Protocol of the Session on June 18, 2009

Die im AgroBioTechnikum tätigen Unternehmen haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie an den neuen attraktiven und wichtigen Forschungsvorhaben interessiert sind. Dazu gehört zweifellos der ökologische Landbau, aber die im AgroBioTechnikum ansässigen Firmen müssen dabei natürlich auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln. Es bleibt zu hoffen, dass der jüngst vorgenommene Betreiberwechsel im AgroBioTechnikum zu diesem Erfolg führen wird. Ich betone ausdrücklich, das AgroBioTechnikum soll sich wirtschaftlich selbst tragen und muss dazu breit aufgestellt sein. Dabei gehört die Grundlagenforschung zur Gentechnik genauso wie eine Grundlagenforschung zum ökologischen Landbau.

Wenn ich an dieser Stelle über Gentechnik in Mecklenburg-Vorpommern und Grundlagenforschung rede, möchte ich auf die bereits bestehenden Fakten hinweisen. Die weltweite Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen beläuft sich mittlerweile auf über 125 Millionen Hektar, das ist das Einhundertfache der Anbaufläche insgesamt in Mecklenburg-Vorpommern. Allein gentechnisch verändertes Soja wird auf mehr als 66 Millionen Hektar auf dieser Erde angebaut, bei der Baumwolle ist es mittlerweile fast jeder zweite Hektar. Da kann sich

jeder mal fragen, der jetzt Baumwolle am Leib trägt, ob er Gentechnik durch die Gegend schleppt, vor allen Dingen Sie von der rechten Seite.

(Michael Andrejewski, NPD: Unfreiwilligerweise.)

Dann sollten Sie sich mal am besten jetzt entkleiden,

(Heinz Müller, SPD: Lieber nicht!)

das wäre wenigstens ein vernünftiger Schritt.

Ich glaube auch, dass man feststellen darf, dass in der Europäischen Union im vergangenen Jahr auf 108.000 Hektar biotechnisch veränderter und damit gentechnisch veränderter Mais produziert worden ist. In Mecklenburg-Vorpommern hatten in diesem Jahr, da wird das deutlich – in diesem Jahr, darauf liegt die Betonung –, 25 Landwirte geplant, auf 792 Hektar gentechnisch veränderten Mais anzubauen. Man darf die Augen davor nicht verschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen auf dieser Erde ist, ob man es gutheißt oder nicht, Realität.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Er erfolgt weltweit im großen Umfang und die veränderten Pflanzen sind direkt oder indirekt Bestandteil

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Auch Stalin war mal Realität.)

vieler Produkte und damit auch vieler Lebensmittel.

(Udo Pastörs, NPD: Auch Contergan war Realität.)

Dieses bedauere ich.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich bedauere, dass die Kennzeichnung in Europa uns dies nicht ermöglicht oder auch von den Unternehmen dies nicht gewollt ist.

Diese Fakten dürfen wir nicht ignorieren. Wir müssen vielmehr sehr verantwortungsbewusst mit dieser Realität umgehen. Wenn begründete Zweifel an der Sicherheit beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen vorliegen, müssen diese geprüft und ausgeräumt werden, meine Damen und Herren. Bis dahin darf aus meiner Sicht jedenfalls ein Anbau gentechnisch veränderter Organismen nicht erfolgen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist wie beim Genmais.)

Und genau das haben wir getan in MecklenburgVorpommern. Das kann ich hier noch mal ausdrücklich sagen: In Mecklenburg-Vorpommern wird zurzeit kein gentechnisch veränderter Mais angebaut. Es werden auch ausdrücklich nur gentechnisch veränderte Organismen zum Versuchsanbau oder zur Sammlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen angebaut. Auch die Aussage, es würden Gurken oder Tomaten angebaut in Mecklenburg-Vorpommern, trifft nicht zu. Hören Sie auf, hier die Leute, die Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern zu verunsichern.

Ich glaube, wir sollten uns wirklich darüber einig sein, dass wir eine unabhängige und auf strengen wissenschaftlichen Kriterien beruhende Untersuchung und wissenschaftliche Forschung am Standort Mecklenburg-Vorpommern brauchen. Eigene Forschung in Mecklenburg-Vorpommern und damit auch ein eigener

Beurteilungsschwerpunkt ist ein Faustpfand – für mich jedenfalls – in unserem Bundesland.

Der Antrag der Regierungskoalition spiegelt genau das wider. Dazu gehört auch, dass sich die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern in dem bisherigen Gesetzgebungsverfahren zur Gentechnik an die im Koalitionsvertrag ausdrücklich verabredete Eins-zu-eins-Umsetzung gehalten hat und damit die europäischen und die nationalen Spielräume umsetzt. Ich bedauere – und indirekt haben Sie, Herr Lietz, darauf hingewiesen –, dass es innerhalb der Bundesregierung und insbesondere zwischen der CSU und der CDU mittlerweile doch einen erheblichen Konflikt gibt

(Hans Kreher, FDP: Da hat er recht.)

und damit dieses ganze Thema leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist richtig.)

Deswegen ist es überfällig, dass wir alles dafür tun, dass wir zu einer Versachlichung in der Gesellschaft kommen.

Ich will an dieser Stelle noch mal ausdrücklich betonen: Abgesehen von den Erzeugnissen auf dem Lebens- und Futtermittelmarkt, die einer Kennzeichnungspflicht unterliegen, gibt es auf dem Markt eine große Zahl von Produkten, die von der GEVO und damit von der Kennzeichnungsregelung für genetisch veränderte Organismen nicht erfasst sind. Dazu gehören beispielsweise die Human- oder die Tierarzneimittel, von denen – 134 allein im humanmedizinischen Bereich – ich gerade gesprochen habe, oder die Bekleidung aus gentechnisch veränderter Baumwolle. Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt schon mal geprüft haben, ob Sie gegebenenfalls ein gentechnisch verändertes Produkt an Ihrem Körper tragen.

(Michael Andrejewski, NPD: Das sollte der Staat eigentlich tun. – Raimund Frank Borrmann, NPD: Wie soll ich das denn tun?)

Oder auch die Bioenergie aus GVO-Mais zum Beispiel wird weltweit, insbesondere bei Biogas, heute nicht gekennzeichnet.

(Michael Andrejewski, NPD: Warum wohl?)

Möglicherweise werden wir es innerhalb der nächsten zehn Jahre erleben, dass Pappelholz aus gentechnisch veränderten Plantagen aus China auf die Märkte Europas drängen wird. Die Kennzeichnungspflicht ist daher aus meiner Sicht eine der wichtigsten Anforderungen, die wir gemeinsam, die demokratischen Parteien, endlich durchsetzen müssen.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Wir wollen Transparenz. Ich sage hier an dieser Stelle nochmals: Ich will ausdrücklich gemeinsam mit den demokratischen Parteien,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

jedenfalls hier aus dem Landtag, erreichen, dass alle Produkte, die von oder mit gentechnisch veränderten Produkten erzeugt werden, gekennzeichnet werden. Dann haben die Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich die Möglichkeit zu entscheiden, sind sie bereit, dieses Produkt anzuerkennen, oder schließt man diese Produkte insgesamt aus dem Markt aus.

Ich muss insofern ausdrücklich betonen, wir brauchen, und ich werde es auch weiterhin versuchen, einen sachgerechten Umgang mit dieser Technologie. Die Voraussetzung für einen sachgerechten Umgang ist immer Transparenz und die können wir nur selber schaffen, indem wir uns öffnen und darüber offen und ehrlich diskutieren. Ich betone abschließend noch einmal: Wir nehmen die Sorgen, die Ängste, aber auch die Chancen und die Risiken ernst und wir haben alles dafür zu tun, um Aufklärung zu betreiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordneten Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

(Harry Glawe, CDU: Das war sehr staatstragend.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einleitend darf ich mich mit aller Klarheit von dem Vandalismus und der sogenannten Feldbefreiung distanzieren, wie ich das im Übrigen bei einer Veranstaltung im Jahre 2007 bereits getan habe. Ich komme darauf zurück, was Sie, Herr Lietz, hier gesagt haben.

Der Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sich seit Beginn der Legislaturperiode mit grundsätzlichen Fragen der Anwendung der grünen Gentechnik beschäftigt. Ausgangspunkt war der Antrag meiner Fraktion, Drucksache 5/77, der in einem umfangreichen Beratungs- und öffentlichen Anhörungsverfahren Grundsatzpositionen des Landtages zur Anwendung der grünen Gentechnik im Lande zum Inhalt hatte.

Ich meine, diese Positionen sind bis heute aktuell. Das hat auch die Rede von Herrn Minister Dr. Backhaus eben ausgesagt. Erwähnen will ich nur die Position zur Grundlagenforschung, die damals in Punkt 5 wie folgt lautete: „Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern befürwortet eine intensive Grundlagenforschung zur Erkennung von Risiken und Chancen der Anwendung der Grünen Gentechnik.“ Jetzt sieht sich die Koalition veranlasst, mit einem sprachlich etwas sperrigen Antragstitel Fragen der Grundlagenforschung auf diesem Gebiet zu erörtern.

Wie ist der aktuelle Stand der Grundlagenforschung zur Anwendung der grünen Gentechnik in Deutschland? Die Forschungen befinden sich erst in einem sehr frühen Stadium, es liegen keine Langzeitstudien, weder zu transgenen Futtermitteln noch zu gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Organismen, zum Beispiel in der Nahrungskette oder auch im Boden, vor. Vor diesem Hintergrund lässt sich objektiv weder eine abschließende positive noch eine negative Bewertung über den Nutzen und die Nutzung transgener Pflanzen abgeben.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Sehr richtig.)

Das gilt natürlich auch für die bereits zugelassenen Sorten und Arten. Mit dem derzeitigen Stand der Agrarwissenschaften in Deutschland werden diese notwendigen Erkenntnisse möglicherweise auch noch sehr lange auf sich warten lassen. Ich zitiere einmal den Rektor Herrn Professor Schareck am Montag bei der Eröffnung der Evaluierung der Agrar- und Umweltwissenschaftli

chen Fakultät in Rostock, der dort sagte: „Die Agrarwissenschaften müssen am Puls der Zeit sein.“ Hier stimme ich also auch der Aussage des Ministers voll zu.

Der Antrag verlangt nun, dass das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz die Grundlagenforschung verstärken soll. Nun ist diese Einrichtung ein Gründer- und Technologiezentrum, das selbst als Einrichtung keine Forschung betreibt. Anders verhält es sich mit Firmen, die in diesem Zentrum arbeiten. Hier ist die Forderung nach Grundlagenforschung aus meiner Sicht vollständig berechtigt. Doch wir müssen die Frage stellen: Woher kommen dann die Mittel? Außerdem ist eine wichtige Frage nicht berührt worden: Welche Art der Grundlagenforschung wollen wir? Wollen wir eine konzerngebundene oder wollen wir eine öffentlich geförderte unabhängige Forschung? Ich denke nicht, dass Minister Dr. Backhaus von seiner bisherigen Haltung, eine von transparenten und kontrollierbaren Bedingungen unabhängige Forschung zur grünen Gentechnik in Deutschland zu betreiben, abgerückt ist. Das habe ich auch aus dem Beitrag jetzt eben nicht entnommen.

Wir wollen eine unabhängige Grundlagenforschung. Zugleich sollen besonders Fragen des ökologischen Landbaues verstärkt beachtet werden, so Ihr Antrag. Ein löblicher Ansatz, ein löblicher Vorsatz, denn auch der ökologische Landbau bedarf grundsätzlicher Forschungen, um zum Beispiel die Effizienz zu erhöhen und Fragen der Tiergesundheit besser zu beherrschen. Der Antrag lässt jedoch offen, wer solche Forschungen betreiben soll, welchen Inhalt sie haben, wer sie bezahlen soll und wie viel Geld das Land gegebenenfalls dafür bereitstellen soll.

Die im zweiten Satz des Antrages erhobene Forderung halte ich für verzichtbar, denn sie ist bereits Rechtsgrundlage. Wenn zugelassene gentechnisch veränderte Organismen nachgewiesenermaßen negativ wirken, müssen sie selbstverständlich verboten sein, das muss der Landtag nicht erneut beschließen.

(Ute Schildt, SPD: Das war aber eine umfangreiche Diskussion.)