Protocol of the Session on May 13, 2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Landesregierung, wir brauchen kein Referenzjahr 2005, denn das Statistische Landesamt stellt umfangreiche Daten bereits für 2007 zur Verfügung.

(Toralf Schnur, FDP: Ja. – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Für meine FDP-Fraktion ist es interessanter zu wissen, auf welchem Stand wir uns heute befinden und wie groß die zu schließende Lücke bis 2020 noch ist, um den weiteren Handlungsbedarf abzuschätzen. Die vorliegende Unterrichtung ist eine reine Fleißarbeit, die alle derzeit möglichen Maßnahmen in den einzelnen Energiebereichen wie Windkraft, Bioenergie, Solar, Geothermie und so weiter zusammenfasst. Die gemachten Aussagen zu den Szenarien und deren Entwicklung geben einen allgemeinen Überblick, ohne dass strategische Schlussfolgerungen getroffen werden. Eine Festlegung zu den Ergebnissen wird nicht getroffen und dies ist in unseren Augen auch das große Manko der gesamten Studie. Es wird lediglich eine Vielzahl von Möglichkeiten aufgezeigt.

Wir Liberalen sind der Auffassung, dass MecklenburgVorpommern in der Anwendung zukunftsfähiger Energien spitze und nicht nur Mittelmaß sein muss. Im Punkt 4.4 der Unterrichtung wird der Ausbau der erneuerbaren Energien abgehandelt. Leider ist es auch in diesem Punkt nur eine Stoffsammlung und Faktenauflistung. Ein strategischer Ansatz bleibt zu vermissen. Die Anzahl der Arbeitskräfte in der Branche wird aufgelistet, aber nicht, welches Entwicklungspotenzial sich dahinter noch verbirgt. Die aufgeführten Aspekte sind alles Dinge, die heute schon machbar sind. Es fehlt der sprichwörtliche Knall, der Innovation hervorbringt. Eine Mecklenburg-Vorpommern-spezifische Ausrichtung ist nicht zu erkennen.

Für Erheiterung sorgten bei mir Aussagen bezüglich des Fuhrparks der Landesregierung. Wer hätte das für möglich gehalten, dass die Landesregierung bei der Neubeschaffung von Fahrzeugen auf den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge achtet? Welch großer Wurf!

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Die Gesamtstrategie wurde federführend vom Wirtschaftsministerium erstellt. Da ist für mich die Tatsache völlig unverständlich, dass die Landesregierung den Status lediglich in Bezug auf die Energieproduktion betrachtet. Der kostenmäßige Ansatz und die Wertschöpfung in den angesprochenen Feldern und deren vor- und nachgelagerten Bereichen wird völlig außer Acht gelassen.

(Ute Schildt, SPD: Stimmt nicht. – Toralf Schnur, FDP: Doch.)

Doch gerade die Wertschöpfung muss die Ausrichtung für ein zukünftig zu erreichendes Ziel und die Strategie zu dessen Umsetzung beinhalten. In der Übersicht auf Seite 101 zu den Maßnahmen des Landes steht unter Punkt 3 geschrieben, dass zügige und ergebnisoffene Genehmigungsverfahren gewährleistet sein sollen. Dieser Ansatz wäre beim Projekt Steinkohlekraftwerk Lubmin sicherlich hilfreich gewesen.

Ich möchte Ihnen nun fast zum Schluss noch einige unserer Standpunkte zur Energiepolitik darlegen.

(Gino Leonhard, FDP: Jawohl.)

Die FDP-Fraktion spricht sich klar und deutlich für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus. Weiterhin ist der Anteil der erneuerbaren Energien an der Sicherung der Grundlast zu erhöhen, damit wir unsere natürlichen Ressourcen schonen.

(Toralf Schnur, FDP: So ist das.)

Wir stehen für einen ausgewogenen Mix auch bei erneuerbaren Energien und einer Grundlastsicherung durch konventionelle Kraftwerke, solange es keine anderen grundlastfähigen Energieträger gibt.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Unser Ziel – und dies sollte auch das Ziel der Landesregierung sein – ist, die Wertschöpfung in den mittelständischen Betrieben Mecklenburg-Vorpommerns zu erhöhen. Hier bietet gerade auch der Servicebereich durch gesteigerte Anlagenzahlen Möglichkeiten für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen an. Weiterhin sehen wir es als erforderlich an, Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr zu einem energieautarken Land, sondern auch zu einem wichtigen Energieexporteur zu entwickeln. Gerade im Bereich Windkraft und Bioenergienutzung stellen sich hier Potenziale dar.

Abschließend möchte ich noch einige in der Unterrichtung nicht geklärte Fragen aufwerfen: Warum sind Sie nicht auf für Mecklenburg-Vorpommern spezifische Energieträger direkt eingegangen? Welche Möglichkeiten gibt es, den Offshorebereich ohne optische Auswirkungen auf die Küste auszuweiten? Warum lassen Sie die Menschen im Unklaren darüber, dass die Nutzung der CCS-Technologie zu einer Verteuerung der Energiepreise führt? Welche Einsparungspotenziale durch neue Materialien sieht die Landesregierung beim Energieverbrauch?

Ich hätte da noch einige Fragen, die sich mir aufgetan haben. Letztendlich werden wir der Erledigterklärung allerdings zustimmen, denn über das, was kein Konzept ist, braucht man auch nicht länger zu diskutieren. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Toralf Schnur, FDP: Sehr gut, ganz große Klasse! Das war richtig gut.)

Danke, Frau Reese.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Bürger des Landes! „Wenn die Welt untergeht, so ziehe ich nach Mecklenburg, denn dort geschieht alles 50 Jahre später.“ Das soll einst Fürst Otto von Bismarck prophezeit haben.

Wieder einmal macht auch der Landtag dem preußendeutschen Staatsmann die Ehre, seine Worte in Erfüllung gehen zu sehen. Da bringen die Regierungsfraktionen SPD und CDU mit Drucksache 5/820 einen Antrag ein, der die Landesregierung auffordert, eine Gesamtstrategie „Energieland 2020“ für eine moderne Energiepolitik in Mecklenburg-Vorpommern bis zum 1. Juli 2008 vorzulegen. Aber nicht einmal beim Zeitpunkt kann diese Regierung den eigenen Fraktionen gegenüber Wort halten. Mit über zehn Monaten Verspätung liegt nun die Drucksache endlich vor. Aber was soll man von einem Parlament halten, in dem die Bürgerin Präsidentin Bretschneider es erst nach mehrfacher Aufforderung durch die NPD-Fraktion geschafft hat, Landtagsprotokolle in relativ kurzer Frist erstellen zu lassen.

Und die Qualität der Studie – geradezu großspurig verlangen die Regierungsfraktionen in ihrem seinerzeitigen Antrag, dass die Energieeffizienz verbessert werden soll. Zitat: „Dieses gilt vor allem für die Nutzung von Wärmeenergie in privaten und öffentlichen Gebäuden.“ Zitatende. Wenn es in Mecklenburg-Vorpommern allerdings darum geht, die rechtsstaatlichen Grundlagen zu schaffen, sodass energieineffiziente Anlagen gar nicht erst genehmigt und gebaut werden, bleiben sowohl die Regierung als auch die Regierungsfraktionen untätig.

Und selbst wenn die von Ihnen so gehasste und verteufelte NPD-Fraktion einen Gesetzentwurf einbringt, mit dem solche Energieverschwender wie das beantragte Steinkohlekraftwerk Lubmin verhindert werden sollen, dann reden Sie von politischer Farbenlehre, unterstellen Deutschtümelei und Antikapitalismus, ohne in der Sache zu argumentieren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wenn aber unter Ihrer Verschlafenheit und unter Ihrer Untätigkeit ein solches Steinkohlekraftwerk errichtet wird und Sie gleichzeitig von konzeptionell begründeter Energieeffizienz sprechen, dann ist der Greifswalder Bodden ein öffentliches Gebäude und die Sellerie ein unter Wasser wachsendes ringförmiges Adelsgemüse.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber sonst ist alles gut, ne?)

Vielleicht verstehen Sie die Aufheizung des Boddens auch als einen Weg zur Weiterentwicklung dezentraler Energieversorgungssysteme?

Bürger des Landes, wo sind denn bei den etablierten Regenten Klimaschutzpolitik und Energiepolitik unmittelbar miteinander verbunden? Dort, wo es darum geht, mit Öko-, CO2- und Klimasteuern euch noch die letzten freien verfügbaren Groschen aus der Tasche zu ziehen? In phantasievollen Energielandkonzepten, deren Umsetzung Europarecht mangelnde Gesetze und Kompetenzen und politisches Hickhack verhindern? Das Jahr 2020 wird so oder so ein Albtraum, denn bis dahin läuft der Solidarpakt II aus und die eigenständige Weiterexistenz

unseres Bundeslandes ist durch diese unselige Politik gefährdet. Wie schön, wenn man da noch Papier bedrucken kann, das ein zukunftsfähiges Energieland Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2020 suggeriert.

Zu den aufgezeigten Herausforderungen, hört man laut Zusammenfassung, gehört eben nicht die Einheit von Klima und Energiepolitik oder die Umsetzung effizienter Technologie. Offenbar ist dies für die Verfasser des Konzeptes kein ernsthaftes Problem. Ziel ist nach diesem Papier unter anderem a) die Verdopplung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität der Energieumwandlung gegenüber 1990, bezogen also auf einen fast 20 Jahre alten Wert, den technologischen Standard der alten maroden DDR-Wirtschaft, und b) eine Erhöhung des Kraft-Wärme-Kopplungsanteils an der Stromerzeugung auf 25 Prozent, wobei unklar bleibt, ob und wie der Jahresbezug auf 1990 oder 2009 definiert wird.

Die Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass die Verfasser ihre Ziele umsetzen können, Energiesparen und Verbesserung der Energieeffizienz, stehen gleich an oberster Stelle. An vierter Stelle lesen wir hingegen: Sicherung langfristig bezahlbarer wettbewerbsfähiger Energiepreise durch den Bau und Betrieb neuer fossiler Kraftwerke. Warum, so fragen wir uns, soll das Kraftwerk Lubmin dann aber ohne Kraft-Wärme-Kopplung gebaut werden?

Scheint die Sonne noch so schön, einmal muss sie untergehn.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Sonne scheint ins Kellerloch, lass sie doch!)

Danke, Herr Borrmann.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Gesamtstrategie zur zukünftigen Energiepolitik unseres Landes ist natürlich grundsätzlich zu begrüßen.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Sie ist zwingend notwendig, sie ist längst überfällig und wir werden vermutlich eines der letzten Länder sein, die diese Gesamtstrategie so entwickelt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das, was Dr. Gottfried Timm mehrfach gesagt hat, kann man nur unterstreichen. Das Positive dieser Gesamtstrategie ist unter anderem die Tatsache, dass wir damit ernsthaft die Energiewende in Mecklenburg-Vorpommern einleiten, weil wir erstmals den erneuerbaren Energien den Vorrang einräumen, konzeptionell zielführend und auch klar definiert haben, wann und warum wir den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern brauchen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Diese Energiewende ist alternativlos, das dürfte inzwischen allen bekannt sein. Wir streiten noch über das Tempo, aber vom Grundsatz her ist sie alternativlos, weil es erstens um Klimaschutz geht, zweitens um bezahlbare Energie auch in der Zukunft, weil wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir gerade durch die Verknappung der fossilen Energieträger eine regelrechte Preisexplosion in den nächsten Jahrzehnten erleben werden. Drittens geht es um Arbeitsplätze, meine sehr geehrten Damen und Herren. In Deutschland haben zurzeit

1,7 Millionen Menschen Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien mit steigender Tendenz, trotz Krise. Hier in Mecklenburg-Vorpommern sind es zurzeit 3.000.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei allem Lob zur vorliegenden Gesamtstrategie „Energieland 2020“, glaube ich, ist allen Beteiligten auch klar, dass dies nur ein Anfang sein kann und es darauf ankommt, so weiterzumachen, die einzelnen Schritte jetzt anzugehen und die Strategie umzusetzen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Deswegen können wir das doch nicht für erledigt erklären. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Bei jeder Strategie geht es einfach darum, dass man anschließend die praktischen Schlussfolgerungen zieht und natürlich diese Ziele anstrebt. Wir haben den Aktionsplan Klimaschutz auch entsprechend angekündigt, der eine weitere Konkretisierung mit sich bringen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin aber auch der Meinung, dass es sich lohnt, darüber zu diskutieren, ob möglicherweise das Tempo erhöht werden kann und auch das Tempo erhöht werden muss beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Ich möchte das an zwei Beispielen deutlich machen.

(Vincent Kokert, CDU: Da bin ich ja gespannt.)

Wir haben unter anderem Aussagen in der Gesamtstrategie, dass die Windkraft auf das Sechsfache gesteigert werden soll bis 2020. Ich halte diese Zielsetzung für nicht ehrgeizig genug.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)