Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2545 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss sowie zur Beratung an den Finanzausschuss und an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. –
(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Warum müssen wir jetzt zustimmen? – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Wir wollen erledigt erklären!)
Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion der FDP, einer Stimme der NPD, Gegenstimmen der Fraktion der CDU
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2545 gemäß Paragraf 45 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung für erledigt zu erklären. Über diesen Antrag lasse ich jetzt abstimmen.
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich denn jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2545 gemäß
Paragraf 45 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der FDP, der Fraktion der NPD und einer Stimmenthaltung für erledigt erklärt.
Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Köster, ich muss mich korrigieren. Sie haben bereits zwei Ordnungsrufe erhalten, sodass ich Ihnen entsprechend Paragraf 98 das Wort entziehe.
Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 35: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Rechte von misshandelten oder vernachlässigten Kindern stärken, Drucksache 5/2529.
Antrag der Fraktion der FDP: Rechte von misshandelten oder vernachlässigten Kindern stärken – Drucksache 5/2529 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Jugendämter stehen im Kinderjugendhilfegesetz beziehungsweise im SGB VIII meist ausschließlich im Elterngesetz. Oft stehen die Jugendämter in unserem Land dem Grundsatz, für misshandelte Kinder eine in ihrem Zeitempfinden dauerhafte Entscheidung treffen zu müssen, mit großer Distanz gegenüber. Vielerorts wird mit dem Grundsatz argumentiert, dass Kinder immer zu ihren Eltern gehören. Traumatische Ereignisse von Kindern – oftmals durch ihre engsten Bezugspersonen, den eigenen Eltern – werden von einigen Jugendämtern verhämt, verleugnet oder es wird mit Heilung solcher Schädigungen argumentiert. Psychologische Aspekte aus der Sicht des Kindes treten hinter die familienorientierten Grundsätze des Jugendamtes. Die Hilfeplanungen werden unter dieser Haltung schwammig und unklar oder entfallen gänzlich. Regelungen werden zudem über zivilrechtliche Pflegeverträge versucht. Das heißt, es gibt einige Jugendämter in Mecklenburg-Vorpommern, die Kinder gar nicht im Blick haben.
Hier einige Beispiele: Ein Neugeborenes nach frühgeburtlicher Gehirnblutung mit Lungenstörung und halbseitiger Lähmung wird von der leiblichen Mutter abgelehnt. Sie muss mit der Polizei zu ihrem Kind ins Krankenhaus gebracht werden. Es wird nach der Entlassung in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht, im Alter von acht Monaten in einer Dauerpflegestelle. Die Pflegemutter ist alleinerziehend, älter und wohnt weit auf dem Land. Sie hat kein Auto und kein Telefon. Das Kind hat ein Sauerstoffgerät, braucht erhebliche Therapien, erhebliche Förderungen. Nach sechs Monaten in der Pflegefamilie möchte die Mutter ihr Kind nun doch haben. Die Pflegemutter muss die Rückführungskontakte beginnen und der Mutter das Kind mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit allen notwendigen medizinischen Geräten einmal wöchentlich bringen.
Hier ist von der Belegung der Pflegefamilie über die Planung der Zielperspektiven offenbar nur nie auf die notwendigen Bedürfnisse des Kindes geschaut worden. Ein heute zweijähriges Kind wird in der essenziellen behinderungsrelevanten Zeit einer nachweislich nicht erziehungsfähigen Mutter zugeführt. Diese Rückführung scheitert. Das Kind kommt mit Störungen zurück in die Pflegefamilie. Dort wird es erst nach einiger Zeit erneut mit Gewalt durch Mitarbeiter des Jugendamtes aus der Pflegefamilie genommen und zur Mutter zurückgeführt.
Das Jugendamt erklärt in einem Folgegespräch circa acht Wochen nach der Herausnahme, dass die Situation bedenklich sei. Die Mutter hätte schon wieder einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung gestellt. Doch hier ist es offenbar bei keiner der Entscheidungen um das Kind gegangen. Da Jugendämter keinerlei Kontrollinstanz haben, sind Stellungnahmen an Gerichte von der eigenen Sichtweise und eigenem Interesse des Jugendamtes geprägt. Darauf verlassen sich viele Richter in der Annahme, fachlich fundierte Berichte zu erhalten.
Der Kostenfaktor, der durch eine derartige Praxis letztlich zu Buche schlägt, ist immer da, wo nach mehrfachem Umplatzieren der Kinder meist die Heimunterbringung droht. Die Störungen der Kinder sind dann oftmals nicht mehr zu beheben und langfristig vielleicht nicht mehr bezahlbar. Zu hinterfragen ist die kommunale Kommunikationspolitik von Jugendämtern. Sogar wenn nachweislich rechtliche Normen überschritten werden, können Behörden an ihren fehlerhaften Strukturen festhalten und dieses im Austausch mit der Politik und Verbänden weiterhin vertreten.
Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir wieder das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt des jugendamtlichen Handelns rücken. Wir wollen, dass die Landesregierung prüft, was getan werden kann, um Kindern, die von ihren Familien misshandelt werden, eine langfristige Lebensperspektive zu geben. Mir geht es nicht darum, Kindern den Weg zurück in ihre Herkunftsfamilie zu verbauen, nein, vielmehr braucht es ein vernünftiges und vor allem zeitnahes Hilfeplanverfahren, welches darüber entscheidet, wo und wie ein Kind langfristig am besten untergebracht ist. Dazu gehört nach meiner Auffassung aber auch, dass die Probleme der Herkunftsfamilien fachlich bearbeitet werden.
Dieses haben wir in verschiedenen Punkten in unserem Antrag dargelegt. Also worum es uns geht, sind ein einheitliches Hilfeplanverfahren sowie Standards, die wir für die Jugendämter erreichen möchten, um Fehlentscheidungen zu vermeiden und die Kinder zu schützen. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Ja, Sie haben es gehört. 27 Grad sind da oben – was die Wärme angeht, italienische Verhältnisse, natürlich nicht, was die Regierung angeht.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zurufe von Michael Roolf, FDP, und Udo Pastörs, NPD)
Sie kennen sich doch mit Internationalität gar nicht aus, Herr Pastörs. Halten Sie sich da etwas zurück!
(Michael Andrejewski, NPD: Ja, wir sind Deutsche, wohl wahr. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Udo Pastörs, NPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Natürlich – Kindeswohl schützen, Kindeswohl stärken –, ich glaube, da kommen wir unter den demokratischen Fraktionen schnell zusammen. Und auch die Zielrichtung, die Überschrift Ihres Antrages, sehr geehrte Abgeordnete der FDP, „Rechte von misshandelten oder vernachlässigten Kindern stärken“, ist natürlich richtig, wobei ich sagen muss, es muss uns darum gehen, grundsätzlich die Rechte von Kindern zu stärken, und dazu gehört ein ganz wichtiger Aspekt, Kinderrechte in das Grundgesetz zu verankern.
Und ich freue mich sehr, dass sich die Regierungsfraktionen und die Oppositionsfraktion DIE LINKE dazu entschieden haben, hier gemeinsam sozusagen auch vom Landtag diesen Auftrag an die Regierung auf den Weg zu bringen. Ich bedauere es außerordentlich – vor allem vor der Argumentation, die Sie eben geliefert haben, Kinderrechte ganz oben anzusiedeln, manchmal auch vor Elternrechte –, dass gerade die FDP diesem Ansinnen im Landtag nicht gefolgt ist.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Michael Roolf, FDP: So billig ist das. So billig ist das, ja, ja. Machen Sie ruhig weiter!)
Herr Roolf, es ist nicht billig, nein, es ist meine Position zum Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“, und ich glaube,
wie engagiert parteiübergreifend in Schwerin der Fall Lea-Sophie aufgearbeitet worden ist. Und es gab nur eine Fraktion in der Stadtvertretung, die sich gegen die Aufarbeitung gestellt hat,
die Medienvertreter verhindert hat, die letztendlich den Abschlussbericht, der jetzt zu Verbesserungen geführt hat, gegengestimmt hat, verhindert hat, und das war die FDP.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Heinz Müller, SPD: Das ist ja interessant. – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)
Ich bin sehr froh, dass der Ministerpräsident und die Regierungsfraktionen entschieden haben, ob ich reif für das Amt bin, und nicht Sie, Herr Roolf. Wir haben eine unterschiedliche Position.
Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion geht eben gerade ohne Vorbehalt pauschal von einem rechtswidrigen Verhalten unserer Jugendämter aus und einen Nachweis hierfür erbringen Sie nicht. Sie müssen sich wirklich mal Ihren Antrag angucken. Sie nehmen Einzelbeispiele, die durchaus kritisch aufgearbeitet werden müssen – wie gesagt, woran sich die FDP auf kommunaler Ebene noch nicht beteiligt hat –, Sie nehmen diese
Einzelbeispiele raus und sagen, dass die Jugendämter in Gänze nicht gut arbeiten. Und als Sozialministerin, als Vertreterin der obersten Landesbehörde muss ich diese Pauschalkritik zurückweisen.
Die Jugendämter in unserem Land sind sehr wohl bemüht, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer doch schwierigen Arbeitsbedingungen, ihren Aufträgen gerecht zu werden. Es gibt Missstände, es gibt Defizite. Die haben aber vor allem damit zu tun, dass die Arbeitsbedingungen und die, ja, politische Selbstkontrolle auf kommunaler Ebene nicht immer ausreichend funktionieren. Es ist also sicherlich gut gemeint, wie im Antrag geschehen für eine Verbesserung der Ressourcen der Jugendhilfe einzutreten, es ist aber nur der zweitbeste Weg, diesen Antrag an die Landesregierung zu richten. Wie gesagt, der beste Weg ist, sich stark vor Ort einzusetzen für die Kinderrechte und für die Jugendhilfe.
Die Jugendhilfe ist eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Dort liegt auch die Personal- und Ressourcenverantwortung. Gleichwohl können und wollen wir auch als Landesregierung die Jugendämter in ihrer Aufgabenerfüllung nach besten Kräften unterstützen. Und wir tun es aus dem Fokus gemeinsam mit den Jugendämtern. Selbst wenn es eine gute Idee ist, aber irgendeinen Plan, irgendeine Sache überstülpen – damit kommen wir nicht weiter. Wir müssen gemeinsam mit den Jugendämtern sozusagen zu einheitlichen Standards in unserem Land kommen.
Wir tun dies bereits konkret durch die Einführung eines kennzahlengeschützten Systems der integrierten Berichterstattung in allen Jugendämtern. Damit werden wichtige Voraussetzungen für eine Qualitätsentwicklung in den Jugendämtern geschaffen. Und ich möchte noch mal betonen: Diese integrierte Berichterstattung erfolgt mit den Jugendämtern gemeinsam an einem Tisch, und nicht, dass ein Berater, wer auch immer kommt und sagt: Liebe Jugendämter, ich habe mir jetzt mal eure Kennzahlen angeguckt, ihr macht irgendwie alles falsch. So wird es nicht funktionieren. Wir müssen die Leute mitnehmen.
Was wollen und werden wir als Land noch tun? Nach Paragraf 82 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes haben die Länder die Jugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Das Sozialministerium als Oberste Landesjugendbehörde analysiert derzeit gemeinsam mit den Jugendämtern die bereits erfolgten Maßnahmen zur Optimierung des Kinderschutzes, um anschließend auf der Grundlage dieser Fakten weiter zu handeln, dies natürlich unter strikter Beachtung des Prinzips der kommunalen Selbstverwaltung.