Bis vor Kurzem galt das Motto: „Wir fahren Auto, als ob es kein Morgen gäbe.“ Politiker und öffentliche Verwaltungen aller Ebenen brachten zumeist auch nur Lippenbekenntnisse zustande in Bezug auf den CO2-Ausstoß der bestehenden Fahrzeugflotte. Deshalb sind in der Regel die Kriterien für die Beschaffung von Dienstfahrzeugen in Sachen Klimaschutz wachsweich gehalten. Da soll der sparsame Verbrauch möglichst geprüft werden oder entsprechende Kriterien bei der Entscheidung für oder gegen ein neues Fahrzeug sollen mit einbezogen werden. Fast überall gibt es keine verbindlichen Regeln, die dem Stand der Technik angepasst wurden. Mecklenburg-Vorpommern ist hier leider keine Ausnahme, das zeigt auch das bisherige Agieren von Koalition und Regierung. Sie wollen ein Beispiel?
Ich zitiere aus der Gesamtstrategie „Energieland 2020“ für Mecklenburg-Vorpommern, die ja hier mit Koalitionsmehrheit beschlossen wurde. Dort heißt es in Bezug auf die Erneuerung der Fahrzeugflotte nur allgemein und
relativ unverbindlich, Zitat: „Das für die allgemeine Fahrbereitschaft der Landesregierung zuständige Landesamt für zentrale Aufgaben der Polizei, Brand- und Katastrophenschutz ist gefordert, fortlaufend zu prüfen, wie der Vorbildwirkung der Landesregierung im Rahmen der Energieeinsparung und des Umweltschutzes sowohl bei der Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen (im Rahmen der finanziellen Rahmenbedingungen)“
„als auch bei der Nutzung der Fahrzeuge (z.B. durch Zusammenlegung von Fahrten/Bildung von Fahrgemein- schaften) verstärkt Rechnung getragen werden kann.“ Zitatende.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Gut vorgetragen, Birgit! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
dass es sogar zwei Fahrzeuge für Selbstfahrer mit Erdgasantrieb gibt – da waren wir unter Rot-Rot, meine Damen und Herren, schon mal weiter.
Was aber, meine Damen und Herren, hat die grüne Umweltplakette mit dem CO2-Ausstoß zu tun? Die trägt auch ein Porsche Cayenne oder der neueste Ferrari. Und hier setzt endlich die EU-Richtlinie 2009/33/EG an und verbindet ökologische Notwendigkeiten mit Forderungen an die öffentliche Hand, um eine gewünschte Entwicklung in Gang zu bringen.
Aus meiner Sicht und aus Sicht der Fraktion hat diese Richtlinie nur einen Nachteil: Sie kommt spät und ist erst bis zum 4. Dezember nächsten Jahres in nationales Recht umzusetzen. Wer die Umsetzung von europäischen Richtlinien in nationales Recht in Deutschland kennt, kann getrost davon ausgehen, dass die Bundesregierung diese Richtlinie auf den letzten Drücker oder aber erst verspätet – nach der Androhung von Strafzahlungen – umsetzen wird. Und dass die Interessen der Autolobby auf keinen Fall zu kurz kommen werden, ahnt ja wohl auch jeder. Das will meine Fraktion für unser Bundesland ändern.
In diesem Falle könnte die Landesregierung eine vorbildliche Richtlinie mit verbindlichen Grenzwerten zum Beispiel für den CO2-Ausstoß und andere Kriterien verabschieden. Die Zeit für einen Wechsel in der Beschaffungsrichtlinie ist einfach reif. Immerhin werden gerade in Mecklenburg-Vorpommern 35 Prozent der CO2-Emissionen durch den Verkehr verursacht.
Und, meine Damen und Herren, Sie hören es täglich in den Medien: Der CO2-Ausstoß weltweit ist zu hoch, um das Klima stabil zu halten. Meine Fraktion teilt die Auffassung, dass es preiswerter ist, jetzt etwas gegen den CO2-Ausstoß zu tun, als in 30 oder 50 Jahren die Folgen des ungebremsten Klimawandels auszufinanzieren.
Wir haben unseren Antrag bewusst, meine Damen und Herren, ohne Grenzwerte vorzugeben, gestellt, um der Landesregierung einen wirklichen Spielraum zu geben, eine sinnvolle Regelung zu schaffen, um damit der Vorbildrolle gerecht zu werden.
Und, meine Damen und Herren, wir erwarten natürlich von der Landtagsverwaltung und den Fraktionen des Landtages, dass sie sich dem anschließen werden. Meine Fraktion wird sich bei der künftigen Beschaffung von Dienstfahrzeugen jedenfalls an die Vorbildrolle der öffentlichen Hand halten.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, unserem Antrag zuzustimmen, um endlich eine Verordnung der Landesregierung zu ermöglichen, die konkrete Grenzwerte und Umweltstandards für die Fahrzeugbeschaffung der Landesregierung festlegt.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Innenminister des Landes Herr Caffier. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
(Vincent Kokert, CDU: Was hat er eigentlich damit zu tun? Das verstehe ich überhaupt nicht. Warum muss der dazu reden?)
Frau Schwebs, wir könnten ja auch wieder die berittene Polizei einführen, dann hätten wir vielleicht das Problem des CO2-Ausstoßes nicht.
(allgemeine Unruhe und Heiterkeit – Peter Ritter, DIE LINKE: Aber das wäre für Redefin nicht schlecht. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
Mit dem uns vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE soll die Landesregierung aufgefordert werden, die Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge unverzüglich umzusetzen und noch im Jahr 2009 eine entsprechende Verordnung zur Fahrzeugbeschaffung für die Landesverwaltung zu erlassen.
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE mag die besondere Bedeutung des Einsatzes sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge in der Landesverwaltung, die auch und gerade die Landesregierung in ihrer Gesamtstrategie „Energieland 2020“ für Mecklenburg-Vorpommern beimisst, verdeutlichen,
(allgemeine Unruhe – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, Egbert Liskow, CDU, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge ist am 4. Juni 2009 in Kraft getreten. Sie gilt für den Kauf von Straßenfahrzeugen, soweit Vergabeverfahren zur Anwendung kommen, also für Dienstfahrzeuge und für die Betreiber öffentlicher Personenverkehrsdienste. Sie verpflichtet beim Kauf von Straßenfahrzeugen, die Energie- und Umweltauswirkungen einschließlich des Energieverbrauchs der CO2-Emissionen und bestimmter Schadstoffemissionen während der gesamten Lebensdauer zu berücksichtigen. Dadurch wird der Markt für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge gefördert und belebt und der Beitrag des Verkehrssektors zur Umwelt-, Klima- und Energiepolitik der Europäischen Union verbessert. Die zur Umsetzung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften müssen in den Mitgliedsstaaten bis zum 4. Dezember 2010 vorliegen. Entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes liegen nach dem Inkrafttreten der Richtlinie noch nicht vor.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist von dieser Bundesregierung auch nicht zu erwarten. – Egbert Liskow, CDU: Doch, doch, doch!)
Insofern entbehrt Ihr Antrag der momentan rechtlichen Grundlage, weil wir nicht eine Richtlinie erarbeiten können, solange vom Bund noch gar nicht die Vorgaben gegeben sind, Frau Schwebs.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja sehr zielführend, was Sie hier erzählen, Herr Minister. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Aber da kann man eine Richtlinie machen.)
Unabhängig davon werden für die Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern seit vielen Jahren auf Grundlage von europaweit ausgeschriebenen Rahmenverträgen nur Fahrzeuge als Dienstfahrzeuge angeschafft, die die aktuellen Umweltstandardwerte jeweils erfüllen. So konnten im Jahr 2009 beim Einsatz und der Beschaffung in der Zentralen Fahrbereitschaft der Landesregierung mit einem Kfz-Bestand von 72 Fahrzeugen – nämlich 66 Pkws und 6 Transportern – deutliche Fortschritte erzielt werden. Zwölf Kauffahrzeuge wurden durch moderne schadstoffarme Leasingfahrzeuge ersetzt,
davon zwei gasbetriebene Fahrzeuge, wodurch sich der Bestand dieser Fahrzeuge mittlerweile auf vier erhöht hat.