Protocol of the Session on September 23, 2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Methling von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich vertrete Frau Dr. Linke. Ich kann das gut machen, da ich inzwischen zu den Nichtrauchern gehöre.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Allerdings bin ich kein militanter Nichtraucher geworden. Was mir aber wichtig ist, ist ein konsequenter Schutz der

Nichtraucher. Und da scheint noch vieles im Argen zu liegen. Frau Ministerin hat darüber gesprochen.

Im geltenden Nichtraucherschutzgesetz MecklenburgVorpommerns wurden Rauch verbote, Ausnahmeregelungen und ein Katalog von Ordnungswidrigkeiten eingeführt, die nicht wirklich einen Schutz von Nicht rauchern vor dem gesundheitsschädigen den Einfluss des Tabakrauches darstellen, aber in einem deutlichen Widerspruch zum selbsternannten Ziel des Bürokratieabbaus stehen. Die Frage des Rauchens beziehungsweise Nichtrauchens in Gaststätten beschäftigte uns bereits vor Verab schiedung des Gesetzes intensiv. Sie können sich an die Debatten in diesem Hause erinnern.

Nach Auffassung des DGB Nord konter kariert die Einrichtung von Raucherbereichen in gastronomischen Einrichtungen den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer. Der Vizepräsident der Nichtraucherinitiative Deutschlands verwies in einem Interview vom Juli 2007 noch auf einen anderen Aspekt, der beim Nichtraucherschutz gerade in gastronomischen Einrich tungen zu bedenken ist. Ich zitiere: „Es müsste ein getrenntes Belüftungssystem vorhanden sein, das nicht mit der Lüftung der üb lichen Räume in Verbindung steht. Außerdem muss in dem Raucherraum ein Unterdruck durch das Belüftungssystem geschaffen werden. Es wären erhebliche bauliche Veränderungen not wendig, die sehr teuer sind, so dass sich nur exklusive Gaststätten den Luxus leisten können, Räume mit entsprechenden Belüftungssystemen anzubieten. Das würde dann für andere, klei nere und nicht so finanzkräftige Gaststätten einen Wettbewerbsnachteil bedeuten.“ Zitatende.

Die mit dem Gesetz und dem vorliegenden Gesetzentwurf gefundene Regelung sieht meine Fraktion nach wie vor kritisch. Die Regelung ist restriktiv und nicht wirklich schützend. Bereits vor Verabschiedung des Ge setzes äußerten wir an dieser Stelle die Überzeugung, dass dieses Gesetz einer richterlichen Prü fung nicht standhalten wird, denn es ist inkonsequent und schafft ungleiche Bedingungen für Betreiber von Gaststätten.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Es ist bloß die Frage, welche Antwort man darauf gibt. Da geben wir offensichtlich sehr unterschiedliche Antworten. Insofern darf ich auch heute noch einmal aus der Stellungnahme der DEHOGA zitieren: „Wenn schon ein Rauchverbot, dann ohne Ausnahmen.“ Dieser Standpunkt wurde und wird von unserer Fraktion geteilt, war den Koalitionären jedoch eine Beachtung nicht wert, was auch deshalb erstaunlich ist, weil der damalige Minister des federführenden Hauses als Jurist diesen Verstoß gegen den Grundsatz der willkürfreien Sachgerechtigkeit hätte er kennen müssen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Nun hat das Bundesverfassungsgericht gesprochen und die einschlägigen Gesetze der Länder Berlin und BadenWürttemberg gerügt. Das Gericht lässt zur Überwindung der Ungleichbehandlung mehrere Varianten zu. Frau Ministerin Schwesig hat auch dazu gesprochen.

Die vom Land gewählte Variante, das Rauchen wieder weitestgehend in gastronomi schen Einrichtungen zuzulassen, lehnt meine Fraktion ab. Echter Nichtraucherschutz heißt vor allem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Rauchende Erwachsene ver mitteln Bilder, die oft zu Vorbildern werden. Wir wissen, dass die erste Zigarette oft nicht die letzte ist und Nikotin die bedeutendste

Einstiegsdroge für späteren Konsum von Alkohol und anderen Suchtmitteln ist. Wir favorisieren im Inte resse eines echten Nichtraucherschutzes, des Schutzes von Kindern und Jugendlichen ein Verbot in allen gastronomischen Einrichtungen. Darüber hinaus befürworten wir ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit, das ein überzeugen des Präventionskonzept verfolgt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das sind nicht zu weitgehende Forderungen. Auch in anderen Ländern der Welt ist dieses durchaus üblich und könnte auch in unserem relativ kleinen Bundesland durchaus möglich sein. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Professor Methling.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rauchen ist eines der größten vermeidbaren Gesundheitsrisiken in unserer Gesellschaft. Jährlich sterben etwa 140.000 Menschen in Deutschland an den Folgen ihres Tabakkonsums. Durch das Rauchen werden Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Lungenkrebs und chronische Atemwegserkrankungen in ihrer Entstehung befördert. Die gesellschaftlichen Kosten des Rauchens sind hoch. Krankenkassen verzeichnen jährliche Behandlungskosten in Milliardenhöhe. Arbeitgeber haben die Kosten des Arbeitsausfalls wegen Erkrankung zu tragen und Kosten entstehen auch durch Frühberentung und vorzeitige Todesfälle. Raucher schädigen nicht nur sich selbst. Verschiedene wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass durch das bloße Glimmen einer Zigarette eine Vielzahl hochgradig gesundheitsschädigender und -gefährdender Stoffe freigesetzt wird.

Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind Nichtraucher. Im Epidemiologischen Suchtsurvey 2006 gaben 65 Prozent der Befragten an, dass sie sich durch Tabakrauch gestört fühlen. Infolgedessen meiden 76 Prozent dieser Menschen Orte, an denen viel geraucht wird. Bei der Entscheidung für beziehungsweise gegen staatliche Rauchverbote steht die Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien elementar im Fokus. Das Recht auf Gesundheitsschutz des Nichtrauchers, Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz, kollidiert mit dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit des Rauchers, Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz.

Zunächst verzichtete der Staat auf gesetzliche Rauchverbote und vertraute stattdessen auf freiwillige Initiativen der Protagonisten in der Wirtschaft. So schloss zum Beispiel das Bundesministerium für Gesundheit im Jahre 2005 eine Vereinbarung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e. V., in der sich die Wirte verpflichteten, das Rauchen in Restaurants und Bars einzuschränken. Diese Initiativen waren jedoch nur mäßig erfolgreich.

Die intensive Auseinandersetzung mit der Tabakwerbung im europäischen Gemeinschaftsrecht und die Vorstellung von Forschungsberichten über die Gesundheitsgefahren des Passivrauchens führten letztlich zu einer Neubewertung der Thematik und zum Anstreben einer gesetzgeberischen Lösung. Am 1. September 2007 trat schließlich das Bundesnichtraucherschutzgesetz in

Kraft. Es regelt das Rauchverbot in Einrichtungen des Bundes, Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs und auf Personenbahnhöfen der öffentlichen Eisenbahn. Zugleich wurde das Mindestalter für den Erwerb von Tabakwaren und deren Konsum in der Öffentlichkeit von 16 auf 18 Jahre angehoben.

Am 12. Juli 2007 wurde dann das Nichtraucherschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern erlassen. Demnach ist das Anzünden oder Am-brennen-Halten eines Tabakerzeugnisses in Gebäuden von öffentlichen Behörden, Schulen, Hochschulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen sowie Gaststätten verboten. Dieses Gesetz trat am 1. August 2007 in Kraft. Für die Gastronomie galt das Rauchverbot nach Paragraf 7 Absatz 2 Nichtraucherschutzgesetz ab dem 1. Januar 2008. Ab 1. August 2008 konnten dann auch Ordnungswidrigkeiten in diesem Bereich geahndet werden.

Mit seiner Entscheidung vom 30. Juli 2008 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Landesnichtraucherschutzgesetze der Länder Berlin und Baden-Württemberg wie bekannt in Teilen für verfassungswidrig.

(Toralf Schnur, FDP: Einen Großteil.)

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die hier getroffenen Regelungen einen bestimmten Teil der Marktteilnehmer in unverhältnismäßiger Art und Weise einschränken. Da das Nichtraucherschutzgesetz M-V den Schutz vor dem Passivrauchen in grundsätzlich vergleichbarer Weise regelt, werden auch hier Änderungen notwendig, die die Maßgaben dieser Bundesverfassungsgerichtsentscheidung berücksichtigen.

Demnach ist das Rauchverbot für gastronomische Kleinbetriebe aufzuheben, wenn sie über eine Fläche von 75 Quadratmetern, keinen abgetrennten Nebenraum verfügen, keine zubereiteten Speisen gereicht werden, Jugendlichen unter 18 Jahren der Zutritt verwehrt sowie im Eingangsbereich eine Kennzeichnung als Rauchergaststätte vorgenommen wird. Diese vom Bundesverfassungsgericht geschaffenen Ausnahmetatbestände werden im Gesetzentwurf übernommen.

Um den besonderen Bedürfnissen des Jugendschutzes in diesem Zusammenhang gerecht zu werden, wird in Weiterführung der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung ein Zutrittsverbot für Minderjährige in öffentliche Raucherräume entwickelt.

Die notwendig gewordene Gesetzesnovelle wird darüber hinaus zum Anlass genommen, bestehende Regelungen zu konkretisieren. Eine Alternative wäre das ausdrückliche und uneingeschränkte Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen. Diese Möglichkeit lässt das Bundesverfassungsgericht in der die Novelle auslösenden Entscheidung eindeutig zu. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es jedoch nicht angezeigt, das ursprüngliche Schutzkonzept im derzeitigen Gesetz vollständig zu ändern.

Übrigens, wie aus der aktuell bekannt gewordenen Studie der US-Herzgesellschaft hervorgeht, fiel die Zahl der Herzinfarkte bereits ein Jahr nach Einführung der Rauchverbote um 17 Prozent und nach drei Jahren lag der Rückgang bei 36 Prozent. Ich bitte daher um Überweisung des Gesetzentwurfes der Landesregierung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke schön, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lüssow von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Sie hier bei diesem Gesetzentwurf argumentieren, nachdem Sie den von uns verfassungskonform eingebrachten Gesetzentwurf in Bausch und Bogen abgelehnt haben. Bereits im Februar 2008 hatten wir einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht, wonach das Rauchen gerade in den kleinen Kneipen, den sogenannten Eckkneipen, erlaubt werden sollte.

Das Nichtraucherschutzgesetz, das Sie hier mit heißer Nadel gestrickt hatten, konnte so von vornherein keinen Bestand haben. Die NPD hatte Sie mehrfach darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht gekippt werden würde. Das hat Sie aber alles nicht interessiert.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Spät kommt er, aber er kommt.)

Festzustellen bleibt daher, dass Sie jetzt die Belehrung durch das Bundesverfassungsgericht aufgreifen mussten

(Reinhard Dankert, SPD: Lieber von denen als von Ihnen.)

und wir uns mit dem Thema erneut beschäftigen müssen, weil Sie einfach ignorant und stur unseren Gesetzentwurf zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes ablehnten. Dass Sie jedoch nur die Forderung des Bundesverfassungsgerichtes in Ihrem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf berücksichtigen, zeigt auch, dass Sie die Augen vor den Problemen im Land verschließen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aha!)

So ignorieren Sie weiterhin die Situation an den Schulen im Land. Wir möchten, und das habe ich schon mehrfach betont, dass das Rauchverbot an den Schulen gelockert wird. Dort sind ebenfalls Bereiche für das Rauchen zu schaffen. Das Rauchverbot für Lehrer ist zu streng im Vergleich zu anderen Beamten, die in den meisten Behörden Raucherzimmer einrichten dürfen.

Im Bereich der Schulen hat sich gezeigt, dass Lehrer und Schüler dort täglich viel mehr Zeit verbringen, als man bisher angenommen hat. Es ist nach Meinung der NPD nicht sinnvoll, dass rauchende Schüler zu früh eine Ausgrenzung erfahren. Dies verstärkt eher ihre Sucht. Auch muss man bedenken, dass Ausgrenzung Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen geradezu fördert.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Auch hat sich an unseren Erkenntnissen nichts geändert, dass die Belastungen der Lehrer immer stärker werden, was sich an den vielen Auszeiten der Lehrer manifestiert. Sie müssten doch auch wissen, dass bei Lehrern eine starke Anspannung entsteht, wenn sie als Raucher erzwungenerweise stundenlang nicht Rauchen dürfen. Nach wie vor gibt es in den Schulpausen Probleme, weil rauchende Schüler das Schulgelände verlassen. Die Probleme, die sich daraus ergeben, verdrängen Sie ganz einfach. Aber die Probleme sind da. Schauen Sie sich doch einfach in der Pause mal auf dem Schulgelände um!

Wir möchten auch, dass bei inhabergeführten Gaststätten eine Regelung gelten soll, wonach das Rauchen erlaubt ist, wenn neben der Betreiberin oder dem Betreiber in der Gaststätte keine weitere Person als Beschäftigte im Sinne des Paragrafen 21 des Gaststättengesetzes oder als Selbstständige im laufenden Gastronomiebetrieb tätig ist, sofern es sich hierbei nicht lediglich um eine gelegentliche Mithilfe von volljährigen Familienmitgliedern der Betreiberin oder des Betreibers handelt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wir möchten, dass ein Inhaber seine Gaststätte zu einer Rauchergaststätte erklären kann, unabhängig davon, ob er Eigentümer oder Pächter ist. Es ist schon skandalös, wie lange Sie überhaupt brauchen, um Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen. Sie werfen uns Nationalen bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor, wir würden eine verfassungswidrige Politik betreiben. Fakt ist aber, dass gerade Sie immer wieder unbestritten verfassungswidrige Gesetze verabschieden.