Protocol of the Session on June 18, 2009

(Ute Schildt, SPD: Das war aber eine umfangreiche Diskussion.)

Im Übrigen bin ich auch dafür, die Informationspolitik hinsichtlich der Anwendung der grünen Gentechnik wesentlich auszubauen, aber natürlich auf der Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Da gibt es ganz sicher auch überhaupt keinen Dissens. Den hier geäußerten Ansichten, dass diese Technologie einen wichtigen Beitrag zur Welternährung und zum Umweltschutz leisten kann, fehlt bisher nur noch eines, nämlich der unmittelbare wissenschaftliche Nachweis. So lange gelten der berechtigte Zweifel und die Pflicht der Landesregierung, objektiv über Risiken und Chancen der grünen Gentechnik zu informieren, und da wollen wir sehr gerne mitwirken.

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist aus unserer Sicht leider eine Zusammenfügung zweier Teile, die nicht so recht zueinander passen. Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Antrag ab. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Tack.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat sich jetzt schon in den Reden gezeigt, grüne Gentechnik ist ein Thema, welches die Menschen bewegt, inhaltlich, aber auch emotional, die Landwirte betrifft, die Wissenschaft forschen und streiten lässt, das die Wirtschaft mit kommerziellen Interessen verfolgt, die Umwelt berührt und die Politik verpflichtet, Rahmenbedingungen für ihren Einsatz zu schaffen, die die Sicherheit für Mensch, Tier, Pflanze und Umwelt gewährleisten.

Meine Damen und Herren, das ist keine leichte Aufgabe. Es ist ein Thema, über das wir hier in diesem Hohen Haus schon oft gestritten haben, weil einmal der Naturwissenschaftler seinen Anspruch stellt und der andere, der das ideologisch betrachtet. Wir haben also auch hier die Aufgabe, diese Vielfalt zu erfassen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Kaum eine andere Technologie wird so kontrovers und emotional diskutiert wie die grüne Gentechnik. Der Minister ist auf die rote Gentechnik eingegangen. Die ist akzeptiert, weil man die schnelle Antwort braucht. Aber wenn wir über die Welternährung sprechen, über Energiepolitik sprechen, dann sieht das alles noch so weit weg aus, aber so herbeigezogen ist es nicht. Es wird uns schneller ereilen, als wir denken, und deshalb müssen Chancen und Risiken sehr gut abgewogen werden.

Wo stehen nun die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU im politischen Streit um die grüne Gentechnik? Am 30.01.2008 nahm der Landtag von MecklenburgVorpommern auf Antrag von SPD und CDU folgende Beschlussempfehlung des Agrarausschusses an, und ich fasse das hier noch mal zusammen, weil das Grundsatz unseres politischen Handelns ist:

„1. Der Landtag begrüßt die Bemühungen von Landwirten und Verbänden, sich freiwillig zu gentechnikfreien Regionen zusammenzuschließen, und fordert die Landesregierung auf, diese zu unterstützen.

2. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern bekennt sich zur Wahlfreiheit der Verbraucher und der Landwirte und unterstreicht die Notwendigkeit von wirksamen Regelungen zur Koexistenz beim Anbau und der Herstellung von gentechnisch freien und gentechnisch veränderten Futter- und Lebensmitteln. Gleichzeitig sieht er die Notwendigkeit eindeutiger Kennzeichnungsregelungen für Lebens- und Futtermittel.

Der Landtag hält es für erforderlich, die verpflichtende Kennzeichnungsregelung im Bereich Gentechnik dahingehend anzupassen, dass ein Lebensmittel nur dann als ‚gentechnikfrei‘ bzw. ‚ohne Gentechnik‘ bezeichnet werden darf, wenn über den gesamten Produktionsprozess, d. h. über alle Herstellungs- und Verarbeitungsstufen hinweg, keine Stoffe, die unter Zuhilfenahme gentechnischer Methoden hergestellt wurden, zum Einsatz kommen. Dies erstreckt sich sowohl auf die eingesetzten Futtermittel als auch auf Verarbeitungshilfsstoffe, Enzyme, Zusatzstoffe und Arzneimittel.

3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, einen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf landeseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen so lange zu reglementieren, bis ein Anbau solcher Pflanzen unter Beachtung der Begleitumstände und ausreichender Koexistenzregelungen akzeptabel ist.“

Und, Professor Tack ist darauf bereits eingegangen:

„4. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern befürwortet eine intensive Grundlagenforschung zur Erkennung von Risiken und Chancen der Anwendung der Grünen Gentechnik.“

Meine Damen und Herren, das war ein Konsens, den wir gemeinsam im Bereich der Agrarpolitiker getroffen haben, und ich denke, den können wir auch zukünftig tragen. Trotzdem müssen wir immer wieder über dieses Thema diskutieren, weil es neue Erkenntnisse gibt, weil es auch Reaktionen gibt. Und auch Sie sind in Ihren Reden bereits auf den Vandalismus, auf die Zerstörung von Anbauflächen eingegangen, was Forschung nicht in dem Maße ermöglicht, wie wir uns das wünschen.

Auf dieser Grundlage, meine Damen und Herren, fußt der heutige Antrag der Koalitionsfraktionen und trägt aktuellen Entwicklungen Rechnung. Wir nehmen den vor Kurzem erfolgten Betreiberwechsel des AgroBioTechnikums in Groß Lüsewitz zum Anlass, um zu einer Erweiterung der Forschungsfelder und der Forschungseinrichtungen anzuregen – nicht zu einer grundsätzlichen Veränderung, das will ich deutlich unterstreichen. Es ist auch in den vorhergehenden Redebeiträgen deutlich geworden, dass wir – ganz wichtig! – die Grundlagenforschung dort fortsetzen müssen, aber wir müssen sie effektiv auslasten. Es gibt im Land einen Bedarf an ökologischem Anbau von Pflanzen und Verwertung. Und da gilt es, Arbeit zu leisten, und dazu ist das Biotechnikum in seinem Spektrum zu erweitern.

Die Untersuchung pflanzlicher Produktionsverfahren soll künftig nicht allein auf die Gentechnik beschränkt bleiben. Die Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen zum Ökolandbau ist aus unserer Sicht ein Forschungsbereich, der den Forschungsstandort Groß Lüsewitz in seiner Bedeutung aufwerten wird. Nicht zuletzt würde eine solche Forschungseinrichtung die Akzeptanz des AgroBioTechnikums weiter erhöhen. Grundlagenforschung zur Gentechnik wie auch zum Ökolandbau im eigenen Land schafft einen Informationsvorsprung und Entscheidungsgrundlagen.

Meine Damen und Herren, der zweite Beschlussvorschlag unseres Antrags hat natürlich die Ereignisse im Frühjahr um das deutsche Anbauverbot der Maissorte MON 810 als Hintergrund. Hier ist unsere Position ganz klar. Die Sicherheit der Menschen, Tiere und der Umwelt stehen bei der Anwendung der grünen Gentechnik im Vordergrund. Im Falle nachgewiesener negativer Auswirkungen von GVO muss ein Anbauverbot auch für bereits zugelassene GVO erfolgen. Wie wollen wir denn gegen diese Emotionen, gegen ideologische Schranken vorgehen, wenn wir dann, wenn es einen kleinen Zweifel gibt, nicht reagieren?

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Also diese Position ist klar. Das Gentechnikgesetz und Artikel 23 der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG lassen dies auch zu. Der Ausbau der Informationspolitik hinsichtlich der Anwendung der grünen Gentechnik ist in Anbetracht der Ablehnung der grünen Gentechnik von über 80 Prozent der Bevölkerung, und das ist schlimm, abgelehnt,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Schlimm? Nein, das ist demokratisch. Das ist demokratisch.)

abgelehnt, weil die Information nicht da ist, weil die Menschen zu wenig wissen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

weil sie es nach wie vor als Teufelszeug ansehen. Wir müssen also die Bevölkerung informieren, das ist dringend erforderlich.

(Michael Andrejewski, NPD: Die müssen aufgeklärt werden. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Informationspolitik verstehen wir aber umfassend, Erklärung zu den Risiken und zu den Chancen.

(Udo Pastörs, NPD: Und warum machen Sie es dann nicht? Wenn Sie sagen, die Leute wissen das nicht, dann hat das doch versagt. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

In diesem Zusammenhang freue ich mich über eine Verbraucherinformation des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz zur Gentechnik in Lebensmitteln. Hier wird umfassend über die Rolle der Gentechnik in Lebensmitteln, die Rolle wissenschaftlicher Studien, den Stand der Kennzeichnungsregelung und die durchgeführten Kontrollen in MecklenburgVorpommern informiert, abzurufen auf der Homepage des Ministeriums. Waren Sie schon mal drauf? Schauen Sie mal rein, das ist interessant. Und darüber müssen wir sprechen, das müssen auch die Menschen wissen, dass sie da zugreifen können. Ich empfehle allen das Selbststudium und die Weiterverbreitung dieser Informationen.

Informationspolitik ist für uns aber in erster Linie eine konsequente Kennzeichnungspflicht. Über den Dschungel der gegenwärtigen Kennzeichnungspflicht und über freiwillige Kennzeichnungen hat der Minister gesprochen.

(Udo Pastörs, NPD: Wie soll der Verbraucher sich da durchfinden?)

Wenn die Wahlfreiheit der Verbraucher und der Landwirte ernst genommen werden soll, bedarf es für die Kennzeichnung „gentechnikfrei“ bei Lebens- und Futtermitteln des Ausschlusses gentechnischer Methoden über alle Herstellungs- und Verarbeitungsstufen hinweg. Und diese Klarheit besteht im Moment noch nicht. Hier müssen noch dicke Bretter auf Bundes- und europäischer Ebene gebohrt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Ganz schön dicke Bretter.)

Gegen Vorbehalte hilft nur Information und Transparenz. Und, meine Damen und Herren, diesem Interesse dient unser Antrag und wir bitten um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Schildt.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Reese von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin ein wenig überrascht gewesen, und zwar deswegen, dass als Einbringer die beiden Parteien stehen, deren Minister auf Landes- und Bundesebene den meisten Wirbel um die Anwendung der grünen Gentechnik gemacht hat.

Bedauerlich aus unserer Sicht ist allerdings die Art des Zustandekommens des Antrags. Als Antragsgrundlage musste erst ein Memorandum der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft mit dem Titel „Forschung in Freiheit und Verantwortung“ herhalten.

(Ute Schildt, SPD: Woher wissen Sie denn das?)

Beide Gesellschaften kommen zu dem Schluss, dass für die Steigerung der Produktivität landwirtschaftlicher Nutzflächen und damit die Gewährung der Versorgungssicherheit die grüne Gentechnik wesentliche Potenziale für eine nachhaltige Produktivitätssteigerung bietet.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Verstärkung der Grundlagenforschung und der Biotechnologie wird seitens meiner Fraktion ausdrücklich unterstützt. Die heute nachzulesende Forderung des BUND ist aus unserer Sicht hier völlig unverständlich. Dass in der Grundlagenforschung insbesondere die Belange des ökologischen Landbaus mit berücksichtigt werden sollen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Aber neben der Koexistenz von ökologischem Landbau und dem Anbau gentechnisch veränderter Organismen ist auch die Abgrenzung zur konventionellen Landwirtschaft eindeutig zu regeln. Sie wollen das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz mit dieser Aufgabe betrauen. Meines Wissens, und Professor Tack ist darauf bereits eingegangen, ist das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz aber lediglich die bauliche Hülle für die Ansiedlung mehrerer Unternehmen der Biotechnologiebranche und Sie hätten genau genommen Institutionen benennen müssen, die diese Aufgabe durchführen sollen.

Soweit mir weiterhin bekannt ist, sind die Mieter des Hauses in der Regel Privatunternehmen. Da wundert es mich dann schon sehr, wenn Sie so freimütig das AgroBioTechnikum in die Pflicht nehmen. Auf welcher Grundlage wollen Sie sich in die Forschungsrichtungen der ansässigen Unternehmen und Institutionen einmischen und wer soll für diese Grundlagenforschung eigentlich der Auftraggeber sein? Die Landesregierung, oder wer?

Meine Fraktion geht davon aus, dass die im AgroBioTechnikum ansässigen Unternehmen die von Ihnen gestellten Anforderungen allerdings erfüllen werden. Weiterhin gehen wir davon aus, dass Sie Freisetzungsversuche in der Grundlagenforschung mit einbeziehen. Wir erwarten, dass sich Ihre Fraktion ebenso wie wir entschieden gegen jede Form der Feldzerstörung einsetzen wird und Sachbeschädigung streng kritisiert wird. Aber das ist ja im Vorfeld schon geschehen. Allein die Reagenzglasforschung führt nämlich nicht zu befriedigenden und objektiv bewertbaren Ergebnissen. Gerade der Umgang seitens der Bundesregierung mit gentechnisch veränderten Sorten wie beispielsweise das Verbot des MON 810 hat und wird auch weiterhin dazu führen, dass die Forschungskapazitäten zurückgehen und die Wissenschaft auf andere Standorte ausweichen wird.

Etwas irritierend sind allerdings Ihre Ausführungen zu dem zweiten Absatz in Punkt 1. Wenn negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit von Menschen und Tieren festgestellt werden, soll der Anbau verboten werden. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, wofür es eigentlich keines weiteren Antrages bedurft hätte.

(Ute Schildt, SPD: Das hat umfangreiche Diskussionen ausgelöst.)

Allerdings hat es in der Vergangenheit des Öfteren den Anschein gehabt, dass Entscheidungen zur Anwendung der grünen Gentechnik nach Gutdünken getroffen wurden. Ich kann nur hoffen, dass solche Verfahrensweisen ad acta gelegt und die Entscheidungen allein anhand objektiver und wissenschaftlich fundierter Beweggründe getroffen werden.

Im Punkt 2 wird es dann etwas konkreter. Aber auch hier ist die Umsetzung des ersten Punktes, also der Eins-zueins-Umsetzung europäischer und von Bundesvorgaben in unseren Augen eine Selbstverständlichkeit. Wir sind der Auffassung, dass mit den bestehenden Richtlinien und Verordnungen zur Freisetzung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung Instrumente für eine sichere Anwendung gegeben sind. Meine Fraktion hat sich schon immer dafür eingesetzt, auch im Bereich der grünen Gentechnik durch Bund und Land nicht auf EU-Vorgaben weiter aufzusatteln.

Als besonders begrüßenswert und damit ausschlaggebend für die Abstimmung des Antrags ist für uns der Absatz zwei des Punktes 2. Meine Fraktion sieht in der Verbesserung der Informationspolitik einen maßgeblichen Beitrag für eine zukunftsgerichtete Diskussion zu diesem Thema. Wir verbinden mit dieser Forderung auch die Hoffnung, sich zukünftig endlich auf rein sachlicher Ebene über die Anwendung der Biotechnologie zu unterhalten und zu diskutieren. Zwar ist der hier vorgelegte Antrag leider wieder nur ein typischer Formelkompromiss, der grundsätzlich nicht auf unsere Zustimmung angewiesen ist,

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)