(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie können auch zu Hause bleiben, Sie müssen nicht durch die Gegend fahren.)
In der Tat, es würden auch nicht so viele aus den Dörfern weglaufen, wenn es da so herrlich wäre. Aber gut, ich bin halt in dieser Hinsicht unterprivilegiert, ich habe kein Begleitkommando.
Was die EU betrifft, das ist ja wohl ein Witz. Jeder weiß, auch wenn die Verdummungspropaganda das Gegenteil behauptet, dass die EU von uns netto Geld schluckt. Wir zahlen immer noch 10 Milliarden netto. Und wenn einer wirklich Tränen der Dankbarkeit in den Augen hat, oh, ich habe wieder EU-Gelder bekommen, EU-Fördergelder, so ein Schwachsinn, das sind deutsche Steuergelder, die gehen raus, massive Bearbeitungsgebühr wird abgezogen und dann kriegen wir einen Teil wieder zurück und sollen dankbar sein. Also das glaubt nun wirklich keiner mehr, genauso wenig wie die Geschichte von der Tourismus vergraulenden NPD. Das würde ich mal aus Ihrem Propagandakasten rausnehmen.
Wozu das Ganze dient, diese Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, dieser Druck auf die Dörfer unter 500, das ist klar, das sind die üblichen Statistiktricks. Es gibt Bevölkerungswissenschaftler, die Gutachten erstellt haben, wonach ein Dörfersterben so ab 2020 zu erwarten wäre. Es könnten Ödnisse, Verödungen sich bilden, das erste Mal nach dem Dreißigjährigen Krieg. Das ist keine NPD-Greuelpropaganda, das waren wissenschaftliche Gutachten, die man auch in der Zeitung lesen konnte.
Und wie kann man nun aus der Trickkiste heraus das Dörfersterben beenden? Indem man die Dörfer einfach umdefiniert. Die werden zusammengeschlossen und wenn dann – es wurden etwa Groß Polzin und Japenzin in Ostvorpommern als Beispiele genannt – Groß Polzin irgendeiner Großgemeinde angehört und da ist der Letzte weggezogen,
wenn die Wissenschaftler recht behalten sollten, dann ist kein Dorf gestorben, sondern ein Ortsteil ist leer gezogen, das Dorf gibt es immer noch. Also gibt es theoretisch kein Dorfsterben.
Genauso machen das die Amerikaner bei ihren Gefallenenstatistiken im Irak. Die rechnen als gefallen nur dann, wenn er sofort tot ist oder innerhalb von zehn Minuten. Wenn er länger lebt, elf Minuten, gilt er als Verletzter, der erst hinterher gestorben ist. Dann kommt er nicht in die Gefallenenstatistik. Und so kann man natürlich die Gefallenenstatistik bis fast auf null, bis auf diejenigen, die in der gleichen Sekunde sterben, fahren. Es sei denn, man ist Verteidigungsminister in Deutschland, da sagt man, es gibt keinen Krieg, es gibt gar keine Gefallenen.
Das heißt, das Finanzausgleichsgesetz wird gemacht, damit sich Dörfer zusammenschließen, damit man sagen kann, es gibt kein Dörfersterben. Das ist aber keine Lösung eines Problems.
Und zum Thema Freiwilligkeit: Es gibt natürlich keinen offenen Zwang, das ist richtig. Das ist genauso wie bei der Sozialagentur, da gibt es keine Zwangsarbeiter, da sagt man nicht, du musst arbeiten. Man nimmt ihm nur das ganze Geld weg und sagt, du kannst auch verhungern, wenn du es nicht tust, diesen Job zu nehmen, der unzumutbar ist. Und genauso läuft es hier auch, da lässt man die Dörfer eben verhungern.
Und was die Enquetekommission angeht, die dreht sich seit zweieinhalb Jahren im Kreis. Das ist eine fruchtlose Laberrunde.
Es reicht völlig aus, denen einmal unseren Standpunkt klarzumachen, denn im Gegensatz zu Ihnen neigen wir nicht zu überflüssigem Gelaber. Ihr Standpunkt ist der der Großen Koalition: Es müssen die Großkreise her.
Wir sagen, wir lehnen die Großkreise ab. Wenn man sich schon der Situation anpassen muss, dann ist es vernünftiger, die Landkreise auf das verfassungsmäßig zulässige Mindestmaß zu schrumpfen, die Kompetenzen auf die jetzigen Kreisstädte zu übertragen. Man könnte die ganzen Streitereien, die Sie jetzt anzetteln zwischen all den Städten – Pasewalk, Anklam, Greifswald –, die sich schon beinahe verfeinden und erbittert angiften, diesen ganzen Unfrieden könnte man sich schenken, indem man einfach sagt: Der Landkreis Ostvorpommern wird nur noch eine reine Kommunalaufsicht und alle Verwaltungsaufgaben für das Territorium des Landkreises Ostvorpommern teilen sich die Städte Greifswald und Anklam. Das macht der Bürgermeister von Anklam mit bis zur Linie von Züssow, das ist verfassungsrechtlich zulässig. Es würde die Zentren stärken und diese Großkreismonster würde es verhindern.
Ich habe das einmal dargestellt und ich neige nicht dazu, alles endlos zu wiederholen und dann zu sagen, ich habe in der Enquetekommission gearbeitet.
Sinnlose Wiederholungen sind keine Arbeit. Wir haben unsere Meinung gesagt und wenn man das so machen würde, wäre es besser. Aber was Sie machen, wird sowieso wieder vom Verfassungsgericht einkassiert werden. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2536. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2536 bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Besserer Schutz für die Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/2532.
Antrag der Fraktion der FDP: Besserer Schutz für die Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/2532 –
Das Wort zur Begründung für diesen Antrag hat der Abgeordnete Herr Leonhard für die Fraktion der FDP.
Anfang Mai dieses Jahres gab es wieder einmal, das werden alle gesehen haben, Gewaltausbrüche sowohl in Berlin als auch in Hamburg. Und wenn man den Presseberichten glauben darf, und das, denke ich, haben alle auch selber sehen können, waren es die schwersten Maikrawalle seit Jahren. Brandsätze mit Benzin wurden auf Polizisten geschleudert, die Beamten wurden mit Steinen, Flaschen und Böllern beworfen, einige der Randalierer brachen Gehwegplatten aus dem Bürgersteig, zertrümmerten sie
Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele von Ihnen werden sich an die Krawalle während der G8-Demonstration in Rostock durchaus erinnert fühlen, und das aus meiner Sicht zu Recht. Die Gewalt gegen Polizisten ist weder ein regionales Problem noch eine befristete Erscheinung und es gibt sie auch nicht nur bei Demonstrationen. Dem Vernehmen nach sinkt die Hemmschwelle, Gewalt gegenüber Polizisten auszuüben. Da wird bestenfalls gespuckt, beleidigt und getreten, schlimmstenfalls hörten wir von Autofahrern, die auf Beamte zuhalten, oder vom Einsatz von Waffen und gefährlichen Gegenständen gegen Polizisten.
Zum Thema „Gewaltdelikte gegen Polizisten“ hat meine Fraktion, habe ich kürzlich eine Kleine Anfrage an die Landesregierung stellen dürfen. Aus der Beantwortung ging hervor, dass die Gewaltdelikte gegen Polizisten auch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern steigen, meine Damen und Herren. Waren im Jahre 2004 noch 470 Fälle aus der Straftatengruppe Widerstand gegen die Staats
gewalt zu verzeichnen, wurden im Jahr 2007 bereits 521 Fälle registriert. Hinter jedem dieser Fälle steckt ein Polizeibeamter, der im Rahmen seines Dienstes Leib und Leben eingesetzt hat und eventuell ein Leben lang Folgen davon zu tragen hat, zumindest psychisch, wenn nicht möglicherweise sogar körperlich.
Wir müssen uns fragen, was die Politik dagegen unternehmen kann. Meine Fraktion, die FDP-Fraktion, will mit diesem Antrag ein deutliches Signal für die Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern geben, dass der Landtag sich dieses Themas annimmt und auch über die Konsequenzen aus diesem Bekenntnis letztlich Resultate zieht.
Mit unserem Antrag wollen wir die Bundesratsinitiative aus Sachsen unterstützen. Diese verfolgt zum einen das Ziel, den Anwendungsbereich der Diensthandlung und die Strafandrohung beim Straftatbestand des Widerstands gegen die Vollstreckungsbeamten zu erweitern. Zudem soll beim Landfriedensbruch auch derjenige zur Verantwortung gezogen werden, der nach Ausbruch von Gewalttätigkeiten und mehrmaliger Aufforderung, sich zu entfernen, Gewalttätern durch das Verweilen am Tatort mehr oder weniger direkte Unterstützung gibt. Wir begrüßen den Ansatz als ein klares Signal in Richtung einer effektiven Strafverfolgung, auch wenn wir uns sehr wohl darüber bewusst sind, dass Strafverschärfung allein das Problem der zunehmenden Gewalt gegen Polizisten nicht lösen kann. Die Gesetzesverschärfung ist daher nur eine Maßnahme unter vielen.
Im Punkt 2 unseres Antrages fordern wir die Landesregierung daher auf zu prüfen, ob die schon bestehenden Landesmaßnahmen intensiviert werden müssen. Reichen die sogenannten Deeskalationsschulungen aus? Reicht das einsatzbezogene Training aus? Gibt es im Hinblick auf Polizeitaktiken und Einsatzstärken Änderungs- oder gar Ergänzungsbedarf?
Im Punkt 3 unseres Antrags, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir der Landesregierung bereits heute mit auf den Weg geben, auch zukünftig eine entsprechende finanzielle Ausstattung für den notwendigen Eigenschutz der Polizisten zu gewährleisten. Die Landesregierung ist aufgefordert, das Thema Eigenschutz der Beamten auch finanziell zu untersetzen, und zwar schneller als in den drei Jahren, die sich der Innenminister laut seiner Antwort auf meine Kleine Anfrage Zeit nehmen möchte.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, auch das muss angesprochen werden: Die Irritationen und Verunsicherungen in der jüngsten Vergangenheit im Zusammenhang mit der geplanten Polizeistrukturreform oder den Plänen, weitere 700 Polizisten einsparen zu wollen, hat diese Landesregierung letztlich zu verantworten.
Die Frage muss durchaus gestellt werden dürfen: Was wollen wir denn noch reformieren? Wir können hier heute an dieser Stelle ein anderes klares Signal geben und das lautet: Wir lassen die Polizisten in diesem Land nicht im Stich, wir nehmen den Fürsorgegedanken ernst, wir setzen uns für einen besseren Schutz für die Polizeibeamtinnen und -beamten im Land ein. Das sind wir letzt
lich unseren Beamtinnen und Beamten in diesem Land schuldig. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.