Lassen Sie uns auf Bundesebene gemeinsam dafür eintreten, dass die eingesetzten finanziellen Mittel wirklich den Kindern und Familien zugutekommen, statt sie versickern zu lassen. Armut von Kindern und Familien lässt sich nur bekämpfen, wenn wir den Eltern ermöglichen, einer existenzsichernden Beschäftigung nachzugehen, und dafür müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte ist aus meiner Sicht ganz deutlich geworden, dass es zwischen der Fraktion der SPD und der Sozialministerin scheinbar einen Konflikt gibt.
Auf die Antwort zu unserer Kleinen Anfrage hat die Sozial ministerin, und das hat sie hier auch deutlich gemacht, die Initiative der Europäischen Kommission unterstützt
und hat lediglich infrage gestellt, ob der Mutterschutz auch auf Freiberuflerinnen und Kleinstunternehmerinnen, also Unternehmerinnen übertragen werden kann beziehungsweise wie das gehandelt werden kann. Sie haben aber deutlich gemacht, dass Sie in Bezug auf die Verstärkung des Mutterschutzes im Grunde genommen keinen Wert drauf legen,
weil Sie sagen – ich habe Ihnen gut zugehört –, mit dem vorhandenen Mutterschutz und dem Elternjahr ist alles abgedeckt.
Nun muss man aber, und da gebe ich Ihnen recht, sicherlich noch mal ganz genau hinterfragen: Über was reden wir hier?
(Dr. Margret Seemann, SPD: Richtig. Es geht dann um die 18 Wochen Mutterschutz, aber das geht dann zulasten der Erziehungszeit.)
Die Europäische Kommission spricht von Mutterschutz, und das ist aus meiner Sicht schon ein Unterschied, ob man ganz speziell sagt, wir stellen den Mutterschutz oder das Elternjahr in den Vordergrund,
(Dr. Margret Seemann, SPD: Die Mutter, ja. Aber dann müssen Sie auch die Gesundheit in den Vordergrund stellen.)
also die Erziehung der Kinder. Unter dem Gesichtspunkt sage ich, ich bin erst mal für die Stärkung des Mutterschutzes.
Und dann muss man sich noch einmal angucken, wie die Rahmenbedingungen sind. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich nur einen kurzen Mutterschutzurlaub bekomme, mit 100 Prozent Arbeitsentgelt, oder ob ich in einer bestimmten Zeit, nämlich nach 18 Wochen, dann nur noch 67 Prozent bekomme.
(Dr. Margret Seemann, SPD: Ich habe gesagt, dass man sich darüber verständigen muss. Das habe ich gesagt.)
Und in der Beziehung, glaube ich, ist es ganz, ganz wichtig, dass wir uns das genau noch mal angucken und sagen: Warum sind wir nicht dafür, den Mutterschutz zu stärken?
Als Zweites möchte ich Ihnen sagen, wir haben nicht gesagt, dass wir die 24 Wochen wollen. Das hat Frau Müller nicht gesagt und das steht auch nicht in unserem Antrag.
In unserem Antrag steht das, was in der Europäischen Union diskutiert wird, und das sind bis zu 24 Wochen.
Ich sage auch ganz bewusst: Warum nicht diskutieren? Wir alle reden immer darüber, Europa den Bür gerinnen und Bürgern ein bisschen näherzubringen. An dem Punkt könnten wir doch auch mal zeigen, dass selbstverständlich die Europäische Union auf ein ganz bestimmtes Problem aufmerksam gemacht hat, nämlich die Frage: Was können wir gegen die negative demografische Entwicklung in Europa tun und insbesondere zum Schutz der Mütter?
Unter dem Gesichtspunkt bin ich sehr dafür, dass wir gemeinsam Anreize schaffen, dass sowohl Arbeitnehmerinnen als auch Frauen, die freiberuflich tätig sind, sich für ein Kind entscheiden, und wir das auch ganz besonders unter Schutz stellen. Insoweit ist die Frage der Absicherung, insbesondere der Freiberuflerinnen und der Unternehmerinnen, die wir mal diskutieren sollten, welche Möglichkeiten es da gibt, aus meiner Sicht doch sehr interessant. Es ist doch ein Widerspruch, wenn wir feststellen und auch der Wirtschaftsminister feststellt, wir brauchen mehr Existenzgründerinnen und Existenzgründer, das Sozialministerium sagt, wir brauchen mehr Kinder,
und unter dem Strich gucken wir nicht gemeinsam, wie wir initiativ werden können, um genau die Personengruppe zu unterstützen, wenn sie sich für ein Kind entscheidet.
Aus dieser Sicht sage ich, auf den ersten Blick ist es sicherlich richtig zu sagen, wir können außer im Sozialversicherungssystem diese Frage erst mal nicht lösen.
Auf den zweiten Blick sage ich, und das hat Frau Dr. Seemann aus meiner Sicht klar deutlich gemacht, natürlich würde es Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems geben, nämlich unter dem Gesichtspunkt, dass man mal ernsthaft die Frage stellt, warum wir nicht alle in ein gemeinsames Krankenversicherungssystem einzahlen. Das würde uns allen helfen, insbesondere diese Frage vielleicht auch praktisch handelbar machen und allen Gruppen wäre geholfen. Auch da sehe ich im Rückblick, dass man dann wieder einmal feststellt, dass vielleicht das solidarische Krankenversicherungssystem nicht immer infrage gestellt werden muss, dass also die Solidarität, dieses paritätische System vom Prinzip her auch im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Anstrengungen steht.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)
Nun ist es so, die Reform der Richtlinie ist ein Vorstoß, der die Bereitschaft bei Frauen fördert, trotz Familie wieder zu arbeiten. Sie sagen, Frau Dr. Seemann, dass Sie eher befürchten, dass die Frauen aus dem Arbeitsprozess gedrängt werden. Ich glaube nicht daran. Ich glaube nicht daran, dass dadurch, dass wir den Mutterschutz verstärken, der Arbeitgeber sagt oder ich selbst als Frau, die ich Freiberuflerin bin, sage, nein, dann will ich meinen Arbeitsplatz nicht mehr oder auch nicht für andere Arbeitsplätze schaffen. Sondern im Gegenteil, ich denke, dass es eine gesellschaftliche Aufgabe von uns allen ist, die Mütter oder die Familien zu unterstützen, Kinder in die Welt zu setzen.
Voraussetzung dafür ist natürlich auch, und das will ich an der Stelle ansprechen, dass wir ein ausreichendes Kinderbetreuungssystem haben. Und in der Beziehung ist das …
aber wenn ich mir dann die Frage angucke, was denn sozusagen durch die Bundesregierung angekündigt wurde, nämlich den Frauen 150 Euro zu geben,
(Vincent Kokert, CDU: Da können Sie nun gar nicht mit leben. Da können Sie nun gar nicht mit leben. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Ja, ja, Sie sagen, der Koalitionsvertrag legt es aber ganz deutlich fest, und auch da betonen wir, wir wollen es nicht.
Wir wollen ein vernünftig ausgebautes Betreuungssystem, wir wollen, dass die Frauen die Möglichkeit haben, ihre Kinder in vernünftigen Einrichtungen unterzubringen,