dieses Antrages mit Fachleuten zu erörtern, die keineswegs nur die angesprochenen Partner aus der Wirtschaft und der Verwaltung sein können, sondern es sollten, so meine ich, auch Vereine und Vertreter demokratischer Parteien sein. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung des Antrages federführend in den Verkehrsausschuss und mitberatend in den Agrarausschuss. – Danke sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mitten in der breit angelegten Diskussion zur Entwicklung ländlicher Räume platzt die FDP mal wieder mit einem für sie typischen Schnellschussantrag. Offenbar angeregt durch einen Fernsehbeitrag soll mal schnell ein Programm unseres Nachbarlandes SchleswigHolstein nahezu 1:1 übernommen werden.
Ich gebe es zu, das Programm ist in Schleswig-Holstein durchweg erfolgreich und auch angebracht. Die Ministerin hat sehr ausführlich beschrieben, wie die Struktur in Schleswig-Holstein mit 72 Einwohnern pro Quadratkilometer ist. In Regionen – Heinz Müller kann mir das bestätigen – wie Teilen von Demmin und Uecker-Randow haben wir 17 Einwohner pro Quadratkilometer.
Guten Morgen, Herr Roolf und meine Herren und Damen von der FDP! Der demografische Wandel lässt grüßen! Schön, dass das Thema auch Sie erreicht hat. Nur dieses Thema steht seit geraumer Zeit für die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen ganz oben auf der Agenda.
Auch die Fraktion DIE LINKE – Herr Professor Tack hat es ja eben ausgeführt – hat sich mit ihrem Antrag zur Zukunft ländlicher Räume, der gegenwärtig im Agrarausschuss beraten wird, in die Diskussion eingebracht. Das hätten Sie an dieser Stelle gut fachlich tun können.
Die Erfordernisse des demografischen Wandels gehen aber weit über die Sicherstellung der Grundversorgung mit Waren des täglichen Bedarfs im ländlichen Raum hinaus. Hierzu nur ein paar Stichworte: Daseinsvorsorge mit der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung und im Küsten- und Hochwasserschutz, strukturelle Zentralisierung, Gesundheitsgrundversorgung, Bildung, Kinderbetreuung, kulturelle Angebote, Kommunikationsdienstleistungen – ich spreche von der Breitbandversorgung –, Bankdienstleistungen und so weiter und so weiter.
Bei 17 Einwohnern pro Quadratkilometer ist das eine Herausforderung. Diese Komplexität erfordert interdisziplinäres Handeln. Die Idee, die hinter dem Programm MarktTreff steht, muss dabei selbstverständlich Bestandteil der Überlegungen sein.
Ich weise an dieser Stelle erneut darauf hin, dass unter Federführung der Staatskanzlei eine interministerielle Arbeitsgruppe „Demografischer Wandel“ eingerichtet wurde, die zum Ziel hat, im kommenden Jahr ein ressortübergreifendes Handlungskonzept für unser Land vorzustellen. Darüber hinaus ist es schon jetzt so, dass im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum der LEADER den Schwerpunkt bildet. Hier werden zwischen 2007 und 2013 Fördermittel in Höhe von 71,3 Millionen Euro im Sinne von Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Teilhabe der Region durch 13 Lokale Aktionsgruppen in Bereichen wie Infrastruktur, Ortslagenentwicklung, Tourismus sowie Entwicklung des Wirtschafts- und Lebensraumes mit eigenständigen Strategien und eigenständigen Entscheidungen eingesetzt.
Zum Schluss, und das hat nichts mit Reihung zu tun, erinnere ich an das bereits 2007 vom Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz vorgestellte Strategiepapier „Land hat Zukunft – MecklenburgVorpommern 2020“ mit Entwicklungstrends und Visionen für die ländlichen Räume.
Ja, wir haben uns dort getroffen. Wir haben eigentlich die Leidenschaft, die Neugier und das Bemühen anzupacken der kommunalen Vertreter in den Regionen wirklich erlebt, dieses Programm für sich erschließen zu können, zu schauen, was kann ich damit machen, wie kann ich spezifisch für meine Region dieses Programm nutzen. Und diese Aufbruchstimmung, die wird auch gegenwärtig gelebt. Das will ich deutlich unterstreichen.
Unter „Identität und Lebensqualität sichern“ heißt es da als Vision 2020: Niemand in Mecklenburg-Vorpommern wohnt weiter als 15 bis 20 Kilometer von einer Ankergemeinde entfernt, einem Grundzentrum, in dem Kinderbetreuungseinrichtungen, Arzt und Apotheke, Schule, Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle Angebote, Gaststätte sowie Post, Telekommunikations- und Bankdienstleistungen vorhanden und nutzbar sind. Das ist der Anspruch, den wir damit verwirklichen wollen. Das können wir nur gemeinsam mit der Zielsetzung der Politik, mit Rahmenbedingungen und mit der Aktivität der Menschen vor Ort.
Meine Damen und Herren, wir sind dabei, dieses Thema fachlich im Ausschuss zu besetzen. Bringen Sie sich an dieser Stelle ein, damit wir hier Nägel mit Köpfen machen
können! Den Antrag, den Sie hier stellen, der geht uns nicht weit genug, deshalb lehnen wir ihn an dieser Stelle ab. Die Thematik sind wir bereit,
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie der Fraktionsvorsitzende der FDP bereits eingestanden hat, wurde die Idee zu dem Antrag aus Schleswig-Holstein übernommen. Im Rahmen der Dorf- und ländlichen Regionalentwicklung fördert das Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus in Schleswig-Holstein seit 1999 das Projekt „Ländliche Dienstleistungszentren – MarktTreff“. Der Grundgedanke für dieses Projekt ist die Konzentration von Grundversorgungsangeboten in kleinen Dörfern und Gemeinden. Die Dorfgemeinschaft trägt hierbei im Wesentlichen den MarktTreff und gestaltet die Zusammensetzung der Angebote und Dienstleistungen in einem sogenannten Kerngeschäft, in der Regel bestehende Lebensmittelgeschäfte, selbst. Mittlerweile existieren 25 MarktTreffs in Schleswig-Holstein, das wurde ja auch bereits genannt.
dass die wirtschaftlichen Rahmenverhältnisse in Schleswig-Holstein andere als in Mecklenburg und Pommern sind, darf bezweifelt werden. Ob sich die FDP auch die Frage der Nachhaltigkeit solcher Projekte gestellt hat, darf ebenfalls in Zweifel gezogen werden. Die gelb-blaue Scheinopposition ist für alles bekannt, jedoch nicht für politische Weitsicht.
Herr Köster, einen Moment! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir hier im Land Mecklenburg-Vorpommern leben.
So beinhaltet auch die viel beschworene Erfolgsgeschichte MarktTreff einen Makel. Die ostholsteinische Gemeinde Kasseedorf stellt ein Fallbeispiel für eine MarktTreff-Fehlplanung dar. So wurde 2001 viel Geld der öffentlichen Hand für die Einrichtung eines MarktTreffs mit Lokalen für Gaststätten und Einzelhandel ausgereicht, der allerdings nach sieben Jahren leer steht, weil man sich in den Umsatzerwartungen verkalkuliert hatte.
So heißt es im 36. Schwarzbuch 2008 des Bundes der Steuerzahler mit dem Titel „Die öffentliche Steuerverschwendung“, ic h zitiere: „Insgesamt wurden 1,28 Millionen Euro in das Vorhaben investiert. 716.000 Euro stammen aus Landesmitteln. Heute steht das Musterprojekt vor dem Aus. Drei Betreiber, von denen einer sogar eine gemeinnützige Einrichtung mit gefördertem Personal war, haben aufgegeben, weil die Umsätze nicht reichten, aus der Verlustzone herauszukommen. Eine endgültige Schließung könnte jedoch zur Rückforderung der Projektzuschüsse führen.“ Zitatende.
Die Initiierung von MarktTreffs in Mecklenburg und Vorpommern mag ein Feigenblatt für verfehlte Strukturpolitik sein, eine reale Förderung der ländlichen Infrastruktur beinhaltet sie aber sicherlich nicht. Eine echte wirtschaftliche Gesundung kann nur durch die Regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen entstehen. Eine vertiefte Bindung der Verbraucher an die Region ermöglicht eine nachhaltige und sich selbst tragende Wirtschaftsstruktur. Nur durch raumorientiertes Wirtschaften, in dem das Kapital in der engeren Heimat der Menschen zirkuliert, werden auch langfristig Arbeitsplätze erhalten.
Da die Politik eine besondere Verantwortung für die Zukunft unseres Landes tragen sollte, wäre es nur folgerichtig, dass durch die Landesprogramme initiierte ökonomische Belebung langfristig auch ohne staatliche Subventionen existent bleibt. Hingegen würde ein MarktTreff-Programm für Mecklenburg-Vorpommern nur im Kleinen das widerspiegeln, was auf allen Ebenen im Land längst Praxis ist: Alle Wirtschaftszweige hängen am Tropf von Fördermitteln.
Auf Gedeih und Verderb ist die Volkswirtschaft an EU-Strukturfonds gekettet, deren Finanzmittel nicht unendlich sind und einmal versiegen werden. Deshalb ist der Antrag der Liberalextremisten als politisch kurzsichtig, als unausgereift – da wieder einmal kopiert – und als nicht zielführend für unser Land einzuschätzen und demgemäß abzulehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Stück weit enttäuschend, aber nicht überraschend enttäuschend, wie Sie mit dem Antrag hier umgehen.
meine Heimatregion ist Mecklenburg-Vorpommern, dann bitte ich Sie, dass wir vielleicht einmal über Mecklenburg-Vorpommern reden, denn wir reden nicht über Ihr kleines liebenswertes Dorf, in dem Sie leben. Wir Liberalen reden über Mecklenburg-Vorpommern.