Protocol of the Session on May 14, 2009

(Regine Lück, DIE LINKE: Das haben Sie von uns noch nicht gehört, das kann nicht sein. Ich weiß nicht, wo Sie das herhaben. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das behaupten wir nicht.)

was ich ebenso bezweifle, wie hier bezweifelt wird, dass wir die reine Mittelstandspartei seien, es ist unglaublich, einfach diese Hartz-IV-Behörde, die in einer Art und Weise bewiesen hat, dass sie nicht in der Lage ist, das Problem zu lösen, durch eine Verfassungsänderung billig perpetuieren zu wollen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und was haben Sie jetzt damit sagen wollen, Herr Ratjen? Das ist mir nicht klar.)

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, einige meiner besten Freunde sind Hartz-IV-Empfänger und Arbeitslose. Ich habe nicht nur sie durch die Wirren dieser Arge und dieser Bundesagentur begleitet und ich kann Ihnen sagen, das darf so nicht weitergehen. Und das Verfassungsgerichtsurteil ist eine einmalige Chance, einen Neuanfang in der gesamten Frage Bundesagentur für Arbeit und Hartz IV respektive Sozialamt durchzuführen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Vielleicht haben Sie da ja mal einen Vorschlag, Herr Ratjen.)

Hartz IV ist zu einer Aufbewahrungsbehörde geworden. Das Unsoziale an Hartz IV ist nicht die Frage, ob dort 50 Euro mehr oder weniger gezahlt werden, das Unsoziale daran ist, dass die Leute nicht hinauskommen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wer daran noch einen Zweifel hat, der braucht sich nur mal mit Cindy aus Marzahn unterhalten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach, die kennen Sie? Ha, ha! – Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Was dringendst im gesamten Bereich von BA und Hartz IV gefragt ist, ist individuelles, kreatives Personalcoaching. Es ruht ein Potenzial im Heer der Arbeitslosen und der Hartz-IV-Empfänger

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dazu sagen wir Arbeitslose.)

von meiner Meinung nach ungeahntem Ausmaß.

Wer das für Traumtänzerei hält, dem möchte ich etwas erzählen. Es ist mir 2006 gelungen, nur mit der Hilfe des Abgeordneten Egbert Liskow übrigens, einem jungen Hartz-IV-Empfänger eine Umschulung in meiner Praxis zum Zahnarzthelfer anzubieten. Trotz der Tatsache, dass ich Tariflohn für Lehrlinge angeboten habe und jede Weiterbeschäftigungsgarantie, war das nur mit massivem Druck möglich. Nach einem halben Jahr war ganz klar, dass das Talent weit über dem eines Zahnarzthelfers lag. Nach einiger Überredungskunst habe ich ihn erst dazu überredet, an der Uni Greifswald das Latinum zu machen und anschließend die Abendschule zu besuchen. Er ist jetzt im zweiten Jahr, steht kurz vor seinem Abitur, und wenn alles gut geht, wird er irgendwann einmal anfangen, Zahnmedizin zu studieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Die menschlichen Schicksale, die in der Arge und in der Bundesagentur für Arbeit zerschellen, sind unzählig. Und ich fordere wirklich dazu auf, jetzt nicht mit billigen Tricks diese Katastrophe zu perpetuieren, sondern sich quer über alle Parteien mal zusammenzusetzen und zu überlegen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir brauchen eine Lösung. Machen Sie doch mal einen Vorschlag. – Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

wie wir konstruktiv das neu organisieren können,

(Rudolf Borchert, SPD: Und wie?)

dass mehr Individualität, mehr Initiative, auch der sogenannten Fallmanager, zugunsten der Arbeitslosen und der Hartz-IV-Empfänger möglich ist.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist richtig. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Ratjen, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Fangen wir damit heute an,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber darum geht es hier gar nicht.)

aber diesen Antrag werden wir so nicht unterstützen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war schon ein kleiner Pauken

schlag, als das Bundesverfassungsgericht am 20.12.07 entschieden hat, dass die derzeitigen Regelungen zur Zusammenarbeit der Bundesagentur für Arbeit und Kommunen im SGB II als unzulässige Mischverwaltung gegen das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verstoßen und daher nur noch bis zum 31.12.2010 gelten.

Nun mag man das Urteil persönlich bedauern oder nicht, es ändert nichts. Der Gesetzgeber hat Zeit, eine verfassungskonforme Neuregelung zu finden und umzusetzen. Wie diese Neuregelung allerdings im Detail aussehen soll, ist, wie Sie der Berichterstattung der letzten Monate entnehmen können, nicht so ganz einfach. Die partei übergreifend diskutierten Ansätze reichten von einer nachträglichen Verfassungsänderung bis hin zum Vorschlag des Bundesarbeitsministers Scholz, wonach die derzeit 346 Arbeitsgemeinschaften und 20 getrennten Trägerschaften als eigenständige Anstalten des öffentlichen Rechts mit eigener Personalhoheit und eigenem Haushalt im Grundgesetz als zulässige Form der Mischverwaltung verankert werden sollten.

All diese Vorschläge, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben aufseiten der Koalition in Berlin keine Mehrheit gefunden. Da ist es natürlich für die Opposition, im konkreten Fall die Fraktion DIE LINKE, nur konsequent, auch in diesem Hohen Hause mit einem entsprechenden Antrag ihren Finger in die Wunde zu legen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das haben Sie richtig erkannt. – Wolfgang Griese, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, die Wunde ist nicht besonders groß,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber für Sie doch nicht.)

vielleicht maximal eine Schnittwunde.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Denn seien wir realistisch, vor der Bundestagswahl, so, wie es Ihr Antrag fordert, eine Neuregelung zu finden, ist so wahrscheinlich, wie gleichzeitig im Lotto zu gewinnen und vom Blitz erschlagen zu werden.

Der Handlungsbedarf, wie Sie ihn hier versuchen aufzuzeigen, ist unstrittig da, das ist ja auch mehrfach gesagt worden. Allerdings sind die derzeitigen Arbeitsgemeinschaften alle vertraglich abgesichert, sodass eine Weiterarbeit bis 2010 gewährleistet ist. Das zeigt, dass die Panikmache gegenüber den Betroffenen, bei Ablehnung des Vorschlages breche quasi Chaos aus, zu jeder Zeit unverantwortlich war.

Der CDU geht es darum, eine rechtssichere Grundlage für die derzeit bestehenden Argen und die Arbeit dort zu schaffen. Es bringt doch nichts, ein schlechtes Gesetz durch ein nächstes schlechtes Gesetz zu ersetzen. Nein, es bedarf einer gründlichen Überarbeitung und der Schaffung von Rechtssicherheit in allen Bereichen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und das so schnell wie möglich.)

Die Gründe für die Union, den Vorschlag des Bundesarbeitsministers Scholz abzulehnen, waren vielfältig und sicher auch gerechtfertigt.

1. Die Union lehnt ab, dass die Hartz-IV-Verwaltungen als separate staatliche Ebene

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Union lehnt ja auch die Verfassungs- änderung ab, die lehnt alles ab. Das ist ja das Problem.)

neben Bund und Ländern Verfassungsnachrang bekommen und somit letztlich einen stärken Stand als selbst unsere Städte und Gemeinden hätten.

2. Für die Union hat Hilfe für Arbeitslose Vorrang vor Umorganisation. Es geht nicht zuletzt darum, Bürokratie zu vermeiden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Verwaltung hat Vorrang, nicht Hilfe.)

Nein, Hilfe hat Vorrang vor Verwaltung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie verwalten nur.)

Das trennt uns dann.

3. Die Union hat nicht gesehen, dass die vorgeschlagene Lösung den Grundsätzen der Föderalismusreform I, dem Demokratieprinzip, dem Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und dem Bundesverfassungsgericht entspricht.

4. Es ist doch das wesentliche Ziel der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gewesen, dass Fördern und Fordern und der Zugang aller Hilfebedürftigen zu den Arbeitsmarktinstrumenten und der Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt ermöglicht wird. Mit der geplanten Ausgliederung der Arbeitsmarktpolitik für ALG-II-Empfänger in ein eigenes Bundessozialamt wäre diesem Grundsatz aber widersprochen.