Protocol of the Session on September 24, 2009

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass nach Rostock auch die Universität Greifswald einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin erhält. Dieses Vorhaben ist auf gutem Weg, dank auch des Einsatzes der Finanzministerin und des Bildungsministers. Der Lehrstuhl wird dazu beitragen, auch an der Universität Greifswald die Allgemeinmedizin aufzuwerten.

Und ich möchte natürlich an dieser Stelle auch über die Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung sprechen, weil wir da im engen Dialog sind. Eine dieser Maßnahmen für die Verbesserung der medizinischen Versorgung ist die Einrichtung einer Stiftungsprofessur für Allgemeinmedizin an der Uni Rostock. Es ist wichtig, dass wir Medizin Studierenden von Anfang an schon während der Ausbildung die Allgemeinmedizin schmackhaft machen, auch durch einen Professor.

Außerdem fördert die Kassenärztliche Vereinigung die allgemeinmedizinische Weiterbildung, sie fördert Famu

laturen in Vertragsarztpraxen, sie fördert Lehrpraxen der Uni Rostock und Greifswald und sie hat ein Weiterbildungsreferat eingerichtet. Sie gewährt Investitionszuschüsse für Ärzte, die sich niederlassen, 50.000 Euro für eine Niederlassung, Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden. Sie gewährt Zuschläge, die von Fallzahlen abhängig sind. Sie hat den Notdienst neu gestaltet und sie bietet natürlich eine umfassende Beratung an. Alle diese Aktivitäten dienen der Gewinnung von Ärzten.

Wir dürfen aber nicht übersehen, dass es sich bei den Schwierigkeiten auf diesem Gebiet nicht um ein Problem handelt, das allein Mecklenburg-Vorpommern plagt. Nein, mittlerweile besitzt es deutschlandweite und europäische Dimensionen.

Letztlich wird derjenige im Kampf um Ärzte erfolgreich sein, der beste Arbeits- mit angenehmen Lebensbedingungen verknüpfen kann. Dass dieses Problem weit über Mecklenburg-Vorpommern hinausreicht, ergibt sich aus dem Masterplan zur künftigen Sicherung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern, den mein Haus erarbeitet hat.

Lassen Sie mich noch ein paar Gedanken zu dem von der FDP-Fraktion erwähnten Stipendienmodell aus Sachsen äußern. Es wird zum Großteil von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen finanziert. Die hiesige Kassenärztliche Vereinigung war bisher für ein solches Modell nicht zu haben. Die Sachsen gehen allerdings auch davon aus, dass es starke Mitnahmeeffekte auslöst. Zumindest die Hälfte der Stipendienstudenten hätte sich wohl ohnehin in Sachsen niedergelassen.

Ich habe anstatt dessen beim Bildungsminister, meinem Kollegen Tesch, angeregt, die ZVS-Vergabeverordnung zu ändern. Ein Teil der Medizinstudienplätze soll solchen Studenten vorbehalten bleiben, die hinterher in eine Region gehen, in der Unterversorgung droht. Kollege Tesch hat dankenswerterweise meine Anregung aufgegriffen und wir werden nun gemeinsam bei unseren Länderkolleginnen und -kollegen für eine entsprechende Änderung der ZVS-Vergabeverordnung werben.

Außerdem unterstütze ich auch den Ansatz, dass es bei der Zulassung zum Studium nicht nur pauschal um die Noten gehen darf,

(Egbert Liskow, CDU: Gibt es doch schon.)

sondern auch um Dinge wie Sozialkompetenz, Engagement im sozialen Bereich, um einfach auch unseren eigenen Landeskindern sozusagen die Möglichkeit zu geben, bei uns zu studieren. Es ist einfach so, dass natürlich Menschen, die aus Mecklenburg-Vorpommern kommen, hier studieren, sich eher hier niederlassen.

Noch ein Wort zu den mobilen Zweitpraxen, die im FDPAntrag angesprochen werden. Aus meiner Sicht gibt es keine rechtlichen Hürden, den niedergelassenen Medizinern die Gründung solcher Zweitpraxen zu verbieten. Andere bürokratische Hemmnisse gibt es hier im Land nach Auskunft meiner Fachleute auch nicht. Sollte es die im Bund geben, werde ich mich natürlich dafür einsetzen, sie abzuschaffen.

Ich fasse zusammen: Der Maßnahmenkatalog, den die FDP fordert, liegt lange vor. Ich habe seinen Titel bereits erwähnt: Masterplan zur künftigen Sicherung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern.

Zum Schluss gestatten Sie mir bitte noch eine grundsätzliche Aussage. Es ist unumgänglich, dass wir die Grenzen auflösen, die bislang stationäre und ambulante Versorgung fein säuberlich voneinander trennen. Weil es zweifelsohne weniger Ärzte geben wird, müssen wir uns im Gesundheitswesen auf allen Ebenen um Kooperation bemühen. Davon alle Beteiligten im Gesundheitswesen zu überzeugen, wird noch eine ganze Menge Mühe kosten. Wir bleiben dran an dem Thema. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Als Nächste hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die flächendeckende medizinische Versorgung beschäftigt uns hier regelmäßig, und das natürlich völlig zu Recht.

Eines der Kernprobleme beim Erhalt der zukunftsfähigen Gestaltung der flächendeckenden bedarfsgerechten gesundheitlichen Versorgung, sei es jetzt im Zuge der Krankenhausplanung oder eben der ambulanten medizinischen Versorgung, ist die Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs ebenso wie die Gewinnung von nicht akademischem medizinischem Nachwuchs. Ich sage bewusst jetzt nicht Sicherstellung, weil das etwas anderes ist. Es geht also um die Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs. So verstehe ich diesen Antrag.

Ja, es ist so, verehrte Abgeordnete, wir hören es fast jeden Tag, die Bevölkerung unseres Landes wird älter, die Bevölkerungszahlen sind rückläufig. Das berührt und betrifft auch Ärztinnen und Ärzte wie eben Vertreterinnen und Vertreter der Heilberufe.

Im Jahr 2005 hat die Landesregierung deshalb dem Landtag einen Masterplan zur künftigen Sicherung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern mit sechs detaillierten Handlungsfeldern vorgelegt

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die kennt Herr Grabow auch nicht.)

und einer regelmäßigen Berichtspflicht. Dieser Masterplan war im vergangenen Jahr nach einem einschlägigen Antrag der FDP-Fraktion Gegenstand im Sozialausschuss,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau.)

also Gegenstand einer Anhörung, und so, wie dort festgestellt, gilt er nach wie vor als eine zeitgemäße Orientierung.

Natürlich wissen wir, dass der Sicherstellungsauftrag für den ambulanten Bereich bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, also der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern, und für die stationären Einrichtungen auf der Grundlage des Krankenhausplanes bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt.

Mit dem Masterplan wurde der Politik die bedeutsame Aufgabe übertragen, sich für eine Angleichung der Honorare im Osten an die westlichen Bundesländer einzusetzen. Es sei mir noch mal ein Zahlenvergleich hier gestattet: Betrugen die GKV-Ausgaben für die Budgets der niedergelassenen Ärzte vor fünf Jahren circa 78 Prozent

im Osten im Vergleich zum Westen, so liegen sie jetzt in den neuen Ländern bei 93 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern bei 103 Prozent. Damit nimmt Mecklenburg-Vorpommern unter den Bundesländern den vierten Platz ein und ich bin ganz froh, dass das eines der positiven Ergebnisse der Gesundheitsreform von 2004 und 2007 ist, der ich ja sonst sehr kritisch gegenüberstehe. Diese Entwicklung war tatsächlich überfällig, denn schließlich zahlen wir im Osten seit fast zehn Jahren eben solche Beiträge in die gesetzlichen Krankenkassen ein wie unsere westlichen Mitbürger.

Nichtsdestotrotz, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, gelingt es nicht in ausreichendem Maße, junge Ärztinnen und Ärzte, junge Absolventen für eine Tätigkeit in unserem dünn besiedelten Flächenland zu gewinnen. Tage der offenen Tür an den Unis, die 2004 durch das Sozialministerium an den Medizinischen Fakultäten gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung eingeführt wurden, Gespräche zwischen Kassenärztlicher Vereinigung, Ministerium, Bürgermeistern und Landräten sensibilisierten für das Problem, führten aber nicht wesentlich weiter.

Die Kassenärztliche Vereinigung, wir haben es gehört, hat die Stellung des Hausarztes im Gesundheitswesen durch die Gründung einer Stiftungsprofessur an der Universität Rostock gewürdigt, legt aber Wert darauf, dass diese auch verstetigt wird. Auch wurde durch die Kassenärztliche Vereinigung eine Praktikumsvergütung für Famulaturen eingeführt, die im fachärztlichen Bereich bei 200 Euro monatlich, im hausärztlichen Bereich bei 250 Euro monatlich liegt. Alles das sind Anreize.

Und jetzt schlagen Sie vor, eine Förderung der Tätigkeit oder der Aufnahme der Tätigkeit im ländlichen Raum, wie eben in Sachsen realisiert, zu prüfen. Also wir denken einfach, eingedenk der Erfahrungen, die wir mit dem Masterplan im Land haben, ist es gut, die Erfahrungen in Sachsen abzuwarten und dann zunächst mit dem Masterplan weiterzuarbeiten, diesen fortzuschreiben, wie es in unserem Antrag zum Punkt 3 Ihres Antrages heißt, bevor eine solche Förderung hier im Land umgesetzt wird.

Nun schlagen Sie vor, verehrte Abgeordnete, mobile Zweitpraxen einzuführen.

(Ralf Grabow, FDP: Korrekt.)

Zur Information sei einfach erwähnt, nach der herrschenden Rechtslage können Ärztinnen und Ärzte eine Nebenbetriebsstelle errichten, um die Versorgung in unterversorgten Gebieten zu verbessern, sofern diese Tätigkeit die medizinische Versorgung am Ort der Hauptniederlassung nicht gefährdet. Ärztinnen und Ärzte haben eine Präsenzpflicht am Ort der Niederlassung. Das gilt auch für die Nebenbetriebsstellen und ich denke, das ist außerordentlich sinnvoll.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Oder wollen Sie eine mobile Praxis am Buswartehäuschen einrichten, um die Wartenden auf eine ärztliche Konsultation dort unterzubringen. Also wir lehnen das ganz entschieden ab.

Der Punkt 3 des Antrages zeigt, dass den Abgeordneten der FDP die gegenwärtige Situation im Land nicht vollkommen geläufig ist.

(Unruhe bei Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Ralf Grabow, FDP)

Darf ich ums Wort bitten, ja, oder darum bitten, das Wort zu behalten?

Der Punkt 3 des Antrages zeigt, dass den Abgeordneten der FDP-Fraktion die gegenwärtige Situation im Lande nicht vollkommen geläufig ist,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Überhaupt nicht.)

weshalb wir uns erlaubt haben, zum Punkt 3 einen Änderungsantrag einzureichen, um Sie in die Situation zu bringen, sich mit dem Masterplan einfach mal zu beschäftigen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, genau.)

der auch in anderen Ländern als eine gute Grundlage für die ärztliche Versorgung in der Fläche gilt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist vorbildlich, aber das weiß Herr Grabow alles nicht.)

Spannend, verehrte Abgeordnete, ist natürlich die Frage, warum es nicht ausreichend gelingt, medizinischen Nachwuchs für eine Tätigkeit in unserem dünn besiedelten Flächenland zu gewinnen. Das ist keine Frage des gemeinsamen Bundesausschusses, es ist keine Frage, wie groß oder wie klein die Planungsbereiche sind, nein, es ist einfach eine Frage, wie es uns gelingt, Menschen zu gewinnen, bei uns im Land zu arbeiten. Und Gespräche mit Studentinnen und Studenten verdeutlichen zunehmend, dass die Verdienstmöglichkeiten nicht mehr als ausschlaggebend angeführt werden. Vielmehr werden die Lebensqualität, also die geistig-kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten für sich persönlich, für die Ehepartner, für die Kinder immer mehr zu einem entscheidenden Kriterium für die Entscheidung über den Ort der Niederlassung. Das geistig-kulturelle Niveau, das sind auch Theater, Schulen, Musikschulen, Bibliotheken und so weiter.

Also ich wage einfach mal die Vermutung – und das sage ich besonders an die Abgeordneten der SPD-Fraktion –,

(Detlef Müller, SPD: Was?)

wenn der Bildungsminister das CDU-Theaterkonzept mit seinen zwei Hauptstandorten,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

eines im Osten, eines im Westen des Landes, umsetzt,