(Peter Ritter, DIE LINKE: „Das Kapital“ ist ausverkauft. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)
Meine Kolleginnen und Kollegen, ich möchte eigentlich auf ein Grundproblem hinaus. Wir wollen uns vergegenwärtigen, dass die Landwirtschaft insgesamt in der Politik trotz des guten Engagements unseres Landwirtschaftsministers eigentlich nicht genug zu Gehör kommt.
Ich erinnere Sie an die Diskussion um die Bodenpolitik der BVVG. Ich erinnere Sie daran, dass unsere Großbetriebe gekappt wurden bei den EU-Direktbeihilfen, sehr viel mehr als alle anderen.
Und nun haben wir das Problem des Agrardiesels ebenfalls zulasten der Großbetriebe. Ich glaube, dass wir uns sehr viel deutlicher in der Politik insgesamt mit den Problemen unserer Landwirtschaft zu Gehör bringen müssen.
Es hat mal jemand gesagt: In der Demokratie bekommt der Lauteste recht. Vielleicht müssen wir noch lauter werden, um die Interessen unserer Landwirtschaft zu unterstreichen und das, worauf wir ein Recht haben, auch durchzusetzen.
Ich habe mir sagen lassen, dass die aktuellen Regelungen zur Agrardieselbesteuerung nach Berechnungen des Deutschen Raiffeisenverbandes dazu führen, dass eine Agrargenossenschaft mit etwa 1.400 Hektar bewirtschafteter Fläche einen Kostennachteil von 55.600 Euro pro Jahr gegenüber einem französischen Betrieb gleicher Größe hat. Diese Zahlen, meine Kolleginnen und Kollegen, sprechen für sich. Und wir müssen uns immer lauter dagegen wehren, dass unsere großen Betriebe ungleich behandelt werden.
Deshalb freue ich mich, dass wir hier gemeinsam diesen Antrag beschließen, von dem wir erwarten, dass er unserer Landwirtschaft dazu verhilft, dass der Wettbewerbsnachteil, dem wir hier ausgesetzt sind, beseitigt oder zumindest gemindert werden kann. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/2379. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/2379 einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Investitionen aus dem Konjunkturpaket II konsequent zum Ausbau der Barrierefreiheit nutzen, Drucksache 5/2324. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2424 vor.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Investitionen aus dem Konjunkturpaket II konsequent zum Ausbau der Barrierefreiheit nutzen – Drucksache 5/2324 –
wir heute über diesen Antrag, für den meine Kollegin Irene Müller bereits vor einem Monat die Dringlichkeit begründet hat. In der letzten Landtagssitzung sahen Sie jedoch keine Veranlassung, ein paar Worte darüber zu verlieren, dass das Konjunkturpaket II auch konsequent zum Ausbau der Barrierefreiheit genutzt werden soll und auch kann. Das allein spricht Bände. Ich befürchte: verschenkte Zeit, damit auch verschenkte Chancen.
Wie Ihnen allen bekannt ist, beschloss das Kabinett am 10. Februar dieses Jahres – basierend auf dem Konjunkturpaket II des Bundes – das Zukunftsinvestitionsprogramm Mecklenburg-Vorpommern, kurz ZIP genannt. Am 11. März 2009 wurde die Verwaltungsvereinbarung dazu zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder zwischen dem Land, den kreisfreien Städten und Landkreisen unterzeichnet. Mittlerweile dürften die jeweilige Bürgerschaft und die Stadtvertretung der kreisfreien Städte beziehungsweise der jeweilige Kreistag der Landkreise durch Beschlüsse dieser Verwaltungsvereinbarung zugestimmt haben. Damit ist sie wirksam und damit gelten die Finanzhilfen für die kreisfreien Städte und Landkreise als bewilligt. Deshalb merke ich an: Es hätte viel mehr Sinn gehabt, über diesen hier vorliegenden Antrag schon in der letzten Sitzung – Anfang März – zu debattieren.
Ich stelle voran: Meine Fraktion und ich befürworten ausdrücklich – und das betonen wir immer wieder –, dass die Kommunen eigenverantwortlich über die Verwendung und Verteilung dieser Finanzmittel auch entscheiden können. Wie ich sind auch die meisten von uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, ja Kommunalpolitiker. Und deshalb wissen wir, wie schwer es den Kommunen fällt, letztlich zu entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. Bis zum 11. Mai 2009 muss entschieden und beim Innenministerium gemeldet werden, was, wozu und warum gefördert wird. Die Kommunen stehen unter erheblichem Handlungsdruck angesichts des tatsächlichen Bedarfs, angesichts der bestehenden Unsicherheiten, was wirklich förderfähig ist, und letztlich auch wegen des Zeitdrucks.
Was wollen wir mit diesem Antrag? Wir wollen, dass die Kommunen überhaupt wissen, dass das Geld für den Ausbau der Barrierefreiheit genutzt werden kann. Und wir wollen öffentlich wahrnehmbar appellieren, dass diese zusätzlichen Mittel auch dafür verwendet werden sollen, also Barrierefreiheit herzustellen.
Zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen gehört neben Maßnahmen zum Klimaschutz auch die Barrierefreiheit. Es gilt, noch vorhandene Ausgrenzungen von Menschen mit Behinderungen oder mit anderen Mobilitätseinschränkungen zu beseitigen. Sie brauchen eine uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Und das geht nur durch barrierefreie Zugänglichkeit und durch Nutzung von Infrastruktureinrichtungen. Aber in den Kommunen besteht die Unsicherheit, ob es zulässig ist, Mittel aus dem Konjunkturpaket II einzusetzen, um Barrierefreiheit herzustellen. Ich sage hier klar und deutlich: Es ist zulässig und es ist geboten, diese Gelder dafür einzusetzen.
Kolleginnen und Kollegen, wenn wir wollen, dass Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung mehr als bisher gemeinsam lernen, und wir Inklusion, das heißt also Dazugehörigkeit von klein auf, wirklich ernst nehmen und ernst meinen, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass es möglich ist. Dazu gehört, dass die baulichen
Voraussetzungen geschaffen werden. Barriere freie Kindertagesstätten, Schulen und Weiterbildungseinrichtungen sind heute leider noch nicht selbstverständlich.
Oder schauen wir uns in unseren Kommunen um: Sind wirklich alle Gemeinbedarfseinrichtungen von allen ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar? – Nein, sind sie nicht. Viele Stadtbibliotheken, Museen, Theater, Ämter, Rathäuser, andere Treffs für alte und auch für junge Leute sind noch nicht barrierefrei. Und kommen wirklich alle Menschen barrierefrei mit Bus und Bahn zu diesen Gemeinbedarfseinrichtungen? – Nein, kommen sie nicht.
Wenn wir ehrlich sind, haben die meisten von uns, soweit wir nicht selbst Betroffene sind, sich darüber bisher wenig Gedanken gemacht. Barrierefreiheit ist ein Teil der öffentlichen Fürsorge, ohne Wenn und Aber, sagen wir. Die zusätzlichen Mittel aus dem Konjunkturprogramm II für städtebauliche Maßnahmen und für touristische Infrastruktur können helfen, diese öffentliche Fürsorgepflicht zukünftig besser als bisher wahrzunehmen.
Kolleginnen und Kollegen, Mecklenburg-Vorpommern ist zumindest in der Sommersaison Tourismusland Nummer eins. Gestern debattierten wir über die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus. Schon verwunderlich, dass die Regierungsfraktionen nicht den unlängst behandelten Antrag ihrer Bundestagskollegen aufgegriffen haben. „Barrierefreien Tourismus weiter fördern“, so war der Titel im Bundestag.
Nur so viel zu diesem Antrag: Alle waren sich darin einig, dass Barrierefreiheit ein wichtiger Aspekt für die Tourismusentwicklung ist. Ich zitiere den Bundestagsabgeordneten der CDU Klaus Brähmig: Barrierefreiheit muss ein „Qualitätsmerkmal“ für den deutschen Tourismus werden. „Barrierefreiheit kommt nicht nur Menschen mit Behinderungen zu Gute“, sondern „Familien mit kleinen Kindern … sowie mobilitätseingeschränkten und älteren Menschen“. Und in diesem Antrag steht auch, dass im Rahmen des Programms Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder des zweiten Konjunkturpaketes auch die „Förderung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit von Kultureinrichtungen wie Museen und Theater“ vorgesehen ist. Na also, wer sagt es denn, die Mittel aus dem Konjunkturpaket II sollen ganz offenbar auch für den Ausbau der Barrierefreiheit eingesetzt werden.
Leider wurde versäumt, die Förderfähigkeit von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder an die Voraussetzungen der Barrierefreiheit zu knüpfen. Dies wurde nicht etwa einfach vergessen, es wurde ignoriert. Der Sozialverband VdK Deutschland und andere Vereine und Verbände sind nicht gehört worden. Barrierefreiheit ist also doch nur ein Lippenbekenntnis, frage ich Sie. Sie sagen, nein? Na dann können Sie ja guten Gewissens unserem Antrag zustimmen.
Ich will Ihnen mal sagen, was fehlende Vorgaben zur Barrierefreiheit bewirken, damit sich alle hier im Saal darüber im Klaren sind. Jeder Planer wird Ihnen bestätigen, dass kein Bauherr gewillt ist, mehr Normen zu berücksichtigen, als er unbedingt muss, denn es würde für ihn einen Mehraufwand und damit höhere Baukosten bedeuten. Und seien wir einmal ganz ehrlich, wer gibt
schon mehr Geld aus, als er muss? Beispielsweise ist auf der Grundlage der Landesbauordnung die DIN 18024 Teil 2 „Öffentlich zugängliche Gebäude und Arbeitsstätten“ als technische Baubestimmung eingeführt worden und damit anzuwenden. Einige Abschnitte sind von der bauaufsichtlichen Einführung ausgenommen, so auch Abschnitt 14, der Vorgaben für Beherbergungsbetriebe, genauer gesagt für barrierefreie Zimmer, enthält. Das heißt nichts anderes, als dass die von der bauaufsichtlichen Einführung ausgesparten Teile der Norm durch den Bauherrn nicht einzuhalten sind, zumindest, was die Bauordnung angeht.
Aber was hindert eigentlich das Land daran, die Berücksichtigung dieser Normen und Empfehlungen als Fördervoraussetzung festzuschreiben? Das ist nicht erfolgt und so konnte eine 100-Millionen-Euro-Investition, ich meine damit die Ferienanlage „Weiße Wiek“ in Boltenhagen, mit Fördergeldern gebaut werden, obwohl diese Anlage nicht den Anforderungen der Barrierefreiheit entspricht.
Und es gibt weitere Gründe, die Mittel aus dem Konjunkturpaket II für die Schaffung von Barrierefreiheit einzusetzen. Barrierefreiheit herzustellen, verlangt keine langwierige Planung und kein aufwendiges Vergabeverfahren. Die Baumaßnahmen können kurzfristig umgesetzt werden. Damit wird erreicht, was eigentlich auch Sinn des Konjunkturpaketes ist: die schnelle Vergabe von Aufträgen an das regionale Handwerk, um damit die Konjunktur anzukurbeln.
Ich sage Ihnen, wenn wir die zusätzlichen Investitionsmittel aus dem Konjunkturpaket nicht nutzen, um Barrierefreiheit herzustellen, wird sich das später bitter rächen. Da klänge es doch wie Hohn, dass die Koalition in ihrem Dezemberantrag fordert: „Chancen des Alters weiterhin konsequent nutzen – Infrastruktur an veränderte Bedürfnisse anpassen“. Wenn Sie glaubwürdig bleiben wollen, müssen Sie, meine ich, unserem Antrag zustimmen. – Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Schön wär’s, Regine. Schön wär’s.)
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde aus Gründen der Zeitökonomie mir sparen, jetzt im Detail auf das Thema Konjunkturpaket II einzugehen. Das kennen Sie alle. Ich denke, die Arbeit in den Wahlkreisen ruft. Von daher kann man das auch, sage ich mal, in komprimierter Art und Weise hier machen. Deswegen möchte ich dann auch gleich zum Antrag im Detail kommen.
Meine Damen und Herren, mit Ihrem Antrag fordern Sie ja die Landesregierung indirekt auf, die gesetzlichen Vorschriften zur Barrierefreiheit einzuhalten, beziehungs
weise beklagen so ein bisschen auch, habe ich so rausgehört, dass sie gar nicht in allen Bereichen, zumindest aus Ihrer Sicht, ausreichend sind. In der Sache bin ich mit Ihnen da vollkommen einer Meinung, gar keine Frage.