Protocol of the Session on November 18, 2009

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das machen wir jetzt. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist symptomatisch für den gesamten Koalitionsvertrag.)

Der erste Satz: „Wir streben Wettbewerbsgleichheit … an.“ Dass man Wettbewerbsgleichheit anstrebt, das ist ja noch nachvollziehbar, was damit gemeint sein könnte.

(Irene Müller, DIE LINKE: Also doch im Nebel stochern.)

Allerdings wird damit offenbar auch die steuerliche Gleichbehandlung gemeint, denn das ist doch ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor.

Dann kommt der zweite Teil dieses Satzes, der sagt, dass damit Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Zusammenhang, das muss ich mal ganz ehrlich sagen, erschließt sich mir allerdings überhaupt nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist FDP- Philosophie. – Irene Müller, DIE LINKE: Da ist der Nebel ziemlich dicht.)

Aber sei es drum, darum geht es hier und heute nicht.

Und dann kommt der zweite Satz, der sagt: Die steuerliche Belastung soll aber nicht steigen. Das heißt, der zweite Satz steht im kompletten inhaltlichen Widerspruch zum ersten Satz und die Koalitionsvereinbarung ist an dieser Stelle, wie an einer Reihe von anderen Stellen, in sich nicht logisch und in sich widersprüchlich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nahezu insgesamt. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Alles ist möglich. – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)

Also, meine Damen und Herren, wir sollten an diesem Thema sehr wohl dranbleiben und wir sollten ein sehr waches Auge auf dieses Thema haben.

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)

Den LINKEN sage ich, dass Ihr Text, so, wie er gemacht ist, vielleicht in der Situation vor vier Wochen nachvollziehbar, heute das, was wir auf dem Tisch haben, nicht exakt trifft. Und deswegen wird Ihr Antrag unsere Zustimmung nicht finden.

(Vincent Kokert, CDU: Beitrag zum Karneval. – Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ein Spagat.)

In der Sache selbst möchte ich Ihnen aber sagen: Wir reden hier insbesondere über Abfallentsorgung und wir reden über Abwasser.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Dieses sind zwei sehr große Bereiche kommunaler Daseinsvorsorge mit sehr hohen Umsätzen und mit einer sehr hohen Bedeutung für die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern

(Torsten Koplin, DIE LINKE: So ist es.)

und in allen anderen Bundesländern auch. Diese kommunalen Daseinsvorsorgebestandteile werden bei uns über Gebühren finanziert. Und wie diese Gebühren sich errechnen, steht im Kommunalabgabengesetz. Das Kommunalabgabengesetz sagt hier mit dankenswerter Eindeutigkeit, dass die Gebühren nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermitteln sind. Das heißt selbstverständlich, dass zu zahlende Steuern als Kostenfaktor in die Gebühr mit eingehen. Das heißt, wer hier Steuerfreiheit streicht, führt ganz unmittelbar Gebührenerhöhung für jedermann in diesem Land ein,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das will die FDP. Das muss man mal ganz deutlich sagen.)

meine Damen und Herren. Eine solche Gebührenerhöhung lehnen wir kategorisch ab!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wer sich also hier als der große Wohltäter der Nation hinstellt, der die Steuern senkt und der gleichzeitig die Steuern erhöht,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

damit die Gebühren für das Volk erhöht werden, der ist kein Wohltäter, sondern ein Rosstäuscher.

Wenn mein sehr geschätzter Kollege Schulte in seiner Presseerklärung – Frau Schwebs hat es zitiert – auf die soziale Komponente hingewiesen hat, wer sehr wenig Einkommen hat, der zahlt in der Bundesrepublik Deutschland wenig oder gar keine Steuern. Von Steuerentlastungen hat er also wenig bis gar nichts. Wenn man einen Mittelstandsbauch abflacht, hat er davon gar nichts. Aber die Gebühren, die er für seinen Müll und für sein Abwasser bezahlen muss,

(Harry Glawe, CDU: In Nordvorpommern werden die Gebühren gesenkt, Herr Müller!)

die muss auch derjenige mit einem sehr niedrigen Einkommen zahlen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da kommt die Steuer drauf.)

Das heißt, er hat nichts von der Steuerentlastung, aber er wird massiv bei der Gebührenerhöhung getroffen. Und das ist in der Tat unsozial. Da hat Jochen Schulte vollkommen recht, und das ist nicht allein die Meinung von Jochen Schulte, das ist die Meinung der SPD.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Meine auch. – Regine Lück, DIE LINKE: Unsere!)

Und nicht nur der SPD, Herr Holter.

Meine Damen und Herren, wir werden also diesem Antrag, weil der Text nicht mehr die derzeitige Realität trifft, nicht zustimmen. Wir werden aber sehr klar und deutlich sagen, dass wir uns gegen solche massiven Gebührenerhöhungen –

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Jörg Vierkant, CDU)

und es sind 19 Prozent, die dann da draufkommen –, dass wir uns gegen solche massiven Gebührenerhöhungen zur Wehr setzen werden,

(Gino Leonhard, FDP: Ja, ja.)

denn sie sind in der Tat unsozial.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der FDP Herr Roolf.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Kollegen von der Linksfraktion sehr dankbar, dass wir durch ihre aktive Arbeit hier im Landtag die Chance bekommen, unseren zukunftsweisenden Koalitionsvertrag in vielen Punkten Ihnen hier noch mal vorstellen zu können,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

und von der Warte will ich es auch gerne an diesem Thema machen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Der Kollege Müller hat es dankenswerterweise schon zitiert, das heißt, das kann ich mir jetzt ersparen. Es geht nicht um Daseinsvorsorge. Die Interpretation, ob das jetzt inhaltlich von Substanz ist, was da drinsteht, oder nicht, Herr Müller, überlasse ich Ihrer Bewertung. Wenn es nicht von Substanz ist, muss man sich eigentlich gar nicht drüber aufregen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann hätte man es auch nicht reinschreiben müssen!)

Wenn es von Substanz ist, muss man einmal versuchen, sich dem Thema inhaltlich zu nähern.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Hat der Koalitionsvertrag Substanz, Herr Roolf?)

Und gerade Sozialdemokraten sollte auch der Europäische Gerichtshof etwas sagen. Herr Müller, Sie sind da immer ein Fan davon, dass Sie auf Rechtsstaatlichkeit – das ist eines Ihrer Markenzeichen – viel Wert legen.

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

Der Europäische Gerichtshof am 08.06.2006, Herr Kollege Müller, was hat er denn gesagt? Er hat gesagt,