Vor etwas mehr als einem Jahr hat die EU-Kommission angeregt, die Mutterschutzrichtlinie zu reformieren. Im Kern geht es dabei um drei Punkte:
2. die Förderung der Gleichbehandlung, indem es Männern erleichtert wird, Vaterschaftsurlaub zu nehmen
Dabei können sie gleichzeitig mit der Kindsmutter eine Auszeit nehmen, die nicht auf ihren regulären Urlaub angerechnet wird.
Die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs auf 18 Wochen halte ich für eine gute Idee. Mehr Schutz und mehr Sicherheit für Schwangere und frischgebackene Mütter können nie verkehrt sein. So bekommen die Säuglinge die Fürsorge, die sie brauchen und verdienen.
Nun sehen manche Kritiker jede Verlängerung des Mutterschaftsurlaubes auch als Problem an. Sie betrachten das Thema ausschließlich aus dem wirtschaftlichen Blickwinkel oder beklagen den Umstand, dass die Frau dann ja noch länger aus ihrem Job genommen werde. Meine Meinung ist, wenn wir den Mutterschaftsurlaub um nur vier Wochen verlängern, überwiegen die Vorteile die Nachteile. Deswegen unterstütze ich die Verlängerung um vier Wochen ausdrücklich.
Der Antrag der LINKE-Fraktion sieht nun allerdings die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs nicht nur auf 18, sondern eben gleich auf 24 Wochen vor. Auch hierzu habe ich eine klare Meinung. Bei einer derart massiven Verlängerung können die Vorteile die Nachteile nicht mehr ausgleichen.
Vätern den Urlaub zu ermöglichen, halte ich für sinnvoll. Dieser Schritt stärkt die Familien und fördert die Gleichstellung von Frauen und Männern. Allerdings möchte ich prüfen, ob eine solche Regelung steuerfinanziert über eine Flexibilisierung des Elterngeldes möglich ist, um die Arbeitgeber nicht zusätzlich zu belasten.
Auch die Einbeziehung von Freiberuflerinnen, Selbstständigen und Frauen, die in Familienunternehmen mitarbeiten, halte ich für sinnvoll. Das geht allerdings bei der derzeitigen Gesetzeslage nur auf freiwilliger Basis. Ein Ausgleich in Höhe des vollen Lohnes ist nicht möglich, weil diese Gruppen keinen Zugang zu den Sozialversicherungssystemen haben.
Der Antrag der LINKE-Fraktion wiederholt die Reformideen der Europäischen Union, denen das Land Mecklenburg-Vorpommern ohnehin positiv gegenübersteht. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit ihrem Antrag bezieht sich DIE LINKE auf den Vorschlag des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Richtlinie 92/85/EWG. Ziel dieses Vorschlages ist die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz.
In Deutschland werden diese Pläne eher kritisch gesehen und der Bundesrat hat auch diese Sachen schon abgelehnt. Ludwig Georg Braun – und man möge sich ja nicht verwundern, dass wir die Wirtschaft zitieren –, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, bewertet die Pläne der EU, den Mutterschutz auf mindestens 18 Wochen zu verlängern, als falsches Signal.
Er sagte gegenüber der „Frankfurter Rundschau“ wörtlich, Zitat: „Die Absicherung von Müttern in Deutschland durch die derzeitigen Regelungen zum Mutterschutz, Kündigungsschutz und Elterngeld sind bereits vorbildlich.“ Zudem befürchtet der Präsident, dass auf die Unternehmen enorme Belastungen durch diese Maßnahme zukommen. Die Lohnzusatzkosten würden um 500 Millionen Euro pro Jahr steigen.
Schon heute wird das Mutterschaftsgeld, obwohl es eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller Steuerzahler ist, in weiten Teilen den Unternehmen angelastet, die derzeit 1,6 Milliarden Euro für den Mutterschutz zahlen. Ich kann die Bedenken der Wirtschaft durchaus verstehen,
das mag wohl dem einen oder anderen klar sein. Heute bekommt eine Frau während des Mutterschutzes 13 Euro Mutterschaftsgeld pro Tag von ihrer Krankenkasse. Die Differenz zu dem ihr bisher gezahlten Arbeitslohn muss der Arbeitgeber ausgleichen. Frau Müller, wenn jemand selbstständig ist, frage ich mich, woher dann das Geld kommen soll.
Also da stimmt schon irgendwas im System nicht. Der Arbeitgeberzuschuss macht somit den Löwenanteil am Mutterschutzgeld aus
und stellt besonders für kleine und mittlere Unternehmen eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung dar. Angesichts einer vorgeschlagenen Änderung der Europäischen Mutterschutzrichtlinie droht sich diese Belastung noch zu verstärken und zu einem Hemmnis für Wirtschaftswachstum zu werden.
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, Dieter Hundt, meint dazu, Zitat:
„Durch eine Verlängerung der Mutterschaftsfristen von 14 auf 18 Wochen würden die Lohnzusatzkosten um etwa 500 Millionen Euro im Jahr steigen.“
Ich sage ganz deutlich für meine Fraktion, dass Schwangere und stillende Frauen ein Recht auf einen angemessenen Schutz ihrer Gesundheit haben.
Die Verlängerung des Mutterschutzes in der von der EU beziehungsweise hier von der LINKEN vorgeschlagenen Form ist aber für eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf nicht nötig.
Es gibt einige Gründe, die gegen eine Verlängerung des Mutterschutzes sprechen. Mütter und Väter haben in Deutschland durch die Elternzeit bereits die Möglichkeit, bis zu drei Jahre zur Kinderbetreuung zu Hause zu bleiben.
Zudem sind sie bis zu 14 Monate finanziell durch das Elterngeld abgesichert. Damit ist Deutschland im europäischen Vergleich bereits gut aufgestellt.
Und, Frau Müller, die Länder, die Sie aufgezählt haben, haben alle viele dieser Maßnahmen nicht. Ich glaube, daraus geht hervor, wir lehnen den Antrag ab.
Außerdem ist es wieder ein bundesdeutsches Thema. Ich glaube, der Länderrat hat das Ding auch schon abgelehnt. – Danke.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem uns heute vorliegenden Antrag liegt unter anderem die Kleine Anfrage 5/2898 des Abgeordneten Herrn Ritter vom 22. Oktober 2009 zur Reform der Mutterschutzrichtlinie zugrunde. Darin wird Bezug auf die Ablehnung des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Änderung der Richtlinie 92/85/ EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz vom 3. Oktober 2008 im Bundesrat genommen.
Auch der uns vorliegende Antrag fußt auf den eben genannten Vorschlag, geht aber, ohne dass dies explizit vorgetragen wird, in Teilen über die veröffentlichten Vorschläge der Kommission hinaus. Da stellt sich schon die Frage, inwieweit ein im Bundesrat gescheiterter Vorschlag, wenn er durch weitergehende Forderungen angereichert wird, nun sowohl die Zustimmung auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene erreichen kann.
Auch die Frage der Subsidiarität ist zu hinterfragen. Selbst wenn die Landesregierung in der schon zitierten Kleinen Anfrage auf die Frage, ich zitiere: „Steht der Richtlinienvorschlag nach Ansicht der Landesregierung mit dem Grundsatz der Subsidiarität im Einklang?“, Zitatende, mit Ja geantwortet hat, sollte diese grundsätzliche Bejahung schon näher beleuchtet werden.
Das Prinzip der Subsidiarität ist im Artikel 5 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft definiert. Es besagt, dass Entscheidungen auf einer möglichst bürgernahen Ebene zu treffen sind, wobei zu prüfen ist, ob ein gemeinschaftliches Vorgehen angesichts der nationalen, regionalen oder lokalen Handlungsmöglichkeiten wirklich gerechtfertigt ist. In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, handelt die Europäische Union also nur dann, wenn ihre Maßnahmen wirksamer sind als nationale, regionale oder lokale Maßnahmen.
Mit der Subsidiarität gekoppelt sind die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit. Das heißt, die Maßnahmen der Europäischen Union dürfen nicht über das zur Verwirklichung der Vertragsziele notwendige Maß hinausgehen. Der europäische Gesetzgeber, also Europaparlament und Ministerrat, hat nur dann die Kompetenz, eine Sache verbindlich für alle Mitgliedsländer der Europäischen Union zu regeln, wenn die Sache einer gesamteuropäischen Regelung bedarf und der Europäischen Union die Kompetenz ausdrücklich zugewiesen wurde. Die EU soll an sich also nur subsidiär tätig werden. Brauchen wir also bei der Mutterschutzrichtlinie eine gesamteuropäische einheitliche Regelung für alle Mitgliedsstaaten? Mehr noch: Ist es wirklich realistisch, dass man sich auf europäischer Ebene auf die im Antrag formulierten Ziele einigen kann? Ich meine, nein.
Zudem gibt es durchaus auch kritische Stimmen zu den gemachten Vorschlägen, die zu diskutieren sind.