Protocol of the Session on November 19, 2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Und ich wiederhole: Wenn wir auch 20 Jahre nach dem Ende der DDR darüber reden,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das erzählen Sie mal überall in der Öffentlichkeit! Erzählen Sie das mal überall!)

wir betreiben auch 60 Jahre nach Kriegsende Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts.

(allgemeine Unruhe – Raimund Frank Borrmann, NPD: Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. – Glocke der Vizepräsidentin)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte doch um mehr Aufmerksamkeit hier.

Bitte, Herr von Storch, Sie haben das Wort.

Vor dem Hintergrund, dass auf Bundesebene eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll, die sich allein mit der Thematik beschäftigt, ob im Eigentum der öffentlichen Hand befindliche Grundstücke den Opfern der Enteignung in der SBZ zum

bevorzugten Erwerb angeboten werden können, besteht neue Hoffnung, dass den Opfern der Bodenreform ein Minimum an Wiedergutmachung zugesprochen werden kann.

Der Grundgedanke des Ausgleichsleistungsgesetzes von 1994 war es, den Alteigentümern die Möglichkeit zu eröffnen, von der Treuhandanstalt oder der BVVG zu privatisieren, um landwirtschaftliche Flächen zu vergünstigten Konditionen erwerben zu können. Hierbei sollte der landwirtschaftliche Eckbetrieb mit rund 34 Hektar als Bemessungsgrundlage dienen. Dafür wurden im Paragrafen 3 Absatz 5 des Ausgleichsleistungsgesetzes die Begrenzungstatbestände „Hälfte der Höhe der Ausgleichsleistungen oder 300.000 Ertragsmesszahlen“ aufgenommen. Der Gesetzgeber hatte damit eine flächenmäßige Begrenzung der Rückerwerbsmöglichkeiten, unabhängig von der Entwicklung des Bodenpreises, getroffen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das war der kleinste gemeinsame Nenner.)

Danke schön.

1999 hat dann die rot-grüne Bundesregierung, Herr Minister Backhaus, die Flächenerwerbsmöglichkeiten drastisch eingeschränkt und dahin gehend geregelt, dass als Ausgleichsregelung auch für die Alteigentümer es auf den Kaufpreis des Erwerbs von BVVG-Flächen ankommt. Mit dieser Neuregelung wurde von der Flächenregelung „34 Hektar“, zu einer Handhabung übergegangen, die als Grundlage die Bodenqualität und den Marktpreis erhöht berücksichtigt.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das war der Gleichheitsgrundsatz. Das gilt für alle anderen auch. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Mit den rasant steigenden Kaufpreisen für landwirtschaftliche Flächen in den letzten Jahren schmolz die Möglichkeit des Flächenerwerbs für Alteigentümer entsprechend der Höhe der Ausgleichsleistungen erheblich ab.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Heute sind mit den 1999 vorgegebenen Modalitäten allenfalls 12 bis 14 Hektar anstelle von 34 Hektar zu erwerben.

Vor diesem Hintergrund hat die Union bereits in der letzten Legislaturperiode des Bundestages eine Rückkehr zu der alleinigen Flächenregelung für Alteigentümer gefordert, die bereits 1994/1995 im Vermittlungsverfahren geschaffen worden war. Die seitens der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Regelung über den Bodenpreis sollte gänzlich entfallen beziehungsweise im Rahmen einer Stichtagsregelung dahin gehend ausgestaltet werden, dass die Bodenpreise vom 01.01.2004 für die Berechnung als Grundlage festgesetzt werden.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ein einzelner Abgeordneter aus Niedersachsen war das mit der FDP zusammen.)

Nunmehr gibt es eine andere Mehrheit in Berlin.

Damit sollte die Flächenerwerbsänderung wieder auf die ursprünglichen Ziele, die ja abgestimmt waren, ausgerichtet werden. Und das ist wohl demokratisches Selbstverständnis.

(Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Insgesamt geht der Antrag der LINKEN an der Realität vorbei und blendet bewusst ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte aus.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Sie versuchen nach wie vor, aus dem Unglück anderer Menschen politisches Kapital zu schlagen.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Absolut richtig.)

Auch deshalb lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Danke schön, Herr Dr. von Storch.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der FDP Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Liberaler, als Mitglied der FDP in Mecklenburg-Vorpommern, bin ich stolz darauf, was auf Bundesebene zu diesem Thema in den Einigungsvertrag reingeschrieben worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Toll! – Dr. Till Backhaus, SPD: Das sagen Sie mal öffentlich! – Irene Müller, DIE LINKE: Schämen sollten Sie sich!)

Ich bin stolz darauf, dass wir genau dieses Thema angefasst haben.

(Irene Müller, DIE LINKE: Umso schlimmer, wenn es nicht eingesehen wird. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Es eignet sich hervorragend, die politische Diskussion in diesem Land in eine Wertediskussion überzuleiten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Richtig zukunfts- weisend ist diese Politik. Mein lieber Mann, da können Sie echt stolz drauf sein!)

Und dieser Stolz bringt uns dahin, dass wir hier klar und deutlich sagen:

(Irene Müller, DIE LINKE: Wie Sie hier hochmütig agieren.)

Ja, es ist richtig gewesen, dass der Koalitionsvertrag sich damit beschäftigt.

(Zuruf von Dr. Till Bac khaus, SPD)

Das, was reininterpretiert wird von den LINKEN, und das, was auch von Herrn Backhaus reininterpretiert wird, dass es nämlich um eine Revision der Bodenreform geht,

(Toralf Schnur, FDP: Das ist Boshaftigkeit!)

ist schlichtweg nicht wahr.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Habe ich zum Beispiel nicht gesagt. – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Irene Müller, DIE LINKE)

Wir werden, nachdem ich meine Ausführungen beendet habe, auch um Klarheit für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zu bekommen, hier an dieser Stelle eine namentliche Abstimmung beantragen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Das finden wir sehr gut. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Sehr gut.)

damit die Sozialdemokraten endlich mal Rückgrat zeigen oder sich verkriechen bei einer Abstimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer enthält sich denn hier ständig?)

Meine Damen und Herren, es geht im Ergebnis darum, sich bei den Betroffenen von Unrecht klar und deutlich zu entschuldigen. Das, was wir fälschlicherweise Bodenreform nennen, ist niemals eine Reform gewesen, es ist eine Zwangsenteignung gewesen.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Wir haben den Betroffenen schweres Unrecht getan.