Protocol of the Session on September 23, 2009

Meine Damen und Herren, die Krise hat MecklenburgVorpommern erreicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Bekennen Sie sich mal! Bekennen Sie sich mal dazu!)

Ich sage, wir schließen eine Neuverschuldung nicht aus und knüpfen Neuverschuldung an konkrete Bedingungen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie wollen Neuverschuldung. Sagen Sie es doch!)

Sie wollen auch Neuverschuldung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, nein, das wollen wir nicht. Nein, das wollen wir nicht.)

Ende November werden Sie hier stehen und erklären, wir müssen in die Schulden, jawohl.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genau. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, Sie wollen Neuverschuldung.)

Sprechen Sie die Wahrheit! Machen Sie den Menschen nichts vor, was Sie für eine Politik betreiben.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Sie gaukeln den Menschen vor, dass Sie ohne Neuverschuldung auskommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das werden wir tun. Das werden wir auch tun. Das sind wir der nachfolgenden Generation schuldig.)

Ihre Politik wird auf dem Rücken der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ausgetragen, Herr Nieszery. Das ist die Wahrheit und die müssen wir mal aussprechen.

(tumultartige Unruhe – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

Die Krise hat Mecklenburg-Vorpommern erreicht – ich komme zum Ende –, der Weg aus der Krise wird ein langer sein. Die Politik Ihrer Regierung, Herr Sellering, gleicht den drei Affen, denn Sie haben weder ein Antikrisen- noch ein Zukunftsprogramm.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Was haben Sie nur mit Herrn Holter gemacht? Der war doch immer vernünftig.)

Öffnen Sie endlich die Augen und die Ohren! Sie haben es mit dem Doppelhaushalt und mit dem Finanzausgleichsgesetz in der Hand, Kommunen und Menschen gleichermaßen zu unterstützen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben die Krise verdammt gut gemeistert, Herr Holter.)

Ich fordere Sie auf, legen Sie endlich ein Zukunftskonzept auf den Tisch! Wir wollen, dass das Land gestärkt aus dieser Krise kommt. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das werden wir auch tun.)

Vielen Dank, Herr Holter.

(Heinz Müller, SPD: Das war das Wort zum Sonntag.)

Das Wort hat jetzt der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist heute eine Aktuelle Stunde kurz vor der Bundestagswahl. Ich bitte um Verständnis, wenn ich nicht auf den Wahlkampfteil eingehe, sondern mich ganz dem Thema widme. Das Thema ist ernst genug, denke ich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, seit ziemlich genau einem Jahr befindet sich die Bundesrepublik Deutschland in der schwersten Wirtschaftskrise ihrer Geschichte. Diese Krise trifft auch uns in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ist zu spüren in der Wirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt, hat Auswirkungen auf die Haushalte von Land und Kommunen. Vor allem trifft sie viele Menschen in unserem Land, die Arbeiter auf den Werften, die Verkäuferinnen bei Karstadt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Unternehmen, die in Kurzarbeit gegangen sind, und natürlich deren Familien.

Meine Damen und Herren, ich plädiere dafür, auch in schwierigen Zeiten ein realistisches Bild der Lage im Land zu zeichnen. Es gibt große Probleme, aber es gibt nicht nur Schatten, es gibt Licht und Schatten. Es gibt Branchen, die sich weiter positiv entwickeln wie der Tourismus, aber es gibt eben auch Branchen, allen voran die Werften, die noch immer tief in der Krise stecken. Der Wirtschaftsminister wird darauf sicherlich noch weiter eingehen. Auch wenn sich die Lage in manchen Branchen wieder verbessert – ich war vor Kurzem in Wismar und habe das Holzcluster besucht, bei Klausner ist die Kurzarbeit weit zurückgegangen, sodass dort fast wieder normal gearbeitet wird. Auch Egger behauptet seine starke Stellung am Markt. Wenn sich dort also die Dinge auch beruhigen, warne ich davor, das Ende der Krise auszurufen, denn wir sind noch lange nicht durch. Dieses Thema wird uns noch eine ganze Weile beschäftigen.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Bekämpfung der Auswirkungen von Finanz- und Wirtschaftskrise war ohne Zweifel die wichtigste Aufgabe der Landesregierung in den letzten zwölf Monaten. Das wird sie auch noch eine Zeit bleiben. Wir haben uns dieser Aufgabe von Anfang an entschlossen gestellt und dabei haben wir frühzeitig zwei grundlegende Entscheidungen getroffen. Wir haben uns entschieden, kein eigenes Konjunkturpaket des Landes aufzulegen, weil Mecklenburg-Vorpommern sich damit übernommen hätte. Es ist übrigens auch definitiv Bundesaufgabe. Stattdessen hat sich die Landesregierung darauf konzentriert, die Hilfspakete in Berlin mit auf den Weg zu bringen und sie dann hier im Land zügig umzusetzen. Und wir haben uns entschieden, dass wir bei Unternehmen, die in Not geraten sind, keine Alleingänge starten, sondern dass wir sie unter den Schutzschirm des Bundes begleiten, ihnen da runterhelfen.

(Udo Pastörs, NPD: Können Sie das mal erklären, wie das funktionieren soll?! Mit zehn oder zwölf Angestellten?)

Beide Entscheidungen haben sich als richtig herausgestellt.

Die Bundesregierung hat im Herbst und Winter durch Unterstützung unseres Landes drei Hilfspakete auf den Weg gebracht: das Finanzpaket, den sogenannten Rettungsschirm für die Banken, und zwei Konjunkturpakete mit einer Vielzahl von Maßnahmen, Absenkung der Sozialabgaben, Abwrackprämie, Investitionsprogramme auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bis hin zum Kurzarbeiterprogramm des Arbeitsministers Scholz.

(Michael Andrejewski, NPD: Mit Schulden geht alles.)

Dieses Kurzarbeiterprogramm ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz besonders wichtig. Es sorgt dafür, dass sie in ihren Betrieben bleiben können,

(Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Raimund Frank Borrmann, NPD)

sich weiterqualifizieren können, auch wenn das Unternehmen wegen der Krise in Schwierigkeiten gerät und nicht mehr genug Beschäftigung hat.

Meine Damen und Herren, dieses Beispiel Kurzarbeit zeigt, es wird der schwierigen Aufgabe, die wir in dieser Krise bewältigen müssen, nicht gerecht, wenn Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN, einen künstlichen

Gegensatz aufmachen zwischen dem Schutzschirm für die Wirtschaft und dem Schutzschirm für die Menschen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Der ist nicht künstlich.)

Wer die Wahl hat, den Arbeitsplatz eines Menschen zu erhalten oder ihm staatliche Sozialleistungen zu gewähren, der sollte sich immer für die Arbeit entscheiden, so, wie wir das tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)

Das gebietet die Würde des Menschen, das gebietet die ökonomische Vernunft.

Ich will ganz deutlich sagen, unser Ziel ist es nicht,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Gewinne zu sichern, sondern es geht uns darum, die Banken handlungsfähig zu machen und die Unternehmen konkurrenzfähig zu erhalten. Das ist die beste Hilfe für die Menschen, die von der Krise betroffen sind,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

als Sparer, als Arbeitnehmer, als Rentner, als Handwerker oder sonst.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt die Konjunkturpakete des Bundes hier im Land konsequent um. Wir investieren in die Sanierung von Schulen und Kitas, in die Modernisierung von Krankenhäusern, in den Hochschulbau, in die Ausstattung der Hochschulen mit Geräten,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

in touristische Infrastruktur und den Ausbau unserer Häfen. Das schafft nicht nur kurzfristig Arbeit für die Bauwirtschaft, für das Handwerk, für Ausrüsterfirmen, sondern von diesen Investitionen profitiert unser Land langfristig. Das ist gut angelegtes Geld, das sind Investitionen in die Zukunft.