Protocol of the Session on December 17, 2009

Nur so viel: Manchmal ist es schon faszinierend, welche finanzpolitischen Konstruktionen – und den Begriff „Verrenkungen“ möchte ich dabei vermeiden – erforderlich sind, um die Entscheidungen, mit denen wir die Kommunen zunächst belastet haben, um die Ecke herum wieder ein Stück weit zu kompensieren, damit eben nicht alles stillsteht auf der kommunalen Ebene, wie es die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter uns allen nachdrücklich geschildert haben.

(Harry Glawe, CDU: Wir haben dagegengestimmt.)

Meine Damen und Herren, um die zurückgehenden Einnahmen und die gleichzeitig weiter steigenden Sozialausgaben zu kompensieren, müssen wir in höherem Umfang als bisher geplant auf die Rücklagen zurückgreifen. Nur so können wir eine Nettoneuverschuldung verhindern. Ich will ja hier nicht schwarzmalen, dazu bin ich viel zu sehr in der roten Opposition verhaftet,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

aber gespannt bin ich schon, wie wir das so durchhalten wollen, Herr Glawe,

(Harry Glawe, CDU: Das liegt Ihnen doch.)

denn bald greift die vom Bund verordnete Schuldenbremse im Grundgesetz.

Und, meine Damen und Herren, möglicherweise stecken wir ab Mitte des kommenden Jahrzehnts in einer seltsamen Situation. Mangels dann noch vorhandener Rücklagen und auf der Grundlage zurückgehender Zuweisungen vom Bund und aus dem Länderfinanzausgleich werden wir möglicherweise Kredite aufnehmen müssen, um noch gestalten zu können. Wir werden dies aber nicht dürfen, weil das Grundgesetz dies verbietet. Heute dürften wir, wollen aber nicht. Na ja.

(Harry Glawe, CDU: Oi! Ah, ja, ja!)

Verstehen Sie mich nicht falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich bin für eine Nettoneuverschuldung in der Höhe „null“, aber nicht um den Preis eines Verzichts auf politische Gestaltungsmöglichkeiten.

Parlament und Haushalt – das gehört heute untrennbar zusammen. Staatliches Handeln muss legitimiert sein. Und das gilt in ganz besonderer Weise für die Verwendung seiner finanziellen Mittel,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch die Einbringungsrede der Ausschussvorsitzenden, oder?!)

denn es ist das Geld, das unsere Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist grenzwertig.)

Und so ist das Budgetrecht das vornehmste Recht des Parlaments. Damit korrespondiert aus meiner Sicht als Abgeordnete,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie haben doch Möglichkeiten noch in der Aussprache, Frau Schwebs!)

aus meiner Sicht als Vorsitzende des Finanzausschusses auch eine besondere Verantwortung der Exekutive. Und da möchte ich positiv hervorheben, dass alle Ministerinnen und Minister, dass der Chef der Staatskanzlei und auch die Präsidentin des Landtages und der Präsident des Landesrechnungshofes ihren jeweiligen Haushalt im Finanzausschuss vorgestellt haben. Alle, Sie alle haben Ihren eigenen Einzelplan für so wichtig und bedeutend gehalten, dass Sie ihn selbst vorgestellt haben. Aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, ist das ein gutes Zeichen für Kultur in diesem Hause, für die Kultur zwischen Regierung und Parlament.

Und da ist Kultur ein gutes Stichwort, denn wenn ich von „allen“ spreche, von allen Ministerinnen und Ministern, so trifft das leider nicht ganz zu. Von einem habe ich im Rahmen der Haushaltsberatungen noch gar nichts gehört, weder im Rahmen der Ersten Lesung hier im Parlament noch im Finanzausschuss. Und ich bin mir nicht sicher, ob er im Fachausschuss etwas zum Haushalt seines Ministeriums gesagt hat. Vielleicht erahnen Sie, wen ich mit diesen Andeutungen meine? Da ist Kultur ein gutes Stichwort, wenn es um Abwesenheit geht, beinahe hätte ich gesagt, wenn es um Ihre Abwesenheit geht, die der Kultur, der Bildung wohl auch.

Sei es drum, mein Dank gilt zuallererst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Parlamentssekretariat, die die Arbeit unter erschwerten Bedingungen mit viel Fleiß, Geduld und vor allen Dingen mit Freundlichkeit bewältigt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und mein Dank, meine Damen und Herren, gilt auch den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss. Wir haben eine sehr intensive Zeit miteinander verbracht, in der wir wohl alle voneinander gelernt haben.

(Egbert Liskow, CDU: Was?!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erste Lesung eines Gesetzes ist die Stunde der Regierung, die Zweite die Stunde des Parlaments. Und am Ende meiner Ausführungen habe ich Sie als Vorsitzende des Finanzausschusses im Auftrag der Ausschussmehrheit um Ihre Zustimmung zu den Beschlussempfehlungen zu bitten.

Was wir Ihnen und uns heute hier vorlegen, ist die Grundlage für die kommenden zwei Jahre Staatstätigkeit, für die kommenden zwei Jahre Mecklenburg-Vorpommern. Lassen Sie uns gemeinsam das Beste daraus machen!

Und denken wir gerade hier im Parlament in diesem Zusammenhang an einen der sprichwörtlich sparsamen Schotten. Ich meine damit den Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre, den Schotten Adam Smith. Ich möchte mich beziehen auf seine Einschätzung der Lernfähigkeit von Regierungen, und er beschrieb das einstmals so: „Keine Kunst lernt eine Regierung schnel

ler als die, Geld aus den Taschen der Leute zu ziehen.“ Zitatende. Damit hat er aus meiner Sicht die Grundlage des Kontrollauftrages des Parlaments gegenüber der Regierung auf den Punkt gebracht. So enden heute die Beratungen zum Doppelhaushalt 2010/2011 und unser Kontrollauftrag beginnt. Wir werden als Parlament die Umsetzung unserer Beschlüsse aufmerksam zu begleiten haben. Für den Finanzausschuss kann ich das auch gern zusagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank.

Ich eröffne die allgemeine Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Norbert Baunach, SPD: Kürzen Sie die Debatte, die ganzen Könige fehlen!)

Als langjährige Abgeordnete weiß ich, dass die Zweite Lesung eines Haushaltes …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist euer Haushalt.)

Störe ich irgendwie?

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir beraten doch nicht die Einzelpläne zum Haushalt, wenn die Regierung nicht anwesend ist. – Michael Roolf, FDP: Es wäre schön, wenn die Regierung anwesend wäre.)

Was soll ich dazu sagen?

Es gibt …

(Rudolf Borchert, SPD: Das Finanzministerium ist doch nicht zu übersehen.)

Und auch nicht zu überhören. Ich will es nur nicht darauf anlegen, über …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist doch die Königsdebatte, die wir hier führen.)

Der Auffassung bin ich auch, Herr Holter, was Sie nicht überraschen wird.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Die haben sich doch offiziell entschuldigt.)

Aber ich gehe mal davon aus, wir fangen einfach an.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist auch gut so.)

Ich versuche das jetzt also noch mal.

Da ich ja auch langjährige Abgeordnete bin, weiß ich, dass normalerweise die Zweite Lesung eines Haushaltes nicht immer im gleichen Maße im Zentrum der Aufmerksamkeit steht wie die Einbringung. Das passt zum Einstieg. Für mich als Finanzministerin ist sie allerdings von ganz besonderer Bedeutung. Denn auch wenn einem Haushaltsentwurf intensive Verhandlungen innerhalb der Regierung vorausgehen, die wahre Bewährungsprobe hat ein Haushalt zu bestehen, wenn er dem parlamentarischen Verfahren und damit der öffentlichen Diskussion übergeben wird.

Meine Damen und Herren, ich denke, die Mehrheit von Ihnen wird mit mir der Meinung sein, dass der Doppel

haushalt für die Jahre 2010 und 2011 diese erste Probe gut überstanden hat. Arbeitsreiche und beratungsintensive Wochen liegen seit September hinter uns. Allein die Zahl der Landtagsdrucksachen, die Frau Präsidentin vorgetragen hat, allein die Zahl der Sitzungen, die die Ausschussvorsitzende erwähnt hat, zeigen uns, dass wir es uns mit den Beratungen nicht leicht gemacht haben. Für die geleistete Arbeit möchte ich allen Abgeordneten meinen Dank aussprechen. Insbesondere die Mitglieder des Finanzausschusses haben mal wieder einen Beratungsmarathon absolviert. Ihnen, insbesondere der Vorsitzenden Frau Schwebs, und natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschusses sowie der Fraktionen sei daher noch einmal ausdrücklich gedankt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Mein Dank gilt auch den finanzpolitischen Sprechern der Regierungsfraktionen, die mit sehr großer Verantwortung das Prinzip, dass Deckungen nicht aus gesetzlichen Leistungen erfolgen sollen, berücksichtigt haben. Das war mir noch mal eine ganz besondere Würdigung wert.